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(05.10.2022, 10:56)Quintus Fabius schrieb: Selbst wenn man es völlig frei von jedweder Moral und Ethik betrachtet, könnte man überspitzt sogar sagen, dass selbst der Iran in Wahrheit weniger unser Feind ist als die Ölaraber. Zynisch gefragt: warum also nicht Öl vom Iran kaufen?! Denn selbst das wäre noch konstruktiver (für die Stabilisierung des Iran im Inneren etc) und weniger schädlich für den Westen auf Lange Sicht als weiter sich in allen Bereichen immer weitergehend den Ölarabern auszuliefern.
Nein. Der Iran ist DER dogmatische Feind, aus westlicher Sicht den es braucht, gerade um das eigene Fehlverhalten im Mittleren Osten zu legitimieren. Das ist eine Feststellung und weniger das Ergebnis einer Analyse von kulturellen oder politischen Divergenzen oder Gemeinsamkeiten.
Zitat:Neom: Saudi Arabia sentences tribesmen to death for resisting displacement
7 October 2022 15:31 UTC
Shadli, Atallah, and Ibrahim al-Howeiti were arrested in 2020 for opposing their eviction for the development of the $500bn megaproject to be the host site of the 2029 Asian Winter Games
A Saudi court sentenced three members of the Howeitat, a tribe forcibly ejected to make way for the $500 bn Neom megacity, to death earlier this month for resisting displacement, a UK-based rights group has reported.
Two other Howeitat members - Abdulilah al-Howeiti and Abdullah Dukhail al-Howeiti - were given 50-year prison terms and 50-year travel bans in August for supporting their family's refusal to be evicted from their homes in the kingdom's Tabuk province.
Others who have received lengthy sentences include Salma al-Shehab, a Leeds University student and mother of two, and Nourah bint Saeed al-Qahtani, a mother of five. They were given 34 years and 45 years respectively over tweets critical of the Saudi government.
https://www.middleeasteye.net/news/neom-...splacement
Ist es nicht seltsam, dass hier keiner von "Mord" spricht, aber wenn die iranische Polizei den Notarzt verständigt und iranische Ärzte das vermeintliche Opfer 3 Tage lang auf Staatskosten auf der Intensivstation betreuen, keine äußerlichen Zeichen von Gewalt erkennbar sind, dann ist es "Mord"? Ist es nicht seltsam, dass der Bundeskanzler dorthin fährt, um Waffen gegen Öl zu verkaufen, aber das "unterdrückte iranische Volk" keinen Zugang zu Medikamenten mit westlichem Patent hat? Nein ist es nicht. Das ist, wie Schneemann schon sagte, "Realpolitik".
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(09.10.2022, 16:39)KheibarShekan schrieb: Nein. Der Iran ist DER dogmatische Feind, aus westlicher Sicht den es braucht, gerade um das eigene Fehlverhalten im Mittleren Osten zu legitimieren. Das ist eine Feststellung und weniger das Ergebnis einer Analyse von kulturellen oder politischen Divergenzen oder Gemeinsamkeiten.
Ist es nicht seltsam, dass hier keiner von "Mord" spricht, aber wenn die iranische Polizei den Notarzt verständigt und iranische Ärzte das vermeintliche Opfer 3 Tage lang auf Staatskosten auf der Intensivstation betreuen, keine äußerlichen Zeichen von Gewalt erkennbar sind, dann ist es "Mord"? Ist es nicht seltsam, dass der Bundeskanzler dorthin fährt, um Waffen gegen Öl zu verkaufen, aber das "unterdrückte iranische Volk" keinen Zugang zu Medikamenten mit westlichem Patent hat? Nein ist es nicht. Das ist, wie Schneemann schon sagte, "Realpolitik".
Die Realpolitik basiert einfach auf den gewachsenen Gegebenheiten. Die Saudis haben zumindest als Fassade ihren Frieden mit Israel gemacht und gelten inzwischen als gute Verbündete der USA und sichere Ölquelle des Westens. Dafür dürfen sie in ihrem Land tun und lassen was sie wollen ohne dafür ernsthaft gerügt oder sanktioniert zu werden.
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KheibarShekan:
Zitat:Der Iran ist DER dogmatische Feind, aus westlicher Sicht den es braucht, gerade um das eigene Fehlverhalten im Mittleren Osten zu legitimieren.
