Beiträge: 5.504
Themen: 92
Registriert seit: Jul 2003
@Quintus Fabius
Zitat:Der Grund war die Schwäche der Franzosen daheim und das die Heimat endgültig die Schnauze voll hatte von Kolonien. Man wollte gar keine Kolonien mehr, man hatte einfach den Biß und den Willen über andere zu Herrschen verloren.
Ich würde da nicht unbedingt von Schwäche sprechen. Man hat nur zu anderen Methoden der Herrschaft gegriffen, indem man die Kolonien in die Unabhängigkeit entliess. Das war auch richtig, denn es wird gerne vergessen, das die Kolonien nur selten rentabel waren. Sie brachten wirtschaftlich vor allem Verluste ein - ein Umstand, der bereits vor dem 1.Weltkrieg in Deutschland unangenehm auffiel - und brachten auch sonst wenig.
Wozu etwas verteidigen, was einem fast nur Schwierigkeiten einbringt?
Beiträge: 28.156
Themen: 567
Registriert seit: Jul 2003
die brutalen Methoden aus dem Algerienkrieg werden tatsächlich von den Teilnehmern unterschiedlich bewertet:
Da sind einerseits die Memoiren des Algerienveteranen Paul Aussaresses, in denen er Details des „schmutzigen Krieges“ in Nordafrika (1954-1962) schildert.
Zitat:„Ich beging, im Interesse meines Landes (...) Handlungen, die von den normalen Moralvorstellungen missbilligt werden (...): stehlen, morden, verwüsten, terrorisieren. Man hatte mir beigebracht, Schlösser aufzubrechen, ohne Hinterlassung von Spuren zu töten, zu lügen, gleichgültig (...) gegen die Leiden der anderen zu sein, zu vergessen und vergessen zu werden. All das für Frankreich.“
Mit Gefangenen wurde oft kurzer Prozess gemacht: Zitat:„Wir machten uns nicht immer die Mühe, mit Verhören weiterzumachen. Die Männer wurden auf der Stelle exekutiert.“
Er berichtet auch über seine erste Erfahrung als Folterknecht: Zitat:„Der Mann weigerte sich zu reden. Also musste ich Zwangsmittel einsetzen. (...) Es war das erste Mal, dass ich jemanden folterte. An dem Tag aber war es nutzlos. Der Typ starb, ohne etwas gesagt zu haben. (...) Ich bedauerte seinen Tod nicht. Wenn ich etwas bedauert habe, dann war es, dass er nicht geredet hatte, bevor er starb.“
Sie sind ein unverhohlenes und zynisches Plädoyer für die Anwendung von Folter und Mord im Interesse des Vaterlandes. Sie sind letztlich, wie Pierre Vidal-Naquet äußerte, „als das zu nehmen, was sie sind: die Memoiren eines Mörders“.
Es gibt aber durchaus auch andere Stimmen; die Stimmen derjenigen, die an diesen Methoden verzweifelt sind - und zum Teil letztlich sogar daran zerbrachen:
in dem von mir bereits zitierten Film und Buch "Ennemi intime" von Patrick Rotman , Edition du Seuil, 2002, wird beschrieben, wie vor allem einfache Soldaten diese Gräuel erlebten; der Vizepräsident des Senats, Jean Faure, empörte sich über willkürliche Grausamkeiten: Zitat:"Ich war manchmal völlig angewidert und entsetzt vom Sadismus (der Militärs), die nach einem Besäufnis völlig grundlos Gefangene schlugen und demütigten. Es hat nicht mehr Sadisten unter den Berufssoldaten als unter den Dienstpflichtigen. Ich war erstaunt, wie Kollegen aus dem Dorf, die ich als nette Kerle gekannt hatte, sich in Rassisten und Sadisten verwandeln konnten. Die Angst erklärt bestimmt das Verhalten der Militärs."
