(Allgemein) Atomare Bewaffnung Deutschlands?
(17.02.2025, 00:13)emjay schrieb: Was ist mit einer Lösung, wo die Atomwaffen nicht Deutschland gehören, Deutschland aber an Entwicklung (sofern nötig), Beschaffung und Betrieb beteiligt ist?

Da es weder die Vereinigten Staaten von Europa noch damit einhergehend vollständig integrierte europäische Streitkräfte geben wird und man andererseits aber nicht das Risiko eingehen kann, dass das zzt. einzige EU-Atomland-Frankreich unter einer möglichen zukünftigen Präsidentin Le Pen den atomaren Schutzschirm versagt: Was wäre mit einer EU-Doomsday-Einheit, welche nur den Zweck hat, eine glaubwürdige atomare Abschreckung zu betreiben?

Zitat:„Die Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik
bekräftigen ihren Verzicht auf Herstellung und Besitz von und auf Verfügungsgewalt über atomare,
biologische und chemische Waffen. Sie erklären, daß auch das vereinte Deutschland sich an diese
Verpflichtungen halten wird. Insbesondere gelten die Rechte und Verpflichtungen aus dem Vertrag
über die Nichtverbreitung von Kernwaffen vom 1. Juli 1968 für das vereinte Deutschland fort.“

Zitat:„Jeder Nichtkernwaffenstaat, der Vertragspartei ist, verpflichtet sich, Kernwaffen und sonstige Kernsprengkörper oder die Verfügungsgewalt darüber von niemandem unmittelbar oder mittelbar anzunehmen, Kernwaffen oder sonstige Kernsprengkörper weder herzustellen noch sonst wie zu erwerben und keine Unterstützung zur Herstellung von Kernwaffen oder sonstigen Kernsprengkörpern zu
suchen oder anzunehmen.“

https://www.bundestag.de/resource/blob/9...22-pdf.pdf
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(16.02.2025, 23:55)lime schrieb: Laut juristischen Dienst des Bundestages ist die einseitige Aufkündigung des Vertrages aber nicht möglich.
Kein Problem weil ohnehin: "Wiedervereinigung ungültig: Kohl war gedopt!"
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@lime, meine Frage ist, ob eine angedachte EU-Einheit, wo Deutschland lediglich indirekt und auch nicht ausschließlich an Atomwaffen beteiligt ist, unter den Begriff der (mittelbaren) Verfügungsgewalt fällt.

Falls ja, ob eine Kündigung des Atomwaffensperrvertrags ohne Verletzung des 2+4-Vertrags möglich wäre.
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Die deutsche Bombe wäre natürlich das Ende des Sperrvertrags und auch des 2+4. Das muss klar sein.

Trotzdem könnten wir an den Punkt kommen, an dem wir diesen Weg gehen müssen.

Dazu: Hartpunkt

Die Franzosen haben die strategische Abschreckung, die sich auch zu einem gewissen Maße auf die EU überträgt.
Die Briten haben eine bedingt substrategische, die jedoch von den Amerikanern abhängig ist.
Für die taktische, bzw. skalierbare Ebene haben wir die US-gestellte nT.

Sollten nun die USA diese Abschreckung unterminieren, dann bleibt den Europäern eigentlich nichts anderes übrig, als die skalierbare Ebene der Abschreckung selbst herzustellen. Und das muss mMn dann an uns hängen bleiben. Allerdings in direkter Anbindung an die französische, strategische Konzeption. Und wir müssen definitiv unsere Nachbarn unmittelbar an dem Schutzschirm beteiligen. Und zwar mindestens die bisherigen nT-Staaten, allerdings statt der Türkei müssen die Polen unbedingt dabei sein.

Eine EU-eigene Nuklearkapazität wäre illusorisch, diese kann nur von einzelnen Nationen gestellt und geteilt werden.
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(17.02.2025, 00:44)emjay schrieb: @lime, meine Frage ist, ob eine angedachte EU-Einheit, wo Deutschland lediglich indirekt und auch nicht ausschließlich an Atomwaffen beteiligt ist, unter den Begriff der (mittelbaren) Verfügungsgewalt fällt.

Falls ja, ob eine Kündigung des Atomwaffensperrvertrags ohne Verletzung des 2+4-Vertrags möglich wäre.

Wer genau hat denn die Verfügungsgewalt darüber wenn nicht auch Deutschland? Die EU-Kommission?

Zumindest Rußland wird es wohl so interpretieren. Prinzipiell wäre der Vertrag damit gebrochen. Vermutlich wird man dann hilfsweise einen 1+3 Vertrag aufsetzen oder behaupten dass nur selektiv eine Klausel aufgekündigt wurde. Bewiesen wäre dann allerdings dass eine Kündigung machbar wäre. Andere betroffene Staaten, wie Polen, müssten dann zumindest theoretisch damit rechnen, dass Deutschland zum Beispiel die Landesgrenze zu Polen in Frage stellen könnte. Wer weiss ob man da nicht die Büchse der Pandora öffnet...
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Der 2+4-Vertrag und der Atomwaffensperrvertrag widersprechen elementaren Menschenrechten. Generation A kann nicht Gesetzte erlassen oder Verträge unterschreiben die Generation B nicht kündigen kann, allenfalls kann man das z.B. von einer 2/3-Mehrheit abhängig machen aber alles andere ist ein klarer Verstoss gegen Menschenrechte.

Dazu kommt, Russland hat so quasi jeden Vertrag gebrochen, d.h. Verträge mit Russland haben keinerlei Gültigkeit mehr. Der Atomwaffensperrvertrag verpflichtet die Atomwaffenbesitzer zur Abrüstung aller Atomwaffen. Das ist nicht passiert und damit ist der Atomwaffensperrvertrag schon allein deshalb ungültig.

