Globalisierung
#76
Vorab: Kurz ist ein absolut überzeugter Marxist. Als solcher verfolgt er Sichtweisen, die in etwa der Sowjetischen Propaganda entsprechen, das muß man natürlich berücksichtigen.

Dennoch beschreibt er manche Fehler mMn sehr gut. Nur seine Schlußfolgerungen aus der Beschreibung der Fehler sind falsch.

Zitat:Ich habe bisher gelesen, dass man auf längerem Reisen sehr oft Opfer von Raubmorden geworden ist, sogar im Römischen Reich, das meiner Meinung nach ein Maximum von innerer Sicherheit in der Antike waren.
Das römische Reich würde ich gerade eben nicht als Maximum der Inneren Sicherheit betrachten, tatsächlich nahm die Sicherheit mit der Herrschaft Roms deutlich ab, da diese die Klassenunterschiede massiv verschärfte und eine immer größer werdende im Elend lebende Unterschicht schuf. Je länger Rom herrschte, desto mehr Kriminalität entstand.

In der Spätantike herrschten dann Gruppen die man als Organisierte Kriminelle einstufen muß wie z.B. die Bagauden oder die aus einer christlichen Sekte hervor gegangenen Circumcellionen über ganze Landstriche.

Eine Abhandlung die sich nur damit beschäftigt kenne ich nicht, aber Kriminalität in der Antike ist ein Steckenpferd von mir, das ist aus vielen Büchern zusammen gestellt.

In dem Buch : Der Mensch in der Römischen Antike (Andrea Giardina) gibt es ein eigenes Kapitel über das Räuberwesen im Römischen Reich.

Ich kann dir dieses Buch sehr empfehlen, da es auch noch andere Lebens- und Berufszweige abhandelt.

Zitat:Selbst in der Bibel wird so ein Fall geschildert (vgl. "Der barmherzige Samariter").
Der Straßenräuber ist gerade in der römischen Literatur ein allgegenwärtiger Typus.

Man muß aber dazu wissen, daß die römische Definition von Banditentum sehr weit gefasst war. Sehr viele Formen des Krieges oder Aufstände wurden von den Römern als Räuberunwesen bezeichnet. Kriege gab es für Rom nur mit von ihnen anerkannten Staaten nach förmlicher Kriegserklärung, lag das nicht vor, sprach man von Räubertum.
Das ist das eine Problem.

Das nächste Problem ist, das in der Antike Räuberunwesen meist staatlich organisiert war und vom Staat auch gedeckt wurde, solange es sich gegen Feinde richtete. In Athen beispielsweise bildeten die Bürger durch die Gesetze des Staates gedeckt private Piratenorganisationen. Ähnliches gab es auch auf dem Land. Man darf das also nicht als eine heutige Form von Kriminalität betrachten.

Auch auf dem Land war das eher eine Art von Korsarentum, wie die Korsaren später, mit staatlichem Auftrag im Rahmen der Kriegsführung.

Bei den Römern wurden hingegen auch sämtliche Feinde und Aufständische als Räuber eingeordnet.

Allgemein muß man berücksichtigen, daß der Staat damals das Land bei weitem nicht derart unter Kontrolle hatte wie das heute der Fall ist.

Es ist also sehr wohl richtig, in der Antike massive Kriminalität zu vermuten.

Es kommt daher beim Vergleich eben auf den Raum an. Die in der Antike vorhandene Kriminalität war von Art und Umfang weniger stark, als sie es heute global ist. Gemeint ist damit, das man die Welt des Mittelmeerraums damals mit der gesamten heute vergleicht. Wenn man heute Städte wie Sao Paulo nimmt, oder viele Gegenden Rußlands usw, dann herrscht dort ein Ausmaß an Kriminalität das es damals so nicht gab. Wenn man dann relativ sichere Inseln wie Europa dagegen rechnet, muß man Gebiete damals im römischen Reich die ebenfalls sehr sicher waren ja auch berücksichtigen, im gesamten Schnitt stellt man dann aber fest, daß die Kriminalität heute tatsächlich höher ist.

