Forum-Sicherheitspolitik
Traum von arabischer Einheit platzt in Tunis - Druckversion

+- Forum-Sicherheitspolitik (https://www.forum-sicherheitspolitik.org)
+-- Forum: Blickpunkt Welt (https://www.forum-sicherheitspolitik.org/forumdisplay.php?fid=90)
+--- Forum: Sicherheitspolitik und Wirtschaft (https://www.forum-sicherheitspolitik.org/forumdisplay.php?fid=96)
+--- Thema: Traum von arabischer Einheit platzt in Tunis (/showthread.php?tid=1515)

Seiten: 1 2


- Merowig - 28.03.2004

<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.ftd.de/pw/in/1080371870985.html?nv=cpm">http://www.ftd.de/pw/in/1080371870985.html?nv=cpm</a><!-- m -->
Zitat:ftd.de, So, 28.3.2004, 15:55
Traum von arabischer Einheit platzt in Tunis

Die tunesische Regierung hat den für Montag in Tunis geplanten Gipfel der Arabischen Liga nach einem stürmischen Ministertreffen in letzter Minute abgesagt. Mehrere arabische Regierungen zeigten sich entsetzt.


Sie sprachen von einem Alleingang der Tunesier. Der tunesische Außenminister Habib bin Yehia begründete die Verschiebung mit unüberbrückbaren Differenzen, die bei den Vorbereitungstreffen der arabischen Außenminister in Tunis deutlich geworden seien. "Es zeichnete sich ab, dass es unterschiedliche Positionen zu mehreren Themen gab, darunter die Modernisierung, demokratische Reformen, Menschenrechte und Frauenrechte", hieß es in einer Erklärung der tunesischen Regierung.
...



- Jacks - 28.03.2004

<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,292890,00.html">http://www.spiegel.de/politik/ausland/0 ... 90,00.html</a><!-- m -->

Zitat:Arabische Liga tief zerstritten

Die Arabische Liga verschiebt ihr Gipfeltreffen und löst harsche Reaktionen auf Seiten der Palästinenser aus. Ihr Chefunterhändler Sajeb Erekat hält sie schlichtweg für überflüssig.
....



- Erich - 28.03.2004

eine vorübergehende Streitigkeit;
unterhalb der Regierungsebene haben die Araber durchaus funktionierende Geschäftsbeziehungen (z.B.Arabsat), und die "gemeinsame arabische Volksseele" lässt sich durch diese Streitigkeiten, die Ausdruck enormer Unsicherheiten (Modernisierung ihrer politischen Systeme - Demokratisierung und aktueller Umgang mit den Entwicklungen in Irak und Palästina) auf Regierungsebene sind, nicht beirren;


- Shahab3 - 29.03.2004

Die Arabaer sind sich allerdings noch seltener einig als die Europäer.
Das wird vor allem durch die unterscheidliche politische Lage und Einflussnahme von aussen unter den einzelnen Staaten verursacht, die sicherlich noch stärker auffällt, als in Europa. Aber, wie oft mussten wir schon feststellen, daß Euopa "gespalten" ist. Wink


- bastian - 29.03.2004

Im Vergleich zur arabischen Liga ist die EU ein Vorbild an Geschlossenheit. Die arabische Liga ist ein Witz, den spätestens jetzt niemand mehr auch nur halbwegs ernst nehmen muss.
Von einer gemeinsamen arabischen Volksseele zu sprechen halte ich durchaus für wagemutig. Bezweifel, daß Tunesier und Syrer z.B. allzuviele Gemeinsamkeiten finden werden.
Die "vorübergehenden Streitigkeiten" gibt es doch schon seit der Gründung, mir fällt kaum ein Punkt ein bei dem sich die Araber mal einig waren.

EDIT Vorher stand da tatsächlich iranische Volksseele, war ein Verschreiber aufgrund ständiger Indoktrination....


- Merowig - 29.03.2004

Seh ich genauso - die Vereinigte Arabische Republik hat z.B. ganze 3 Jahre ueberdauert

@Bastian iranische Volksseele ?
Freudscher Versprecher ? Wink *g*
ist aber wirklich fast das gleiche *scnr*

naja sollen die sich ruhig weiter zanken....


- Jacks - 29.03.2004

Ich denke aber das in der arabischen Bevölkerung der Traum von einer Arabischen Republick noch sehr stark verankert ist.
Nur gibt es in den Führungen streit um die Vormacht und die Richtung.
Der Wunsch der arabischen Welt bzw. deren Bevölkerung ist aber doch sehr
wohl vorhanden,das die Vereinigte Arabische Republick endlich Wirklichkeit wird.

