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(21.07.2022, 23:35)Ottone schrieb: Weniger Arbeitsbelastung durch weniger Automation? Ich melde Zweifel an - aber vielleicht war das so auch gar nicht gemeint, nur etwas missverständlich ausgedrückt.
Die Automatisierung reduziert den Arbeitsaufwand insgesamt, was eine Personaleinsparung ermöglicht. Über die individuelle Arbeitsbelastung sagt das aber rein gar nichts aus. Das große Problem bei reduzierten Besatzungsgrößen ist die Verteilung sekundärer Rollen und die dafür vorhandenen temporären Reserven, bspw. im Bereich der Brandabwehr, auch wenn natürlich auch dort eine Automatisierung stattfindet. Aufgrund von dem, was ich in letzter Zeit aus der Marine vernehmen konnte, bleibt das trotzdem ein relevantes Problem.
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(21.07.2022, 23:35)Ottone schrieb: Weniger Arbeitsbelastung durch weniger Automation? Ich melde Zweifel an - aber vielleicht war das so auch gar nicht gemeint, nur etwas missverständlich ausgedrückt.
In meinen Augen nicht, nein, bis auf die Tatsache dass die Besatzungen dann weniger gut "eingefahren" sind bei so stark begrenzter Zeit an Bord und zusammen: Es braucht mindestens 2 Wochen bis die Mannschaft durch viele Übungen wieder halbwegs fit ist, Steinschiff hin oder her. Bei IKM ist offensichtlich ein umfassender Ausbildungsstand nicht ganz so wichtig wie bei potentiell hochintensiven Auseinandersetzungen. Wirklich fit ist eine Besatzung nur dann wenn sie vorher GOST durchlaufen hat. Komplexe Ausbildung im Verband fehlt dann noch immer.
Und vor GOST kommen noch ein paar Wochen ISEX, um GOST überhaupt schaffen zu können...
Die Arbeitsbelastung des Einzelnen, von Brand-/Leckabwehr abgesehen, ist auch stark abhängig von der Verwendung an Bord.
Unsere Heizer/EMIs haben damals ganz arg über uns OPZler geschimpft... Pennen nur im Keller rum, tun nix, während wir entweder Wache im Maschinenraum haben, oder im Steuerstand die Maschinen fahren müssen, etc.
Wobei in beiden Fällen die Arbeit nicht dauerhaft, sondern nur situationsbedingt bzw. turnusmässig anfiel.
Die OPZ hat aber, gerade bei Verbandsfahrten, eigentlich immer Übungen am laufen. Sei es nun Radar, Gefecht, EloKa, Funk... you name it. Und sehr gerne auch mehrere davon gleichzeitig. Nun ist es aber nicht so, dass ich als EloKa dann nur meine Übung habe. Wenn Radar seine hat und den Kontakt klassifizieren will, bekomm ich entsprechend die Anfrage, ob ich da was zu sagen kann etc.
Die Jammerei der "Schiffstechnischen" hörte erst auf, als wir uns den mit der größten Klappe einmal mittelfristig haben freistellen lassen und in die OPZ gepreßt haben. Er war über den Aufwand "da unten" doch arg erstaunt und hat lieber weiter Bücher am Fahrstand gelesen Dafür hatten wir im Hafenbetrieb etwas mehr Ruhe, denn da mussten wir Vorschriften machen und die SUG kommen lassen, während die Schiffstechnik halt Motoren zerlegt hat.
Zugegeben, wird das auf den Dickschiffen durch 2er/3er Wachstop mit Sicherheit etwas entspannter aussehen, als bei uns "Ostseerockern" damals mit 1er Wachstop. Nichts desto Trotz führen, selbst im Normalbetrieb, unterschiedliche Verwendungen auch zu untterschiedlichen Belastungen... zu unterschiedlichen Zeiten.
Das verschiebt sich m.E. mit zunehmender Automation nur.
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Es gibt aber schon noch einen Unterschied: Übungen werden angesetzt wenn Kapazitäten da sind und können angepasst werden, während notwendige Arbeiten an Maschinen und Anlagen größtenteils "von selbst" anfallen. Ein Teil dieser Arbeitsbelastung ist also steuerbar. LCS hat "optimal manning" mit vielen Problemen und Besatzungstausch, aber konstruktiv eben keine 2 Jahre vor Ort im Schiffskonzept.
