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Bärte machen älter, und vielleicht schicken die Taliban gerade ganz bewusst erfahrene Kämpfer und keine Heisssporne in die Hauptstadt. Das wäre mein Erklärungsversuch. Oder ihr mediales Geschick ist ausgeprägter als wir vermuten.
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Der Altersdurchschnitt bei den Talibankämpfern entspricht ungefähr dem der Gesamtbevölkerung, die sind also mehrheitlich alle sehr jung.
Durch die Lebensumstände dort altern die Menschen schneller (da spielt auch Klima, Ernährung, Gesundheitsversorgung usw mit rein) und allgemein wirken Afghanen oft älter als sie sind. Dazu kommen noch die erwähnten Vollbärte.
Hab mir aber jetzt mal diverse Bilder dazu angesehen und tatsächlich geben diese nicht unbedingt den typischen Querschnitt für Talibankämpfer wieder. Die Gründe dafür sind mir aber nicht bekannt, könnte auch Zufall sein, oder eine entsprechende (auch unterbewusste) Bildauswahl der Journalisten. Ältere Taliban sehen meist besonders rückständig, wild und fotogen aus.
Schneemann:
Zitat:dennoch kann ich deine Breitband-Verbalinjurie hier nicht ganz so stehenlassen, da ich diese als etwas unfair ansehe
Unfair ist es allein gewesen die Ortshelfer nicht gleich sofort zusammen mit den Bundeswehrsoldaten bei deren Abzug dort zu evakuieren. Obwohl die Ortshelfer dies selbst so durchaus gewollt haben. Stattdessen hat man sie direkt belogen und erklärt, man werde sie zeitnah dann nach dem Abzug der Bundeswehr holen. Und jetzt spielt man den Überraschten. Es ist einfach nur schändlich.
Und CDU Politiker stellen sich hin und erklären man solle jetzt für die Ortskräfte beten. Oder man schickt ihnen SMS mit dem Inhalt dass die deutsche Regierung sie nicht mehr retten wird und sie daher die Safe Houses verlassen und untertauchen sollen. etc
Zitat:und 2.) in Deutschland weitgehend im Zwist zwischen Innen- und Außenministerium zu verorten - und zudem bei uns wahrscheinlich 3.) auch dem Wahlkampf geschuldet, wo keine Partei groß was risikieren wollte
Dann ist es nicht nur schändlich, sondern auch noch inkompetent den jetzt schadet die ganze Sache im Wahlkampf noch viel mehr und wird die Flüchtlingsdebatte zur Unzeit angeheizt. Stattdessen hätte man zusammen mit der Bundeswehr einfach unbürokratisch, heimlich still und leise alle Ortskräfte gleich sofort mit evakuieren können. Das wäre rein praktisch problemlos gegangen.
Stattdessen fing man mit Bürokratie an und es waren primär bürokratische Hürden welche diese viel bessere Lösung blockierten.
Zitat:Generell aber wird der Bundeswehr-Einsatz von den Verbündeten honoriert und durch die Bank als wichtig angesehen, .......aber in jedem Fall wird der deutsche Einsatz und Beitrag in Afghanistan seitens der Verbündeten durchaus geschätzt und wohlwollend kommentiert - übrigens auch in der nichtwestlichen Presse -, egal ob man nun Amerikaner, Italiener oder Norweger fragt.
Jeder der sich auch nur ansatzweise mit der Materie und dieser Bundeswehr auskennt im Ausland ist keineswegs mehr wohlwollend gegenüber uns eingestellt. Wir werden weder wertgeschätzt noch verlässt man sich noch auf uns. In weiten Teilen ausländischer Militärs gelten wir als Witzfiguren - und dies zu Recht.
Zitat:Ja, in die Menge schießen. Ernsthaft: Die "gestürmte" C-17 hatte zuvor Absperrmaterial geliefert, mit dem die Runways erst gesichert werden sollten, das hat die USAF gemeldet. Da waren die Leute dann schon auf dem Flugfeld und die Sicherungskräfte noch nicht in Position. Man ist dann trotzdem gestartet, was zu den bekannten chaotischen Szenen geführt hat. Und anscheinend hat man in Katar Leichenteile im Fahrwerk des Fliegers gefunden - die Maschine ist am Boden und wird derzeit forensisch untersucht (lt. USAF).
