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Es geht hier nicht um das Verbringungsmittel, sondern um die Atomwaffe selbst. Sobald eine solche taktische Nuklearwaffe hochgeht, hat man keine Zeit mehr, und muss den umfänglichen Zweitschlag ausführen.
Dazu noch ein Punkt: heutige "taktische" Nuklearwaffen der Russen haben eine erhebliche Wirkung. Beispielsweise haben die AA-92 Sprengköpfe eine Wirkung von 100 bis 200 kT. Zum Vergleich: die Hiroshima Bombe hatte gerade mal 12,5 kT. Die AA-86 kommen immer noch auf 50 kT. Beide genannten Sprengköpfe sind dezidiert für die Iskander vorgesehen.
Wenn da also Iskaner anfliegen, und dann setzt eine 50 kT "taktische" Nuklearwaffe um, hat man keine Zeit mehr und muss sofort handeln. Denn dann kann man meiner Meinung nach nicht praktisch zuwarten, ohne den Atomkrieg schlussendlich durch den Totalkollaps zu verlieren. Die Idee, dass man sozusagen erstmal zusieht wie das eigene Land mit Atombomben zerlegt wird, um dann erst vom U-Boot aus den Zweitschlag zu starten wenn alles bereits vernichtet ist, ist nicht realistisch. Man unterschätzt hier auch, von was für einem Krieg wir hier sprechen, da die Wirkung insgesamt ja weit über die bloße Explosion / Strahlung der Atomwaffen selbst hinaus geht. Dann wird man entsprechend im Weltraum gegen die Satelliten wirken, man wird entsprechend EMP einsetzen, der Totalkollaps geht dann dermaßen schnell, dass jedes Zuwarten sich verbietet.
Deshalb wird man beim Einsatz "taktischer" Nuklearwaffen (Mehrzahl) die Sache in keinem Fall einfangen oder begrenzen können. Das wird dann ganz von selbst auf der Stelle maximal eskalieren (müssen). Dazu noch ein Punkt: es macht keinen Sinn, nur eine taktische Waffe auf irgendeinen Frontabschnitt zu werfen. Wenn man schon so weit ist, solche Sprengköpfe mit 100 kT bis 200 kT einzusetzen, wird man viele davon einsetzen, zeitgleich. Dann wird aber nicht unterscheidbar sein, was da nun geschieht und ob das tatsächlich ein begrenzter Angriff ist.
Der einzige davon abweichende Sonderfall wäre es, wenn bewusst als Provokation nur eine solche Waffe eingesetzt wird. Diese wird man dann aber nicht gegen die Front einsetzen oder im Land des Feindes, sondern eine solche sogenannte nukleare Demonstration wird an möglichst abgelegener Stelle stattfinden, etwaig sogar auf eigenem Gebiet.
Aber sobald man anfängt den Krieg an der Front mit "taktischen" Nuklearwaffen zu führen, setzt man viele davon ein und dann ist das ganze nicht mehr einffangbar. Allein die Panik, die Dynamik, die Überkomplexität, der rasende Zusammenbruch von allem werden dann so oder so die Eskalation herbei führen. Entsprechend halte ich einen auf taktische Waffen begrenzten Atomkrieg für sehr unwahrscheinlich was die praktische Machbarkeit angeht.
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Danke für die Erklärung Quintus.
Ich kann dem noch nicht ganz folgen oder habe es nicht vollständig durchdrungen. Würde daraus nicht folgen, wenn man das konsequent weiterspinnt, dass praktisch jede weitreichendere Waffe sinnlos ist (wenn nicht nuklear bewaffnet), da bei einem Abschuss der Gegner zwangsläufig zu einem nuklearen Zweitschlag ausholen müsste. Wenn wir Atommacht wären, würden es keinen Sinn machen Waffen, welche nicht nuklear bewaffnet sind, zu entwickeln bzw. zu beschaffen. Kein Taurus, keine NSM oder JSSM. Bei einem Einsatz müsste Russland sofort nuklear antworten, da sie auf dem Radar nicht erfassen können, was da kommt. Das ist doch nicht realistisch?
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(10.07.2024, 19:09)Quintus Fabius schrieb: Sobald eine solche taktische Nuklearwaffe hochgeht, hat man keine Zeit mehr, und muss den umfänglichen Zweitschlag ausführen. Wenn sie hochgeht, weiß ich innerhalb der ohnehin vorhandenen Reaktionszeit aber zumindest, ob die gerade erfolgte Zerstörung Nowgorods sich auf die Stadt oder die Oblast bezieht. Und vor allem weiß ich, ob es einen einzelnen oder mehrere solche Angriffe gegeben hat.
Zitat:Deshalb wird man beim Einsatz "taktischer" Nuklearwaffen (Mehrzahl) die Sache in keinem Fall einfangen oder begrenzen können. Das wird dann ganz von selbst auf der Stelle maximal eskalieren (müssen). Dazu noch ein Punkt: es macht keinen Sinn, nur eine taktische Waffe auf irgendeinen Frontabschnitt zu werfen. Wenn man schon so weit ist, solche Sprengköpfe mit 100 kT bis 200 kT einzusetzen, wird man viele davon einsetzen, zeitgleich. Dann wird aber nicht unterscheidbar sein, was da nun geschieht und ob das tatsächlich ein begrenzter Angriff ist.
Und da haben wir einen Dissens. Denn ich sehe durchaus Szenarien, in denen einzelne taktische Atomwaffen zum Einsatz kommen. Genau genommen sehe ich sogar nur solche. Die Begründung dazu lieferst du selbst: Der Einsatz mehrere taktischer Waffen gleichzeitig würde automatisch eine nicht einzufangende Eskalationsspirale auslösen. Daher wäre er mit einem strategischen Einsatz gleichzusetzen und somit sinnbefreit, sofern man auch über strategische Waffen verfügt.
Die mMn realistische Möglichkeit für den Einsatz taktischer Nuklearwaffen liegt für mich im präzisen, womöglich sogar angekündigten Einzelschlag gegen ein besonderes Ziel, wie bspw. einen Verkehrsknotenpunkt, einen großen militärischen Stützpunkt, Truppenansammlungen, ein Hauptquartier o.ä. Und das ist dann auch die einzige sinnvolle Verwendung einer "taktischen Zweitschlagskapazität", um mit einer symmetrischen Reaktionskapazität einen entsprechenden Erstschlag abzuschrecken, zu dem sich jemand wie Putin durchaus ermutigt fühlen könnte aufgrund der von ihm wahrgenommenen Schwäche westlicher Entscheidungsträger.
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(10.07.2024, 14:01)FJ730 schrieb: Das ist natürlich ein sehr guter Punkt und unterstreicht die Bedeutung des amerikanischen Präsidenten bzw. seiner Administration für die globale Sicherheitsarchitektur und der NATO.
Die Vorfälle mit Frankreich vor vier Jahren waren ja schon wirklich grenzwertig.
https://www.welt.de/politik/ausland/arti...rueck.html
Aber auch wenn`s schwierig ist, könnte die EU auch ohne die USA, mit besonnener, kluger Diplomatie (genau wie jetzt) immer irgendwie einen Kompromiss erzielen bevor dort etwas eskaliert.
Ich bin der Meinung, dass einer nuklearen Bewaffnung der EU (egal ob taktisch oder strategisch, was aus meiner Sicht ja gerade bei skalierbaren Waffen nicht eindeutig zu trennen ist) ganz klare, transparente und enge Grenzen gesetzt werden müssten. Sie sollte sich ausschließlich gegen jede Form der nuklearen Erpressung/Angriff richten und ein absolutes Erstschlagverbot (auch bei evtl. Verlust territorialer Integrität) beinhalten. Ob als Freigabe für die Freigabe oder direkt durch den Kommissionspräsidenten würde sicher intensiv verhandelt werden müssen
RUS weiß ganz genau, dass die NATO ein reines Verteidigungsbündnis ist und von sich aus niemals einen Angriff auf RUS unternehmen würde. Für die EU gilt das um so mehr.
Auch wenn die Gefahr sehr hoch ist, bin ich nicht der Meinung, dass ein taktischer Zweitschlag (gerade auf eigenem, besetzten Territorium) automatisch zur völligen Eskalation führen muss.