Mein "Vorschlag" war nicht gerade ernst gemeint. Wobei ich den Iran persönlich durchaus wesentlich positiver sehe als die Ölaraber und als wesentlich rationaleren und verlässlicheren Gegner. Und umgekehrt ist diese Feindschaft auch für die aktuellen iranischen Eliten durchaus nützlich. Wenn es sie nicht gäbe, müsste man sie glatt zusammen erfinden.
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@KheibarShekan
Zitat:Ist es nicht seltsam, dass hier keiner von "Mord" spricht, aber wenn die iranische Polizei den Notarzt verständigt und iranische Ärzte das vermeintliche Opfer 3 Tage lang auf Staatskosten auf der Intensivstation betreuen, keine äußerlichen Zeichen von Gewalt erkennbar sind, dann ist es "Mord"?
Mir kommen nun echt gleich die Tränen. Also nun wissen wir es: Die edlen Recken der Moralpolizei wollten einer jungen Frau nur höflich die Vorzüge des Kopftuches erläutern, und diese wurde vor lauter Rührung dann ohnmächtig und schlug sich leider den Kopf am Bordstein an. Und dann hat man sie auf seidenen Kissen in Richtung des Notarztes getragen. Völlig klar.
Dann frage ich mich bloß, wie die mittlerweile wohl knapp 100 Toten und 900 Verletzten (Minimalschätzung) in drei Wochen des Protestes zustande kamen. So viel Rührung kann es wohl kaum gewesen sein...
Zitat:Ist es nicht seltsam, dass der Bundeskanzler dorthin fährt, um Waffen gegen Öl zu verkaufen, aber das "unterdrückte iranische Volk" keinen Zugang zu Medikamenten mit westlichem Patent hat? Nein ist es nicht. Das ist, wie Schneemann schon sagte, "Realpolitik". [...]
Nein. Der Iran ist DER dogmatische Feind, aus westlicher Sicht den es braucht,
Ehrlich gesagt? Ja. Der Iran wird von einem erzkonservativen, theokratischen Regime kontrolliert, das unsere Werteordnung samt Demokratie ablehnt, das auf der ganzen Welt Anschläge hat durchführen lassen, das vermutlich vier- bis fünfmal so viele Menschen hinrichten lässt wie die Saudis (und ob das Aufhängen an Baggerschaufeln nun humaner ist als eine Enthauptung, lasse ich dahingestellt), das anderen Ländern mit der Auslöschung droht, das terroristische Gruppierungen hofiert und Proxy-Kriege unterstützt. Insofern: Nein, es ist kein dogmatischer Feind, sondern dieses Regime ist ein Feind.
Und die Saudis? Sind genau genommen auch unser Gegner. Zumindest rein religiös und hinsichtlich Menschenrechten etc. betrachtet. Es ist illusorisch anzunehmen, dass die viel bemühten Ideale der Menschenrechte und von Demokratie in einer faktisch absoluten Monarchie mit einem fundamentalistischen Unterbau irgendwann umgesetzt werden könnten. Der Unterschied ist nur der, dass die Saudis trotz allem wenigstens versuchen - natürlich auch aus Eigennutz heraus, weil sie den Westen auch brauchen, besonders bzgl. des Konfliktes mit dem Iran - mit uns zusammenzuarbeiten, während die sturen Mullahs den Krawallkurs uns gegenüber bevorzugen (zumindest seit 1979). Und interessanterweise ist die Stimmung unter den Saudis in den letzten rund 20 Jahren gekippt - hatte eine Mehrheit der Saudis nach 2001 eine sehr negative Meinung von den USA, so hat derzeit eine Mehrheit ein positives US-Bild (!). Insofern tut sich durchaus auch etwas im Lande.
@lime
Zitat:Die Saudis haben zumindest als Fassade ihren Frieden mit Israel gemacht und gelten inzwischen als gute Verbündete der USA und sichere Ölquelle des Westens.
Also die Formulierung "inzwischen" ist doch recht sportlich, genau genommen fand die enge Zusammenarbeit mit den Saudis spätestens ab 1951 unter Abdulaziz mit dem Mutual Defense Assistance Agreement mit den USA statt.