Da sage ich es mal ganz offen: Bevor man in einer Luftwaffen-A400M Leichenteile findet, weil wir beim rigorosen Start Leute überfahren haben oder diese verzweifelten Lumpensammler im Fahrwerkschacht hingen und sich dort Finger abrissen (und wir hier fünf Seiten lang diskutieren, wer daran die Schuld trägt), sollte man lieber eben vorsichtig sein und eben notfalls auch wieder starten - und wenn nur sieben Leute an Bord sind -, wenn noch keine eigenen Sicherungskräfte vor Ort in Position stehen.
Der wesentliche Unterschied ist, dass zu dem Zeitpunkt wo unsere Maschine eintraf bereits Sicherungskräfte der USA in Stellung waren, dass darüber hinaus unsere Maschine eigene Sicherungskräfte dort abgesetzt hab - gerade dazu flog sie ja dorthin - und dass also die Situation eine ganz andere war als bei der C-17 der Amerikaner. Und besser man treibt eine Menschenmenge mit Warnschüssen zurück als dass man dies vom Flugzeug aus in den Tod stürzen lässt.
Hätte man unbürokratisch und frei agiert, hätte man durchaus mehr als 7 Menschen aufnehmen können. Es waren genug da. Hat man aber nicht, und zwar aus rein formalbürokratischen Gründen und weil man eine Liste hatte und wer nicht auf der Liste stand durfte nicht mit. Und das ist wieder nichts anders als schändlich.
Es ist dieser Bürokratismus in dieser Bundesrepublik, welcher zunehmend das Hauptproblem unserer Gesellschaft an sich darstellt. FEIGE Checklistenoffiziere welche als Karrieristen nur in materialistischen Ich-Kategorien denken können sind schon aufgrund ihres Charakters schlicht und einfach kriegsuntauglich. Genau dieser Charakter ist aber zunehmend vorherrschend in den Führungsebenen.
Zitat:Und: Der Flurschaden in den internationalen Medien - übrigens von der BBC über US- und russische Sender bis hin zu arabischen Sendern (so wie aktuell der Fall) - wäre vielfach größer, wenn wir Leute über Kabul aus einer Bundeswehr-Maschine fallen gesehen hätten...
Merkst du selber hier den Fehler nicht?! Es sind genau deshalb keine Menschen von Bundeswehr-Maschinen gefallen, weil da keine waren, weil die Sicherungskräfte da schon standen. Genau aus dem Grund hätte man abgesichert und geordnet deutlich mehr Menschen mitnehmen können. Aber das wäre natürlich nicht von oben per Liste und bürokratischer Vorgabe abgesegnet gewesen. Hätten wir 100 Leute mitgenommen, wäre dennoch in Bezug auf herabfallende Personen kein Unterschied zu den 7 gewesen - den dieser Flug agierte von einem gesicherten Flugfeld aus.
Sie behaupten also eine Ortskraft zu sein? Sie haben sogar ein Visum? Spielt keine Rolle, sie stehen nicht auf der Liste? Sie sind eine afghanische Frauenrechtlerin? Egal, die Liste sagt nein. Sie sind drei bekannte afghanische Bergsteigerinnen über die ein Film gedreht wurde? Wo stehen sie den bitte sehr auf der Liste ?! Und überhaupt: Zeit abgelaufen, mit dem überprüfen der Liste und fertig.
Und das jetzt die Maschinen voll geladen werden liegt allein daran, dass diese eigentlich unter Opsec geheim gehaltenen Umstände von den Medien derart breit getreten und derart extrem negativ kommentiert wurden und wegen des Wahlkampfes allein die Politik deshalb jetzt nachgesteuert hat.
Beschließend noch zu den Auswirkungen und Fernwirkungen: Es geht nicht darum ob irgendeine ahnungslose Journallie in Norwegen den Bundeswehreinsatz gut fand oder nicht, es geht nicht darum was Verbündete über uns denken (sie denken immer schlechter über uns), sondern darum, dass wir vor Ort in den Einsätzen welche noch sind und welche noch auf uns zukommen kein Vertrauen der Bevölkerung vor Ort mehr werden gewinnen können. Wer will den unter diesen Umständen noch für eine derart agierende Bundesrepublik tätig werden?!
Es ist egal ob "Verbündete" die Bundeswehr für ihr Getue und ihre Pseudoleistung loben. Diejenigen auf welche es ankommt, am Boden vor Ort, in den Einsatzländern haben ein anderes Bild. Unterhalte dich beispielsweise mal mit mongolischen Soldaten die als potentielles Kanonenfutter, verzeihung, als Sicherungskräfte Bundeswehreinheiten decken durften. Da ist von der anfänglichen Bewunderung nicht viel geblieben und die anfangs große Motivation ist dahin.
Oder frag mal Ortskräfte was diese jetzt von uns halten? Und was werden Ortskräfte in anderen Ländern in Zukunft von uns halten? Das ist die entscheidende Frage.
Zitat:Die deutsche Regierung hat keine Möglichkeit mehr, Sie zu retten. Verlassen Sie sofort das Safehouse!
https://www.zdf.de/nachrichten/politik/t...s-100.html
https://www.zdf.de/nachrichten/politik/a...w-100.html
Zitat:Markus Grotian erreichen derzeit 400 bis 500 Nachrichten von Ortskräften in Afghanistan, "denen wir nicht mehr helfen können". Er war selbst als Soldat in Afghanistan und sagt: 80 Prozent von ihnen werden zurückgelassen.
Welches Signal sendet dieser Abzug und das Im-Stich-Lassen der Ortskräfte an andere Einsatzgebiete und Ortskräfte?
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Allgemein:
Da sich ja ein paar Nutzer hier gewundert haben warum Dostum vorübergehend zurück kehrte: Das ganze diente anscheinend tatsächlich nur der Evakuierung von Vermögenswerten. Dostum und Noor gehören ja zu den reichsten Menschen in Afghanistan. Beide sind jetzt nach Usbekistan geflohen.
https://www.reuters.com/world/asia-pacif...021-08-14/
Während die Taliban in Dostums Palast von goldenen Stühlen aus goldenen Tassen trinken:
https://twitter.com/i/status/1426772219057872897
Wenn man sich die Inneneinrichtung ansieht wird sofort und absolut jederman klar, warum Afghanistan als Staat gescheitert ist und warum eine Mehrheit der Menschen dort lieber die Taliban will als das was wir ihnen da vor die Nase gesetzt haben.
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Der Artikel ergibt aber nicht unbedingt dass sie nur zur Sicherung von Vermögenswerten zurückgekommen sind. Scheinbar hatten sie eigentlich was anderes geplant, was sich dann als Falle herausstellte. Ich könnte übrigens wetten dass die Führer der Taliban die sich ja scheinbar auch gerne in Katar usw. herumtreiben insgeheim mindestens so reich sind wie Dostum. Nur war bei denen noch keiner im Haus und hat Videos gedreht.
In Kandahar soll es inzwischen zu den ersten öffentlichen Hinrichtungen gekommen sein. Natürlich unter dem Beifall vieler Schaulustiger. Überhaupt sind die Taliban gerade in Kandahar wohl regelrecht bejubelt worden, als sie dort eingezogen sind.
Und zu Jenen die sich außen an den Flugzeugen festgehalten haben und dachten sie können so mitfliegen kann man eigentlich nur sagen dass dies definitiv keine Ortskräfte waren, sondern irgendwelche ungebildeten armen Leute, die mal gehört haben dass es ihnen in Europa viel besser gehen könnte. Ich denke jeder Bundeswehrangestellte wüsste dass man so nicht im Flug reisen kann. Für sehr Arme ist es aber dort durchaus üblich so auf Autos oder Güterzügen mitzufahren.
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Aus gegebenem Anlass habe ich zur Zeit leider viel zu wenig Zeit, deshalb nur kurz ein Einwurf:
(18.08.2021, 21:17)Quintus Fabius schrieb: Hätte man unbürokratisch und frei agiert, hätte man durchaus mehr als 7 Menschen aufnehmen können. Es waren genug da. Hat man aber nicht, und zwar aus rein formalbürokratischen Gründen und weil man eine Liste hatte und wer nicht auf der Liste stand durfte nicht mit. Und das ist wieder nichts anders als schändlich.
Aus sehr gut unterrichteter Quelle ist mir inzwischen nahegelegt worden, dass die Aufnahme weiterer Menschen durch Dritte verhindert wurde. Vor Ort gibt es aktuell deutscherseits de facto kaum bürokratische Hürden, das ganze sonst übliche Spektrum an Einschränkungen hatte seit Einsatzbeginn keine Relevanz. Bestätigt wird dies durch aktuelle Zahlen, denn was da zur Zeit transportiert wird, liegt außerhalb jeder Vorschrift (sowohl aus technischer wie menschlicher Perspektive).
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@david_martinon
Ambassadeur de France en Afghanistan
Two nights ago, French police escorted out of the embassy in the green zone of Kabul the French, Afghan and international families to whom 🇫🇷 had offered shelter. The diplomatic and consular team of the embassy has taken care of them at the airport and they have been evacuated.
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Aktuell tausende Demonstranten in Kabul feiern afghanischen Unabhängigkeitstag und schwenken ihre Nationalflagge. Auch viele Frauen nehmen daran Teil. Taliban unternehmen zumindest in Kabul dagegen bisher nichts. In anderen Städten sollen schon Demonstranten erschossen und verprügelt worden sein.
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Helios:
Zitat:Vor Ort gibt es aktuell deutscherseits de facto kaum bürokratische Hürden, das ganze sonst übliche Spektrum an Einschränkungen hatte seit Einsatzbeginn keine Relevanz.
Die Bundeswehr wollte schon im Juni die Ortskräfte heraus holen, und man charterte dafür sogar extra spanische Linienmaschinen, zahlte einen Haufen Geld und flog dann doch nicht - aus rein bürokratischen Gründen. Und so ging das weiter bis jetzt. Und dass hier und jetzt vielleicht keine so hohen bürokratischen Hürden mehr sind
https://www.faz.net/aktuell/politik/ausl...92015.html
Zitat:Und im Flughafen kommen nur diejenigen ins sichere Flugzeug, die auf einer Liste stehen. Alishan M, der von 2011 bis 2013 für die Bundeswehr als Redakteur einer Zeitung gearbeitet hat, steht offenbar nicht darauf.
, ist allenfalls eine Reaktion auf das monatelange Versagen vorher. Warum hat man die Ortskräfte gleich nicht zusammen mit den Bundeswehrsoldaten gemeinsam evakuiert? Aus Bürokratischen Gründen.
lime:
In keinster Weise geht es mir um dieses Gesindel welches da um die Flugzeuge herum springt, sondern ganz konkret um die Ortskräfte welche hier für uns tätig waren. Das sind völlig verschiedene Gruppen.
Allgemein:
So weit ich es aus dem allgemeinen Nachrichten-Kaleidoskop beurteilen kann fahren die USA eine absolut egoistische Linie eines America First ohne sich groß um andere zu kümmern. Das soll zu erheblichen Reibereien mit anderen Nationen dort führen und diese dort nicht unerheblich behindern. Britische und Französische Sondereinheiten gehen derweilen vom Flughafen aus in die Stadt hinein und holen Europäer heraus, höchstwahrscheinlich mit Zustimmung der Taliban. Ob deutsche Sondereinheiten auch solche Einsätze fahren ist wie üblich nicht bekannt, aber meiner Einschätzung nach wahrscheinlich.
Hier noch über die Lage am Flughafen:
https://www.faz.net/aktuell/politik/ausl...92019.html
Zur Personalie des General Jens Arlt, welcher dort den Einsatz leitet:
https://de.wikipedia.org/wiki/Jens_Arlt
Auch so ein höherer Offizier den ich gar nicht so auf dem Schirm hatte. Panzeraufklärungstruppe. Kein Studium und hat nie die Bundeswehr-Universität besucht. Stattdessen von der Panzeraufklärung direkt zum KSK. Vollausgebildeter Kommando-Soldat. Von dort über diverse Führungsfunktionen zum Befehlshaber der Luftlande-Brigade 1. Eine erhebliche Zahl von Auslandeinsätzen. Verheiratet und 3 Kinder.
Sehr beeindruckend! Und sein Werdegang zeigt auf, dass die Fixierung der Offizierslaufbahn auf das Studium und die Überbetonung des Studiums an sich eine Fehlentwicklung sind. Von allem was ich jetzt über ihn gelesen habe eine hervorragender Soldat und wieder einmal stellt sich mir die Frage, warum die Bundeswehr in einem so schlechten Zustand ist, wenn es so gute höhere Offiziere in ihren Reihen gibt!?
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(19.08.2021, 14:08)Quintus Fabius schrieb: Die Bundeswehr wollte schon im Juni die Ortskräfte heraus holen, und man charterte dafür sogar extra spanische Linienmaschinen, zahlte einen Haufen Geld und flog dann doch nicht - aus rein bürokratischen Gründen. Und so ging das weiter bis jetzt.
Man hatte die Maschinen im Juni aus einem Rahmenvertrag heraus angefordert und wieder storniert, die Kosten waren nicht so hoch wie medial kolportiert. Der Grund für die Stornierung war der zu dem Zeitpunkt tatsächlich fehlende Bedarf, weil von der ursprünglichen Zahl der Ortskräfte die meisten entweder bereits mit Linienmaschinen ausgereist waren oder kein konkreter Ausreisewunsch bestand. Es waren meines Wissens noch ganze fünf Familien, die im Anschluss auf Linienflüge gebucht wurden. Dass diese Menschen Probleme mit den Visa bekommen hätten ist ein anderes Thema, wie sich ja im weiteren Verlauf noch gezeigt hat.
Und an der überbordenden Bürokratie gibt es wahrlich genug zu kritisieren, aber deshalb ist nicht alles, was auf den ersten Blick aussieht, auch ein Fall von einer solchen. Und nur darauf wollte ich hinaus. Von deutscher Seite wollte man mehr Menschen mit dem ersten Flug evakuieren, das wurde aber verhindert.
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(19.08.2021, 14:52)Helios schrieb: Und an der überbordenden Bürokratie gibt es wahrlich genug zu kritisieren, aber deshalb ist nicht alles, was auf den ersten Blick aussieht, auch ein Fall von einer solchen. Und nur darauf wollte ich hinaus. Von deutscher Seite wollte man mehr Menschen mit dem ersten Flug evakuieren, das wurde aber verhindert.
Da genug Menschen vor Ort waren stellt sich die Frage wer das verhindert haben soll, wenn nicht die Deutschen selbst.
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(19.08.2021, 14:56)lime schrieb: Da genug Menschen vor Ort waren stellt sich die Frage wer das verhindert haben soll, wenn nicht die Deutschen selbst.
Die Leute, die zu dem Zeitpunkt am Flughafen versucht haben, die Ordnung wieder herzustellen. Also höchstwahrscheinlich US-Truppen. Wir reden hier ja von der ersten deutschen Maschine, die dort gelandet ist. D.h. vor Ort hatten wir zu dem Zeitpunkt nur die Rumpftruppe der Botschaft, irgendwo auf dem Flughafenareal. Die Fallis kamen da ja erst an. Und wenn ich richtig informiert bin, hatten diese dann gerade mal eine halbe Stunde Zeit, sich im Chaos dort zu orientieren und Leute aufzunehmen. Da die A400 landen und starten konnte, waren zu diesem Zeitpunkt wohl auch keine Horden mehr auf der Piste unterwegs, die man einfach hätte einladen können. Das bedeutet natürlich auch, dass man erstmal irgendwo einen geregelten Zugang zum Rollfeld organisieren muss. Zu dem Zeitpunkt konnte man wohl nicht einfach irgendwo ein Tor aufmachen, 200 Mann abzählen und dahinter wieder zumachen. Somit dürfte es vermutlich daran gelegen haben, dass die Amis es nicht organisiert bekommen haben, eine nennenswerte Anzahl Passagiere rechtzeitig zum deutschen Flieger zu lassen. Und sollten die Gerüchte stimmen, dass dieser sich die Landung mehr oder weniger erzwingen musste, hatten sie das auch gar nicht eingeplant.
Wir wissen es alle nicht genau, aber es ist durchaus möglich, dass dieser 7-Personen-Flug kein direktes deutsches Versagen war, sondern den Umständen geschuldet.
Dass diese Umstände so nie hätten eintreten dürfen, ist ein ganz anderes Thema, ich glaube da wird hier niemand widersprechen.
Ich hoffe sehr, dass Maas genug Mut und Anstand aufbringt, die politische Verantwortung zu übernehmen und zurückzutreten, sobald die Evakuierung abgeschlossen ist. Egal, wer letztendlich wirklich alles Schuld daran trägt. Sein Ruf als Außenminister ist damit jetzt eh ruiniert, da würde ihm ein freiwilliger Rücktritt (zumindest bei mir) eher noch wieder Respekt einbringen.
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Danke für die Information! Maas ist ja sowieso eine komplette Fehlbesetzung. Dass er zurücktritt glaube ich allerdings eher nicht. Mit seiner Aussage, die afghanische Zivilgesellschaft würde die Taliban verhindern und damit müssten die Taliban eben leben (oder so ähnlich) hat er eh gezeigt dass er auch viel zu naiv für den Posten ist.