Die taktischen Waffen (gerade die rein defensive Ausrichtung der B 61 Freifallbomben) bringen eher eine nicht kalkulierbare Unbekannte in die Risikoeinschätzung eines Angriffs und sind den Russen daher ganz offensichtlich (sonst würden sie nicht immer das Gegenteil behaupten und obendrein eine nT taktischer Waffen mit Weißrussland eingehen) ein absolutes Dorn im Auge.
Deshalb schätze ich die Abschreckungswirkung (nur darum geht es ja) der aktuellen nT mit taktischen Waffen innerhalb der NATO auch als sehr hoch ein.
Die französische Komponente würde ja ebenfalls erstmal parallel bestehen bleiben und durch ihre eigenen Doktrin das Risiko für einen potentiellen Gegner endgültig unberechenbar machen. So ähnlich wie jetzt!
Das würde aus meiner Sicht auch ausreichen. Die EU wäre als Verteidigungsunion (wirtschaftlich, personell und materiell) bei einem Angriff auch konventionell in der Lage, jeden potentiellen Gegner in die Schranken zu weisen, sofern sie es denn wirklich wollte.
An der generellen Verteidigungsbereitschaft in Europa habe ich seit dem UA Krieg überhaupt keine Zweifel mehr.
Von daher könnte man es so langsam mal vernünftig machen. Eine glaubhafte, defensive, nukleare Abschreckung der EU würde sich aus meiner Sicherheit als erste Säule anbieten, den Mitgliedern Sicherheit geben und den Weg von oben zu einer hocheffizienten, konventionellen Streitmacht mit 320Mrd Euro Budget zzgl. 29 territorialen Nationalgarden bei 2,0% vereinfachen.
Die Problematik besteht darin das China im Pazifikraum durch seine wachsende Stärke mehr Ressourcen der USA bindet. Ich würde das nicht unbedingt vom US Präsidenten abhängig machen. Im kalte Krieg war Europa noch der Austragungsort des geopolidchen Wettbewerb zwischen Ost und West. Durch das erstarken Chinas hat sich der Ort des Wettbewerbs in mehr in den asiatisch- pazifischen Raum verlagert, den die USA Rechnung tragen müssen.
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(10.07.2024, 18:01)Leuco schrieb: Auch wenn du sehr gute Argumente angeführt hast, entsteht daraus keine unumstößliche Wahrheit.
Ja und Nein, ich glaube du missverstehst mich da. Die Doktrinen zum Einsatz von Kernwaffen sind soweit bekannt, die technische Entwicklung und Zielsetzung der verschiedenen Systeme ist auch jeweils gut dokumentiert. Das sind tatsächlich Fakten, die in einer Diskussion um die Mittel zur Abschreckung nicht ignoriert werden können, unabhängig davon, welche Szenarien nun grundsätzlich vorstellbar sind.
Was davon unbenommen natürlich völlig offen bleibt ist die Frage der tatsächlichen Auswirkung auf die Abschreckung durch parallel vorhandene strategische Waffen, bzw. die Wahrnehmung von Kernwaffen mit variabler Sprengkraft. Darüber wurde und wird seit Jahrzehnten und bis heute ausgiebig debattiert, und hier ist es sicherlich so, dass es keine absolute Wahrheit geben kann (gerade auch weil der subjektive Einfluss auf der Entscheidungsebene vorhanden ist).
Zitat:Da die Grenze zwischen strategisch und taktisch fließend ist, würdest du grundsätzlich von einer Skalierbarkeit absehen bzw. sie als kontraproduktiv bewerten?
Das entscheidende dabei ist die Doktrin, wenn diese klar nur eine einzige Form der Reaktion auf den Einsatz von Kernwaffen kennt, dann könnte man eine Skalierbarkeit und damit eine Anpassung auf das einzelne Ziel tatsächlich sogar als einen positiven Aspekt anführen, weil dabei der Kollateralschaden reduziert und damit ein Einsatz leichter durchführbar wäre. Allerdings geraden wir dann sehr schnell an den Punkt, den Quintus bereits angeführt hat: die Wirkung reduziert sich auf eine rein militärische, die wiederum auch durch konventionelle Sprengköpfe erreicht werden könnte, die wiederum noch deutlich leichter und aufgrund der geringeren Kosten in größerer Zahl einsetzbar wären. Das ist ein wichtiger Argumentationspunkt in der international geführten Debatte um das Thema Abschreckung, aber auch um die Frage, in welcher Form ein solcher Atomkrieg letztlich geführt werden wird. Aber noch einmal zur Klarstellung, das gilt jeweils nur in einer Doktrin, die auf maximale Vergeltung setzt.
Sofern die Doktrin abgestufte Reaktionen mit unterschiedlichen Roten Linien beinhaltet, dann reduziert bereits das die abschreckende Wirkung, und eine Skalierbarkeit der Kernwaffen sorgt nur für die notwendige Bestätigung.
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Leuco:
Zitat:Würde daraus nicht folgen, wenn man das konsequent weiterspinnt, dass praktisch jede weitreichendere Waffe sinnlos ist (wenn nicht nuklear bewaffnet), da bei einem Abschuss der Gegner zwangsläufig zu einem nuklearen Zweitschlag ausholen müsste.
Nein, denn es geht mir nicht um das Trägermittel, sondern um die Nuklearwaffe selbst. Wenn also irgendwo ein Marschflugkörper lang kommt, heißt das nicht dass dies den "Zweitschlag" auslöst, sondern wenn eine Atombombe explodiert, dann löst dies den Zweitschlag aus. Weil man zwingend davon ausgehen muss, dass unmittelbar fort folgend noch viele viel weitere Atombomben explodieren werden.
Um das nochmal und klarer zu wiederholen: es geht mir nicht um den Einsatz der Raketen / Marschflugkörper usw. sondern darum, dass eine taktische Nuklearwaffe explodiert. Sobald eine solche hochgeht, ist man im Atomkrieg und kann diesen nicht mehr einfangen.
Zitat: Kein Taurus, keine NSM oder JSSM. Bei einem Einsatz müsste Russland sofort nuklear antworten, da sie auf dem Radar nicht erfassen können, was da kommt. Das ist doch nicht realistisch?
Was glaubst du warum man so dermaßen übervorsichtig mit diesen Waffen im Kontext der Ukraine ist, dieser entweder solche Waffen vorenthalten hat oder sie gezwungen hat sie nicht in russisches Gebiet zu schießen ?
Nach geltender russischer Doktrin kann ein größerer Einsatz solcher Waffen bereits den Atomschlag auslösen, noch bevor diese Trägersysteme einschlagen. Mit der Betonung auf größerer Einsatz, also eine größere Anzahl.
Aber mal unabhängig davon: sobald eine Atombombe explodiert, gleich ob taktisch oder nicht, wird alles anders und hat man keine Zeit mehr. Es sei denn man würde tatsächlich mit Ankündigung und mit sehr kleinen Gefechtsköpfen gerade mal ein Ziel zerstören. Aber dann stellt sich die Frage, unter welchen Umständen dies überhaupt der Fall sein sollte, was man damit bezwecken will und ob ein 1 zu 1 Abtausch dem folgend überhaupt irgendeinen Sinn macht:
Broensen:
Zitat:Wenn sie hochgeht, weiß ich innerhalb der ohnehin vorhandenen Reaktionszeit aber zumindest, ob die gerade erfolgte Zerstörung Nowgorods sich auf die Stadt oder die Oblast bezieht. Und vor allem weiß ich, ob es einen einzelnen oder mehrere solche Angriffe gegeben hat.
Und der dann noch vorhandenen Reaktionszeit wird man nicht sicher heraus finden können, was da nun alles getroffen wurde. Aber ja, man könnte noch heraus finden, ob es ein Einzelangriff war. Jedoch:
Zitat:da haben wir einen Dissens. Denn ich sehe durchaus Szenarien, in denen einzelne taktische Atomwaffen zum Einsatz kommen. Genau genommen sehe ich sogar nur solche. Die Begründung dazu lieferst du selbst: Der Einsatz mehrere taktischer Waffen gleichzeitig würde automatisch eine nicht einzufangende Eskalationsspirale auslösen. Daher wäre er mit einem strategischen Einsatz gleichzusetzen und somit sinnbefreit, sofern man auch über strategische Waffen verfügt.
