Deine Ausführungen decken sich nicht mit dem tatsächlichen Völkerrecht.
Es heißt im besagten Artikel 49:
Zitat: Individual or mass forcible transfers, as well as deportations of protected persons from occupied territory to the territory of the Occupying Power or to that of any other country, occupied or not, are prohibited, regardless of their motive. […]The Occupying Power shall not deport or transfer parts of its own civilian population into the territory it occupies.
Was steht da? Der Artikel ist für eine Besatzungsmacht bestimmt. Es ist schon umstritten ob Israel Besatzungsmacht in den fraglichen Gebieten ist. Die israelische Regierung bestreitet dies nachdrücklich und rein rechtlich hat sie damit sogar recht. Man kann lediglich über das Völkergewohnheitsrecht einen Besatzungsstatus zusammenbasteln. Aber ignorieren wir das mal.
Weiterhin zielt der Artikel darauf ab gewaltsame Umsiedlungen oder Deportationen zu verbieten. Israel kann nicht einfach Palästinenser aus Hebron werfen und dann die Bewohner von Haifa zwingen dorthin umzuziehen. Das hat aber überhaupt nichts damit zu tun wenn israelische Saatsbürger freiwillig die Entscheidung treffen in durch die israelische Armee eroberten Gebiet zu leben.
Nichts in Artikel 49 verbietet Privatpersonen irgendetwas. Das ginge überhaupt nicht, denn Völkerrecht richtet sich immer an staatliche oder staatsähnliche Akteure und nicht an Individuen. Ebenso verlangt Artikel 49 mit keinem Wort, das die Occupying Power dafür sorgen müsste, dass sich keine Bürger des eigenen Staates oder von Drittstaaten in besetzten Gebieten ansiedeln.
Das wäre geradezu lächerlich und hat vor der Entstehungsgeschichte des Artikels 49 (die Massenvertreibungen im 2. Weltkrieg) absolut keinen Bestand.
Weiterhin ist es natürlich so, dass das Jüdische Volk einen naturrechtlichen Anspruch auf diese Gebiete hat, der über dem Völkervertragsrecht steht. Jedes Volk hat das Recht in seinem eigenen Gebiet zu leben und es ist das Volk das dieses Gebiet bestimmt und nicht Völkervertragsrecht oder Drittstaaten. Das ist fundamentaler Bestandteil des Selbstbestimmungsrechts der Völker und ist so in den Artikel1 und 55 der Charta der Vereinten Nationen auch anerkannt. Kein Staat, kein Gerichtshof und kein Recht der Welt kann dem jüdischen Volk verbieten in Judäa zu leben. Es ist hierbei vollkommen Latte, dass der Staat Israel 1967 besagtes Gebiet von dem Königreich Jordanien erobert hat.
Erschwerend kommt hinzu, dass es sich bei der Siedlungsaktivität nach 1967 eigentlich nur um eine Rückkehr zu dem Status handelt der vor 1948 existierte. Will heißen, im Unabhängigkeitskrieg von 1948 wurden die Juden durch arabische Streitkräfte aus der Westbank systematisch vertrieben (eine klare Verletzung des Völkerrechts but wayne), insofern handelt es sich bei der Entwicklung nach 1967 lediglich um eine Rückkehr zum vorrangegangenen Status. Also genau das was du immer forderst. Ist halt nur die Frage wo man die Grenze zieht – kurioserweise immer genau da wo mal die Juden alle paar Jahrtausende mal nen Krieg gewonnen haben. Als die Juden 2 Jahrzehnte davor vertrieben wurden interessierte das natürlich keinen und illegal war das ganz bestimmt nicht. Aber ich schweife ab.
Werfen wir noch einen Blick in die Geschichte. Den Juden ist es im 20. Jahrhundert durch verschiedene Übereinkommen erlaubt worden im ganzen Mandatsgebiet Palästina zu leben. So heißt es im Britischen Mandat für Palästina von 1923 in Artikel 6:
Zitat: The Administration of Palestine, while ensuring that the rights and position of other sections of the population are not prejudiced, shall facilitate Jewish immigration under suitable conditions and shall encourage, in co-operation with the Jewish agency referred to in Article 4, close settlement by Jews on the land, including State lands and waste lands not required for public purposes.