Natürlich gab es in der Antike ebenfalls hochkriminelle und gefährliche Gegenden, aber auch diese hatten vermutlich nicht ganz das Niveau das die übelsten Ecken heutzutage haben.

In der Antike war das Banditenwesen vor allem von Mafiöser Art, d.h. das die Banditen halbstaatlicht Strukturen bildeten und vor allem von Schutzgelderpressung lebten. Tatsächliche Raubüberfälle waren dagegen selten. Auf der Gegenseite bildeten die bewaffneten Räuber auch tatsächlich Schutztruppen für die Bevölkerung einer Region. Das führte dazu, daß Räuber fast immer im Kriegsfall regional dann auch rekrutiert wurden und ohne Strafe reguläre Soldaten wurden.

Da der Staat eben nicht wie heute flächendeckend präsent sei konnte, waren Banditen und Räuber häufig vor Ort die eigentlichen Sicherungstruppen, und arbeiteten in der Zeit Griechenlands auch direkt mit dem Staat zusammen, was beinhaltete, z.B. keine Bürger des Staates auszurauben, wofür die Räuber wiederum ein Salär des Staates erhielten.

Kurzum und Zusammenfassend:

Das Bild des Räubers in der Antike und das eines Räubers heutzutage passen nicht zusammen, wenn Antike Autoren von Räubern schreiben, meinen sie damit etwas anderes als das heute der Fall ist.

Die meisten Räuber in der Antike bezeichneten sich selbst als Soldaten, bezeichnend ist, daß das Lateinische Wort Latro für Bandit zugleich Soldat bedeutet. Man kann daher die Räuber der römischen Antike eher als eine Art von Privater oder gar halbstaatlicher Miliz mit Mafiösen Strukturen verstehen denn als Räuber im modernen Sinn.

Der Übergang zum Militär und zur Kriegsführung war fließend, ebenso der Übergang zur Staatsmacht. Wo das nicht der Fall war, setzte der Staat über kurz oder lang massiv Militär ein, es gab keine Polizei gegen Räuber, sondern Räuber waren eine Aufgabe des Militärs. Da man damals keine Menschenrechte achtete, ging das ganz schnell dahin, einfach alle Menschen in der jeweiligen Regoin zu massakrieren was die Räuber mit erledigte.

Und man muß noch etwas berücksichtigen : die Waffentechnologie. Damals kämpfte man mit Muskelkraft, d.h. daß der Räuberberuf ein höchstgefährlicher war. Bei der sehr schlechten medizinischen Versorgung war schon eine geringe Wunde oft tödlich. Wo Räuber vom Staat nicht akzeptiert wurden, waren fast permanent Militäreinheiten auf der Jagd nach ihnen.

Das Leben als Bandit war damals unendlich mühsamer als heute, 1 gab es kaum was zum überfallen, die Masse der Bevölkerung hatte nichts 2 die Reichen konnten sich schützen
3 gab es keinerlei gesetzlichen Schutz, auch kein Gefängnis, wo der Staat die Räuber nicht akzeptierte war die Überlebensdauer eines Banditen sehr gering 4 war jeder Überfall absolut lebensgefährlich da damals jeder bewaffnet unterwegs war

Das führte ja dazu, daß Räuber fast immer in großen Gruppen auftraten, aber: je größer die Gruppe, desto schwieriger sie aus den kargen und seltenen Erlösen der Räuberei zu ernähren, ferner: desto wahrscheinlicher das der Staat irgendwann Militär dagegen einsetzte.

Der Grund warum die Kriminalität in der Antike geringer war ist daher mMn folgender:

Sie lohnte sich nicht so wie heute, und sie war zu aufwendig, Kosten und Nutzen waren in einem viel schlechteren Verhältnis als heute.
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