Macht ein solcher Einzeleinsatz militärisch keinen Sinn, weil man für die Wirkung eines solchen Angriffes mit echten taktischen Nuklearwaffen auch konventionelle Waffen verwenden könnte und dies tatsächlich sogar vorteilhafter wäre (Helios hat schon angerissen warum). Es macht militärisch eben überhaupt keinen Sinn mit Ankündigung gerade mal 1 Ziel zu zerstören - dann aber für einige Zeit nichts weiteres mehr einzusetzen, wenn dies konventionell besser geht und man dabei zugleich dann das Risiko für die Eskalation vermeidet, welches selbst beim Einsatz nur einer Waffe gegeben ist.
Es macht deshalb rein militärisch keinen Sinn (weil ineffizient und vom Kosten / Nutzenverhältnis her schlechter) taktische Nuklearwaffen vorzuhalten, um damit auf Ansage Einzelziele zu zerstören. Das geht kostengünstiger und effizienter und besser mit konventionellen Waffen, darüber hinaus mit weniger Kollateralschäden, ohne Strahlung und ohne die Risiken welche sich selbst bei Einsatz nur einer Waffe ergeben.
Zitat:Die mMn realistische Möglichkeit für den Einsatz taktischer Nuklearwaffen liegt für mich im präzisen, womöglich sogar angekündigten Einzelschlag gegen ein besonderes Ziel, wie bspw. einen Verkehrsknotenpunkt, einen großen militärischen Stützpunkt, Truppenansammlungen, ein Hauptquartier o.ä. Und das ist dann auch die einzige sinnvolle Verwendung einer "taktischen Zweitschlagskapazität", um mit einer symmetrischen Reaktionskapazität einen entsprechenden Erstschlag abzuschrecken, zu dem sich jemand wie Putin durchaus ermutigt fühlen könnte aufgrund der von ihm wahrgenommenen Schwäche westlicher Entscheidungsträger.
Eine solche taktische Zweitschlagskapazität kann man aber auch mit konventionellen Waffen bereit stellen. Dafür benötigt man keine eigenen taktischen Nuklearwaffen. Eine extrem starke konventionelle Schlagkraft kann recht zuverlässig den Einsatz bloßer taktischer Waffen abschrecken.
Um einen in diesem Kontext elementaren Punkt nochmal zu wiederholen:
Russische "taktische" Nuklearwaffen liegen fast alle weit über der Leistung der Hiroshima Bombe. Das sind Bomben mit bis zu 200 kT ! Wenn eine 200 kT Bombe hochgeht, ist man im strategischen Atomkrieg. Man kann dann einfach nicht mehr das Risiko eingehen, zuzuwarten, weil man vom unmittelbar bevorstehenden Totalkollaps ausgehen muss. Zudem kann man bei solchen Größenordnungen nicht mehr von einem präzisen Einsatz sprechen.
Desweiteren hat Russland eine immense Menge an taktischen Nuklearwaffen. In dem Moment, in welchem wir auf einen Einsatz derselben beschränkt reagieren, also Quid pro Quo auf einen russischen Einsatz immer genau einen eigenen Einsatz durchführen, wäre man tatsächlich im taktischen Nuklearkrieg. Aber diesen würden wir verlieren, da die Russen hier immens viel höhere Kapazitäten haben und wir eine derart große Quantität nicht ansatzweise werden aufrüsten und vorhalten können.
Würden wir also tatsächlich wieder jedes Erwarten und entgegen des hohen Risikos einen langsamen stückweisen taktischen Atomkrieg führen, würden wir diesen automatisch verlieren. Warum also sollten wir dies tun ?
Es müsste stattdessen von der Doktrin her klar festgehalten werden, dass auf ganz eindeutig definierte rote Linien hin strategische Waffen eingesetzt werden, sonst würde die Abschreckung nicht funktionieren. Denn um das nochmal hervorzuheben: wir reden hier von "taktischen" Waffen bis zu 200 kT und wir reden von einer immensen Menge solcher Waffen welche Russland einsatzbereit hat.
Es macht militärisch gar keinen Sinn für uns, einen Atomkrieg mit Russland in einer begrenzten Form führen zu wollen, selbst wenn dies möglich wäre - was ich sehr stark bezweifle !
Sobald wir erkennen lassen, dass wir uns auf ein solches Spiel einlassen und tatsächlich trotz des immensen Risikos es so abläuft, ist unsere Niederlage sicher.
Zitat:Einzelschlag gegen ein besonderes Ziel, wie bspw. einen Verkehrsknotenpunkt, einen großen militärischen Stützpunkt, Truppenansammlungen, ein Hauptquartier o.ä.
Dafür benötigt man keine taktischen Nuklearwaffen, dass geht auch konventionell.
Sollten die Russen entgegen vorher gemachter eindeutiger Ansagen eine taktische Atomwaffe gegen solche Strukturen von uns einsetzen, und dies mit Ansage, und dies klar erkennbar als Einzelangriff - was aber gar nicht so einfach als Einzelangriff erkennbar sein wird - dann stellt sich ganz allgemein die Frage, wie man dann verfahren soll. Denn dann hat die Abschreckung unsererseits bereits versagt und wir haben es mit einem Gegner zu tun, der leichtfertig derart extreme Risiken eingeht. Dann muss entsprechend eine umfassendere nukleare Drohung her, für den Fall eines weiteren Einzelangriffes, kombiniert mit massivsten konventionellen Gegenschlägen.
Alles andere beinhaltet sehr schnell den Absturz in den allgemeinen globalen Atomkrieg. Oder im günstigsten Fall unsere vollständige Niederlage. Und dies gegen ein Regime welches dermaßen extrem skrupellos und risikoaffin ist, dass es bereit ist Atomwaffen einzusetzen. Das wird dann darüber hinaus dazu führen, dass dieses Regime im weiteren auch gegen alle anderen Atomwaffen einsetzt. Die Gefahr für immer weitere Atomkriege würde immens steigen.
Zitat:das ist dann auch die einzige sinnvolle Verwendung einer "taktischen Zweitschlagskapazität", um mit einer symmetrischen Reaktionskapazität einen entsprechenden Erstschlag abzuschrecken, zu dem sich jemand wie Putin durchaus ermutigt fühlen könnte aufgrund der von ihm wahrgenommenen Schwäche westlicher Entscheidungsträger.
Meiner Überzeugung nach muß man einen solchen begrenzten Erstschlag anders abschrecken und er ist meiner Meinung nach durch eigene taktische Nuklearwaffen nicht abschreckbar. Zudem ist das primäre Problem in diesem Kontext nicht die Schwäche westlicher Entscheidungsträger - sobald eine taktische Nuklearwaffe explodiert wird Panik und Todesangst dermaßen extreme Reaktionen hervor rufen, dass man staunen wird, sondern das Problem ist unsere reale militärische Schwäche ! Was Putin wahrnimmt ist nicht die Entscheidungsschwäche, sondern die Handlungsunfähigkeit, selbst wenn eine Entscheidung getroffen würde.
Eine taktische Zweitschlagskapazität ließe sich daher wesentlich sinnvoller mit konventionellen Waffen bereit stellen, was noch einen weiteren Nutzen hätte: da man diese auch sonst einsetzen kann, also auch im konventionellen Bereich damit Abschreckung betreiben kann, während taktische Atomwaffen unsererseits keine konventionelle Abschreckung gegen die Russen bewirken können.
Und da sind wir schon bei einem wesentlichen Punkt: jeder Einsatz taktischer Nuklearwaffen seitens der Russen wird ja nur dann stattfinden, wenn es zum Krieg kommt. Damit es aber zum Krieg kommt, muss vorher schon die konventionelle Abschreckung versagt haben.
Zitat: symmetrischen Reaktionskapazität
Da Russland sehr viel leistungsfähigere taktische Nuklearwaffen hat, und sehr sehr viel mehr davon als wir je haben werden, können wir zum einen gar keine symetrische Reaktionskapazität herstellen, weil die Russen immer 1 zu 1 ihre Bomben eine nach der anderen einsetzen können und immer noch Mengen davon hätten, wenn unsere alle verbraucht sind, zum zweiten würde dies ein Krieg sein, den Russland sogar präferiert, weil er seine konventionelle Schwäche kompensiert und zum dritten wird bei einem solchen 1 zu 1 Abtausch binnem kurzen der Punkt erreicht sein, wo derartige Schäden und Abwärtsspiralen in Gang kommen, dass dann der Krieg trotzdem in den allgemeinen strategischen Einsatz eskaliert.
