USA vs. Nordkorea
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Zitat: Mit immer neuen Ankündigungen und Aktionen eskaliert Nordkorea die Lage auf der koreanischen Halbinsel weiter.

Am 1. April verabschiedete die Volksversammlung ein Gesetz, dass Atomwaffen „unverhandelbar“ macht. Einen Tag später wurde die Reaktivierung der 2007 in einem Abkommen stillgelegten Atomanlage Yongbyon angekündigt, die früher vor allem der Herstellung waffenfähigen Plutoniums gedient hatte. Beim baulichen Zustand der Anlage dürfte ein neuerliches Hochfahren des Reaktors allerdings länger auf sich warten lassen.

Am 3. April gab Nordkorea mit der Sperrung des Zugangs zur gemeinsam mit Südkorea betriebenen Sonderwirtschaftszone Kaesong das bisher stärkste Signal, sämtliche Kontakte abbrechen zu wollen. Immerhin ist Kaesong eine der wenigen Deviseneinnahmequellen Nordkoreas. Die südkoreanischen Arbeiter sollten bis zum 10. April die dortigen Betriebe verlassen. Noch am gleichen Tag „ratifizierte“ Machthaber Kim Jong-un „den Plan für einen nuklearen Angriff auf die USA“.

Am 4. und 5. April wurde die Verlegung von zwei mobilen Mittelstreckenraketen Musudan an die nordkoreanische Ostküste erkannt. Mit einer Reichweite von bis zu 4.000 km decken die auch unter den Namen Taepodong X und Nodong bekannten ballistischen Raketen Südkorea und das gesamte Japan ab, können auch das amerikanische Guam erreichen. Allgemein werden für die kommenden Tage „Testschüsse“ mit diesen Raketen erwartet - ein erneuter, klarer Verstoß gegen auch von China unterstützte Resolutionen des UN Sicherheitsrates. Der Zeitpunkt ist unklar, aber möglicherweise sind die Raketenstarts um den 10. April geplant. Am 5. April “empfahl” Nordkorea nämlich einigen Ländern (auch Russland), bis zum 10. April das Personal ihrer Botschaften zu evakuieren, denn danach könne man bei einem „ausbrechenden Krieg“ nicht mehr für die Sicherheit garantieren.

Bei derartigen Drohgebärden können Reaktionen nicht ausbleiben. Am 1. April setzte die US Navy ihren Raketenabwehrfähigen Zerstörer McCAIN in Richtung koreanische Halbinsel in Marsch. In Pearl Harbor (Hawaii) machte sich die seegestützte Radarplattform SBX-1 (siehe unten, USA) auf den Weg in den Westpazifik. Am 2. April wurde mit der nahe den Philippinen operierenden DECATUR ein weiterer Zerstörer in Richtung Korea verlegt, und das Pentagon ordnete die Verlegung einer mobilen landgestützten Raketenabwehrbatterie THAAD (Terminal High-Altitude Area Defense) nach Guam an. Am 3. April verließ auch der Zerstörer CHUNG HOON Pearl Harbor zu „integrierten Operationen mit Partnern und Verbündeten in der asiatisch-pazifischen Region“. Offiziell gibt es bei diesem Schiff aber keinen Zusammenhang mit der Lageentwicklung in Korea.

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Bisher bleibt der Konflikt mit Nordkorea weitgehend auf der verbalen Ebene, aber jede Provokation könnte in eine (begrenzte) militärische Eskalation münden. Eine solche Provokation könnte der offenbar geplante „Testschuss“ der beiden Mittelstreckenraketen werden. Sollten die Raketen bei Kurs in Richtung Japan oder Guam nach dem Start aus Vorsichtsgründen bekämpft werden, könnte dies Nordkorea Anlass für weiter gehende militärische Maßnahmen wie z.B. Beschuss grenznaher Inseln geben. Andererseits böte ein nur „interessiertes Verfolgen aber nicht Bekämpfen“ der nordkoreanischen Raketen Gelegenheit zu allmählicher Entspannung.

Zurzeit werden in Nordkorea noch keine Truppenbewegungen oder sonstige Aktivitäten erkannt, die auf größere militärische Vorhaben deuten. In der Hauptstadt geht das Leben seinen gewohnten Gang; auf dem Lande hat die Aussaat und Bepflanzung der Felder begonnen. Allerdings befinden sich die nordkoreanischen Streitkräfte nach Abschluss des Ausbildungsjahres (31. März) auf dem Höhepunkt ihrer Einsatzbereitschaft, und die Machthaber haben die Bevölkerung so ausgiebig wie fast nie zuvor auf Krieg vorbereitet. Zeitlich könnte die Krise durchaus noch andauern. Einige Beobachter sehen eine mögliche Entspannung der Lage erst mit Abschluss der jährlichen südkoreanisch-amerikanischen Übungen – und „Key Resolve“ soll noch bis zum 30. April dauern.