Wann wurde dieses Recht den Juden wieder entzogen? Wurde es nicht, wie auch, wäre schließlich illegal.
Weiterhin, hinsichtlich der Frage der Annektierung der Golanhöhen und Ostjerusalems. Es existiert in der Charta der Vereinten Nationen keine Grundlage wonach der Sicherheitsrat legale Aktionen für illegal erklären kann. Faktisch hat er das mehrfach getan, es bleibt aber die Frage ob dies so überhaupt zulässig ist (was nie wird geklärt werden können da niemand den Sicherheitsrat dahingehend überprüfen kann) und natürlich die Frage inwieweit Annektierungen heute noch möglich sind. Ich sage sie sind es unter gewissen Umständen. Geltendes Völkerrecht verbietet Annektierungen durch Artikel 2 der UN Charta. Allerdings bezieht sich Artikel 2 allein auf Aggressoren. Artikel 51 der UN Charta wiederum stellt klar, dass das Selbstverteidigungsrecht der Nationen absolut ist und nichts in der Charta über den Selbstverteidigungsrecht steht, also auch nicht die Einschränkungen aus Art. 2. Logischwerweise muss es dann möglich sein in Selbstverteidigungskriegen gewonnenes Territorium unter Artikel 51 der UN Charta zu behalten und zu annektieren. Das einzige bestehende Annektierungsverbot ist schließlich durch Art. 51 ausgehebelt.
Im Falle Ostjerusalems ist es zudem so, dass Jordanien als Kriegspartei längst jeden Anspruch abgetreten hat und Israel die einzige Staatsmacht ist, die dieses Gebiet überhaupt legal beanspruchen kann.
Hinsichtlich deiner nebulösen Verweise auf das Verbot den Status von besetzten Gebieten zu verändern – das ist nicht zutreffend. Ein entsprechendes Verbot existiert weder in der Haager Landkriegsordnung noch in der im Genfer Abkommen zum Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten.
Hinsichtlich der Haager Landkriegsordnung muss man grundsätzlich bedenken, dass diese unter ganz anderen rechtlichen Rahmenbedingungen entstand und die Besatzung von Gebieten ganz anders verstanden wird als heute (Annektierung war überhaupt kein Problem). Insofern kann man das nicht eins zu eins auf die Situation nach dem 2. Weltkrieg übertragen, aber das nur grundsätzlich. Faktisch aber brauchen wir uns damit nicht herumschlagen, weil der einzige Artikel der in die von dir vorgeschlagene Richtung geht Artikel 55 ist und überhaupt kein derartiges Verbot beinhaltet. Dito die vierte Genfer Konvention.
Ansonsten, natürlich ist die Besatzung temporärer Natur. Das haben Besatzungen so an sich. Und es existiert mit Oslo auch ein Prozess (zumindest im rechtlichen Sinne) der die defacto (nicht dejure) Besatzung beenden soll. In dem übrigens die Palis anerkannt haben, dass die Siedlungen da sind und über dieses Problem erst bei den Finalen Statusverhandlungen gesprochen werden soll. Juristisch ist das ein Argument dafür, dass die Gegnerseite das grundsätzliche Siedlungsrecht nicht bestreitet. Aber das sind juristische Spitzfindigkeiten. Jedenfalls ist die Dauer einer Besatzung kein Argument für irgendetwas. In der Realität natürlich schon, da kein Landstrich einfach mal ein halbes Jahrhundert eingefroren werden kann. Das bestehende Recht ist hier nicht in der Lage die Situation on the ground zu umfassen.
Und das ist eigentlich das juristische Kernproblem bei dem ganzen legal/illegal Theater. Das bestehende Recht ist uralt oder wurde in Lichte des zweiten Weltkriegs aufgestellt und ist seitdem letztlich unverändert geblieben. Das ist immer schlecht weil Recht Leben und mit der Zeit gehen muss. Wenn es ein vernünftiges Völkerrecht ohne hunderttausend Interpretationsmöglichkeiten und Auffassungen geben würde – es herrscht ja nicht mal Einigkeit darüber welches Vertragsrecht jetzt überhaupt anwendbar ist – wären die rechtlichen Argumente auch belastbar.