Ich halte es daher für sinnvoller, den Einsatz der "taktischen" Nuklearwaffen der RF eher mit einer massiven strategischen Drohung und weit überlegenen konventionellen Streitkräften abzuschrecken, als sich hier auf ein symetrisches Spiel einzulassen.
Ganz allgemein ist Symetrie etwas,was im Krieg grundfalsch ist. Man muss immer versuchen assymetrisch zu agieren. Gerade eben deshalb setzt die RF so stark auf taktische Atomwaffen. Wenn wir dies nun auch tun, würden wir uns also gerade eben auf ein solches symetrisches Spiel einlassen und exakt das wäre grundfalsch, weil es unsere Vorteile unnötig verspielt und den Russen unnötig Möglichkeiten eröffnet. Gerade eben deshalb haben die Russen ja so viele taktische Waffen und wollen diesen 1 zu 1 Abtausch gegen militärische Ziele.
Eine symetrische Reaktionskapazität wäre also selbst dann schlecht, wenn man den Krieg auf diesem Niveau führen könnte, was nicht gesichert ist.
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(11.07.2024, 08:53)Quintus Fabius schrieb: Es sei denn man würde tatsächlich mit Ankündigung und mit sehr kleinen Gefechtsköpfen gerade mal ein Ziel zerstören. Aber dann stellt sich die Frage, unter welchen Umständen dies überhaupt der Fall sein sollte Die Umstände sind recht einfach zu konstruieren:
Jemand wie Putin kommt mit seinen atomaren Drohungen an einen Punkt, an dem er sich nicht mehr ernstgenommen fühlt und will seine Bereitschaft zum Atomwaffeneinsatz demonstrieren. Also setzt er mit Ankündigung eine einzelne taktische Waffe ein, um seine Eskalations-Drohung zu untermauern. Er traut sich das, weil er davon überzeugt ist, dass es keinen strategischen Gegenschlag geben wird und eine taktische Option auf unserer Seite nicht vorhanden ist. Das ist das Szenario, das ich im Rahmen eines Angriffs auf das Baltikum o.ä. für nicht unrealistisch halten würde.
Zitat:Macht ein solcher Einzeleinsatz militärisch keinen Sinn ... Es macht militärisch eben überhaupt keinen Sinn mit Ankündigung gerade mal 1 Ziel zu zerstören
Das ist in dem Szenario irrelevant, denn es geht dabei nicht um militärische Aspekte. Es geht lediglich darum, dass Putin seinen Drohungen Nachdruck verleihen will und wir das nicht unbeantwortet zulassen dürfen.
Zitat:Eine solche taktische Zweitschlagskapazität kann man aber auch mit konventionellen Waffen bereit stellen. Dafür benötigt man keine eigenen taktischen Nuklearwaffen. Eine extrem starke konventionelle Schlagkraft kann recht zuverlässig den Einsatz bloßer taktischer Waffen abschrecken.
Okay, davon lasse ich mich gerne überzeugen. Ich bin ja ohnehin ein Freund des Ansatzes, eine nicht-konventionelle Eskalation mit einer konventionellen zu beantworten. Nur braucht es dafür eben auch die erforderlichen Waffen und anderen Kapazitäten sowie den entsprechen politischen Willen. Dementsprechend können wir gerne auch die B61 durch konventionelle Waffen ähnlicher Zerstörungskraft ersetzen, aber wie könnte das aussehen? Es muss sich ja um eine Einzelschlagswaffe handeln, deren Wirkung über eine Häufung von Nadelstichen hinausgeht, wie sie ein kombinierter Angriff mehrerer Marschflugkörper darstellen würde. Ein konventioneller Schlag müsste zudem eine höhere Zerstörungswirkung aufweisen als der zu beantwortende taktische Nuklearschlag, damit er die fehlende Wirkung durch Kollateralschäden kompensieren kann. Wir reden dann also von einer Waffe weit oberhalb Von Mutter und Vater aller Bomben, eher schon auf dem Leistungsniveau einer ASMP-A, nur halt ohne Fallout. Und das dann am besten noch in einem Trägersystem, das nicht abgefangen werden kann.
Daher: Wie konkret könnte eine solche Waffe aussehen?
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Aber warum sollten sich die Konventionellenwaffen ändern, das verfehlt doch den Sinn eines konvetionellen Gegenschlages. Ich hätte gedacht die Ziele ändern sich. Im oben genannten Beispiel, würde die Nato als Gegenschlag die die strategischen Kernwaffen der Russen angreifen. Das ist doch eine viel größere Bedrohung für Russland als, wenn man jetzt ein paar größere Bomben benutzt. Man zwing Russland in so einem Scenario in eine schwierige Lage, da sie dabei sind ihre Erst und Zweitschlagfähigkeit zu verlieren und so nuklear inpotent werden würden.
Das setzt natürlich voraus das man die russischen strategischen Kernwaffen überhaupt angreifen kann, was natürlich viele Resourcen benötigt. Aufkärung un Waffen die soweit wirken können in ausreichender Anzahl zum Beispiel, wobei man hier ja nicht die russichen strategischen Kernwaffen auf einmal vernichten muss (das wäre natürlich zu wünschen aber sehr unrealistisch) sonder nur einschränken muss. Man könnte zum Beispiel vorallem die Zweitschlagfähigkeit angreifen.
Ich persöhnlich hallte es jedoch unrealistisch, dass wir so etwas unabhängig von den Amerikanern in Europa aufbauen könnten. Also sehen taktische Kernwaffen für mich als die billigere und einfachere Option aus.
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(11.07.2024, 12:37)Aegrotare schrieb: Im oben genannten Beispiel, würde die Nato als Gegenschlag die die strategischen Kernwaffen der Russen angreifen. Das ist doch eine viel größere Bedrohung für Russland als, wenn man jetzt ein paar größere Bomben benutzt. Das führt dann aber gerade an dem Gedanken vorbei, der hinter einer symmetrischen Reaktion steckt. Ein Angriff auf das strategische Potential der Russen könnte sogar als nukleare Eskalation betrachtet werden, auch wenn er konventionell ausgeführt wird. Man könnte diese Option wählen, sie hätte aber eben nicht den Charakter einer symmetrischen Antwort. Und darum geht es in dem Beispiel bzw. bei der "taktischen" Abschreckung: Der Angreifer muss wissen, dass sein Angriff ihm mindestens den gleichen Schaden zufügt wie seinem Gegner, zugleich aber auch Eskalationspotential birgt. Damit von vornherein klar ist, dass sich der Angriff für ihn nicht lohnen kann. Diese Sicherheit besteht in dem Beispiel nur dann nicht, wenn er davon ausgehen kann, dass sein Gegner nur die Wahl hat zwischen massiver Eskalation inkl. Selbstvernichtung oder dem Verzicht auf eine mindestens gleichwertige Antwort mangels entsprechender Möglichkeiten.
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Zitat:Die Umstände sind recht einfach zu konstruieren:
Jemand wie Putin kommt mit seinen atomaren Drohungen an einen Punkt, an dem er sich nicht mehr ernstgenommen fühlt und will seine Bereitschaft zum Atomwaffeneinsatz demonstrieren. Also setzt er mit Ankündigung eine einzelne taktische Waffe ein, um seine Eskalations-Drohung zu untermauern.
Das ist ein wichtiger Punkt den du hier ansprichst: zur Zeit hat die nukleare Abschreckung durch Russland Schaden erlitten und wirkt zunehmend weniger. Das ist eine sehr problematische Entwicklung für alle Seiten. Als Beispiel seien die konventionellen Angriffe der Ukrainer auf Radarsysteme der strategischen Nuklearstreitkräfte der RF genannt usw. Also ein denkbares Szenario. Aber: man kann seine Bereitschaft zum Atomwaffeneinsatz auch anders demonstrieren, beispielsweise durch eine bloße nukleare Demonstration - also indem man eine Atomwaffe beispielsweise irgendwo in unbewohntem Gebiet / auf dem Meer usw. zündet. Das wäre noch eine Stufe darunter.
Aber auch wenn die Russen dazu kommen EINE EINZELNE taktische Atomwaffe zu zünden, dann ist dies bereits extrem problematisch. Und wäre das Zünden einer eigenen EINZELNEN taktischen Atomwaffe darauf nicht die richtige Antwort. Weil wir uns dann auf einen langsamen, stückweisen 1 zu 1 Abtausch mit taktischen Waffen einlassen würden, denn wir - wie von mir oben schon beschrieben - verlieren werden und verlieren müssen, gerade eben weil wir hier insgesamt gesehen keine Symetrie haben. Die Russen haben sehr viel mehr und sehr viel leistungsfähigere taktische Waffen.