Mit Blick auf die F127 (siehe anderes topic) ist das notwendige Ausbildungsniveau für Konflikte hoher Intensität ein Argument gegen Intensivnutzung wie auf der F125 mit Besatzungstausch in der Ferne: Es schwierig, auf einer Plattform vor der eigenen Küste zu üben und dann auf eine andere Plattform in die heisse Zone zu wechseln. Kein Schiff ist gleich.
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(22.07.2022, 12:32)Ottone schrieb: Es gibt aber schon noch einen Unterschied: Übungen werden angesetzt wenn Kapazitäten da sind und können angepasst werden, während notwendige Arbeiten an Maschinen und Anlagen größtenteils "von selbst" anfallen.
Da die Übungen der Vorbereitung für einen Ernstfall dienen, der ebenso "von selbst" anfällt, wäre es höchst fatal, die Übungen nur dann anzusetzen, wenn die Kapazitäten da sind. Das kommt in der Ausbildung vor, aber nicht in der Vorbereitung auf den Einsatz.
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Der Lerneffekt von jemandem, dem nach 12h Dienst die Augen zufallen ist nahe null, ich denke da sind wir uns einig. Das Heranrobben an das hochintensive Gefecht ist derzeit eine ganz große Ausbildungsaufgabe für die Marine, zum erheblichen Teil aufgrund von dafür nicht verfügbaren Einheiten und Sparringspartnern. Und dann war da noch die SAZV (nicht anwendbar auf Einsatzvorbereitung).
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(22.07.2022, 15:11)Ottone schrieb: Der Lerneffekt von jemandem, dem nach 12h Dienst die Augen zufallen ist nahe null, ich denke da sind wir uns einig.
Die Verfahren erlernt man während der Ausbildung, bei der Einsatzvorbereitung und auf Einsatzfahrt geht es darum, diese unter allen Umständen umzusetzen. Dazu zählt auch Müdigkeit oder Erschöpfung, gerade dann sind die Übungen wichtig, damit jeder erkennt, wo die eigenen Grenzen liegen und was das für den Ernstfall bedeutet.
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Das macht man mal, aber nicht intensiv und wiederholt (wenn man halbwegs klug ist).
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"Mal" und "intensiv" und "wiederholt" sind letztlich, genauso wie "klug", relative Begriffe. Insofern ist es schwer, darauf zu antworten, auch wenn ich vermute, dass wir nicht einer Meinung sind.
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(22.07.2022, 12:32)Ottone schrieb: Es gibt aber schon noch einen Unterschied: Übungen werden angesetzt wenn Kapazitäten da sind und können angepasst werden, während notwendige Arbeiten an Maschinen und Anlagen größtenteils "von selbst" anfallen.
Ähm, zumindest für die Marine um 1996: Nein! Übungen wurden irgendwann mal eingeplant. Du musst halt dann rausfahren, wenn du laut Plan dran bist, es sei denn, technische Probleme oder zu schweres Wetter halten dich davon ab.
ISEX und folgend SQUADEX sind Grundlage, um auf See zu dürfen, müssen also zwingend abgeleistet werden. Die Dinger sind also wie Ölwechsel und fallen auch "von Selbst" an.
Da fährt man dann halt auch mit 20 von 30 Mann Besatzung raus, wenn es gerade in eine Krankheitswelle fällt.
Einsatzvorbereitung kommt dann entsprechend zusätzlich dazu.
DAS kann dann entsprechend auf See angepasst werden. So auch geschehen, als wir in 6m Wellen aus dem NOK raus in die Nordsee fuhren, während wir ins Mittelmeer verlegten. Bei Radarübungen o.Ä. geht es weniger ums erlernen, als darum, zu Festigen und Routine zu erhalten, auch und gerade unter erschwerten Bedingungen. Wenn du an Bord kommst, kennst du dein Arbeitsgerät schon aus der Grundausbildung. Das ist bei der Marine anders als beim Heer, wo die Spezialisierung m.W. in der Truppe erlernt wird.
Somit musst du, willst du die Verwendung (von Artillerist zu EloKa z.B.) wechseln, noch einmal in die Grundi nach Bremerhafen an die MOPS, ex-MOS (so heißt sie nun, glaub ich). Dort dann Ausbildung am Gerät erhalten und ansonsten als Hilfsausbilder den AGA-Kram vermitteln.