Nicht nur die "Grand Nation" hatte die Kriegsverbrechen, die Barbarei der Folter und der Hinrichtungen verdrängt. Auch die Zeugen und erst recht die Schuldigen selber wollten nicht daran erinnert werden. Die Erinnerung an die Geschehnisse war wie ein Albtraum.
Nun kann man sich durchaus streiten, ob "der Zweck die Mittel heiligt" - ob man also selbst zum Folterer und Mörder werden muss, um Terror zu unterbinden. Ich meine nicht, ganz im Gegenteil: wer sich dieser Methoden bedient, ist keinen Deut besser als sein Gegner - und er wird nur noch mehr Widerstände hervorrufen, also die Widerstände nur erhöhen.
Letztendlich muss man die Ursachen von Aufständen, Partisanenkämpfen und Terrorismus beseitigen, um diese effektiv vermeiden zu können.
Dazu empfehle ich z.B. folgende Beiträge zu den Wurzeln des Terrorismus und zu Lösungsansätzen:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/themen/Terrorismus/Welcome.html">http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/th ... lcome.html</a><!-- m -->
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/themen/Terrorismus/chomsky3.html">http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/th ... msky3.html</a><!-- m -->
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.algeria-watch.org/artikel/Ruf2.htm">http://www.algeria-watch.org/artikel/Ruf2.htm</a><!-- m -->
Beiträge: 12.783
Themen: 208
Registriert seit: May 2006
Was ich bei solchen Schilderungen oftmals komisch finde, ist, dass teilweise - dies hat übrigens auch Peter Scholl-Latour oftmals in seinen Büchern erwähnt - gerade die französischen Offiziere, die während des Zweiten Weltkrieges in der Résistance gekämpft hatten und während ihres Widerstandskampfes teils in Gefängnissen der deutschen Abwehr, der Gestapo oder des Sicherheitsdienstes ihrerseits gefoltert worden waren, sich später bei der Bekämpfung der Untergrundkämpfer in Indochina und in Algerien als ähnlich grausame Folterknechte betätigten. Oftmals wanden sie sogar ähnliche Methoden an wie die Gestapo- oder SD-Leute. Laut Scholl-Latour waren sie besonders "geschickt" in der Anwendung der Badewanne, wo den Gefangenen suggeriert wurde, man würde sie ersäufen. Scholl-Latour, der selbst 1945 kurzzeitig in Gestapohaft war und gefoltert wurde, hat immer zum Ausdruck gebracht, dass er dieses Verhalten nie hat verstehen können.
Schneemann.
Beiträge: 560
Themen: 18
Registriert seit: Apr 2004
Mhm gabs dazu nicht mal ein verfilmtes Experiment mit Studenten die in ein Gefägnis eingesperrt wurden.
Werde gefoltert und du folterst selber wenn du die Möglichkeit hast...
Der Schakal
Beiträge: 14.792
Themen: 106
Registriert seit: May 2004
Die folgenden Bücher passen wohl auch in den Kontext dieses Strangs und klingen interessant, ich habe sie aber noch nicht gelesen. Von daher kann ich über die Qualität nichts sagen, das Buch über den Krieg in Irland soll aber gut sein.
von John Poole:
Militant Tricks: Battlefield Ruses of the Islamic Insurgent
Tactics of the Crescent Moon: Militant Muslim Combat Methods
Phantom Soldier: The Enemy's Answer to U.S. Firepower
Afghanistan and the Troubled Future of Unconventional Warfare
This book presents an authoritative overview of the current American way of war, and addresses the specific causes of the "conventionalization" of U.S. Special Forces, using the war in Afghanistan as a case study. Drawing a distinction between special operations and unconventional warfare (the use of Special Forces does not automatically make the fighting unconventional), Rothstein questions the ability of U.S. forces to effectively defeat irregular threats, and suggests ways to regain lost unconventional warfare capacity.