Zudem müsste man ab diesem Zeitpunkt davon ausgehen, dass entsprechende Starts von Trägersystemen als nächstes einen strategischen Angriff darstellen, es wäre kaum noch in den Griff zu kriegen, dass Eskalationsriskio extremst.
Folglicherweise ist die einzige Möglichkeit dies zu verhindern, indem man Putin davon abschreckt dies zu tun. Man muss also so abschreckend sein, dass Putin keine einzelne Atombombe zündet. Und exakt dies geht nicht über eigene taktische Atomwaffen, sondern muss auf andere Weise erfolgen.
Dazu noch ein wesentlicher Gedanke !
Die Russen haben in Bezug auf militärische Verluste bewiesenermaßen ein vollständig anders Verhältnis als wir. Wenn die Russen einen Frontabschnitt mit einer taktsichen Nuklearwaffe zerschlagen, und wir setzen genau eine taktische Nuklearwaffe dagegen und zerschlagen bei den Russen exakt die gleiche Menge an Militärmaterial, töten genau so viele Soldaten und richten exakt den gleichen Schaden an, so ist das aufgrund der Unempfindlichkeit der Russen gegen Verluste ebenfalls nicht Symetrisch ! Die Russen kämen auf die Idee, dass sie bei einem 1 zu 1 Abtausch schlussendlich siegen, weil wir dies nicht aushalten, während sie es aushalten.
Der Krieg in der Ukraine sollte klar bewiesen haben, dass Russland hier einer völlig anderen Logik folgt und völlig andere Verluste bereit ist zu akzeptieren. Nehmen wir also mal an, die Russen zerstören ein NATO HQ mit einer taktischen Waffe und wir zerstören daraufhin folgend ein russisches HQ mit einer taktischen Waffe, dann ist das eben keine symetrische Reaktion, sondern die Russen werden de facto allein schon aus dem beschriebenen Mechanismus heraus Sieger dieses 1 zu 1 Abtausches sein. Man müsste also mehr zerstören, um die gleiche Wirkung zu erzielen und dann kommt man sofort in den Bereich wo das Umkippen in den vollumfänglichen Nuklearkrieg unvermeidbar wird.
Das ist doch mein wesentlichstes Argument: selbst wenn wir taktische Atombbomen hätten, würde jeder 1 zu 1 Abtausch zum Sieg der Russen führen, und würde jede 1+n zu 1 Reaktion unsererseits zum entgrenzten Nuklearkrieg führen. Deshalb macht es keinen Sinn, auf EINE taktische Atombombe mit EINER taktischen Atombombe zu reagieren. Sondern man müsste im Übermass konventionell reagieren, also durchaus 1+n zu 1 in der Wirkung, nur ohne den Einsatz von Atomwaffen.
Zitat:Er traut sich das, weil er davon überzeugt ist, dass es keinen strategischen Gegenschlag geben wird und eine taktische Option auf unserer Seite nicht vorhanden ist.
Auch wenn wir taktische Waffen hätten, könnte er sich dies trauen, weil ein 1 zu 1 Abtausch wie beschrieben zum Sieg der Russen führt und jeder andere Abtausch zur Eskalation. Gerade eben deshalb sind taktische Waffen für uns sinnlos und muss man daher die Russen in Bezug auf deren Einsatz anders abschrecken.
Das ist in dem Szenario irrelevant, denn es geht dabei nicht um militärische Aspekte. Es geht lediglich darum, dass Putin seinen Drohungen Nachdruck verleihen will und wir das nicht unbeantwortet zulassen dürfen.
Ich hab dich da schon verstanden aber ein taktischer Einsatz von Atomwaffen ist einer der militärisch Wirkung erzielen soll. Eine rein politische Wirkung - dann sind wir schlussendlich beim strategischen Einsatz.
In diesem Kontext kann man natürlich auch einen strategischen Einsatz von Atomwaffen als einen einer taktischen Waffe gegen ein militärisches Ziel nehmen, keine Frage. Aber ganz allgemein gibt es wenn wir in diesem Bereich operieren keine klare Trennung dieser Waffen. Russische taktische Waffen haben hier und heute eine immense Wirkung, und umgekehrt kann man auch strategische Waffen taktisch nutzen.
Ich würde das also nicht davon abhängig machen, was für einen Gefechtskopf man verwendet, sondern die Unterscheidung eher daraus treffen, was für Ziele man attackiert. Man könnte also sehr wohl auch auf einen Einsatz einer einzelnen taktischen Waffe der Russen dadurch antworten, dass man eine eigene "strategische" Bombge nun taktisch einsetzt, also auf ein rein militärisches Ziel begrenzt einsetzt.
In diesem Kontext ist der Begriff taktische Bomben ohnehin irreführend bei den Russen, da deren Sprengköpfe in weiten Teilen auch ganz normal strategisch gegen zivile Ziele und Städte etc eingesetzt werden können. 200 kT reichen für jedwede denkbare strategische Wirkung.
Es gibt also keine Notwendigkeit für eigene taktische Waffen und man könnte und man sollte auf den Einsatz einer solchen etwaig (je nach den Umständen) mit einer der eigenen strategischen Waffen antworten, mit Ansage, gegen ein vorher festgelegtes militärisches Ziel.
Die beste Antwort auf einen Einsatz EINER EINZELNEN taktischen Waffe der Russen wäre es daher, eine eigene strategische Waffe taktisch einzusetzen. Das würde zudem das oben schon beschriebene Problem der Verlustunempflindlichkeit und Nehmerqualität der Russen lösen, da die gleiche Wirkung 1 zu 1 eben keine symetrische Antwort ist.
Oder man richtet mit konventionellen Waffen systematisch größere Zerstörungen an, und richtet diese dann gezielt gegen die Kommandozentren und auch gegen die Führungseliten.
Zitat:Daher: Wie konkret könnte eine solche Waffe aussehen?
Das muss eben nicht eine Waffe für sich allein sein. Sondern die Wirkung kann durch mehrere solcher Waffen zusammen erzielt werden, die gezielt gegen ein bestimmtes Ziel gerichtet wird. Dabei ist auch die Frage der Zielauswahl relevant. Insbesondere könnte und sollte man dann daran gehen, dass Führungspersonal weitgehend und im weiteren Sinne gezielt zu eliminieren, und dies benötig sogar zwingend viele Waffen mit hoher Präzision statt einer Einzelwaffe.
Einzelwaffe vs Einzelwaffe, dass ist exakt das Spiel welches die Russen uns aufzwingen wollen. Und genau deshalb sollten wir uns nicht darauf einlassen.
Sollte es aber unumgänglich sein (je nach den exakten Umständen), kann man auch eine eigene strategische Waffe zünden. Auch hier ist die Zielauswahl viel relevanter als die Frage der kT.
Aegrotare:
Zitat:Also sehen taktische Kernwaffen für mich als die billigere und einfachere Option aus.
Nuklearstreitkräfte sind immer immens teuer. Und sie schrecken keineswegs sicher konventionelle Angriffe ab. Eine entsprechende massive konventionelle Kapazität ist daher keineswegs die teurere Option, und würde noch über die bloße Frage der Nuklaren Abschreckung hinaus Wirkung haben.
Dessen ungeachtet und damit man mich hier richtig versteht: strategische Atomwaffen benötigen wir so oder so, ich argumentiere hier nur über dezidierte taktische Atomwaffen. Schlussendlich sind das drei Fehler: Konventionell - Taktisch Nuklear - Strategisch Nuklear. Wenn ich von diesen dreien eines einsparen kann, ist das kostengünstiger als wenn ich alle drei bestellen muss.
Broensen:
Zitat:darum geht es in dem Beispiel bzw. bei der "taktischen" Abschreckung: Der Angreifer muss wissen, dass sein Angriff ihm mindestens den gleichen Schaden zufügt wie seinem Gegner, zugleich aber auch Eskalationspotential birgt.
Die gleiche Bombe mit der gleichen kT Zahl gegen das gleiche Ziel mit dem gleichen Schaden wäre aber ein Sieg für die Russen und eben nicht symetrisch. Und dann stellt sich die Frage, ab welcher Größenordnung des Schadens die Russen tatsächlich abgeschreckt werden diesen Weg weiter zu gehen und dann landet man so oder so bei strategischen Waffen. Denn wir sprechen hier dann von über 200 kT.
