@Erich:
Ich bin in meinem Eintrag durchaus auf diesen Artikel eingegangen und habe mit meinen Ausführungen auch diesen Artikel zugleich widerlegt.
Im weiteren habe ich den Ideen dieses elenden alten Polen noch nie viel Bedeutung zugemessen außer der, daß er in den USA zu viel Einfluß auf die Politik hat und dies zum Schaden Deutschlands.
Zitat:ich behaupte (und die vom Eurasischen Magazin wiedergegebenen Fakten bestätigen mich darin), dass die Strategie der militärischen Aufrüstung nur den Gegendruck erhöht - also eine Strategie ist, die es den so genannten Taliban erlaubt, stärker zu werden.
Das ist meiner Ansicht nach eben grundfalsch.
Ich glaube aber das ich deinen Denkfehler gefunden habe, du setzt einfach jede Militärische Aufrüstung mit jeder Militärischen Aufrüstung gleich.
Das ist aber nicht der Fall. Es gibt verschiedene Formen Militärischer Aufrüstung von denen einige tatsächlich die Taliban stärken könnten, andere aber sie erheblich schwächen würden. Daher möchte ich nochmal betonen, daß jeder Assymetrische Krieg eine komplett eigene Lösung benötigt und das heißt, daß ich nicht einfach Militärische Aufrüstung befürworte sondern eine ganze bestimmte Form derselben.
Wenn wir aber eben nicht militärisch aufrüsten, dann werden die Taliban dadurch eben auch gestärkt. Deine Strategie Erich führt ebenfalls zu einer Stärkung der Taliban. Insbesondere dadurch das wir ohne Militärische Aufrüstung die Afghanen gar nicht vor den Taliban ausreichend schützen können und diese daher mit Druck die Afghanen auf ihre Seite zwingen können!
Zusammenfassung meiner These:
1 Militärische Aufrüstung ist eben nicht !! gleich militärische Aufrüstung sondern es gibt bestimmte Formen davon.
2 Nicht Aufrüsten heißt die Taliban werden Stärker
3 Wir brauchten eine bestimmte Form der Aufrüstung in Afghanistan
Zitat:Denn was da unter "Taliban" läuft, sind vielfach einfach Mitglieder einheimischer Stämme, die Rache für Übergriffe der Alliierten auf eigene Stammesangehörige (Zivilisten) nehmen, und mit jedem militärischen Einsatz steigt die Zahl der Verluste unter diesen Zivilisten.
Genauere Analysen zeigen, daß nur um die 20% der Aufständischen in Afghanistan aus solchen Gründen wie Blutrache etc kämpfen. Der Gros kämpft tatsächlich aus Islamistischen Motiven heraus. Und auch die Islamisten sind nicht alle Taliban.
Zitat:Wenn die einzige militärische Strategie dagegen ist, dann noch mehr drauf zu hauen (mag ja sein, dass ich das nicht verstehe)
Du verstehst es wirklich nicht oder willst es nicht verstehen.
Ich habe nirgends gesagt das wir noch mehr drauf hauen müssen, sondern das mehr Drauf hauen notwendig geworden ist wenn wir den eigentlichen Kern der einzig möglichen Strategie überhaupt umsetzen wollen: Nämlich Territorium zu besetzen und zu kontrollieren.
Es geht um die tatsächliche Kontrolle von Territorium. Das ist das Ziel, die notwendige Maßnahme.
Das Drauf Hauen ist dabei kein Selbstzweck, sondern nur ein Mittel von mehreren, ich habe auch explizit viele andere Mittel genannt. Alle diese Mittel sind gleichberechtigt, vielleicht mit Ausnahme der politischen Mittel die wichtiger sein können. Aber alle diese Mittel sind nur Mittel zum Zweck. Das Drauf Hauen ist nicht der Zweck sondern nur das Mittel zum Zweck.
Und der Zweck, das Ziel ist die Kontrolle von Territorium.
Shahab 3 hat es eigentlich doch so gut erklärt. Die westlichen Truppen machen immer Raids von ihren Festungen aus und siegen und siegen und prügeln die Taliban wie die Kesselpauken aber dann ziehen sie sich sofort wieder in ihre Festungen zurück und überlassen das soeben freigekämpfte Land sich selbst.