Schneemann
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@Schneemann
Saudi Arabien hat nur ca. 1/3 der Bevölkerung. Zumal im Iran die Todesstrafen fast ausschließlich mit organisiertem Drogenhandel zusammenhängen, was als Transitzone zwischen Afghanistan und Kurdistan nicht sonderlich verwundert. Die meisten staatlich Getöteten im Iran sind insofern tatsächlich afghanische und kurdische Drogenschmuggler. In Saudi Arabien sind die staatlich Getöteten fast ausschließlich politische Gegner der saudischen Führung. Insofern liegt hier ganz bestimmt ein gewaltiger Unterschied zugrunde. Aber das hat man ja mit Israel gemein wo jedes Jahr 100-200 minderjährige Steinewerfer und Journalisten kaltblütig erschossen werden. Das entspricht in etwa einer afghanischen Hochzeitsgesellschaft pro Jahr, was für NATO Standards ja auch nicht so viel ist. Insofern..gähn. Die Einen kontrollieren die Medien, die Anderen nicht. DAS ist bei diesem Fingerpointing und Iran-Bashing mal der Hauptunterschied.
Zitat:Der Iran wird von einem erzkonservativen, theokratischen Regime kontrolliert, das unsere Werteordnung samt Demokratie ablehnt,
Das hätte ich selbst besser nicht formulieren können. Und so Gott will, werden wir beide erleben, wie diese postkoloniale Weltordnung in Richtung Asien kippen wird. Das "iranische Regime" interessiert nicht, welche Staatsform man in Europa bevorzugt, sondern dieser fokussiert sich auf seine eigene Unabhängigkeit. DAS steht diametral der postkolonialen Weltordnung entgegen. Die kapitalistische Demokratie, bzw. demokratische Kapitalismus, wird aber, das sage ich voraus, den Konzernen umfänglich weichen. Soweit das nicht schon lange geschehen ist.
(10.10.2022, 18:55)KheibarShekan schrieb: @Schneemann
Saudi Arabien hat nur ca. 1/3 der Bevölkerung. Zumal im Iran die Todesstrafen fast ausschließlich mit organisiertem Drogenhandel zusammenhängen, was als Transitzone zwischen Afghanistan und Kurdistan nicht sonderlich verwundert. Die meisten staatlich Getöteten im Iran sind insofern tatsächlich afghanische und kurdische Drogenschmuggler. In Saudi Arabien sind die staatlich Getöteten fast ausschließlich politische Gegner der saudischen Führung. Insofern liegt hier ganz bestimmt ein gewaltiger Unterschied zugrunde. Aber das hat man ja mit Israel gemein wo jedes Jahr 100-200 minderjährige Steinewerfer und Journalisten kaltblütig erschossen werden. Das entspricht in etwa einer afghanischen Hochzeitsgesellschaft pro Jahr, was für NATO Standards ja auch nicht so viel ist. Insofern..gähn. Die US Polizei tötet jedes Jahr über >1000 ihrer eigenen Bürger auf offener Straße. Und das sind die offiziellen Zahlen. Die Einen kontrollieren die Medien, die Anderen nicht. DAS ist bei diesem Fingerpointing und Iran-Bashing mal der Hauptunterschied.
Das hätte ich selbst besser nicht formulieren können. Und so Gott will, werden wir beide erleben, wie diese postkoloniale Weltordnung in Richtung Asien kippen wird. Das "iranische Regime" interessiert nicht, welche Staatsform man in Europa bevorzugt, sondern dieser fokussiert sich auf seine eigene Unabhängigkeit. DAS steht diametral der postkolonialen Weltordnung entgegen. Die kapitalistische Demokratie, bzw. demokratische Kapitalismus, wird aber, das sage ich voraus, den Konzernen umfänglich weichen. Soweit das nicht schon lange geschehen ist.
@Schneemann
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Was ich fast vergessen hätte. Die US Polizei tötet JEDES JAHR über 1000 ihrer Bürger auf offener Straße und das sind die offiziellen Zahlen. Allerdings verurteile ich das nicht. Das wäre eigentlich Deine Aufgabe.
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(10.10.2022, 09:01)Schneemann schrieb: @lime
Also die Formulierung "inzwischen" ist doch recht sportlich, genau genommen fand die enge Zusammenarbeit mit den Saudis spätestens ab 1951 unter Abdulaziz mit dem Mutual Defense Assistance Agreement mit den USA statt.
Schneemann
Innenpolitisch sind sie trotzdem keinen Deut besser als der Iran. Und Proxykriege führen die Saudis auch. In Sachen Terroranschläge sollen als Finanziers doch auch oft reiche Saudis involviert wenn ich mich nicht irre. Meines Erachtens ist das alles (leider) nicht mehr als Fassade. Da ist man halt gewiefter als der Iran gewesen. Von Kashoggi, geduldeter Sklaverei usw. ganz zu schweigen.