Das heißt, wir benötigen für eine Antwort welche abschreckend wird keine dezidierten taktischen Waffen ! Sondern dann ist die Frage der Zielauswahl viel relevanter.
Dessen ungeachtet: das Eskalationsrisiko wäre in jedem Fall gewaltig, selbst wenn von den Russen nur EINE Bombe eingesetzt wird und sie dann abwarten. Das setzt alles so schnell Spiralen in Gang die man dann nicht mehr einfangen kann.
Der mindestens gleiche Schaden ist also exakt der Fehler, zu welchem uns die Russen verleiten wollen ! Genau darauf wollen sie hinaus. Richtet man aber mehr Schaden an, ist bei Verwendung von Atomwaffen das Eskalationsrisiko nochmal höher.
Entweder also richtet man mehr Schaden konventionell an, indem man die konventionelle Kriegsführung dereguliert und dann bestimmte Ziele, politische Führung, Kommandozentren, Eliten usw gezielt und weitgreifend angreift. Dazu noch kritische Infrastruktur (Strom, Wasser etc), oder man verwendet eine strategische Waffe gegen ein militärisches Ziel, aber wie man es dreht und wendet, sind eigene taktische Waffen sinnlos, und nur zum Vorteil der Russen sollten wir uns auf einen solchen begrenzten Atomkrieg einlassen.
Mit gezielter Tötung der Elite meine ich übrigens keineswegs nur die Spitze, sondern ganz allgemein und breitflächig und im Bereich von zehntausenden alle die zu den Oberen Klassen gehören, vom leitenden Mananger über sonstige Reiche bis hin zu höheren Beamten, Politikern aller Art usw.
Um den für mich wesentlichsten Punkt nochmal zu wiederholen: Wir müssen assymetrisch antworten und wir müssen anders antworten. Die Aktion mit der exakt gleichen Reaktion zu beantworten - 1 Atomwolke der Größe X vs 1 gleiche Atomwolke der Größe X, wird weder abschrecken, noch funktionieren, noch etwas bringen, nicht einmal das Eskalationsrisiko wird dadurch gesenkt. Also benötigen wir ganz andere, vorher klar und eindeutig kommunizierte und glaubhafte Unkonventionelle Antworten. Wir müssen also auf die Reaktion A nicht mit A antworten, sondern mit MWX2ß. Je mehr sich unsere Antwort von der russischen Frage unterscheidet, desto besser, und sie muss deutlich massiver ausfallen, was mit Atomwaffen ohne unkalkulierbares Risiko für die Eskalation gar nicht machbar ist.
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Wie groß ist den die Chance überhaupt eine solche b61 weit genug auf russisches Gebiet zu verbringen ? Die Möglichkeit das das Flugzeug schon über Polen , dem Baltikum oder der Ukraine abgeschossen wird ist ja nun nicht so klein . Was ist in solch einem Fall dann ? Das wird völlig außer Acht gelassen .
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(11.07.2024, 14:22)Quintus Fabius schrieb: Die Russen haben in Bezug auf militärische Verluste bewiesenermaßen ein vollständig anders Verhältnis als wir. Wenn die Russen einen Frontabschnitt mit einer taktsichen Nuklearwaffe zerschlagen, und wir setzen genau eine taktische Nuklearwaffe dagegen und zerschlagen bei den Russen exakt die gleiche Menge an Militärmaterial, töten genau so viele Soldaten und richten exakt den gleichen Schaden an, so ist das aufgrund der Unempfindlichkeit der Russen gegen Verluste ebenfalls nicht Symetrisch ! Die Russen kämen auf die Idee, dass sie bei einem 1 zu 1 Abtausch schlussendlich siegen, weil wir dies nicht aushalten, während sie es aushalten. Guter Hinweis. Eine symmetrische Reaktion kann in diesem Fall tatsächlich nicht den gleichen Umfang haben, sondern muss eine "gefühlte" Symmetrie herstellen. Bezogen auf das von mir gerne vorgebrachte Beispiel dazu: Im Falle eines Aufmarsches russischer Kräfte vor dem Baltikum mit unterstützendem (einzelnen) Atomwaffeneinsatz auf die NATO-Anmarschwege durch Polen, müsste die Reaktion schon in einer Dimension erfolgen, die den Einmarsch verunmöglicht. Also bspw. die komplette Vernichtung der zusammengezogenen Truppen. Das wäre dann eine tatsächlich symmetrische Reaktion, auch wenn die Opfer auf russischer Seite ein vielfaches derer auf NATO-Seite wären.
Zitat:ein taktischer Einsatz von Atomwaffen ist einer der militärisch Wirkung erzielen soll. Eine rein politische Wirkung - dann sind wir schlussendlich beim strategischen Einsatz.
In diesem Kontext kann man natürlich auch einen strategischen Einsatz von Atomwaffen als einen einer taktischen Waffe gegen ein militärisches Ziel nehmen, keine Frage. Aber ganz allgemein gibt es wenn wir in diesem Bereich operieren keine klare Trennung dieser Waffen.
Damit hast du natürlich recht und ich hätte evtl. nicht die entsprechenden Begriffe verwenden sollen. Ein wirklich taktischer Einsatz von Kernwaffen ist Blödsinn, da sind wir uns einig. Ein jeder Einsatz dieser Waffen wäre strategischer Natur. Es geht lediglich um folgende Aspekte dabei:
1. Die Dimension der Zerstörung inkl. Kolatteralschäden und Nachwirkungen
2. Die Auswahl des Ziels
3. Die Art der Verbringung
Insofern beziehen sich meine bisherigen Ausführungen zu vermeintlich taktischen Waffen eigentlich nur auf solche, die eine begrenzte Wirkung entfalten und somit gezielt gegen Einzelziele (nur der Ort, nicht der ganze Landkreis) eingesetzt werden können und durch "uneindeutige" Verbringungsmittel (Marschflugkörper, Bomber) ins Ziel gelangen statt durch Interkontinentalraketen.
Zitat:die Wirkung kann durch mehrere solcher Waffen zusammen erzielt werden, die gezielt gegen ein bestimmtes Ziel gerichtet wird. Dabei ist auch die Frage der Zielauswahl relevant. Insbesondere könnte und sollte man dann daran gehen, dass Führungspersonal weitgehend und im weiteren Sinne gezielt zu eliminieren, und dies benötig sogar zwingend viele Waffen mit hoher Präzision statt einer Einzelwaffe.
Dabei sehe ich ein Problem in dem erforderlichen Eskalationsschritt in der Reaktion. Der Tabubruch beim Einsatz einer Kernwaffe kann nicht durch eine Intensivierung des Einsatzes der ohnehin bereits angewendeten Mittel gekontert werden. Es muss zwingend ebenfalls ein Tabubruch erfolgen, der dem Einsatz einer Atombombe äquivalent zu betrachten ist. Und ein solcher ist mMn nur durch den Einsatz einer zuvor bewusst nicht verwendeten Waffenkategorie möglich. Das können ABC-Waffen sein, allerdings wird davon seitens der NATO/EU eben nur die nukleare Option infrage kommen. Alternativ bleibt natürlich die Zielauswahl, aber gerade gegen Russland bietet auch das wenig Möglichkeiten, denn Angriffe auf die Zivilbevölkerung haben wenig Wirkung auf jemanden wie Putin und führen zugleich auf Seiten der NATO-Bevölkerung zu schwindender Unterstützung der Kriegsführung. Das wäre also eher kontraproduktiv. Und die von dir adressiert militärische, politische und wirtschaftliche Führung sollte in einem solchen Konflikt ohnehin bereits im Fokus stehen, auch ohne vorhergehenden Nuklearschlag. Also bleibt mMn nur die Option, eine massive Vernichtungskraft in einem Einzelschlag zu bündeln, der aufgrund seiner Dimension einen Tabubruch darstellt und eine entsprechende Wirkung erzielt, die in der Lage ist, den Kriegsverlauf entscheidend zu beeinflussen. Dafür genügt nicht die Vernichtung einer Division, da sprechend wir eher von einem ganzen Militärbezirk, den so ein Schlag ausschalten müsste, um die gewünschte Abschreckung zu erzielen.