Zitat:Und diese Strategie kann politisch nur eine Stärkung der Stämme und Regionen, also eine Kantonisierung Afghanistans sein
Das habe ich selbst schon vor dir explizit genannt, daß wir Afghanistan de facto aufteilen müssen und lokale Mächte stärken müssen. Das hatte ich explizit als ein Mittel genannt. Das ist aber auch nur ein Mittel und keine vollständige Strategie.
@Schneemann:
Man hat jetzt ca. 105.000 Mann vor Ort. 140.000 könnten es werden. Aber das reicht auch nicht. Um überhaupt einen Erfolg zu haben, müsste man 220.000 bis 270.000 Mann einsetzen
140 000 Mann reichen eigentlich völlig aus. Die Frage ist gar nicht, wieviele Truppen man hat, sondern wie man diese einsetzt. Wir können das Land mit der von dir genannten Zahl von Truppen zwar besetzen, aber es gibt kostengünstigere und einfachere und erfolgreichere Konzepte.
Wir könnten beispielsweise die Trennung zwischen unseren Truppen und Afghanischen Streitkräften (gleich welcher Herkunft) aufheben und dann jeweils Einheiten unserer Truppen in Afghanische Einheiten sozusagen einziehen.
Auf diese Weise könnten wir mit nur um die 100 000 Mann bereits insgesamt genug Truppenpräsenz schaffen um den größten Teil des Landes zu kontrollieren.
Dies sollte man kombinieren mit einem Konzept der Wehrdörfer bzw Wehrbauern.
Mir ist natürlich völlig klar, das diese meine Strategie nie von den westlichen Ländern verwendet werden wird.
@Ingenieur:
Zitat:Ich sehe dabei jetzt aber keinen großen Unterschied zu dem, was die Amis seit 2006 relativ erfolglos im Süden machen, wie schon Shahab angemerkt hat, verkommt das zu Sysiphus-Arbeit,
Die Amis sind gar nicht so sehr im Süden, mehr im Osten und Südosten. Direkt im Süden sind primär die Briten.
Beide kontrolieren das Land nicht. Die Briten sitzen in ihren Festungen, machen regelmäßig sehr erfolgreiche "Ausfälle" bei denen sie in Treibjagden die Taliban prügeln wie die Kesselpauken und dann fliehen sie wieder in ihre Festungen.
Ich habe eine Reportage gesehen wo ein französischer Journalist mit den Taliban in Sichtweite der britischen Festung ganz gemütlich spazieren gegangen ist.
Die Amis wiederum mißachten die Lokalen Autoritäten, mißachten die Lokalen Machtverhältnisse. Sie ignorieren einfach die Stammesstrukturen und agieren überhaupt was die politische Seite des ganzen angeht völllig Ignorant.
Zitat:Eventuell übernehmen sie erneut die Kontrolle über das Land, und der Krieg wäre umsonst.
Der ganze Krieg war sowieso umsonst.
Meine Kernthese ist ja, daß wir bereits komplett verloren haben. Nur die Trägheit der eigenen Masse oder die geistige Trägheit unserer poltischen Führung läßt uns dies noch zur Zeit einfach ignorieren.
Zitat:Es braucht eine ideologisch anti-taliban eingestellte Zentralregierung, damit diese überhaupt im gegebenen Rahmen unabhängig sein kann
Und danach brauchen wir ein funktionierendes Gesetz um die Schwerkraft zu bekämpfen. Die Schwerkraft muß einfach verboten werden!
Eine Anti-Taliban eingestellte Zentralregierung wäre bis vor 3 Jahren noch möglich gewesen, wenn man den Führern der Stämme im Norden die Macht komplett überlassen hätte und ihnen die militärischen Möglichkeiten eingeräumt hätte die Paschtunen landesweit zu unterdrücken. Dann hätten wir eine Anti-Taliban Regierung gehabt die als Regierung einer Ethnischen Minderheit die Majorität größtenteils unterdrückt hätte.
