Weltweites Bevölkerungswachstum / Flüchtlingsströme / Folgen
Das Wahabitentum ist in Wahrheit der Anfang des modernen Islamismus, es gehört also zu diesem, bzw. es hat diesen hervorgebracht. Entsprechend bezeichnen sich die Wahhabiten selbst ja auch nicht als solche, sondern als Salafi.

Mit traditionellem Islam meine ich daher etwas völlig anderes und gerade die Wahhabiten lehnen den traditionellen Islam mit all seinen Formen entschieden ab. Und es ist ja beispielsweise bezeichnend, dass sich die Wahhabiten gerade eben nicht nur gegen alle früheren Formen des Islam wenden und deren Kulturgüter zerstört haben bzw. zerstören, tatsächlich hat damit das Wahhabitentum mal ursprünglich angefangen (Zerstörung der heiligen Stätten und Gräber in Medina).

Zitat:Bloß sind wir unsere Extremismen halt immer wieder losgeworden

Durch massivste militärische Gewalt von außen im Fall des Nationalsozialismus / Faschismus.

Zitat:und es gab auch nie eine große Symphatie für einzelne Spinnereien innerhalb unserer westlichen Staatengemeinschaft (darum blieben entsprechende Staaten dann auch isoliert).

Der Nationalsozialismus / Faschismus hatte große Sympathien in weiten Teilen der westlichen Staatengemeinschaft. Der primäre Unterschied zum heutigen Islamismus war meiner Meinung nach, dass man zu schnell, zu aggressiv, zu offen und direkt mittels Krieg versuchte seine Ziele sofort umzusetzen.

Demgegenüber breitet sich der Islamismus schleichend wie ein Krebsgeschwür ganz langsam und stückchenweise aus, ohne offenen Krieg und abgetarnt durch Lügen und Täuschung.

Zitat:Die Staaten allerdings, die von einer Islamisierung oder Islamismus betroffen waren, die sind bis heute nicht wieder so frei, wie sie einst waren.

Ein Musterbeispiel hierfür ist Afghanistan. Der traditionelle Islam in Afghanistan war völlig anders als das was da heute jetzt ist, völlig anders als die eigentlich un-afghanische Lehre der Taliban und schließlich war Afghanistan wesentlich freier als es heute ist.

Durch die Invasion der Sowjetunion, die gezielte Förderung von Islamisten durch die USA, Pakistan und die Ölaraber und schließlich die Entwurzelung der Menschen in Afghanistan durch den endlosen Krieg dort und all seine negativen Auswirkungen konnte sich der moderne Islamismus dort etablieren und nun hat sich der Islam in Afghanistan modernisiert und hat seine früheren Formen dort verdrängt, und entsprechend wird er dauerhaft dort bleiben, weil dies die neue sozialreligiöse Kultur der absoluten Mehrheit der Bevölkerung dort geworden ist.

Deshalb kann es auch keine Abschaffung des Islamismus von Innen / von selbst in Afghanistan mehr geben, deshalb war auch der Sieg der Taliban unvermeidlich, da wir nicht die Methoden angewendet haben die notwendig gewesen wären um dort die Kultur der absoluten Mehrheit von außen mit Gewalt zu brechen und neu aufzubauen, zumal diese Methoden in der modernen globalisierten Gesellschaft durch uns auch nicht mehr anwendbar sind (aus einer Vielzahl von Gründen).

Zitat:Mag sein, dass .......ein konservativ Religiöser nicht oder nur selten zum Extremist wird, wie auch immer man das nun definiert, bloß steht er troztdem in krassem Gegensatz zu unserer modernen freien Lebenweise. Insofern ist da nichts "gewonnen".

