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Dem kann ich unumwunden zustimmen.
Die Frage ist allerdings, ob dies a) die Herren und Frauen Politiker in Westafrika berührt und b) ob unsere Kuratoren und Politiker dies bedenken?
Ich befürchte, dass dem eher nicht so ist.
Schneemann
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(31.07.2022, 22:06)lime schrieb: Die Region Biafra aus der die "Benin-Bronzen" stammen steht zwar unter Kontrolle Nigerias, aber nur weil sie den Unabhängigkeitskrieg verloren haben (...)
Die Benin-Bronzen sind in der Mehrzahl Kulturgut der Edo, deren Hauptsiedlungsgebiet westlich des Niger liegt, wo folgerichtig auch der Königspalast und die Hauptstadt lag bzw. liegt (heute Benin Stadt). Mit den Igbo der Region Biafra östlich des Nigers gab es schon länger ethnische Spannungen, die Unabhängigkeitsbestrebungen lehnen die Edo ab, und spätestens mit dem Einmarsch der Igbo und dem Ausrufen der Marionettenrepublik Benin (die einen ganzen Tag lang existierte) standen die Edo auf Seiten Nigerias.
Zitat:Die Bronzen kommen also streng genommen gar nicht da hin wo sie eigentlich hin sollten.
Ein Teil der Bronzen wird vermutlich genauso in Großbritannien bleiben, wie das auch für Deutschland gelant ist (in Form einer Leihgabe). Der Rest geht im wesentlichen an das Volk der Edu zurück. Bereits jetzt befinden sich zurückgegebene Bronzen im Königspalast oder werden im Nationalmuseum in Benin Stadt ausgestellt, in Zukunft soll der Kern der Sammlung in einem eigenen Palastmuseum gezeigt werden.
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Das damalige Königreich Benin nur auf die Bini begrenzt zu betrachten und die Bronzen daher primär diesen zuzuordnen halte ich ebenso für eine interessante These. Unterhalte dich mal mit einem Yoruba darüber.
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Ich habe nicht nur von den Bini gesprochen, sondern von den Edo insgesamt, und ich wüsste nicht, warum mir ein Yoruba widersprechen sollte, dass die Benin-Bronzen Kulturgut der Edo sind? Dass es vermutlich Künstler aus Ile-Ife waren, die die Bronzeverarbeitung nach Benin gebracht haben und dass es auch in Ile-Ife und im späteren Königreich Oyo eine ausgeprägte Bronze-Kultur gab (wie vielerorts in Westafrika) steht dazu doch nicht im Widerspruch. Ebenso wenig, dass sich das Schicksal des kulturellen Erbes ähnelt.
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@Helios,
soweit mir bekannt hatten die Edo damals mehrheitlich die Biafra-Separatisten unterstützt. Werde mich da wohl nochmal mit der Materie genauer beschäftigen. Danke für die Infos.
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Helios:
Ich hatte das so im Kopf, dass die Edo (=Bini) nur eines Völker des Königreiches Benin waren und dass gerade in der Führungsschicht viele Yoruba Adelsfamilien mitbegründend für diesen Staat waren, und auch die Dynastie der Oba von Benin in ihren Ursprüngen Yoruba waren. Das würde auch erklären auf welche Weise die Bronzekunst nach Benin kam. Das Königreich Benin war meiner Kenntnis nach (hab das jetzt aber nicht genauer nachgelesen, sondern schreibe aus meiner Erinnerung heraus) ein Vielvölkerstaat, in dem eben nicht nur Edo lebten.
Aber ich lese mich da morgen mal noch genauer ein.
Lassen wir die Vergangenheit also mal vorübergehend beiseite: Hier und heute ist Nigeria ein hochkorrupter Staat, der von extremer Inkompetenz bei den Eliten, massivster organisierter Kriminalität und beispielloser Kleptokratie derart geprägt ist, dass es meiner Überzeugung nach einfach nur verantwortungslos ist, diesem Staat / oder in diesem Staat irgendwelchen der Ethnien dort - überhaupt irgend etwas anzuvertrauen. Das wird nur dann alsbald durch Replikate ersetzt und die Originale auf dem Schwarzmarkt verhökert oder es werden entsprechend wertvolle Stücke einfach so verschwinden.
Umgekehrt: die Kunst und die Wurzeln dieser Völker zu erhalten ist auch nicht unsere Aufgabe und genau genommen bedeuten diese Bronzearbeiten nichts, sie sind ja ausreichend photographiert, dokumentiert und wissenschaftlich erforscht worden und können uns eigentlich ansonsten egal sein. Wenn man sie dazu verwenden kann dort irgendwelchen Einfluss zu generieren oder gute Stimmung zu unseren Gunsten zu schaffen, und dies de facto fast umsonst, sollte man diese Objekte einfach in größerem Stil nach Afrika zurück geben. Den genau genommen sind diese Gegenstände nicht von wirklicher Bedeutung für uns.