Vergleichbar der Situation im Irak unter Saddam (Sunniten gegen Schiiten). Aber es hätte im Süden natürlich trotzdem weiter Taliban gegeben, aber das wäre egal gewesen und wir hätten abziehen können.
Heute aber ist eine Anti-Taliban Zentralregierung völlig unmöglich geworden.
Zitat:Ein großes Problem ist doch, dass die Afghanen nicht wirklich motiviert sind, auf Seiten der ISAF zu kämpfen.
So ist es. Und der primäre Grund dafür ist, daß die ISAF die Afghanen nicht schützen kann, das die eigene Regierung korrupt ist und im Endeffekt die Organisierte Kriminalität vertritt und das darüber hinaus die Wirtschaftliche Lage extrem schlecht ist.
Dazu kommt noch das Problem der Demographie, die Afghanen vermehren sich rasant, und das Land kann schon jetzt die Bevölkerung de facto nicht mehr tragen.
Zitat:Eine Regionalisierung würde in einem zweiten Somalia enden.
Sie würde aber zugleich zumindest mittelfristig verhindern, daß die Tablian sich wieder durchsetzen. Im Endeffekt käme ein Zustand heraus wie vor den Taliban, wo Afghanistan ebenfalls völlig zerfallen war. Die neu entstehenden Machtgebilde und Stammesfürstentümer würden das Vordringen der Taliban sehr stark behindern.
Man könnte diesen Zustand aber sogar durchaus verbessern. Indem man aus Afghanistan im Endeffekt eine Art "Staatenbund" macht, und es eben noch eine Bundesregierung gibt, die dadurch funktioniert, daß man eben bestimmte Interessen damit verknüpft.
Zitat:wäre die Bevölkerung quasi gezwungen, diese zu verteidigen, denn diese garantieren ihr Einkommen. Die Taliban wiederum wären gezwungen, diese Einrichtungen zu zerstören, denn ausgehend von diesen Agenturen könnte die ISAF und der afghanische Staat seinen Einfluss ausbauen
So ist es. Aber meiner Ansicht nach ist die Idee das der Afghanische Staat dann seinen Einfluss ausbaut hier zu ehrgeizig.
Es würde schon genügen wenn die jeweiligen Stämme und Ethnien auf diese Weise geeint und geschlossen würden und wenn die jeweiligen Anti-Taliban Stammesführer ihren Einfluss ausbauen würden.
In fast allen Stämmen und Gruppen, selbst bei den Paschtunen im Süden gibt es noch Lokale Machthabe die Anti-Taliban sind mit der Betonung auf Noch. Aber diese Lokalen Machthaber sind auch oft zugleich Anti-Zentralregierung.
Daher halte ich es für einen realistischeren Ansatz die Stämme als geschlossene Einheiten zu nutzen anstelle einer Zentralregierung.
Im Gegensatz zu Somalia mit seiner Clanstruktur sind die Afghanischen Stämme größere Einheiten und die Ethnische Frage bedeutender. Somalia ist ethnisch einheitlicher, hier zählen die Bande der Großfamilie.
In Afghanistan aber im Gegensatz zu Somalia zählt auch, ob man ein Hazara ist oder ein Paschtune, ob man ein Usbeke ist oder ein Tadschike, ob man Paschtune aus dem Süden oder aus dem Osten ist usw
Wir könnten in Afghanistan die Ethnien nutzen.
Zitat:Ehrlich gesagt stelle ich mir die bisher diskutierten Ansätze schwierig in der Umsetzung vor.
Sie wären eigentlich gar nicht so schwierig von der Umsetzung, im Fall des Konzepts von Schneemann der völligen Besetzung mit eigenen Truppen einfach nur Teuer was das Geld angeht, und im Falle meines Konzepts einfach mit deutlich höheren Verlusten von eigenen Soldaten verbunden.
Aber mal ganz ehrlich:
Wir wissen doch ohnehin alle, daß es in Afghanistan genau so weiter gehen wird wie bisher und am Ende der Abzug kommen wird und das Land wieder an die Taliban fällt. Unsere ganze Diskussion ist daher zwar interessant, aber am Ende wird der Westen in Afghanistan total scheitern und die Taliban werden siegen.
So wird es geschehen.