Die Kunst dabei ist es, diesen Einzelschlag so auszuführen, dass er eben nicht die Existenz des Gegners eliminiert, sondern lediglich dessen Möglichkeiten zur Kriegsführung. Also dürfen keine Atombomben auf Moskau fallen, sondern es muss sich um militärisch relevante Ziele handeln, die vernichtet werden.
@alphall31: Die Freifallbombe ist natürlich kein sinnvolles Mittel, aber leider das einzige, das wir aktuell haben. Nuklear bestückbare Marschflugkörper wären sehr viel sinnvoller.
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Für mich ist die Tatsache, dass die russischen taktischen Waffen bezogen auf ihre Sprengkraft sehr nahe an strategischen Waffen liegen bzw. kaum zu unterscheiden ein sehr wichtiges genanntes Argument. Auch der Fakt, dass die schiere Zahl der Russischen Waffen unsere Kapazitäten in jedem Fall unsere übersteigen erachte ich als wichtig für die Bewertung.
Die Einschätzung dass Russland eine taktische Auseinandersetzung gelegen kommen könnte hat Substanz. Eine massive konventionelle Antwort erscheint mir unter diesem Hintergrund ebenfalls sinnvoller. Ich bin geneigt der Argumentationskette, dass taktische Waffen für uns nicht ideal sind zu folgen.
Die Gefahr dass Russland selbst gegen die Ukraine oder in einem anderen Konflikt eine einzelne Waffe einsetzt um den Gegner z.B. zur Aufgabe zu bringen halte ich aber auch realistisch. So etwas wäre z.B. vorstellbar wenn die Regierung ins Wanken kommt oder wirtschaftlich die Puste ausgeht.
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(11.07.2024, 17:50)Leuco schrieb: Auch der Fakt, dass die schiere Zahl der Russischen Waffen unsere Kapazitäten in jedem Fall unsere übersteigen erachte ich als wichtig für die Bewertung.
Die Einschätzung dass Russland eine taktische Auseinandersetzung gelegen kommen könnte hat Substanz. Eine "taktische Auseinandersetzung", also der wechselseitige Einsatz mehrerer Waffen reduzierter Wirkung, ist völlig unrealistisch, da haben wir alle Konsens, denke ich. Die offene Frage ist lediglich, ob das Vorhalten einer "dosierbaren" Reaktionsfähigkeit sinnvoll ist oder nicht. Dabei kann es aber eigentlich nur um ein einmaliges Szenario (bzw. dessen Abschreckung) gehen, so dass die Menge der Waffen nur insofern Relevanz besitzt, dass evtl. Fehlschlägen vorgebeugt und eine Dislozierung der Kapazitäten ermöglicht werden muss. Ansonsten ist das irrelevant, da wir im Wiederholungsfall automatisch in der maximalen Eskalation landen. Es geht einzig und allein darum, die Wette des Angreifers darauf zu verhindern, dass wir einen begrenzten Angriff nicht mit totaler Vernichtung kontern würden.
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alphall31:
Zitat:Wie groß ist den die Chance überhaupt eine solche b61 weit genug auf russisches Gebiet zu verbringen ? Die Möglichkeit das das Flugzeug schon über Polen , dem Baltikum oder der Ukraine abgeschossen wird ist ja nun nicht so klein . Was ist in solch einem Fall dann ? Das wird völlig außer Acht gelassen .
Die Chance ist gar nicht so schlecht, aber wie schon ausgeführt: selbst wenn ein solcher Abwurf gegen eine russische Armeeeinheit gelingen sollte, bewirkt das nicht viel. Militärisch schon gleich gar nichts (als ob die Russen ein zerschlagenes Bataillon stören würde) und politisch ebenfalls nur wenig. Weder würde dadurch Abschreckung entstehen, noch würden die Russen deshalb aufhören diesen Weg weiter zugehen, ganz im Gegenteil: das ist exakt was sie wollen. Ein taktischer Nuklearkrieg ist etwas, was die Russen sofort führen würden, weil es ihren Sieg bedeutet. Wenn der Westen garantiert sich auf diese Ebene beschränkt, wird Russland dies sofort dankbar aufgreifen. Allein schon deshalb sind diese beschränkten Freifallbomben völlig unnütz was ihre Wirkung angeht. Sie dienen daher in Wahrheit auch ganz anderen Zwecken: durch die NT hat man Einblick und Mitsprache in die Nuklearkriegsführung, und dieses Interne Wissen ist hier viel relevanter als die tatsächliche Wirkung.
Broensen:
Zitat:Guter Hinweis. Eine symmetrische Reaktion kann in diesem Fall tatsächlich nicht den gleichen Umfang haben, sondern muss eine "gefühlte" Symmetrie herstellen. Bezogen auf das von mir gerne vorgebrachte Beispiel dazu: Im Falle eines Aufmarsches russischer Kräfte vor dem Baltikum mit unterstützendem (einzelnen) Atomwaffeneinsatz auf die NATO-Anmarschwege durch Polen, müsste die Reaktion schon in einer Dimension erfolgen, die den Einmarsch verunmöglicht. Also bspw. die komplette Vernichtung der zusammengezogenen Truppen. Das wäre dann eine tatsächlich symmetrische Reaktion, auch wenn die Opfer auf russischer Seite ein vielfaches derer auf NATO-Seite wären.
Exakt ! Und genau da kommen wir zu dem von mir beschriebenen Problem, dass die Russen ihre Truppen natürlich weitgreifend dislozieren werden, aus exakt diesem Grund und dass sie ihre Truppen inmitten der Zivilbevölkerung positionieren werden. Und damit löst ein nuklearer Gegenschlag schlussendlich den strategischen Atomkrieg aus, zwingend. Denn es wird rein praktisch aufgrund der Dislozierung der Russen nicht möglich sein, eine tatsächlich symetrische Reaktion unterhalb eines strategischen Angriffes zu führen.
Die Alternative ist, dass man eben keine tatsächlich symetrische Reaktion vornimmt, dann aber ist sowohl der militärische wie auch der politische Effekt gleich 0. Man wird so die Russen weder aufhalten können, noch ihre Truppen ausreichend schwächen können, noch wird man sie abschrecken können. Sondern ganz im Gegenteil, sie werden daraufhin die nächste einzelne taktische Waffe werfen, und dann die nächste, und dann die nächste. Gerade eben weil wir nicht symetrisch reagiert haben.
Deshalb halte ich das Führen eines begrenzten Atomkrieges gegen die RF für eine Chimäre. Entweder führt dies zu einem russischen Sieg oder es eskaliert den Krieg in die vollständige Vernichtung. Also muss darauf anders reagiert werden, entweder durch die nuklare Demonstration mit einer strategischen Waffe um den Feind von dem Weg in die vollständige Vernichtung abzuschrecken oder auf andere Weise:
Der Tabubruch beim Einsatz einer Kernwaffe kann nicht durch eine Intensivierung des Einsatzes der ohnehin bereits angewendeten Mittel gekontert werden. Es muss zwingend ebenfalls ein Tabubruch erfolgen, der dem Einsatz einer Atombombe äquivalent zu betrachten ist.
Diese These zweifle ich in Bezug auf den ersten hier genannten Satz an. Natürlich muss ein entsprechendes Äquivalent her was die Wirkung angeht, aber dieses kann meiner Meinung auch mit konventionellen Waffen erzielt werden. Das hat nichts mit einer Intensivierung zu tun, sondern mit der Frage der Zielauswahl. Man muss vorher klar kommunizieren, dass man gezielt die Elite des Feindes insgesamt angreifen und töten wird. hr setzt eine taktische Nuklearwaffe ein, dann töten wir die gesamte Oberschicht, zerstören die Kommandozentren und zerstören die kritische Infrastruktur. Damit meine ich jetzt nicht Putin persönlich, der wird sich irgendwo in Sibirien in einem Bunker verstecken, sondern tatsächlich die systematische Vernichtung sämtlicher wirtschaftlicher, politischer und sonstiger Elite, von deren zivilen Eigentum und deren Familien, Kindern, Verwandten usw. Die Reaktion wird damit zu einem Tabubruch, weil sie sich gezielt gegen ein Ziviles Element richtet. Man reagiert also vereinfacht gesagt auf den taktischen Einsatz einer rusisschen Atombombe mit einem strategischen Einsatz, führt diesen aber mit konventionellen Mitteln. Dadurch wird der Druck im feindlichen politischen System keine solche Waffe einzusetzen erheblich gesteigert. Nur muss man dies halt vorher klar und eindeutig festlegen und kommunizieren und auch entsprechende Pläne und Waffensysteme dafür vorhalten.