The Irish War: The Hidden Conflict Between the IRA and British Intelligence
Among the details about the 30-year conflict revealed in THE IRISH WAR:
the forensic techniques used by British security forces to detect firearm and explosive residues and IRA efforts to frustrate these procedures by minimizing the available evidence (wearing clothing that doesn't easily shed its fibers, for example, or immediately washing clothes after operations
the legal issues surrounding the conflict, including the IRA's use of the hunger strike to obtain concessions in prison and the largely unsuccessful attempts to prosecute British soldiers for murder in situations involving questionable uses of lethal force
British Intelligence eavesdropping operations in which suspected IRA terrorists were led to believe that they had won a lavish, all-expense vacation through a breakfast food competition; while the target and their family were away, their house would be bugged with listening devices and video cameras
the IRA's gun-running activities which brought a fearsome array of Warsaw Pact weaponry from Libya in the late 1980s and its conversion of vans and tractors into lethal mortar platforms
Insurgency and Counter-Insurgency in Iraq von Ahmed S. Hashim
Modern Warfare: A French View of Counterinsurgency von R.Trinquier
Counter-Insurgency Manual von Thompson
Counterinsurgency in Africa: The Portuguese Way of War, 1961-1974 von Trainor
Hearts And Minds In Guerrilla Warfare: The Malayan Emergency 1948-1960 von Stubbs
Counter-Insurgency in Rhodesia von Cilliers
Afghan Guerilla Warfare: In the Words of the Mujahideen Fighters von Ali Ahmad Jalali
Bei solchen Büchern frage ich mich immer, in wie weit die nicht dafür geschrieben werden, damit der Feind sie liest. Da ist vermutlich immer ein Gros Manipulation dabei, der dann genutzt werden soll, aber die Geschichten und Ideen sind trotzdem oft nachdenkenswert, vor allem wenn man sie noch selber hinterfragt.
Interessant ist der Einsatz moderner Technologie: z.B. kommen jetzt dann Geräte auf den Markt die auch noch geringste Spuren von Sprengstoffen "erschnüffeln" können. Solche Geräte von einfachen Soldaten mitgeführt könnten Verdächtige innerhalb von Gruppen von Zivilisten sichtbar machen.
Auch der Einsatz von Drohnen (Minidrohnen), die vielfältigen Möglichkeiten des Nachtkampfes mit weit überlegenen Nachtsichtgeräten, die Aufklärung per Satellit und vieles mehr geben heute den Regulären Streitkräften der westlichen Staaten eigentlich eine sehr hohe Informationsüberlegenheit die aber oft nicht ausreichend genutzt wird oder falsch genutzt wird.
Beiträge: 14.792
Themen: 106
Registriert seit: May 2004
Ein interessantes und leider weniger bekanntes US Konzept war in Vietnam der Versuch des III MAF des US Marine Corps, eine völlig andere Weise der Kriegsführung zu versuchen in Form der CAP. Combined Action Platoons.
Befehlshaber des III MAF war Major General Walt, einer der wenigen damaligen US Generäle, die sich geistig länger und umfangreicher mit Anti Guerilla Kriegsführung beschäftigt hatten in der die USA ja von früher her, inbesondere das US Marine Corps schon Erfahrungen gemacht hatten, die nun in Vietnam völlig ignoriert wurden.
Die Idee des CAP Konzepts war, einzelne Züge von Marines auf Südvietnamesische Truppen in Kompaniestärke aufzuteilen, so daß dann z.b. eine Südvietnamesische Truppe aus 1 Zug Marines und 3 Zügen Vietnamesischer Truppen bestand. Das ganze ging sogar so weit, einzelfallweise US Soldaten sogar durch Vietnamesen befehligen zu lassen. Früher hatte man zudem immer eine dreier Gliederung gehabt, nun wurde sie durch eine Vierergliederung der Verbände ersetzt, da man so wie bisher mit drei Verbänden außerhalb des Lagers operieren konnte und ein Verband im Lager zur Bewachung desselben zurück bleiben konnte und sich ausruhen konnte womit auch die Möglichkeit zum Durchwechseln der Verbände gegeben war. So setzte man auch das Bataillon nun aus 4 statt wie früher aus 3 Kompanien zusammen usw
Noch darüber hinaus wurden diese neuen CAPs nicht in US Lagern, sondern vor Ort in den Vietnamesischen Dörfern oder Siedlungen stationiert. Es wurde auf eine strenge Moral und Disziplin geachtet, was Unmut bei der Truppe hervorrief und bis dahin ging, daß man Besuche bei Prostituierten zu unterbinden versuchte.