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(09.10.2022, 09:19)lime schrieb: Dort wo es um die Macht im Staat geht sind sie sich absolut spinnefeind. In Ägypten hatte die salafistische Partei sogar den Sturz des Muslimbruders Mursi unterstützt obwohl das Militär als säkulär und antisalafistisch gilt. In Staaten in denen "Ungläubige" die Mehrheit haben kann es natürlich sein dass sich auch diese Gruppen zusammen finden.
Schlussendlich sind es Gruppen die an die Macht wollen. Und dann fällt jede Religiösität weg.
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KheibarShekan:
Zitat:Was ich fast vergessen hätte. Die US Polizei tötet JEDES JAHR über 1000 ihrer Bürger auf offener Straße und das sind die offiziellen Zahlen. Allerdings verurteile ich das nicht. Das wäre eigentlich Deine Aufgabe.
Und in Nordkorea ist es noch viel schlimmer.....Das ist doch nur klassischer What-aboutism.
Schneemann:
Zitat:während die sturen Mullahs den Krawallkurs uns gegenüber bevorzugen (zumindest seit 1979).
Das hätte nicht so sein müssen, und hätte auch nicht so immer weiter gehen müssen. Dieser Konflikt ist auch vom Westen ganz gezielt so geschürt und immer weiter geführt worden. Wie ich es schon schrieb: diese Feindschaft ist für beide Seiten immens nützlich, für den Westen beispielsweise auch und insbesondere dahingehend, dass die Ölaraber zumindest nach außen hin bei der Stange und abhängig bleiben, weil sie sich alleine gegen den Iran nicht behaupten können. Entsprechend sichert der Feind Iran die Ölversorgung durch Saudi-Arabien und auch der Umschwung in Saudi-Arabien in Richtung eines positiveren Bildes des Westens resultiert nur aus der Bedrohung durch den Iran.
Wie ich es schon schrieb: diese Feinschaft ist für den Westen so nützlich, und wurde explizit auch deshalb so geschürt, dass man sie glatt erfinden müsste, wenn es sie nicht gäbe.
Allgemein:
Es wäre mal interessant heraus zu finden, ob die normalen Menschen in Deutschland den Iran schlechter finden oder Saudi-Arabien. Denn absolut jeder den ich kenne hat mir gegenüber noch erklärt, er würde den Iran jederzeit Saudi-Arabien vorziehen. Man könnte und sollte die Feinschaft mit dem Iran meiner Meinung nach zurück fahren, und gerade Europa könnte sich hier mal außenpolitisch eigenständig positionieren statt nur den USA hinterher zu laufen. Es gibt aktuell genug Baustellen für beide Seiten, und auch der Iran würde von einer Entspannung profitieren. Es ist einfach nur bezeichnend, dass die EU gegenüber dem Iran keine eigenständige und sinnvollere Außenpolitik hin kriegt.
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(10.10.2022, 21:05)Quintus Fabius schrieb: Allgemein:
Es wäre mal interessant heraus zu finden, ob die normalen Menschen in Deutschland den Iran schlechter finden oder Saudi-Arabien. Denn absolut jeder den ich kenne hat mir gegenüber noch erklärt, er würde den Iran jederzeit Saudi-Arabien vorziehen. Man könnte und sollte die Feinschaft mit dem Iran meiner Meinung nach zurück fahren, und gerade Europa könnte sich hier mal außenpolitisch eigenständig positionieren statt nur den USA hinterher zu laufen. Es gibt aktuell genug Baustellen für beide Seiten, und auch der Iran würde von einer Entspannung profitieren. Es ist einfach nur bezeichnend, dass die EU gegenüber dem Iran keine eigenständige und sinnvollere Außenpolitik hin kriegt.
Ich schätze dass es 90:10 steht gegen Saudi-Arabien. Zumindest bei den Leuten die ich so kenne.
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(10.10.2022, 18:55)KheibarShekan schrieb: @Schneemann
Saudi Arabien hat nur ca. 1/3 der Bevölkerung. Zumal im Iran die Todesstrafen fast ausschließlich mit organisiertem Drogenhandel zusammenhängen, was als Transitzone zwischen Afghanistan und Kurdistan nicht sonderlich verwundert. Die meisten staatlich Getöteten im Iran sind insofern tatsächlich afghanische und kurdische Drogenschmuggler. In Saudi Arabien sind die staatlich Getöteten fast ausschließlich politische Gegner der saudischen Führung. Insofern liegt hier ganz bestimmt ein gewaltiger Unterschied zugrunde. Aber das hat man ja mit Israel gemein wo jedes Jahr 100-200 minderjährige Steinewerfer und Journalisten kaltblütig erschossen werden. Das entspricht in etwa einer afghanischen Hochzeitsgesellschaft pro Jahr, was für NATO Standards ja auch nicht so viel ist. Insofern..gähn. Die Einen kontrollieren die Medien, die Anderen nicht. DAS ist bei diesem Fingerpointing und Iran-Bashing mal der Hauptunterschied.