Deshalb bin ich insgesamt dafür, diese Kunstwerke sogar in größerem Stil nach Afrika zurück zu geben, nicht nur diese Bronzen sondern ganz allgemein was wir von der afrikanischen Kultur und Kunst retten konnten. Geplündert wurden diese Bronzen ja von den Briten, und dann wurden sie von uns aufgekauft und erhalten. Ich finde es daher immer etwas verfehlt im Kontext dieser Bronzearbeiten davon zu sprechen, dass wir hier uns diese Werke widerrechtlich angeeignet hätten. Man müsste das so darstellen wie es ist, dass wir diese Kunstwerke erhalten und gerettet haben und jetzt kann man sie gerne zurück geben. Und was die entsprechenden Völker dann dort damit tun ist eigentlich völlig egal.
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Historisch betrachtet ist schon die Gleichsetzung des Begriffs Bini mit dem Volk der Edo falsch, auch wenn er bis heute synonym verwendet wird. Und wie bereits gesagt, der Wissenstransfer von Ile-Ife nach Benin gilt inzwischen als gesichert. Verbindungen zwischen den verschiedenen Völkern und Städten sind völlig normal, eine gewisse Durchmischung auch, das steht außer Frage und gilt bis heute. Aber es geht hier nicht um die Entstehungsgeschichte einer Kultur, sondern um die Frage der Herkunft ganz bestimmter Kulturgüter. Und die Benin-Bronzen (was man heute so bezeichnet) stammen zum größten Teil aus dem Königspalast von Benin Stadt, wurden dort und für diesen hergestellt und sollen zumindest als Kernsammlung dahin zurück kehren.
Und was die heutige Situation angeht, im Grunde kann ich dir durchaus zustimmen. Meiner persönlichen Ansicht nach ist es ein historischer Zynismus, dass es zur Bewahrung der eigenen Kulturgeschichte ein ganzes Volk oder sogar viele Völker braucht, deren Zerstörung aber von wenigen Personen ausgehen kann, insbesondere wenn man dies auch zeitlich betrachtet. Ich habe vielerorts wirklich engagierte, couragierte Menschen erlebt, denen es Uneigennützung um die Bewahrung ihrer Kulturgüter ging, und die von der Gemeinschaft nach Kräften unterstützt wurden bzw. werden.
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Um es einfachst möglicht darzulegen:
Es ist deren Kunst, sie gehört denen, also sollte man sie einfach komplett "zurück geben".
Genau gennommen haben wir aber diese Bronzen nicht geraubt / mitgenommen, sondern den Briten abgekauft, welche sie geplündert haben. Von daher könnte man die Sache wenigstens propagandistisch besser darstellen und es so hinstellen, dass wir diese ach so wertvollen Kunstwerke für unsere lieben Freunde gerettet haben - vor den bösen Briten - und sie nun mit Freude den Nachfahren ihrer ursprünglichen Besitzer zurück geben etc, so könnte man das ganze wenigstens noch für sich selbst nutzen. Das geschieht meiner Meinung nach zu wenig.
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(06.08.2022, 22:46)Quintus Fabius schrieb: so könnte man das ganze wenigstens noch für sich selbst nutzen.
So kann man allenfalls sich selbst etwas vor machen.
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Mal schauen wann die Benin-Bronzen gegen ordentlich Cash wieder ganz woanders in der Welt sind.
https://www.welt.de/politik/ausland/arti...tellt.html
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Nach dem etwas diffusen Wirrwarr in Nigeria scheint es wohl so, als wenn man die Notbremse zieht. D. h. nicht, dass ich in der Kolonialzeit entwendete Kulturgüter nicht zurückgeben wöllte, aber das Verhalten von gewichtigen Entscheidungsträgern in Nigeria kreiert eine derartige Grauzone, dass es kulturhistorisch beinahe nicht zu verantworten ist, nun irgendwelche Kulturgegenstände dennoch "freischnäuzig" und ohne weiteres nachdenken weiter auszuhändigen.
Leider - muss man wohl sagen, denn die ehemaligen Kolonien tun sich selbst keinen Gefallen damit, wenn sie sich derart vage und unverantwortlich ob ihrer eigenen Vergangenheit verhalten...
Zitat:Nach Übereignung der Benin-Bronzen an den Oba: Britisches Museum stoppt Rückgabe
Auch Sachsen will abwarten, bevor es weitere Bronzen zurückgibt – wegen des Erlasses des nigerianischen Präsidenten, der die Benin-Bronzen dem Oba von Benin schenkte. [...]
Am 16. Mai wollte das zur Universität Cambridge gehörende Museum für Anthropologie und Archäologie einer nigerianischen Delegation 116 Benin-Bronzen übereignen – ein hochsymbolisch aufgeladener Akt, denn nicht nur waren die Briten diejenigen, die 1897 den Palast von Benin plünderten und niederbrannten, die Benin-Bronzen raubten und an Museen in der ganzen Welt verkauften. Darüber hinaus verwehrt sich das wichtigste Museum des Landes, das zugleich die größte Sammlung von Benin-Bronzen besitzt, jeder Rückgabediskussion: das British Museum in London. Zu der Übereignung in Cambridge kam es jedoch nicht. [...]
