Zukunft des Irak
#72
Abgesehen davon, dass eine Zerschlagung Syriens immer wahrscheinlicher wird, je länger (und brutaler) der Bürgerkrieg andauert - ich bin nicht sicher, wie "durchsetzbar" eine solche Zerschlagung wäre. Derzeit dürften die Interessen von "ausserhalb" noch zu sehr auf die Beibehaltung der kolonialen Grenzen abzielen.
Daher halte ich nach wie vor eine "Kantonisierung" sowohl des Irak (wie auch Syriens) für wahrscheinlicher, also die Entwicklung von bundesstaatlichen Strukturen entsprechend dem "Subsidiaritätsgrundsatz". Und eine zunehmende Zusammenarbeit zwischen den kurdischen Regionen in den unterschiedlichen Staaten (ähnlich wie zwischen Südtirol / Italien und Tirol / Österreich), etwa im Bildungssektor, über Partnerschaften zwischen Kommunen, Universitäten oder Krankenhäusern wird die logische Folge sein.

Mit einer solchen kulturellen und wirtschaftlichen Autonomie wird dann aber auch der Druck auf eine staatliche Selbstständigkeit nachlassen. Wenn sich das dann als positives Beispiel zeigt, könnte auch der kurdische Teil der Türkei entsprechende Autonomieregelungen erhalten. Und ich denke, auch für den kurdischen Teil des Iran könnte das eine Möglichkeit sein, wenn gleichzeitig die Kooperation des Iran mit dem schiitischen Teil des Irak zunimmt.

Das in dem Zusammenhang stehende Wolffsohn-Szenario
Zitat:Spätestens beim Zerfall Iraks bildet die schiitische Mehrheit des Landes eine Föderation mit Iran.
halte ich dagegen nicht für realistisch. Die arabisch-iranischen Gegensätze, also die Differenzen zwischen den Völkern, bleiben ja bestehen. Und "der Mensch denkt in Sprache". Ich nehme eher an, dass sich die schiitisch - arabischen Regionen (vom Libanon über Syrien und den Irak bis zu den Golfstaaten) insoweit "autonom etablieren", dass sie eine "Pufferzone" zwischen dem sunnitischen Arabien und dem schiitischen Iran bilden können. Und dann - denke ich - wäre auch der Weg zu einer friedlicheren Koexistenz geebnet. Bei der Gelegenheit - auch im Iran gibt es am Golf eine ethnisch-arabische Region.
Wenn der Iran einerseits die Selbstständigkeit und Autonomie der schiitischen Gebiete in den arabischen Ländern fördert, dann kann er sich nicht gleichzeitg einer ähnlichen Autonomieregelung in den Ländern verschließen, die von ethnisch anderssprachigen Völkern besiedelt werden.
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