Überwiegend wird davon ausgegangen, dass die nordkoreanischen Machthaber kein wirkliches Interesse an einem Krieg haben, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein schnelles Ende ihres Regimes bedeuten würde. Experten sind sich allerdings uneins in der Deutung eines „irrational und paranoid“ anmutenden Verhaltens, bei dem immerhin die wenigen noch verbliebenen politische Freunde (China) vor den Kopf gestoßen und volkswirtschaftliche Notwendigkeiten (Kaesong) über Bord geworfen werden. Einige sehen hier einen bloßen Versuch des jungen Staatschefs Kim Jong-un, sich ohne Rücksicht auf eventuelle Folgen vor der eigenen Bevölkerung als fähiger Führer zu präsentieren. Andere glauben, dass Nordkorea gerade durch das Bewusstmachen einer „irrationalen“ Handlungsweise nur die zwingende Notwendigkeit einer bilateralen Annäherung zu den USA (formelle Anerkennung und Friedensvertrag) deutlich machen möchte.

Ob ein solches Vabanquespiel erfolgreich sein wird, bleibt abzuwarten. Die größte Herausforderung für Nordkorea dürfte zunächst einmal sein, einen tatsächlichen militärischen Konflikt zu vermeiden, dabei aber etwas zu finden, das Kim Jong-un seiner Bevölkerung als positives Ergebnis seiner wochenlangen Ankündigungen und Kriegsdrohungen „verkaufen“ kann.


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USA



Im Zusammenhang mit der Lageentwicklung auf der koreanischen Halbinsel haben die USA die Radarplattform SBX-1 in den Westpazifik verlegt.

Bei SBX-1 (Sea-Based X-Band Radar) handelt es sich um eines der Kernstücke des US Ballistic Missile Defense Systems. Die ursprünglich als MOSS SIRIUS von der russischen (!) Vyborg-Werft gebaute, halbtauchende Ölbohrinsel wurde Anfang der 2000-er Jahre vom US-Konzern Boeing gekauft und mit Installation einer eigenen Antriebsanlage, Energieversorgungssystemen und modernsten Ortungsanlagen zur schwimmenden Radarstation umgebaut.

Zentrales Element ist ein unter einem großen Radom installiertes, 2.400 Tonnen schweres Phased Array Radar, das von Raytheon aus dem Aegis-System entwickelt wurde, im Gegensatz zu diesem (S-Band) aber das X-Band nutzt. Dieses im Mikrowellenbereich arbeitende Radar (248 m² reine Antennenfläche) hat eine noch deutlich höhere Auflösung und kann auch kleinste Flugkörper/Gefechtsköpfe über riesige Entfernungen orten, identifizieren und verfolgen.

Die 30.000 Tonnen schwere, 121 m lange, 76 m breite und 86 m hohe Plattform SBX-1 liegt normalerweise nahe Adak Island vor der Küste Alaskas und soll hier vor allem über die Arktis auf die USA zielende ballistische Flugkörper (Interkontinentalraketen) während ihrer „Midcourse“ Flugphase erfassen. Eine der Hauptaufgaben ist dabei die Unterscheidung tatsächlicher nuklearer Gefechtsköpfe von Attrappen, die moderne strategische Flugkörper zur „Sättigung“ gegnerischer Raketenabwehrsysteme während des Fluges ausstoßen.

Die von SBX-1 gewonnenen Daten werden über ein ebenfalls auf der Plattform installiertes Battle Management Command, Control and Communication System unmittelbar in einen Datenverbund see- und landgestützter Luftverteidigungssysteme eingespeist. SBX-1 erfasst nur Flugkörper und gewinnt Zieldaten, bekämpft sie aber nicht selbst. Diese Aufgabe übernehmen für Ballistic Missile Defence ausgerüstete Kreuzer und Zerstörer der US Navy oder landgestützte Systeme wie Patriot.

Die Entwicklung von SBX-1 erfolgte vor allem auch mit Blick auf Nordkorea und China, und die Plattform kann denn auch bei Bedarf aus eigener Kraft relativ kurzfristig an andere Orte (Westpazifik) verlegt werden – so nun geschehen. Eine „verwundbare“ Positionierung in unmittelbarer Nähe einer Krisenregion ist dabei nicht erforderlich; die Plattform bleibt weit von „feindlichen“ Küsten entfernt. Der Direktor der US Missile Defense Agency erläuterte in einem Vergleich die Möglichkeiten von SBX-1 mit der Erfassung eines Baseballs quer über die gesamten USA hinweg – von der Chesapeake Bay bis ins 2.900 Meilen entfernte San Francisco.
(fast ganzer Text, da MF und nur kurz im Netz - noch mehr auf der hp des MF und im Heft)
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