Man lernt bei solchen ISEX/SQUADEX durchaus auch, wie man mit wenig Schlaf auskommt und auch, wann man sich mal "ein Auge ziehen" kann, sprich, ein Nickerchen einschieben. Z.B. wenn ein Ankermanöver geplant ist:
Die Besatzung wird aufgefordert sich aufs Ankern vorzubereiten, Aufrödeln, Schwimmweste, Klarhalten zum...
Dann setzt man sich vors Schott und wartet drauf, dass man auf Manöverstation soll. Augen zu, Nickern, wenns klingelt gehts los. Analog dem, was Quintus beim Survivaltraining im Feld propagiert
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Die Marine von heute hat sehr andere Bedingungen als die vor dem Jahr 2000: Keine Ersatzteile, Unplanbarkeit und drastisch wenig bis gar keine Zeit für hochintensive Ausbildung, mehr Automatisierung, halbierte Besatzungen. Und keine Wehrpflichtigen die ständig neu zu in die Crew einzubauen wären. Plakativ: Fürs Schlafen Lernen muss man keine Plattform von 1 Mrd Euro unter sich haben, die wenig verfügbare Zeit läßt sich intelligenter nutzen.
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Meiner Erfahrung nach war die materielle Lage bei uns im Geschwader nicht groß anders, als die Jetzige.
Das Geschwader stand zur Ausserdienststellung an, Werftliegezeiten wurden geschoben, Seemeilen mussten gespart werden.
Wir haben im Mittelmeer den Turbo vom defekten AnDiMot eines Schwesterbootes in einer Nacht und Nebelaktion bei uns als Ersatz eingebaut, da kein Ersatzteil zur Hand war. Bei noch 9 Booten im Geschwader und 18 Booten insgesamt in Dienst!
Da Farbarbeiten >1m2 Werftsache sind (sic!) durfte uns vor dem Auslaufen ins Manöver nicht mal eine Ausbesserung der Farbe befohlen werden.
Da hat unser Kommandant dann aus dem eigenen Sack 3 Kisten Bier gekauft und nett gefragt, wer denn nach dem Dienst eventuell etwas Zeit hätte... wohlgemerkt: Ausbessern, kein kompletter Neuanstrich!
Planbarkeit auch damals Fehlanzeige: Mir hätte BFD zugestanden, doch da gabs keine Zeit für. Bei den SAZ das selbe. Einzig die Kameraden mit SAZ kurz vor DzE "durften" gehen. Was dann meistens mittels einer Versetzung im Geschwader ermöglicht wurde.
Oder sollte das Alles ein Sonderfall gewesen sein, wegen eines Großmanövers und der Ausserdienststellung in Sichtweite (ca. 3Jahre)?
Das dürfte zumindest bei den 2-Besatzungseinheiten mittlerweile deutlich besser aussehen als damals!
Und ob ich Wehrpflichtige oder andere Neuzugänge habe, macht nur bedingt einen Unterschied. Rotationen gibt es immer (Weiterbildung/Versetzung/Ausscheiden). Die bessere Planbarkeit des Zeitpunktes (Lehrgänge während Simulatorzeit z.B.) könnte es aber etwas Vereinfachen.
Zitat:Plakativ: Fürs Schlafen Lernen muss man keine Plattform von 1 Mrd Euro unter sich haben, die wenig verfügbare Zeit läßt sich intelligenter nutzen.
Prinzipiell hast du zwar durchaus Recht, aber die körperliche Komponente inkl. Seegang, Nässe und Schlechtwetter ist m.W. im Siumulator nicht reproduzierbar. Einzig Bedienung der Anlagen ist dort möglich. Insofern: Seefahrt lässt sich nur auf See erlernen. Und "Schlafenlernen" ist m.E.n. ganz klar Seefahrt!
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Zitat:Germany to purchase 600 RIM-116 Rolling Airframe Missile Block 2B
According to information published by the German MoD on September 22, 2022, the Budget Committee of the German Bundestag approved the procurement of 600 RAMRolling Airframe Missile Block 2B. The weapon system is a further development of the RAMRolling Airframe Missile guided missiles already used by the Navy. [...]