Das hätte ich selbst besser nicht formulieren können. Und so Gott will, werden wir beide erleben, wie diese postkoloniale Weltordnung in Richtung Asien kippen wird. Das "iranische Regime" interessiert nicht, welche Staatsform man in Europa bevorzugt, sondern dieser fokussiert sich auf seine eigene Unabhängigkeit. DAS steht diametral der postkolonialen Weltordnung entgegen. Die kapitalistische Demokratie, bzw. demokratische Kapitalismus, wird aber, das sage ich voraus, den Konzernen umfänglich weichen. Soweit das nicht schon lange geschehen ist.
@Schneemann
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Was ich fast vergessen hätte. Die US Polizei tötet JEDES JAHR über 1000 ihrer Bürger auf offener Straße und das sind die offiziellen Zahlen. Allerdings verurteile ich das nicht. Das wäre eigentlich Deine Aufgabe.
1. Ich würde um eine Statistik bitten die den Punkt belegt dass die meisten wegen Drogenverbrechen hingerichtet werden. Nichtsdestotrotz richtet der Iran Minderjährige hin und auch Regimegegner, sowie Leute wie Schwulenrechtsaktivisten. Ich würde sagen da ist der Iran kein Deut besser als Saudi Arabien.
2. Ich bitte um die gleiche Statistik die diese Aussage belegt.
3. Israel hatte dieses Jahr schon mehrere Terrorakte erleben müssen, verübt von Palästinensern aus der West Bank. Dass die daraufhin deutlich mehr Einsätze machen ist klar um diese Attentäter schon im Keim zu ersticken. Im Übrigen bezweifle ich dass die israelische Armee vorsätzlich Zivilisten tötet - sie wissen genau dass das schlechte Presse gibt. Die Gewaltspirale geht von beiden Seiten aus und nicht einseitig.
4. Ja, auch bei der NATO geht viel schief, das würde ich nie bestreiten. Allerdings würde ich mal eher schauen wie viele Tote es im Mittleren Osten gibt die kein westlicher Akteur zu verantworten hat.
5. Es ist leider kein Bashing. Der Iran ist eine extrem autoritäre Diktatur in der maßgebliche Freiheiten nicht existieren, in der freie Wahlen inkonsequent sind da die politische Macht beim Revolutionsführer angesiedelt ist und dieser nicht vom Volk bestimmt werden kann. Im Iran werden systematisch Menschenrechte nicht eingehalten, und seine extrem konfrontative Außenpolitik im Rahmen begrenzter Möglichkeiten macht die Gegend auch nicht sicherer. Das kann man nicht mit Whataboutism wegreden, egal wie sehr du es versuchst.
6. Im Übrigen verurteile ich Polizeigewalt in den USA. Nur dass das mal erwähnt wird. Bedeutet nicht dass ich mich auch nicht um die Lage im Iran interessiere. Bei den Amis konnten die Leute immerhin auf die Straße ohne dass es gleich hunderte Tote und Internetausfälle gab.
(10.10.2022, 21:05)Quintus Fabius schrieb: Es wäre mal interessant heraus zu finden, ob die normalen Menschen in Deutschland den Iran schlechter finden oder Saudi-Arabien. Denn absolut jeder den ich kenne hat mir gegenüber noch erklärt, er würde den Iran jederzeit Saudi-Arabien vorziehen. Man könnte und sollte die Feinschaft mit dem Iran meiner Meinung nach zurück fahren, und gerade Europa könnte sich hier mal außenpolitisch eigenständig positionieren statt nur den USA hinterher zu laufen. Es gibt aktuell genug Baustellen für beide Seiten, und auch der Iran würde von einer Entspannung profitieren. Es ist einfach nur bezeichnend, dass die EU gegenüber dem Iran keine eigenständige und sinnvollere Außenpolitik hin kriegt.
Ich denke alleine von der Kultur her würden uns die Iraner näher stehen. Politisch bin ich keinem System irgendwie gut gesonnen und finde die Politik keiner der beiden Staaten irgendwie gut.
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Zitat:Ich würde sagen da ist der Iran kein Deut besser als Saudi Arabien.