Die Antwort auf einen Einsatz einer einzelnen taktischen Atomwaffe wäre daher ein strategischer Angriff mit konventionellen Waffen. Meiner Einschätzung nach könnte man so eine tatsächlich symetrische Reaktion bieten, insbesondere weil den russischen Eliten ihre Soldaten volllkommen egal sind und der Verlust von noch so viel Truppen nur Hohngelächter bei diesen Eliten verursacht. Deshalb wird jede taktische Reaktion dadurch weitgehend entwertet.
Zitat: die von dir adressiert militärische, politische und wirtschaftliche Führung sollte in einem solchen Konflikt ohnehin bereits im Fokus stehen, auch ohne vorhergehenden Nuklearschlag.
Du verstehst hier vielleicht den Rahmen nicht richtig, den ich damit meine. Das bezieht sich keineswegs nur auf die tatsächliche Führung, sondern sehr viel weitgehender auf die Eliten insgesamt. Die mitsamt ihren Familien und Kindern getötet werden. Um es mal klar in Zahlen zu verdeutlichen: ich spreche hier nicht von ein paar hundert Menschen der eigentlichen Führung, sondern viel umfassender, ich spreche also von Zehntausenden die in kürzest möglicher Zeit umgebracht werden. Mitsamt ihrem Besitz, ihren Villen, ihren rein zivilen Unternehmen, ihrem Vermögen, ihren Kindern usw.
Zitat:Also bleibt mMn nur die Option, eine massive Vernichtungskraft in einem Einzelschlag zu bündeln, der aufgrund seiner Dimension einen Tabubruch darstellt und eine entsprechende Wirkung erzielt, die in der Lage ist, den Kriegsverlauf entscheidend zu beeinflussen. Dafür genügt nicht die Vernichtung einer Division, da sprechend wir eher von einem ganzen Militärbezirk, den so ein Schlag ausschalten müsste, um die gewünschte Abschreckung zu erzielen.
Das ist mit taktischen Nuklearwaffen für uns aber nicht bewerkstelligbar ohne dass dies umgehend zum strategsichen Atomkrieg führt, weil die Zahl der dafür eingesetzten Waffen zu groß ist. Denn diese Wirkung kann man nicht mit nur einer Bombe erzielen. Darüber hinaus möchte ich erneut an dieser Stelle einwerfen, dass die Russen ihre Truppen in diesem Fall inmitten der Zivilbevölkerung in den Großstädten mit menschlichen Geiseln decken werden.
Folglicherweise ist dies kein praktisch gangbarer Weg, denn entweder wird unser Gegenschlag zu klein ausfallen, dann werden die Russen nicht abgeschreckt - sondern ganz im Gegenteil werden sie dann diesen Weg konsequent weiter gehen - oder der Gegenschlag fällt tatsächlich symetrisch oder größer aus, dann werden wir im strategischen Atomkrieg enden.
Zitat:Die Kunst dabei ist es, diesen Einzelschlag so auszuführen, dass er eben nicht die Existenz des Gegners eliminiert, sondern lediglich dessen Möglichkeiten zur Kriegsführung. Also dürfen keine Atombomben auf Moskau fallen, sondern es muss sich um militärisch relevante Ziele handeln, die vernichtet werden.
Und wie will man das praktisch bewerkstelligen, wenn die militärischen Ziele sich hinter menschlichen Geiseln verschanzen, inmitten der Zivilisten stehen, oder gar aufgrund eines Überraschungsangriffes inmitten westlicher Großstädte also inmitten von baltischen / polnischen usw. Zivilisten ?
Man wird die russischen Truppen mit einem taktischen Atomwaffeneinsatz gar nicht so treffen können, dass dies tatsächlich abschreckt.
Die einzige nukleare Option wäre daher eine nukleare Demonstration mit einer strategischen Waffe, hier aber nicht mit dem Zweck dadurch auf die russischen Truppen zu wirken, sondern primär mit dem Zweck, die Eskalation des Krieges zum strategischen Atomkrieg abzuschrecken. Aber ich halte das aus den schon vor mir beschriebenen Gründen ebenfalls für extrem risikoreich.
Leuco:
Zitat:Die Gefahr dass Russland selbst gegen die Ukraine oder in einem anderen Konflikt eine einzelne Waffe einsetzt um den Gegner z.B. zur Aufgabe zu bringen halte ich aber auch realistisch. So etwas wäre z.B. vorstellbar wenn die Regierung ins Wanken kommt oder wirtschaftlich die Puste ausgeht.
Da hast du Recht und dass ist leider eine Möglichkeit, die im Westen zu wenig beachtet wird. Die Russen werden dafür natürlich etwas inszenieren, beispielsweise ein AKW in die Luft jagen - dann behaupten die Ukrainer seien es gewesen und dem folgend taktische Nuklearwaffen einsetzen. Und dann ?!
Aber hier im Strang geht es natürlich eigentlich um die Frage, wie Deutschland und die NATO Atomwaffen verwenden könnten und ob wir solche bräuchten und falls ja, was für welche. Die Ukraine ist davon ja noch mal komplett getrennt zu betrachten.
Broensen:
Zitat:Die offene Frage ist lediglich, ob das Vorhalten einer "dosierbaren" Reaktionsfähigkeit sinnvoll ist oder nicht. Dabei kann es aber eigentlich nur um ein einmaliges Szenario (bzw. dessen Abschreckung) gehen, so dass die Menge der Waffen nur insofern Relevanz besitzt, dass evtl. Fehlschlägen vorgebeugt und eine Dislozierung der Kapazitäten ermöglicht werden muss. Ansonsten ist das irrelevant, da wir im Wiederholungsfall automatisch in der maximalen Eskalation landen. Es geht einzig und allein darum, die Wette des Angreifers darauf zu verhindern, dass wir einen begrenzten Angriff nicht mit totaler Vernichtung kontern würden.
Da die Frage ob ein solcher Einsatz taktisch oder strategisch ist, ja weniger mit der Frage der Dosierbarkeit zu tun hat, sondern mit der Frage mit welchen Trägersystemen ich die Waffe einsetze und gegen was für ein Ziel ich sie richte, benötige ich eben keine dezidierten taktischen (dosierbaren / kleineren) Atomwaffen dafür. Wenn ich in einem einmaligen Szenario lediglich abschrecken will, kann ich dies auch mit dem taktischen Einsatz einer "strategischen" Atomwaffe.
Um damit auf die Frage zurück zu kommen, was für Atomwaffen Deutschland benötigt: diese müssen also dergestalt sein, dass man sie mit verschiedenen Trägersystemen, und damit auch mit uneindeutigen Trägersystemen verbringen kann. Es muss sich also um eine Art Generalisten-Bombe handeln, deren Sprengkraft nicht zu groß ist (damit die Bombe kompakt genug und leicht genug gebaut werden kann) - die aber zugleich eine so starke Wirkung hat, dass sie vollumfänglich als strategische Waffe eingesetzt werden kann.
Deutschland benötigt also keine kleinen, dosierbaren, taktischen Nuklearwaffen, sondern stattdessen nur strategische Waffen, die aber so gestaltet werden müssen, dass sie auch mit uneindeutigen Trägersystemen verbracht werden können. Und dann man für den genannten Sonderfall eines einmaligen Szenarios eine solche strategische Waffe entsprechend für eine nukleare Demonstration einsetzen, sollte dies aufgrund der Umstände tatsächlich erforderlich sein.
Allgemein:
Wir benötigen also Bomben mit einer optional großen Sprengkraft und einem möglichst breiten Einsatzspektrum. Welche prinzipiell als strategische Waffen dienen sollen, aber Einzelfallweise eben auch als taktische Waffe verwendet werden können. Damit macht eine (Maximal)-Sprengkraft im Bereich von um die 350 kT Sinn. Die Bombe müsste verschiedene Zündsysteme aufweisen und die Möglichkeit für eine Präzisionslenkung. Da eine selektierbare Sprengkraft technisch nicht so aufwendig ist, dass ein Verzicht auf diese relevante Vorteile generiert, sollte die Sprengkraft selektierbar sein, aber nicht damit man taktische Nuklearwaffen hat, sondern schon bewusst als eine skalierbare strategische Atomwaffe gedacht. Desweiteren sollte es sich um eine Wasserstoffbombe handeln.
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