D.h. es gibt aktuell keine bindende Verpflichtung der BRD auf Atomwaffen zu verzichten.
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Eine EU-Nuklearkommission, bei der Deutschland ausdrücklich keine Stimme hat, und welche im Rahmen der nuklearen Teilhabe Nuklearwaffen auf deutschem Gebiet stationiert, ohne dass Deutschland dadurch Verfügungsgewalt über diese Waffen erhält, könnte theoretisch ein Konstrukt ergeben, welches die deutschen Verträge respektiert. Oder nicht?
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(17.02.2025, 01:21)Kos schrieb: Der 2+4-Vertrag und der Atomwaffensperrvertrag widersprechen elementaren Menschenrechten. Generation A kann nicht Gesetzte erlassen oder Verträge unterschreiben die Generation B nicht kündigen kann, allenfalls kann man das z.B. von einer 2/3-Mehrheit abhängig machen aber alles andere ist ein klarer Verstoss gegen Menschenrechte.

Wie sieht es mit der Ewigkeitsklausel im Grundgesetz aus?

(17.02.2025, 01:22)Zardo schrieb: Eine EU-Nuklearkommission, bei der Deutschland ausdrücklich keine Stimme hat, und welche im Rahmen der nuklearen Teilhabe Nuklearwaffen auf deutschem Gebiet stationiert, ohne dass Deutschland dadurch Verfügungsgewalt über diese Waffen erhält, könnte theoretisch ein Konstrukt ergeben, welches die deutschen Verträge respektiert. Oder nicht?

Kann ich mir nicht so ganz vorstellen, weil Deutschland ja Teil der EU ist. Wobei der Begriff Verfügungsgewalt auch recht schwammig ist, da wäre Interpretationsspielraum, allerdings in beide Richtungen.
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(17.02.2025, 01:35)lime schrieb: Wie sieht es mit der Ewigkeitsklausel im Grundgesetz aus?
Lass' mal überlegen: Das eine hat "Vertrag" im Namen, das andere "Grund". Und im Vertrag fehlt eine Ewigkeitsklausel, richtig?
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(17.02.2025, 01:58)Ottone schrieb: Lass' mal überlegen: Das eine hat "Vertrag" im Namen, das andere "Grund". Und im Vertrag fehlt eine Ewigkeitsklausel, richtig?

Kos schrieb

Zitat:Generation A kann nicht Gesetzte erlassen oder Verträge unterschreiben die Generation B nicht kündigen kann
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Muss ich jetzt wirklich erklären das GG Art 1-20 keine normalen Gesetze sind? Willst Du ernsthaft etwas fragen oder überlegen und dann ggf. beantworten oder nur ... mit Fragezeichen um Dich werfen?
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(17.02.2025, 02:25)Ottone schrieb: Muss ich jetzt wirklich erklären das GG Art 1-20 keine normalen Gesetze sind? Willst Du ernsthaft etwas fragen oder überlegen und dann ggf. beantworten oder nur ... mit Fragezeichen um Dich werfen?

Gibt es auch unnormale Gesetze? Natürlich ist das Grundgesetz ein Gesetz, besagt ja schon der Name!
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(17.02.2025, 02:33)lime schrieb: Natürlich ist das Grundgesetz ein Gesetz, besagt ja schon der Name!
Ein Gesetz von Verfassungsrang, also die Grundlage für andere Gesetze. Das macht schon einen Unterschied. Trotzdem war Kos Formulierung unscharf. Aber daran aufhalten sollten wir uns nicht.
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(17.02.2025, 01:11)lime schrieb: Wer genau hat denn die Verfügungsgewalt darüber wenn nicht auch Deutschland? Die EU-Kommission?

Zumindest Rußland wird es wohl so interpretieren. Prinzipiell wäre der Vertrag damit gebrochen.

Mir geht es darum, dass Deutschland nicht eigene Waffen besäße, über die es selbst verfügen könnte, sondern dass man dies formell auf eine andere Institution übertragen könnte, ob jetzt die EU-Kommission (eigentlich ja nur "Hüterin der Verträge") oder der Europäische Rat. Da müsste viel konzeptioniert werden, schließlich kann es im Fall des Falles nicht sein, dass man erst einen Marathongipfel in Brüssel veranstaltet und dabei russlandfreundliche Regierungschefs kurz vor die Tür bittet.

Was Russland interpretiert oder nicht, wäre eine andere Sache. Die Frage wäre hier, welche Bedeutung man diesem beimisst, zumal Russland auch nur eine der Vertragsparteien ist und selbst lügt, dass sich die Balken biegen.

Bezüglich der Verfügungsgewalt, hier an eine EU-Doomsday-Einheit ausgelagert, ist mir zudem noch nicht die Abgrenzung zur nuklearen Teilhabe klar. Wenn ich das richtig sehe, kann Deutschland über die US-Waffen zwar nicht aktiv verfügen (indem es deren Einsatz anordnet), aber einem deutschen Einsatz(wunsch) nicht entsprechen. Falls es das nicht tut, hingen diese Waffen unter deutschen Flugzeugen.
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Damit A-Waffen abschreckend wirken müssen sie auch in eine Kommandostruktur eingebunden sein, die den rechtzeitigen Einsatz garantieren können.
Die Übertragung auf die EU-Kommission oder den Europäischen steht dieser Anforderung diametral entgegen.

Zur Verfassungsdebatte: Art 146 GG.
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