The German Navy already uses the RAMRolling Airframe Missile Block 1A and RAMRolling Airframe Missile Block 2 guided missiles on all K130 frigates and corvettes for self-protection in air defense. Possible targets include enemy-guided missiles, aircraft or helicopters attacking a German ship.
In RAMRolling Airframe Missile Block 2B, among other things, the infrared seeker has been further developed and data can now be exchanged between the missiles in a salvo (missile-to-missile link). The Class 126 frigates (formerly designated multi-purpose combat ship MKS180) are also to be equipped with RAMRolling Airframe Missile in the future. The RAMRolling Airframe Missile project is based on an equal cooperation between Germany and the United States that has existed since 1976.
The 600 missiles will be delivered between 2024 and 2029. The contract is worth 560.9 million euros.
https://www.navyrecognition.com/index.ph...ck-2b.html
Schneemann
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Mit den zwei Betriebstofftransportern der Rhön-Klasse (Typ 704), den sechs Tendern der Elbe-Klasse (Typ 404) sowie den drei Einsatzgruppenversorgern der Berlin-Klasse (Typ 702) verfügt die deutsche Marine über elf Versorgungsschiffe aus drei Klassen. Die EGVs teilen sich strenggenommen auf zwei Lose auf (zwei Schiffe erstes Los und ein Schiff zweites Los).
Ich reime mir die Aufgabenteilung zwischen diesen Einheiten wie folgt zusammen und bitte um Korrektur sollte ich mich irren.
Die Betriebstofftransporter transportieren Betriebstoffe (wer hätte es gedacht) von Hafen A zu einem im Einsatzgebiet oder zumindest in dessen Nähe gelegenen Hafen B. Oder können sie auch direkt andere Schiffe und Boote auf See versorgen?
Die Tender und EGVs übernehmen die Versorgung der seegehenden Einheiten. Vereinfacht gesagt haben sie die gleichen Aufgaben, nur in unterschiedlichen Dimensionen, weshalb die Tender vorrangig Korvetten und Uboote (frage mich wie letzteres in einem intensiven Konflikt funktioniert) und die EGVs auf See Fregatten versorgen. Zusätzlich verfügen die EGVs über Bordhubschrauber, ein schwimmendes Lazarett sowie meines Wissens die Mittel einen Verband zu führen.
Mal angenommen, das ist soweit korrekt, dann würde der Einsatz der Tender abseits der heimischen Gewässer (Nord- und Ostsee) aufgrund ihrer geringen Größe doch wenig Sinn ergeben oder? Und in Nord- und Ostsee wiederum brauche ich doch keine schwimmenden Versorger, wenn ich von Häfen in NATO-Ländern umgeben bin. Oder mache ich es mir damit zu einfach? Worauf ich hinaus will, braucht es wirklich einen dezidierten Nachfolger für die Elbe-Klasse oder könnten die Ressourcen nicht sinnvoller anderweitig verwendet werden (z.B. perspektivisch einen gemeinsamen Nachfolger für EGVs und Tender)?
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Auch die Tanker versorgen Schiffe in See per RAS, das ist ihre primäre Aufgabe. Früher hatte die Marine auch noch kleinere Tanker die zwischen den deutschen Häfen (Stützpunkten) pendelten und diese mit Betriebsstoffen versorgten.
Der Nachfolger der Tender ist MUsE und damit ein geschrumpfter EGV, der in Zukunft wegen erhöhter Gefährdung durch Kaliningrad mehr Abstand zum Geschehen halten soll als die Tender heute.
Auch in der Ostsee ist ein Tender für Boote (Minenjäger) von Nöten, wobei die Korvetten sich auch gerne so abstützen da sie auf nur 7 Tage in See ausgelegt sind. Mit dem Tender ist man nicht auf Häfen angewiesen und kann sich vor Ort (!) verstecken und ausruhen. Da ist (fast) wie Lieferando & Amazon für die kleineren Einheiten. Der Geschwaderstab fährt gerne auf dem Tender mit seinem vergleichsweise üppigen Platzangebot mit, die SUG ohnehin (die Systemunterstützung für Boote). Wegen der heute sehr geringen Zahl an Schiffen ist Rostock dazu übergegangen, auch Tender als Einzelfahrer z.B. im Mittelmeer einzusetzen.
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