Die Einheiten wechselten dann zwischen Patrouillen in Kompaniestärke mit 3 Zügen - aber nie mehr als eine Kompanie - und zivilen Arbeiten vor Ort wie z.B. de Ausbessern von Straßen, Hilfsarbeiten für die örtliche Verwaltung usw ab, immer zusammen mit den Vietnamesen ihres Verbandes.
Interessant ist, daß der Body Count der für dieses Experiment eingesetzten Einheiten so drastisch und schnell zurück ging, daß dieser Rückgang zu massivster Kritik seitens der Armeeführung an dem Konzept führte.
Auf der Gegenseite konnte im Laufe der Zeit nachgewiesen werden, daß konträr zu allen anderen Gebieten ausschließlich in dem beschränkten Gebiet in dem die CAP operierten die Vietcong Aktivitäten tatsächlich nachließen. 1967 erbrachte eine umfangreiche Untersuchung der Ergebnisse den Beweis für das tatsächliche funktionieren: Zitat: The only sucessful american project of any kind whatsoever in Vietnam.
Trotzdem weigerte sich die Army weiter, ebenfalls solche Einheiten zu verwenden und auch im Marine Corps wurde das ganze nicht weiter ausgeweitet sondern im Gegenteil auf eine Ende der CAP hin gearbeitet.
Interessant sind noch Details am Rande die findige Offiziere der Marines dort versuchten: so verzichtete man gezielt auf Helikopter Einsätze sondern bevorzugte das agieren zur Fuß, wobei man die numerisch großen Verbände in viele kleine dezentrale Einheiten aufteilte die in räumlicher Nähe aber unabhängig voneinander nach Gutdünken der Befehlshaber vor Ort agierten. Im Gegensatz zum ganzen sonstigen Vietnam verwendete man wo es nur ging die B 52 Bomber nicht, mit der offiziellen Begründung, deren Bombardements würden zu viele Blindgänger verursachen was die eigenen Truppe gefährde. Tatsächlich starben laut einer Studie des Jahres 1966 allein in diesem Jahr ungefähr 1000 US Soldaten durch Blindgänger der B 52 Bomber die damit einen der größten Teile des Friendly Fire ausmachten, größer als die Artillerie.
Der Wahre Grund war aber noch darüber hinaus, daß die B 52 nach Ansicht der Marines für Taktische Bombardierungen für die sie ja tatsächlich eingesetzt wurden eigentlich ja gänzlich ungeeignet waren, ungeachtet der beeindruckenden Sofort Wirkung. Nicht zuletzt weil sie immer viel zu viele unschuldige Viet Zivilisten mit umbrachten. Die Verfechter der CAP Idee fanden dies unvereinbar mit der Idee, die Herzen der Vietnamesen für sich zu gewinnen, was sie ja als wesentlich für den Sieg hielten. Um einen Marine zu zitieren:
You cannot win militarily. You have to win totally, or you are not winning at all.
Beiträge: 2.083
Themen: 57
Registriert seit: Aug 2003
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.staatspolitik.de/pdf/creveld.pdf">http://www.staatspolitik.de/pdf/creveld.pdf</a><!-- m -->
Zitat:Über die Terrorismusbekämpfung
Martin van Creveld
Der Militärhistoriker Martin van Creveld (Hebrew University, Jerusalem) trug im Rahmen des 8. Berliner Kollegs am 18. Dezember 2004 zum Thema „Über die Terrorismusbekämpfung“ vor. Sein Referat sorgte für heftige Diskussionen. Van Creveld hatte am Tag zuvor auf dem Kongreß „Counteruing Modern Terrorism“ der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf mit demselben Vortrag die versammelten Experten ebenfalls beunruhigt.
