Traum von arabischer Einheit platzt in Tunis
#20
na ja, Bush ist ja auf dem besten Weg, den Arabern wieder einen gemeinsamen Gegner zu zeigen

Zitat:Außenansicht
Demokratie für den Nahen Osten
Von Amitai Etzioni

Die Regierung Bush will beim nächsten G-8-Treffen ein ehrgeiziges Programm zur Demokratisierung des gesamten Nahen Ostens vorstellen. Charles Krauthammer, Kolumnist und führender neokonservativer Ideologe, hat unlängst vor loyalen Bush-Anhängern und Regierungsmitgliedern verkündet, dass die USA eine Vision bräuchten. Realpolitik, die auf reiner Macht beruhe, genüge nicht. Er warnte freilich davor, gleich alle Welt demokratisieren zu wollen. Die USA sollten die Demokratisierung nur dort betreiben, ¸¸wo es wirklich darauf ankommt" - im Nahen Osten.


Es ist wenig aussichtsreich, die Demokratie in Ländern einzuführen, die darauf nicht vorbereitet sind. Eine Studie der Carnegie Endowment for International Peace ergab, dass nur fünf von 18 erzwungenen Regime-Wechseln, an denen US-Truppen beteiligt waren, dauerhaft als Demokratien Bestand hatten.
.....

Vorausgesetzt, der Irak bricht nach einem Rückzug der Amerikaner nicht auseinander, wird das Land wohl eher von einem relativ harmlosen Autokraten à la Wladimir Putin als von einem wahren Volksvertreter regiert werden, der einem Parlament rechenschaftspflichtig ist und die kritische Beobachtung durch eine freie Presse wie durch ein freies Volk zulässt. Eine Alternative wäre, dass der Irak hinsichtlich seiner demokratischen Entwicklung in die Fußstapfen Afghanistans tritt - mit einem schwachen, aus dem Ausland importierten politischen Führer als nationaler Leitfigur, der es kaum wagt, die Hauptstadt zu verlassen.

Entschieden möchte ich jenen widersprechen, die behaupten, Araber seien grundsätzlich unfähig zur Demokratie. Vielmehr schließe ich mich den Ausführungen des Soziologen Max Weber an, die zeigen, dass in manchen Kulturen wirtschaftliche und politische Entwicklungen schwerer durchzusetzen sind als in anderen. ....

Den Menschen im Nahen Osten wäre am besten gedient, wenn die USA und ihre Verbündeten ihre Rhetorik zurücknehmen, weniger versprechen und dafür konkrete Hilfe leisten würden. Mehr als die Hoffnung, dass der Irak nicht zerfällt, ein Bürgerkrieg verhindert werden kann und im Sunniten-Dreieck ein Sicherheitsniveau wie bereits im übrigen Land erreicht wird, ist in naher Zukunft unrealistisch. Im Übrigen sollte es dem irakischen Volk überlassen bleiben, herauszufinden, welches Regime das richtige für das Land ist - ein Regime, für das die Iraker einzutreten und zu kämpfen bereit sind. Im Laufe der Zeit, die eher in Dekaden als in Jahren zu messen ist, werden die Iraker so vielleicht tatsächlich das Fundament für einen demokratischen Nahen Osten legen.

Deutsch von Eva C. Koppold

Amitai Etzioni ist Professor für Soziologie an der George Washington University. Sein Buch ¸¸From Empire to Community" erscheint im Mai. Foto: privat

Quelle: Süddeutsche Zeitung
Nr.89, Samstag, den 17. April 2004 , Seite 2
Zitieren


Nachrichten in diesem Thema

Gehe zu: