Vorab möchte ich betonen, dass ich mich nicht auf einen bestimmten oder derzeitigen Konflikt beziehe. Meiner Überzeugung nach ist die derzeitige Konzentration aller Rüstungsbestrebungen, aller Strukturreformen usw auf die derzeitigen Einsätze ein schwerwiegender Fehler !
phantom:
Derjenige, der von uns beiden eindeutig in seinem militärischen Denken veraltet ist, bist du. Gerade weil die von dir beschriebene Kampfweise die heute im Quasikrieg vorherrscht gegenüber der ritualisierten Kriegsführung der NATO so vorteilhaft ist, gerade deshalb werden auch konventionelle Streitkräfte genau diese Kampfweise im Krieg übernehmen. Auch im Krieg Nation gegen Nation, Staat gegen Staat, auch bei großen Kriegen wirst du daher auf die genau gleiche Kampfweise stoßen. Die regulären Soldaten der regulären Armeen werden ihre Uniformen zumindest teilweise ablegen und als Zivilisten getarnt kämpfen. Es gibt bereits jetzt Staaten die gezielt Teile ihrer regulären Armee für diese Art der Kriegsführung trainieren. Der Partisanenkrieg wird immer mehr von regulären Soldaten, der regulären Streitkräfte geführt werden, die speziell für den Partisanenkrieg ausgebildet wurden.
Noch darüber hinaus werden auch die weiter Uniformierten Anteile der Armee immer mehr aus der Deckung des Zivilen Elementes heraus kämpfen. Das ist ja auch schon in den letzten Jahren so geschehen. Man nutzt Schulen, Krankenhäuser, Kindergärten usw als Stellung der regulären Truppen. Diese Entwicklung wird sich bei größeren, ernsthaften Kriegen noch sehr verstärken.
Gerade deshalb wird es bereits in naher Zukunft diese klare Trennung zwischen Quasikrieg und Krieg die du als Grundlage deiner Überlegungen hast nicht mehr geben. Du trennst in deinen Ausführungen zwischen Quasikrieg (Terrorismus und Partisanenkampf) und Krieg. Diese Trennung ist bereits jetzt Makulatur. Terrorismus und Partisanenkampf werden in jedem ernsthaften Krieg der nächsten Jahrzehnte eine wesentliche und wachsende Rolle einnehmen.
Das führt zu der Frage, wie du dann kämpfen willst und darauf geben deine Ausführungen keinerlei Antwort, da du ja die Realität verweigerst, und zwischen Quasikrieg und Krieg trennst und glaubst, dass du dich aus Quasikriegen grundsätzlich heraus halten könntest. Dies ist aber aufgrund der derzeit laufenden Entwicklung gar nicht möglich.
Der nächste schwere strategische Fehler in deinen Ausführungen ist der Gedanke, dass man Gebiete in denen man Krieg führt nicht besetzen muss bzw besetzen sollte. Dies soll deinen Ausführungen nach durch das dort lebende Volk selbst geschehen. Diese Strategie wäre absolut fatal, würde man sie immer anwenden, denn die zwingende Folge daraus wäre ein immer weiter um sich greifender Zerfall der Nationen. Das Ergebnis deiner Strategie wenn man sie als Methode anwenden würde wäre, dass die Zahl der gescheiterten Staaten insgesamt im Schnitt ununterbrochen zunehmen würde. Du zerschlägst das Porzellan, und der Angestellte des Porzellanladenbesitzers soll es dann selbst kleben. Das kann in Einzelfällen sinnvoll sein, aber als grundsätzliche Methode ist es katastrophal.
Allgemein fällt mir bei dir auf, dass du einem sehr starken Methodismus in deinen Ausführungen unterliegst. Gerade aber im Assymetrischen Krieg versagt Methodismus in fast allen Fällen. Bereits Moltke warnte deshalb davor, in der Strategie methodisch zu sein.
Zitat:(hohe zivile Verluste).. sind die Folge wenn Zivilisten gleich wie Soldaten aussehen
Auch im regulären Krieg werden immer mehr Soldaten sich als Zivilisten tarnen. Und selbst die in Uniform verbleibenden Teile der Armeen werden immer mehr sich im Zivilen Element tarnen bzw dort Stellung beziehen.
Dein (für den ganzen Westen inzwischen typischer) Panzerungswahn bietet für diese Entwicklung keinerlei Lösung.
Zitat:Es ist deren eigene Aufgabe sich einen Staat zu organisieren, nicht deine und nicht meine.
Wenn du den vorhandenen Staat mit einem Luftkrieg zerschlägst, dann ist es durchaus nicht deren eigene Aufgabe, wieder aufzubauen was du zerstörst hast. Wunderbar wenn es trotzdem geschehen sollte, aber das wird die Ausnahme sein und bleiben. In den meisten Fällen wird folgendes Geschehen: Die werden eben keinen neuen Staat organisieren sondern alles wird zerfallen und weiter zerfallen.
Umkehrschluss: Wenn nicht sichergestellt ist, dass auf den Luftkrieg oder irgendeine andere Form des Krieges wieder ein neuer Staat sich organisiert oder organisiert werden kann, dann sollte man gerade eben keinen Krieg führen.
Du produzierst mit deiner Methode im Schnitt und im Laufe der Zeit immer mehr gescheiterte Staaten, eine katastrophale Strategie.
Zitat:Feuerkraft ist in mehr als ausreichender Menge vorhanden, die Zielsuche ist das Problem
In den aktuellen Einsätzen ist die Zielsuche keineswegs so schwierig wie du es darstellst. Mit gewaltsamer Aufklärung könnte man die besagten Ziele durchaus auftreiben. Für eine gewaltsame Aufklärung aber fehlt in den aktuellen Einsätzen tatsächlich die Feuerkraft.
Das ganze reicht schon so weit, dass westliche Infanterieeinheiten oft eine geringere Feuerkraft für sich allein haben als irgendwelche Neo-Taliban Trupps. Ohne Fahrzeuge würde sich die westliche Infanterie nicht mal behaupten können, aus Mangel an Feuerkraft. Das reicht vom Feuervolumen über die effektive Reichweite bis hin zur Durchschlagskraft und Präzision.
Ob die Feuerkraft theoretisch insgesamt in einer Armee vorhanden wäre, spielt für die Frage nach dem was wir im Quasikrieg tatsächlich einsetzen können keine Rolle.
Bei der Infanterie ist zudem die Feuerkraft auch insgesamt nicht ausreichend. Die Feuerkraft der westlichen Infanterie ist viel zu schwach und die Infanterie allgemein zu schwach. Eine zwingende Folge unseres Panzerungsmethodimus und unserer bizarre Züge annehmenden Konzentration auf Fahrzeuge. Auf etwas über 100 000 Soldaten in Afghanistan stehen dort tatsächlich um die 70 000 Fahrzeuge herum !
Gerade der Quasikrieg wird aber nicht durch Fahrzeuge gewonnen, er wird durch Infanterie gewonnen. Unsere Fahrzeuge haben genug Feuerkraft, aber unsere Infanterie hat nicht genug Feuerkraft. Die Infanterie könnte viel stärker sein, die Technologie dazu wäre da.
Statt stärker gepanzerter Fahrzeuge bräuchten wir viel mehr echte Leichte Infanterie. Wir rüsten aber alle Truppen ins genaue Gegenteil und selbst Gebirgsjäger werden mit dem Boxer ausgestattet, selbst Gebirgsjäger und Jäger sind bereits jetzt keine leichte Infanterie mehr sondern eher mittlere Kräfte.
Zitat:Bodentruppen sind nun mal unglaublich anfällig und in Kriegen wo die anderen keine Uniformen tragen, praktisch nutzlos. Als "Terrorist" fällt man ja nicht auf, man sieht aus wie jeder Zivilist.
Der Quasikrieg kann nur durch Infanterie entschieden werden. Und unsere Infanterie ist genau so anfällig wie die des Feindes auch. Darüber hinaus könnte man genau so eigene Kräfte Zivil kleiden usw usf, allgemein fällt mir bei dir eine erstaunliche Beschränktheit in der Vorstellungskraft auf, die allerdings typisch für das derzeitige westliche Militär ist.
Im Quasikrieg kann man den Partisanen nur besiegen, indem man ihn jagt. Indem man ihm auflauert, ihn überfällt, selber der Agierende ist. Jede Form von Reaktion ist im Quasikrieg sinnlos.
Deine Strategie der Panzerung ist aber das reine Reagieren, und kann allein deshalb nur scheitern.
Zitat:könnten ja mit dem M1 in jedes Dorf fahren, dann wäre das Land befriedet
Könnten die in ausreichend viele Dörfer jeweils einen Infanteriezug zur Fuß hinein bewegen, dann wäre das Land tatsächlich befriedet. Dazu bräuchte man nicht mal alle Dörfer besetzen.
Du denkst nur in Fahrzeugen, denkst nur Panzerung, Motoren, Fahrzeuge. Wie die derzeitigen NATO Militärs auch. Allein deshalb schreiben wie völlig aneinander vorbei. Ich denke in Infanterie, in sich zur Fuß bewegenden und luftverlasteten leichten Infanterieverbänden. Unsere Fahrzeuge haben genug Feuerkraft, aber unsere Infanterie hat nicht genug Feuerkraft. Die Infanterie könnte viel stärker sein, die Technologie dazu wäre da.
Zitat:der Erfolg der Bodentruppen im Irak bezüglich Befriedung, ist überschaubar. Unter dem Strich nicht zur Nachahmung empfohlen.
Weil man genau deine Methode angewendet hat und davon ausgegangen ist, dass es Deren Aufgabe ist, sich einen Staat zu organisieren. Man hatte viel zu wenig Infanterie vor Ort, für die Größe des Landes und die Größe der Zivilbevölkerung viel zu wenig Bodentruppen und man hat anfangs einfach den Irakern es selbst überlassen, das zerschlagene Porzellan (Strom, Wasser, Polizei, Gerichte usw usf) wieder zusammen zu kleben, womit diese heillos überffordert waren.
Hätte man nun deiner Methodik in letzter Konsequenz folgend gar keine Bodentruppen dort gehabt, wäre es noch viel schlimmer geworden und der Irak wäre jetzt in einem schlechteren Zustand als Somalia.
Zitat:Du beschäftigst dich immer mit vergleichsweise unwichtigen Dingen.
Die Frage der sogenannten Technologiekiller wie bspw der RPG-7 Systeme ist für alle Fragen des modernen Krieges in keinster Weise unwichtig oder vergleichsweise unwichtig. Im Gegenteil: Gerade im Quasikrieg ist die Frage der Technologiekiller von absolut entscheidender Bedeutung.
Der Feind verfügt über diese Technologiekiller und wir haben keine echte Antwort darauf. Was willst du eigentlich erst machen, wenn der Gegner auch im Luftraum über ausreichend solche Technologiekiller verfügt?
Du willst den Krieg ja auf einen reinen Luftkrieg beschränken. Selbst dieser könnte schon in wenigen Jahrzehnten so wie du es dir vorstellst gar nicht mehr machbar sein, weil unsere Luftwaffen dann von entsprechenden Systemen zusammengeschossen werden.
Zitat:Du kannst das Problem in Afghanistan auch mit dem M-1 vorort nicht lösen.
Das Problem in Afghanisan kann man gar nicht lösen. Ich schreibe aber nicht allein über Afghanistan und diese Fixierung auf den Irakeinsatz und Afghanistan halte ich für einen großen Fehler.
In einem anderen Quasikrieg könnte man die militärische Seite des Problems aber durchaus mit einem M1 lösen. Noch besser aber kann man sie mit viel leichter Infanterie und einem M1 lösen.
Auch Partisanen und Terroristen sind im Kampf besiegbar, wenn man nur endlich aufhören würde die Aufständischen zu bekämpfen und stattdessen den Aufstand bekämpfen würde und wenn man begreifen würde, dass man für die Kontrolle eines bestimmten Gebietes eine bestimmte Menge Infanterie braucht und eine unkonvetionelle eigene Kampfweise.
Samun:
Wenn die Gesellschaft bereits damit überfordert ist, dass nicht mal eine Kompanie Kampftruppen innerhalb von 10 Jahren Krieg im Kampf getötet wird, dann ist diese Gesellschaft vollkommen kriegsuntauglich. Dann ist die zwingende Schlussfolgerung nicht, die Panzerung so dick wie möglich zu machen, sondern erst gar nicht in solche Einsätze zu ziehen.
Der Terrorismus ist kein Feind, er ist kein Gegner für uns. Er ist lediglich eine mögliche Art und Weise des Krieges. Man kann daher nicht gegen den Terrorismus kämpfen, man kann lediglich gegen bestimmte benennbare Feinde kämpfen, die unter anderem eben auch die Kampfweise des Terrorismus einsetzen.
Diese Feinde sind ja keine Unsichtbaren, Unbesiegbaren, Zauberwundersupermänner, sondern es handelt sich um eine bestimmbare Anzahl von Menschen, mit bestimmten Mitteln und Möglichkeiten. Das wir so hilflos gegen diese Gruppen erscheinen liegt nur daran, dass gerade das Militär im Westen eine extrem stark ritualisierte Kriegsführung betreibt und darüber hinaus auch noch extremst konservativ ist. Es gibt fast keine andere gesellschaftliche Gruppe die derart stark Strukturextrapolierung betreibt, derart beschränkt denkt und agiert und in sich selbst, in ihrer eigenen Struktur und Systematik derart veraltet ist.
Die ganze Schwerpunktbildung bei der Panzerungstechnologie ist im Endeffekt unsere totale militärische Bankrotterklärung. Sie ist der direkte Weg in die absolut Unfähigkeit Krieg zu führen.
Ich möchte das noch mal betonen: Wir haben in 10 (in Worten ZEHN) Jahren Bürgerkrieg und Partisanenkampf nicht mal 1 (in Worten EINE) Kompanie Kampftruppen im Gefecht verloren. Das sind keine Verluste, dass ist lächerlich. Alles unter 1000 Mann Verlusten pro Jahr ist meiner Ansicht nach nicht mal über dem miltärischen Horizont.
Die zwingende Schlussfolgerung ist nicht, die Panzerung zu verstärken, sondern die ansonsten völlig sinnlosen Einsätze zur Zeit zumindest für eine schleichende Remilitarisierung der Gesellschaft zu nutzen. Eine echte Wehrpflichtarmee und der Einsatz derselben hätten dies bewirken können.
TheBruce:
Meiner Meinung nach ist das Leben der eigenen Soldaten irrelevant. Priorität hat in diesem Kontext allein, dass die Gesellschaft mitmacht. So lange und so weit wie sie mitmacht, muß man gehen. Ob dabei eigene Soldaten sterben spielt gar keine Rolle. Ich möchte also deiner Aussage, dass das Leben der eigenen Soldaten Priorität haben muss entgegen halten:
Das Töten des Feindes MUSS immer Priorität haben!
Entgegen dem allgemein verbreiteten Irrglauben, dass jeder getötete Gegner eine Heerschar neuer Feinde produziert, ist die Zahl der Feinde in Wahrheit im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung im Quasikrieg begrenzt. Der Feind ist numerisch nirgendwo wirklich stark und er kann entgegen dem allgemeinen Glauben selbst unter Militärs seine Verluste nicht nach belieben ersetzen. Übersteigen die feindlichen Verluste eine gewisse Höhe, kann der Feind sie nicht mehr ersetzen und wird daher zwingend schwächer.
Und bevor jetzt wieder heraus gekramt wird, dass man diese unglaublichen, unsichtbaren Supermänner ja gar nicht finden kann: durch noch so oft wiederholte Wiederholung wird dies nicht wahrer. Man kann den Feind auftreiben, wenn man nur will.
Drohnen, Satellitenaufklärung, Sensoren, handliche Chemische Detektoren die noch die geringsten Sprengstoff und Pulverspuren an Körper und Kleidung festtstellen könnten (die Engländer haben mit den Vorvorgängern solcher Detektoren übrigens die IRA immens geschwächt und viele IRA Kämpfer enttarnt), gewaltsame Aufklärung, systematische Durchsuchungen, Folter und alle Methoden geheimdienstlicher Aufklärung, Bestechung des Gegners und der Einsatz eigener getarnter Einheiten - Beispielsweise könnte man eigene Partisanentruppen aufbauen, die so tun als ob sie echte Partisanen wären, und auf diese Weise Informationen und Kontakte gewinnen und zugleich den Gegner überraschen, überfallen und verwirren
usw usw usw usf
es gibt so viele Möglichkeiten, man muß sie nur einsetzen. Was aber machen wir ? Wir verstärken die Panzerung unserer 70 000 Fahrzeuge. Denn wenn erst zehntausende Fahrzeuge so stark gepanzert sind, dass sie sich in unzugänglichem Terrain gar nicht mehr bewegen können, aber trotzdem noch von unseren Feinden zerstört werden können, dann haben wir gewonnen !?
Statt dass wir die Feuerkraft unserer Infanterie vervierfachen, statt dass wir die schiere Anzahl unserer Infanteristen vervierfachen, kommen inzwischen auf jeden Infanteristen vier Fahrzeuge !!!!!