Fünf interessante lesenswerte Seiten, auch wenn der Vortrag schon älter ist.
Beiträge: 28.156
Themen: 567
Registriert seit: Jul 2003
Hallo Quintus - dass Du diese Meldung zitierst überrascht mich, ich denke, das Ergebnis dieses Versuchs Zitat:konnte im Laufe der Zeit nachgewiesen werden, daß konträr zu allen anderen Gebieten ausschließlich in dem beschränkten Gebiet in dem die CAP operierten die Vietcong Aktivitäten tatsächlich nachließen. 1967 erbrachte eine umfangreiche Untersuchung der Ergebnisse den Beweis für das tatsächliche funktionieren: Zitat: The only sucessful american project of any kind whatsoever in Vietnam.
...
Die Verfechter der CAP Idee fanden dies unvereinbar mit der Idee, die Herzen der Vietnamesen für sich zu gewinnen, was sie ja als wesentlich für den Sieg hielten. Um einen Marine zu zitieren:
You cannot win militarily. You have to win totally, or you are not winning at all.
steht ganz im Gegensatz zu Deinen sonst üblichen Ratschlägen ....
Beiträge: 14.792
Themen: 106
Registriert seit: May 2004
Es gibt gerade im Quasikrieg kein strategisches oder sonstiges Axiom. Keine Regeln, da jede Regel sofort eine Veraenderung der gegnerischen Vorgehensweisen nach sich zieht. Daher ist der Versuch einen Quasikrieg mit einer bestimmten Methode gewinnen zu wollen sinnlos in sich selbst.
Was in einem Fall richtig sein kann, kann schon im naechsten falsch sein, ja selbst was in einer Stadt oder nur einem Stadtteil richtig sein kann, kann schon in der naechsten Stadt oder auch nur einige hundert meter entfernt nicht mehr stimmen.
Im Quasikrieg muss man daher fuer jedes auftretende taktische Problem eine eigene Loesung vor Ort finden.
Voelkermord kann ebenso eine Loesung sein wie uebermaessige Gewalt, Zurueckhaltung und freundlicher Umgang mit der Zivilbevoelkerung koennen ebenso stimmen wie Folter und Vertreibung.
Es gibt nicht die eine Methode, nicht einmal fuer einen Konflikt durchgehend fuer den ganzen Konflikt, sondern es bedarf immer eines individuellen Ansatzes.
Das entscheidenste auf der Strategischen Ebene aber ist ein Realistisches Ziel. Alles andere muss man dann flexibel halten, das primaere aber ist das strategische Kriegsziel, aus diesem Ergeben sich dann auch die notwendig Methoden.
Beispiel Vietnam: Das die Kommunisten dort Zulauf erhielten lag auch an ungerechten Besitzverteilungen, veralteten und negativen Gesellschaftsstrukturen und vor allem wirtschaftlichen Gruenden.
In den Gegenden wo das besagte Programm erfolgreich war, waren diese negativen Grundlagen am wenigsten oder gar nicht vorhanden. An anderer Stelle waere daher auch dieses Programm ohne eine Aenderung der Sued Vietnamesischen Gesellschaft nichts gebracht.
Haetten die Amis die Vietnamesische Gesellschaft geandert, haetten sie den Vietcong besiegen koennen. Dazu waren sie aber nicht in der Lage, ihr Program war durchgehend lediglich den Feind zu besiegen.
Genau das war hier der strategische Fehler. Auch das genannte Programm diente ja nicht der Aenderung der Sued Vietnameischen Gesellschaft sondern nur der Bekaempfung der Vietcong.
In ganz Vietnam haette das Programm daher nicht funktioniert. Insbesondere nicht in den Staedten und deren Einzugsgebieten.
Das aber hier die Strategische Ausrichtung der US Aktionen ein Fehler war heisst nicht, dass umgekehrt grundsaetzlich im Quasikrieg diese Vorgehensweise falsch sein muss.
An anderer Stelle kann wiederum genau diese Vorgehensweise richtig sein.
Das einzige was zaehlt ist am Ende die Frage, ob das gestellte Ziel erreichbar ist. Und dieses Ziel muss schon vor dem Beginn des Quasikrieges sicher erreichbar gewesen sein. Wenn das der Fall ist, dann kann man sich sogar eine Reihe Fehler erlauben ohne das dies den Sieg gefaherdet.
Ist aber das Ziel nie erreichbar gewesen (z.B. demokratischer Irak), dann kann man auf der taktischen Ebene fehlerlos agieren und verliert trotzdem.
Beiträge: 14.792
Themen: 106
Registriert seit: May 2004
1 Man muss ueberhaupt erst mal erkennen das ein Quasikrieg kommen wird, und zwar bevor er ausbricht. Selbst wenn er ausgebrochen ist wird dies oft nicht sofort erkannt sondern dauert einige Zeit bis die Fuehrung sich dies eingestehen kann.
Das wichtigste ist aber die Erkenntnis das einer kommt oder schon angefangen hat.
2 Dann ist ein Funktionierendes Strategisches Ziel festzulegen
3 Dann muss man sich ueberlegen was fuer Methoden notwendig sind um dieses Ziel zu erreichen und ob diese Methoden durchfuehrbar sein werden mit allen Wechselwirkungen auf Wirtschaft, Politik und Gesellschaft die dies mit sich bringt. Sind die Methoden nicht durchfuerhbar, ist das Ziel falsch, da nicht erreichbar und man benoetigt ein anderes Ziel.
4 Und erst dann beginnt man zu handeln, und zwar ohne irgendeine Festlegung mit der einzigen Ausnahme des hoechsten uebergeordneten Politisch - Strategischen Kriegszieles
5 Stellt sich waehrend des Quasikrieges heraus das dieses Ziel nicht mehr erreichbar ist, dann muss man sich ein neues Ziel suchen, stellt sich aber heraus das das Ziel nie erreichbar war, dann hat man verloren oder muss zu Voelkermordartigen Methoden greifen vorausgesetzt man erreicht damit das Ziel, ein Ersatzziel und vorausgesetzt diese Methoden sind mit ihren Wechselwirkungen ueberhaupt moeglich (siehe 3)
Beiträge: 16
Themen: 0
Registriert seit: Mar 2012
hallo zusammen
hab mir mit ein paar Jahren Verspätung dieses thema angesehen
zu Algerien,Malaysia fehlt mir leider das Wissen
zu Vietnam interessant ist jedoch dass immer über die Zivilopfer welche die Amerikaner verursacht haben groß geschrieben wird ,nicht aber über die Opfer die von Nordvietnam/Vietkong verursacht wurden-gabs keine???
zum Bombenkrieg:
wie bereits beschrieben durften die Amerikaner keine "zivilen" Ziele in Nordvietnam angreifen
wie ein Bombenkrieg funktioniert hat Gen.LeMay im WWII gegen Japan bewiesen
(auch ohne Atombomben waren die Japaner im Sommer 1945 "fertig")
ohne die Einschränkungen wäre Nordvietnam wohl schnell "eingegangen"
im Endeffekt hätte es wohl insgesamt weniger Opfer gegeben
und im Bodenkrieg wären weniger GIs gefallen
womit sich eine Frage stellt:
ist ein Zivilist? des Feindes mehr wert als der eigene Soldat-Staatsbüger,Steuerzahler und Wähler für eine gute Presse und den Applaus der Gutmenschen
das gilt leider auch für Irak,Afghanistan und alles was noch kommen wird...