Die Verwirrung, von der die Rede ist, beruht auf einem bereits im März erlassenen Dekret des nigerianischen Präsidenten, mit dem dieser sämtliche bereits zurückgegebenen Benin-Bronzen dem Oba von Benin übereignete, der Nachfolger der Ende des 19. Jahrhunderts von den Briten beraubten Königsfamilie, der von den Briten gestürzte Oba ist sein Ururgroßvater. Der heutige Oba bekleidet allerdings kein politisches Amt, ist aber der spirituelle Führer des Volks der Edo. [...]
Die deutsche Bundesregierung war bisher allerdings davon ausgegangen, dass die Artefakte in dem Edo Museum of West African Art (EMWAA) gezeigt werden, das allerdings ebenfalls noch errichtet werden muss, der Entwurf stammt von dem bekannten Architekten David Adjaye. Deutschland hat bereits vier Millionen Euro in dieses Projekt investiert, das kleinere Gebäude des EMWAA, der sogenannte Pavillon, ist bereits im Bau. Favorisiert wird das EMWAA auch von dem Gouverneur des Edo-Bundesstaates Godwin Obaseki. [...]
In Deutschland haben fast alle Bundesländer die Verträge mit Nigeria über die Rückgabe der Benin-Bronzen bereits abgeschlossen. Die beiden Ausnahmen sind Bayern und Sachsen. Sachsen will nun auch erst einmal abwarten, hier liegen noch 262 Benin-Bronzen in den Museen. Bisher war nur für die drei Benin-Bronzen ein Vertrag abgeschlossen, die im November 2022 von Baerbock und Roth nach Nigeria überführt wurden. „Wir warten nun zunächst eine Position Nigerias ab, welche Wirksamkeit dieser Präsidentenerlass, kurz vor einer Wahl in Nigeria veröffentlicht, entfaltet, ob er rechtlich verbindlich ist und wie die neue Regierung damit umgehen wird. Insofern sehen wir darin noch keinen gültigen Gesetzestext, bis Nigeria das bestätigt. Bis dahin werden keine weiteren Schritte unternommen“, teilte das sächsische Kulturministerium der Berliner Zeitung auf Anfrage mit.
https://www.berliner-zeitung.de/kultur-v...-li.349483
Schneemann
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(19.05.2023, 12:03)Schneemann schrieb: Nach dem etwas diffusen Wirrwarr in Nigeria scheint es wohl so, als wenn man die Notbremse zieht. D. h. nicht, dass ich in der Kolonialzeit entwendete Kulturgüter nicht zurückgeben wöllte, aber das Verhalten von gewichtigen Entscheidungsträgern in Nigeria kreiert eine derartige Grauzone, dass es kulturhistorisch beinahe nicht zu verantworten ist, nun irgendwelche Kulturgegenstände dennoch "freischnäuzig" und ohne weiteres nachdenken weiter auszuhändigen.
Leider - muss man wohl sagen, denn die ehemaligen Kolonien tun sich selbst keinen Gefallen damit, wenn sie sich derart vage und unverantwortlich ob ihrer eigenen Vergangenheit verhalten...
https://www.berliner-zeitung.de/kultur-v...-li.349483
Schneemann
Aber wäre bzw. ist das nicht Kolonialdenken 2.0 wenn man Nigeria nicht völlig frei entscheiden lässt wie es mit seinen Kulturgütern umgeht?
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@lime
Zitat:Aber wäre bzw. ist das nicht Kolonialdenken 2.0 wenn man Nigeria nicht völlig frei entscheiden lässt wie es mit seinen Kulturgütern umgeht?
Das ist ein sehr guter Hinweis, der mir auch durch den Kopf geht. Und ja, auch mir grummelt es etwas im Magen hinsichtlich meiner eigenen, ggf. etwas drastischen Formulierung im Beitrag zuvor. Überspitzt gesagt wäre diese Vorenthaltung von Kunstgegenständen nur alleine aufgrund innenpolitischer Unbilden in der jeweiligen, vormaligen Kolonie eine Art von oberlehrerhaftem, entmündigendem Neokolonialismus. Zumindest kann man es so sehen...
Schneemann
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Die Bronzen gehörten dem Königshaus. Sie wurden an den König zurück gegeben. So einfach könnte es sein.
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(20.05.2023, 22:31)Quintus Fabius schrieb: Die Bronzen gehörten dem Königshaus. Sie wurden an den König zurück gegeben. So einfach könnte es sein.
Ich sehe das Problem auch nicht. Entweder es ist Raubkunst, dann fliegt alles in eine Kiste und wird zurück geschickt, fertig und was Nigeria mit macht interessiert uns Null,Null (in ein Museum packen, im Meer versenken, egal)
Oder es ist rechtsgültig gekaufte Kunst, dann kann die Nigeria gerne kaufen sollte sie jemals zum Verkauf stehen.
Ende, mehr haben uns Kolonialstreitigkeiten der Briten und Nigerianer nicht zu interessieren.
P.S. zur ersten Option, wann wird eigentlich das Pergamonmuseum geräumt und wieder Heim geschickt, mit ordentlichem Kaufvertrag hat doch da auch nichts den Besitzer gewechselt? #kulturelleAneignung
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