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Alle Deutschen und Ortskräfte die jetzt da zurück gekehrt sind berichten einhellig, dass man nur dann an Bord einer Maschine darf wenn man auf der Liste steht. Und etliche in Afghanistan zurück bleibende stehen nicht auf der Liste und werden allein deshalb abgewiesen.
Die angebliche Abwesenheit von Bürokratie begrenzt sich also darin, dass man kein schriftliches Visum benötigt um nach Deutschland einzureisen und dieses dann erst hier nachträglich ausgestellt wird. Was für ein Gipfel der Bürokratielosigkeit, in höchster Dankbarkei kann man da nur staunen dass so etwas möglich ist nachdem alle Medien einen derartigen Aufschrei veranstaltet haben.
Noch darüber hinaus gibt es anscheinend tatsächlich erhebliche Schwierigkeiten mit den Amis welchen alle anderen anscheinend weitgehend egal sind:
Zitat:Nach Schäfers Information hätten US-Soldaten am Nord-Tor des Flughafens den Münchnern bisher den Zutritt verweigert, offenbar funktioniere die Kommunikation mit den deutschen Behörden nicht.
https://www.sueddeutsche.de/muenchen/mue...-1.5385752
Aber auch hier wieder die unfassbare Bürokratielosigkeit: die Mutter der beiden deutschen Kinder darf nicht fliegen, weil sie nur eine Niederlassungserlaubnis hat (??) - das geht schon rein rechtlich in Wahrheit so gar nicht, den eine Niederlassungserlaubnis berechtigt zur Einreise nach Deutschland nach belieben. Die Wahrheit ist, dass die Mutter nicht auf der Liste steht. Deshalb sollen die Kinder ohne ihre Mutter fliegen.
Wahrlich unbürokratisch.
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(19.08.2021, 14:56)lime schrieb: Da genug Menschen vor Ort waren stellt sich die Frage wer das verhindert haben soll, wenn nicht die Deutschen selbst.
Das wurde mir gegenüber nicht explizit erwähnt, aber aufgrund der Umstände kann man es sich ja herleiten, wie Broensen es auch getan hat. Die deutsche Maschine war, im übrigen wie auch Flugzeuge von Verbündeten (die teilweise mit ähnlich geringem Erfolg wieder abziehen mussten), zu diesem Zeitpunkt dort nicht "erwünscht", dementsprechend wurden auch das zivile Personal im Vorfeld nicht unterstützt. Erst mit den Fallschirmjägern vor Ort konnte eine eigene Organisation aufgebaut werden. Für den ersten Flug reichte allerdings die Zeit nicht.
Und "vor Ort" ist relativ, der militärische Teil des Flughafens liegt dem zivilen Teil gegenüber (und im Bereich des letzteren befanden sich die Menschenmassen), und der Transfer bzw. die Zutrittsmöglichkeiten müssen organisiert werden. Zum Zeitpunkt der Landung haben das die GIs gemacht, inzwischen sind auch hier die Fallschirmjäger involviert. Wie bereits gesagt, die Informationen stammen von einer sehr gut unterrichteten Quelle.
Aktuell drehen die Maschinen in Kabul übrigens in knapp anderthalb Stunden, dabei werden jeweils über 200 Personen transportiert.
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Das ist wenigstens mal ein Lichtblick, und es zeigt auf dass die Medien hierzulande doch für etwas gut sein können denn ich bin mir recht sicher, dass ohne den medialen Aufschrei der letzten Tage nicht so viel Druck in der dieser Sache gemacht worden wäre und es jetzt nicht so gut laufen würde wie es jetzt läuft.
https://www.dw.com/de/weiter-dramatische...a-58911741
Mal sehen wie lange es noch "gut" geht. Wenigstens der deutsche Befehlshaber vor Ort macht auf mich den denkbar allerbesten Eindruck. Hier mal noch eine Karte des Flughafens und seiner Bereiche:
[Bild: https://static.dw.com/image/58906020_7.png]
Hier wie üblich sehr gute Bilder von CNN zur aktuellen Lage in Kabul:
https://www.youtube.com/watch?v=Mgb4Gc7M6B4
https://www.youtube.com/watch?v=eYCw0qfKa3c
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