Beiträge: 10.452
Themen: 66
Registriert seit: Oct 2003
Zitat:ist ein Zivilist? des Feindes mehr wert als der eigene Soldat-Staatsbüger,Steuerzahler und Wähler
Ein Zivilist der Gegenseite hatte noch nie einen höheren Wert, wie der eines amerikanischen Soldaten. Schon gar nicht in Japan, Vietnam, Laos, Irak, Afghanistan oder irgendeinem anderen amerikanischen Krieg. Die "offiziellen" ROEs dienen dazu, den Krieg an der Heimatfront nicht zu gefähren. Gerade während des Vietnamkriegs hatten die Kriegsgegner in den USA sich im eigenen Land massiv gegen den Krieg und die bekannt gewordenen Gräueltaten organisiert. Die Praxis war stets überaus vernichtend und nachhaltig für das Zivilleben, weil es den Amerikanern in diesen Kriegen immer auch darum ging, die Moral der zumeist feindlich gesinnten Zivilisten zu zerstören.
Beiträge: 1.196
Themen: 2
Registriert seit: Dec 2010
Im Koreakrieg haben die USA noch "zivile" Ziele angegriffen. Das hat zum Eingreifen Chinas und der "De-facto"-Niederlage der USA geführt.
Und dass die USA im Vietmankrieg keine "zivilen"-Einrichtungen angegriffen haben, dürfte auch Auslegungssache sein.
Im Vietnamkrieg hatte die US-gestützte Regierung kaum Unterstützung in der Bevölkerung im Süden. Es war ein diktatorisches Regime einer Minderheit (Katholiken). Der Vietcong, mit dem die USA soviel Ärger hatte, bestand fast ausschließlich aus der Bevölkerung des Südens. Und er konnte nur agieren, weil er von der Bevölkerung gedeckt wurde. Warum sollte der Norden oder der Vietcong die ihm freundlich gesinnte Bevölkerung abmurksen? Es wird sicher auch Kollateralschäden bei Angriffen des Nordens und des Vietcong gegeben haben. Da sie aber nie Flächenbombardements mit Napalm eingesetzt haben, dürften diese verschwindend gering sein verglichen mit denen die die USA verursacht haben.
Beiträge: 14.792
Themen: 106
Registriert seit: May 2004
Eines der primären Probleme in Vietnam war, dass die Gesellschaft insgesamt völlig veraltet, zum Teil noch feudalistisch war und wenige reiche Clans sich auf Kosten der rechtlosen Masse der Menschen berreicherten. Man muß sich beispielsweise nur mal die Verteilung des Grundbesitz ansehen. Noch ganz unabhängig von der Regierung unterdrückten reiche Clans auf dem Land die einfachen Bauern und pressten diese bis zum geht nicht mehr aus. Die Empörung der zum Teil völlig verarmten Mehrheit der Bevölkerung gegen dieses System war absolut berechtigt, ihre Sympathie für den Kommunismus daher nicht überraschend.
Zur Frage von Opfern des Nordens- bzw des Vietcong. Es gab davon reichlich, von verschwindend geringen Opfern kann hier keine Rede sein. Das ganze entwickelte sich aber organisch erst im Verlauf des Krieges. Der Vietcong griff dann im Laufe der Jahre zunehmend zu Gewalt, Repression und Terror gegen die Zivilbevölkerung um bestimmte Ziele durchzudrücken. Die Bevölkerung deckte den Vietcong in vielen Gebieten nicht weil sie ihm freundlich gesonnen war, sondern weil sie vom Vietcong mit Gewalt dazu gezwungen wurde. Noch darüber hinaus provozierte gerade der Vietcong völlig sinnfreie Angriffe der Amerikaner auf südvietnamesische Zivilisten, um diese Terrorangriffe der USA für sich zu nutzen. Man manipulierte im Laufe des Krieges die US Streitkräfte durch Angriffe, Falschinformationen usw Zivilisten auszulöschen. Ziel des ganzen war es, die Bevölkerung eindeutig und vollständig auf die eigene Seite zu bringen, und die "Zaungäste" und neutralen Teile der Bevölkerung zu radikalisieren. Man wollte die Zivilisten so entweder eindeutig auf die eigene Seite oder die Seite der USA treiben.