Im Iran ist unter anderem Transsexualität legal entsprechende "Behandlungen" werden sogar vom Staat finanziell unterstützt. Gibt sogar eine offizielle Fatwa die Transsexualität für normal und Islamkonform erklärt. Und entsprechend werden Transsexuellen Aktivisten im Iran keineswegs verfolgt, einer der ersten wurde sogar noch von Chomeini persönlich empfangen der einen Brief für ihn mit eigener Hand verfasste, indem er seinen Wunsch nach einer Geschlechtsumwandlung für mit dem Islam vereinbar erklärte.
Weiß im Westen kaum einer. In Saudi Arabien werden Transen von der Polizei in Säcke gesteckt und dann mit Knüppeln langsam tot geprügelt.
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(10.10.2022, 21:41)I_Need_A_Medic schrieb: 1. Ich würde um eine Statistik bitten die den Punkt belegt dass die meisten wegen Drogenverbrechen hingerichtet werden. Nichtsdestotrotz richtet der Iran Minderjährige hin und auch Regimegegner, sowie Leute wie Schwulenrechtsaktivisten. Ich würde sagen da ist der Iran kein Deut besser als Saudi Arabien.
2. Ich bitte um die gleiche Statistik die diese Aussage belegt.
Sehr gerne:
Zitat:Iran executed 15,000 people over drug-related crimes since 1979 - report
According to Amnesty, in 2018 Iran was only second to China in terms of number of executions, with 253 people killed. This year, 173 people had been executed by July, a report by the UN said.
https://www.jpost.com/Middle-East/Iran-e...ort-606768
Außerdem führt Homosexualität per se eigentlich nicht zur Todesstrafe. Das wird gern so dargestellt, ist aber mWn nicht richtig. Für die Gazetten waren es immer unbescholtene Schwule, die aufgrund ihrer sexuellen Orientierung verurteilt wurden. Im privaten Umfeld wird diese aber geduldet. Es stand bei entsprechenden Urteilen nach meiner Kenntnis auch immer eine angezeigte Vergewaltigung, Menschenhandel oder Anstiftung zur Prostitution zusätzlich im Urteil. Und -wie Quintus schon schrieb- gäbe es im Iran über die Geschlechtsumwandlung und Heirat die völlig legale Möglichkeit, homosexuelle Beziehungen auch öffentlich zu führen. Mit der Heirat auf Zeit (für ein paar Stunden) hat die Gesetzgebung sogar eine Grauzone für kommerzielle sexuelle Kontakt eingeführt. Ich würde im Umkehrschluss nicht davon ausgehen, dass der Iran hier Vorreiter bei dem Thema ist. Übrigens sind Abtreibungen im Iran völlig legal und in den Schulbüchern lernen die Kinder die Erdgeschichte inkl. Dinosaurier kennen. Beides ist in einigen US Bundestaaten aus religiösen Gründen nicht möglich.
Zitat:3. Israel hatte dieses Jahr schon mehrere Terrorakte erleben müssen, verübt von Palästinensern aus der West Bank. Dass die daraufhin deutlich mehr Einsätze machen ist klar um diese Attentäter schon im Keim zu ersticken.
Auf dieser Grundlage könnte auch der Iran jedes Jahr tausende Minderjährige und Journalisten auf offener Straße erschießen.
Zitat:Der Iran ist eine extrem autoritäre Diktatur in der maßgebliche Freiheiten nicht existieren, in der freie Wahlen inkonsequent sind da die politische Macht beim Revolutionsführer angesiedelt ist und dieser nicht vom Volk bestimmt werden kann.
Diese Aussage spiegelt sich in keinster Weise in der Verfassung der Islamischen Republik Iran wieder. Das solltest Du Dir mal genauer ansehen. Nehmen wir an es wäre so und die politische Macht würde sich auf eine Person im leicht gesetzten Alter von 83 Jahren und angeschlagener Gesundheit konzentrieren, wäre der sehr komplexe Iran gar nicht zu regieren und höchst anfällig.
Zitat:Im Iran werden systematisch Menschenrechte nicht eingehalten, und seine extrem konfrontative Außenpolitik im Rahmen begrenzter Möglichkeiten macht die Gegend auch nicht sicherer. Das kann man nicht mit Whataboutism wegreden, egal wie sehr du es versuchst.
Der Iran hat Irak, Libanon, Libyen, Syrien, Afghanistan, Yemen nicht überfallen. Das war ausschließlich der konfrontativen Außenpolitik anderer geschuldet, denen der Iran mitunter einen gehörigen Strich durch die Rechnung gemacht hat. Das mag sicher sehr ärgerlich erscheinen. Verstehe ich. So what about...