Ein konservativer Aleviler, ein Ismailit, ein Anhänger des Sufismus, ein Anhänger der hanafitischen Sunna, usw usf werden eben keine Extremisten und werden sich eben nicht dem Salafismus anschließen. Und ihre Ansichten stehen teilweise nicht einmal im krassen Gegensatz zur "modernen" "freien" Lebensweise, du wärst vermutlich überrascht. Viele der Werte dieser Gruppen sind sogar ganz im Gegenteil gesellschaftlich höchst nützlich und es wäre daher rein theoretisch ein Gewinn Personen mit solchen Werten in der Gesellschaft zu haben.

Das Problem ist nur, dass diese traditionellen Lehren und Lebensweisen erodieren, wenn sie mit der "modernen" "freien" Gesellschaft wie wir sie zur Zeit so definieren konfrontiert werden. Es ist diese Erosion (meist generationenübergreifend), welche dann zum Problem wird. Konservative traditionelle Türken wanderten hier beispielsweise in Deutschland ein, niemand von ihnen war ein Islamist und wurde zum Islamisten. Sie hatten dann hier in dieser Bundesrepublik Kinder, diese gingen hier zur Schule, wuchsen hier auf, und die traditionellen Werte und Normen erodierten. Und schließlich breiten sich nun unter den Nachkommen (!) dieser Einwanderer die Islamisten aus, weil die Erosion des traditionellen Islam in diesen Familien dazu führt, dass sich im Fall einer Krise dann die Jungen (teilweise bereits die 3 Generation) dem Islamismus zuwenden.

Darin liegt das Problem islamischer Einwanderung. Dass die traditionelle islamische Kultur in der direkten unmittelbaren Konfrontation mit unserer Gesellschaft eben nicht aufrecht erhalten werden kann und die kulturelle Erosion dann dazu führt, dass das Risiko für eine Übernahme des Islamismus stark zunimmt. Gerade deshalb ist die Einwanderung von Muslimen problematisch, nicht wegen dem was die Einwanderer hier und heute sind, sondern wegen dem was ihre Nachkommen in der Zukunft sein werden.

Man sieht diese Mechansimen welche da wirken beispielsweise auch sehr schön beim IS. Es zogen Unmengen von jungen Islamisten aus Europa in den IS Staat, so dass dann dort mehr Europäer (!) den IS prägten als einheimische Islamisten. In manchen Regionen / Bereichen überwogen Islamisten aus Europa die einheimischen Islamisten im Irak. Die daraus entstehenden Spannungen und die Ablehung dieser aus Europa stammenden Islamisten durch die Einheimischen war dann ironischerweise auch ein Faktor (neben vielen anderen) der dann zum Niedergang des IS Staates führte.

Das gleiche in Afghanistan: die Kämpfer des IS dort stammen mehrheitlich nicht aus Afghanistan, sondern aus Großstädten in Pakistan, und sind nicht einmal ethnische Afghanen. Gerade deshalb werden die Taliban zur Zeit mit ihnen fertig, weil sie ein von außen kommender Fremdkörper sind, während die Taliban parallel dazu dass sie moderne Islamisten sind (also eine modernisierte Form des Islam anstreben) auch den afghanischen Nationalismus hochhalten und benutzen.

Beschließend muss man in diesem Kontext noch verstehen, dass das Wort Modern eben nicht bedeutet, dass etwas so ist wie wir es anstreben oder wie wir es gutfinden, sondern völlig unabhängig davon nur, dass es eben neu ist und das alte ablöst. Der Islamismus ist also die Moderne Form des Islam, auch wenn er behauptet zu den Ursprüngen zurück zu kehren (Salafiyah), aber exakt das ist nicht der Fall. Diese Behauptung man kehre zum Urislam zurück ist einfach nur Propaganda, denn der Urislam unterschied sich erheblich von dem was hier heute von diesen Gruppen behauptet wird.
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RE: Weltweites Bevölkerungswachstum / Flüchtlingsströme / Folgen - von Quintus Fabius - 27.05.2022, 09:26
RE: Russland vs. Ukraine - von aramiso - 21.05.2022, 13:27
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