Noch darüber hinaus führte gerade der Vietcong viele Terroranschläge mit Bomben durch, bei denen ebenfalls etliche Zivilisten starben.
Im Endeffekt haben die USA wie der Vietcong gezielt Zivile Ziele angegriffen und viele Zivilisten umgebracht. Die Nordvietnamesische Armee hat im Gegenzug sich bei Zivilen Zielen ziemlich zurück gehalten. Es ist eine feine Ironie der Geschichte, dass gerade die Nordvietnamesen im Krieg von allen beteiligten Parteien am wenigsten gegen Zivilisten gewütet haben.
Beiträge: 14.792
Themen: 106
Registriert seit: May 2004
Hier noch mal ein gutes Beispiel wie im gleichen Krieg im gleichen Land sehr ähnliche oder gleiche Konzepte funktionieren oder scheitern können:
Das Programm des Marine Corps (CAP) mit seinen Wehrdörfern war erfolgreich.
Doch gar nicht lange davor gab es das Wehrdorfprogramm nach dem sogenannten Staley-Plan, das völlig scheiterte und den Vietcong extrem stärkte.
<!-- m --><a class="postlink" href="http://de.wikipedia.org/wiki/Taylor-Staley-Plan">http://de.wikipedia.org/wiki/Taylor-Staley-Plan</a><!-- m -->
Unterschiede zwischen beiden Programmen: beim Staley Plan war die Zivilbevölkerung die man dort in Wehrdörfer umsiedelte bereits vor der Umsiedelung vom Vietcong unterwandert. Die Art und Weise der Umsiedelung selbst brachte dann die Mehrheit dieser Menschen auf die Seite des Vietcong. Durch Korruption der südvietnameischen Beamten/Regierungsvertreter wurden die Gelder die den Menschen in den Wehrdörfern zugute kommen sollten gestohlen und veruntreut.
Während beim CAP Programm durch die Marines selbst Greueltaten der Südvietnamesischen Armee unterbunden wurden, wurde die Bevölkerung der Wehrdörfer beim Staley Plan den südvietnamesischen Militärs ausgeliefert die beispielsweise das gesetzlich schrifltich verfügte Recht hatten, jede ! verdächtige Person auf der Stelle zu köpfen (was auch massenweise geschah).
Trotzdem war die Grundidee von Staley nicht falsch. Sein Plan ging davon aus, dass die Unterstützung des Vietcong aufgrund der schlechten sozialen Lage herrühre und er wollte eigentlich damit eine soziale Reform der Gesellschaft herbei führen.
Damit beauftragte er aber dann ausgerechnet eben die Kräfte (die südvietnamesische Regierung) die für die ganze Misere verantwortlich war. Daher scheiterte der Plan schon bei Stufe 2, da die Wehrdörfer völlig korrupten Beamten ausgeliefert wurden, die zugleich mit abartiger Brutalität die Menschen dort unterdrückten. Vergewaltigungen, Massenköpfungen und Folter waren an der Tagesordnung.
Aber noch ganz unabhängig davon, führte bereits die Umsiedelung alleine dazu, dass sich die Menschen dem Vietcong anschlossen, weil die Menschen es nicht einsahen, dass sie ihre Heimat aufgeben sollten. Selbst wenn es dann nicht zu den ganzen folgenden Greueln gekommen wäre, hätte die Umsiedelung alleine bereits den Feind gestärkt, weil dieser Plan die Kultur und die Gebräuche der Bevölkerung in Vietnam schlicht und einfach ignorierte.
Heute in Afghanistan übrigens genau das gleiche. Kultur und Gebräuche werden missachtet und schon allein dadurch der Feind gestärkt.
|