Zitat:6. Im Übrigen verurteile ich Polizeigewalt in den USA. Nur dass das mal erwähnt wird. Bedeutet nicht dass ich mich auch nicht um die Lage im Iran interessiere. Bei den Amis konnten die Leute immerhin auf die Straße ohne dass es gleich hunderte Tote und Internetausfälle gab.
Im Iran gibt es kein Demonstrationsverbot. Regelmäßig streiken Busfahrer, Lehrer, sonstige Beamte, etc. ohne das irgendein Schuss fällt. In den USA darf man auch demonstrieren, was auch weitestgehend friedlich abläuft. Allerdings wurden bei den Rassenunruhen 2020 mehrere tausend Menschen verhaftet und mehrere Dutzend erschossen. Insofern scheint es insgesamt eine Schwelle der Eskalation auf der Straße zu geben, die automatisch zu erhöhter Gewaltanwendung auf beiden Seiten führt. In den USA liegt die Hemmschwelle für den Schusswaffengebrauch von Zivilstreifen der Polizei noch wesentlich geringer als im Iran. Vermutlich auch weil Schusswaffen und Rassismus im Iran weniger verbreitet sind. So what about...
Zitat:Ich denke alleine von der Kultur her würden uns die Iraner näher stehen. Politisch bin ich keinem System irgendwie gut gesonnen und finde die Politik keiner der beiden Staaten irgendwie gut.
Naja. Der Iran lebt sicher nicht auf einer einsamen Insel und es wäre zu definieren, was westliche und iranische Kultur ist. Letztlich hat sich vorrangig die iranische Elite in den vergangenen Jahrzehnten am Westen orientiert und in der Breite erreichen westliche Marken, Trends, Musik, Medien usw. auch die Mittelschicht. Die Iraner stehen den Europäern kulturell aber prinzipiell nicht näher, als die Chinesen. Die kennen das auch alles, sind aber kulturell verschieden. Persien oder der Iran waren aus westlicher Sicht auch schon immer Terra Incognita. Selbst die Römer haben sich da nach ein paar Kontakten und Scharmützeln nicht weiter vorgewagt. Da gab es keinen signifikanten kulturellen Austausch, der sich historisch belegen lässt. Hier wirkten allenfalls die Griechen als "Übersetzer". Alles was man über die Iraner wusste oder nicht wusste, haben die Griechen den Europäern berichtet um es mal stark zu vereinfachen.
Tatsächlich stehen die Araber seit Jahrhunderten viel, viel enger in Kontakt mit den Europäern. Von Hannibal, über die Kreuzzüge, das maurische Spanien, die arabisierten Osmanen/Balkan.
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KheibarShekan:
Du musst nicht immer einen Vergleich des Iran mit anderen Staaten anstellen. Das schadet meiner Überzeugung nach sogar deiner Argumentation bzw. Verteidigung des Iran an sich.
Aber um völlig konträr dazu mal noch einen Vergleich von Saudi-Arabien und dem Iran zu ziehen:
In Saudi-Arabien ist nicht nur Weihnachtsschmuck verboten, auch das Abhalten christlicher Gottesdienste und selbst die Errichtung von Gebetsräumen im Privaten sind Verbrechen und allein schon für den Besitz einer Bibel kann man hingerichtet werden und wurden Menschen hingerichtet. Noch im Jahr 2012 haben die obersten Autoritäten in Saudi-Arabien die systematische Zerstörung aller christlichen Gotteshäuser in Saudi-Arabien per Gesetz angeordnet. Und auch hier zeigt sich wieder die janusköpfige Scheinmoral der Saudis: bei westlichen Ausländern, insbesondere US Amerikanern werden solche Verbrechen (nach saudischem Gesetz) nur mit diskreter Ausweisung "bestraft".
Nicht-westliche Ausländer wie die ganzen Lohnsklaven aus irgendwelchen Dritte Welt Ländern oder gar Einheimische werden exekutiert, oder massiv (bis zur dauerhaften Schädigung) ausgepeitscht oder ähnliches. Allein ein Gespräch über den christlichen Glauben ist in Saudi-Arabien offiziell ein Verbrechenstatbestand, und dass obwohl die ganzen Phillipinos die in Saudi-Arabien als Lohnsklaven gehalten werden allesamt Christen sind. In Saudi-Arabischen Schulbüchern wird offen dazu aufgerufen Christen zu hassen, einen niemals endenden offenen Krieg - oder sollte dieser nicht möglich sein eben einen verdeckten Krieg gegen alle Christen zu führen bis es weltweit keine Christen mehr gibt und dass alle Religionen außer dem Wahabitentum vernichtet werden müssen.
Im Iran ist die Sache wie üblich deutlich komplexer: dort ist zwar der Abfall vom Islam ebenfalls ein Verbrechen und protestantische und evangelikale Kirchen, ganz allgemein überhaupt alle Christlichen Strömungen die neu ins Land kommen werden aktiv bekämpft, aber dafür gelten die alteingesessenen traditionellen Christen (Armenische Kirche, Dyophysiten, Ostsyrische Christen, Nestorianer etc) im Iran als anerkannte religiöse Minderheit und werden geschützt. Sie dürfen nach iranischem Gesetz eigene christliche Schulen betreiben, Kirchen bauen, und haben sogar gesonderte Vertreter im Parlament. Aufgrund dessen sind sie ironischerweise im Verhältnis zu ihrem Bevölkerungsanteil sogar überrepräsentiert, was aber keinerlei praktische Bedeutung hat, da die traditionellen Kirchen im Iran sehr staatstreu sind und exakt deshalb lässt man diese auch gewähren. Tatsächlich bekämpfen die traditionellen Christen im Iran die Missionare und Evangelikalen ganz genau so wie die Muslime.
Eine besondere Ironie ist noch der Erhalt des traditionellen armenischen Christentums im Iran. Während in der Türkei oder in Azerbeidschan alle armenischen Kirchen zerstört wurden, und absolut alles armenische dazu mitvernichtet wurde, hat sich gerade im Iran sehr viel altes christliches Kulturgut der Armenier erhalten.
Es gibt zwar durchaus im Iran eine erhebliche Christenverfolgung, diese beschränkt sich hingegen auf die Evangelikalen Missionare, da spielt dann noch zusätzlich mit rein, dass diese oft aus den USA stammen. Die traditionellen Christen sind hingegen wie die Juden im Iran durch die Verfassung der Islamischen Republik selbst geschützt und werden in dieser explizit als zu schützende Gruppe genannt.
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(10.10.2022, 23:23)Quintus Fabius schrieb: I-Need-a-Medic:
Im Iran ist unter anderem Transsexualität legal entsprechende "Behandlungen" werden sogar vom Staat finanziell unterstützt. Gibt sogar eine offizielle Fatwa die Transsexualität für normal und Islamkonform erklärt. Und entsprechend werden Transsexuellen Aktivisten im Iran keineswegs verfolgt, einer der ersten wurde sogar noch von Chomeini persönlich empfangen der einen Brief für ihn mit eigener Hand verfasste, indem er seinen Wunsch nach einer Geschlechtsumwandlung für mit dem Islam vereinbar erklärte.
Weiß im Westen kaum einer. In Saudi Arabien werden Transen von der Polizei in Säcke gesteckt und dann mit Knüppeln langsam tot geprügelt.
Dafür werden Schwule verfolgt. Macht die Gesamtlage auch nicht besser.
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Von der Warte unserer Auffassungen natürlich nicht. Aber von dieser Feststellung aus gibt es eigentlich nur zwei Möglichkeiten: 1. man erklärt unsere Werte und Normen für universell und als einzig akzeptable sozialkulturelle Entwicklung. Dann muss man sich aber die Frage gefallen lassen, warum man nicht unendlich viel mehr tut um seine Werte überall weltweit durchzusetzen und dies eben nicht nur beschränkt auf den Iran, sondern insbesondere auf fast alle afrikanischen Länder und nicht zuletzt Saudi-Arabien. Oder 2. die "Realpolitik" ist wichtiger um Vorteile für das eigene Land zu erlangen, warum aber sollte der Iran dann schlechter sein als andere Staaten ?!
Entweder betreibt man eine Außenpolitik die auf der eigenen Moral aufbaut, dann kann man aber nicht mit Saudi-Arabien Geschäfte machen und zugleich den Iran verdammen, oder man betreibt eine davon unabhängige Außenpolitik, warum aber sollte der Iran dann aus moralisch-ethischen Gründen abgelehnt werden?!
Schlussendlich aber ist meiner Meinung nach gerade die Außenpolitik und die Politik zwischen Staaten vor allem anderen von Heuchelei, Verlogenheit und Bigotterie geprägt. Vor allem die Heuchelei hat der Westen TM wirklich für sich gepachtet, da können die anderen von uns noch jede Menge lernen.
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