Zitat:Seh ich genauso - die Vereinigte Arabische Republik hat z.B. ganze 3 Jahre ueberdauert
Das lag aber vor allem darin das die Syrer (bzw.Assad) nicht meht länger unter der Fuchtel von Nasser standen wollte.Wink


- Merowig - 29.03.2004

@Jacks I Know Wink

Mag zwar stimmen das der Wunsch nach einer vereinigten Arabischen Republik, Ummah, einem neuen Kalifat weit verbreitet ist - eine annaehrende Realisierung ist aber wirklich Jahrzehnte entfernt - ein paar Staaten haengen am finanziellen Tropf vom Westen oder sind bezueglich ihrer Sicherheit vom Westen abhaengig - andere wiederrum stehen auf der Abschussliste des Westens
Das da ein Konsens gross moeglich ist halte ich fuer kaum moeglich - den Staaten ist es auch nicht moeglich ihre Kraefte auf sowas wie Integration zu konzentrieren - dazu ist man viel zu sehr mit Machterhalt, Wirtschaftsproblemen/Globlisierung - und dem Kreuzzug der Allierten gegen den Terrorismus beschaeftigt


- Jacks - 29.03.2004

@mero
Die tatsächliche Umsetzung halt ich auch für kaum realisierbar-zumindest auf kurze Zeit.Zur gross zum Beispiel der Kampf um die Vormachtstellung zwischen
Saudi-Arabien und Ägypten.Beide Länder beanspruchen die Rolle der arabischen Führungsnation für sich.Der Wunsch nach der Vereinigung aller
arabischen Moslems,der Ummah,zu einer Arabischen Nation ist aber in der bevölkerung der Staaten weit verbreitet.Aber solange es nur Scheindemokratien und Königreiche nach Vorbild des 17.Jahrhundert gibt kann
dieser Traum nicht in Erfüllung gehen.


- Shahab3 - 29.03.2004

Das ist ja auch totaler Quatsch. Die arabische Welt ist derart Komplex und bis ins Mikroklima eizelner Dörfer, Volksgruppen und Glaubensnuancen von grundauf uneins, daß so etwas weder allgemein erwünscht, noch realisierbar wäre. Es gibt einige Länder, die einen historisch legitimerten Führungsanspruch für sich beanspruchen.
Dazu sind doch viele existierende Regieungen dort Diktaturen, fragwürde Monarchien oder Pseudodemoktratien.Kaum eine Position wird ohne gravierende Einflussnahme von Aussen eingenommen.


- Jacks - 29.03.2004

Zitat:Shahab3 postete
Das ist ja auch totaler Quatsch. Die arabische Welt ist derart Komplex und bis ins Mikroklima eizelner Dörfer, Volksgruppen und Glaubensnuancen von grundauf uneins, daß so etwas weder allgemein erwünscht, noch realisierbar wäre. Es gibt einige Länder, die einen historisch legitimerten Führungsanspruch für sich beanspruchen.
Hab ich nie bestritten.Aber ich denke es gibt in der arabischen Welt den Wunsch nach einem islamischen bzw.arabischen Staat wie ihn Mohammed
vorgelebt hat.Klar kann ich mich ehren aber das ist mein Eindruck.
Zitat:Dazu sind doch viele existierende Regieungen dort Diktaturen, fragwürde Monarchien oder Pseudodemoktratien.Kaum eine Position wird ohne gravierende Einflussnahme von Aussen eingenommen.
Siehe meine Post.Brauchst mich nicht zu wiederholen.Wink


- ~eyreqib - 29.03.2004

dass sich die araber vereingen,

eher vereingen sich israel und der iran zu einem staat


- Erich - 29.03.2004

moment mal: was ist "geplatzt"?
Der SPIEGEL schreibts etwas verklausuliert:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,292890,00.html">http://www.spiegel.de/politik/ausland/0 ... 90,00.html</a><!-- m -->

Zitat:Die Meinungsverschiedenheiten bezögen sich auf Themen "von großer Wichtigkeit für den Prozess der Entwicklung, Modernisierung und Reform in unseren arabischen Staaten", hieß es in einer Erklärung des tunesischen Außenministeriums. So gab es keine Einigung über eine saudische Nahost-Initiative und einen amerikanischen Vorschlag für politische Reformen in der Region.
....
Die Vereinigten Staaten hatten im Rahmen einer Nahost-Initiative politische Veränderungen angeregt, die der Region nach US-Auffassung mehr Freiheit bringen sollten.
in einfachen und brutalen Worten:
die USA wollen den Arabischen Ländern, die von orientalischen Potentaten und Fürstenhäusern (Emirate am Golf, Saudi-Arabien ... bis Marokko) und Alleinherrschern (Syrien, Libyen) geprägt ist, von aussen Demokratie verordnen - und rütteln damit an den Grundfesten der Macht nahezu aller arabischen Regierungen.
Im Vorfeld hatten arabische Kommentatoren erklärt, der Gipfel sei die letzte Chance für die arabischen Staaten. Sie müssten zeigen, dass sie reformfähig seien und in der Lage, mit einer Stimme zu sprechen. Sie sagten dies im Hinblick auf das israelische Attentat auf den Gründer der radikal-palästinensischen Hamas-Organisation, Scheich Ahmed Yassin. Am Gipfel sollte zudem eine Antwort auf die "Greater Middle East Initiative" der USA formuliert werden; ein recht hoher Erwartungsdruck also, der da auf die Staatsoberhäupter ausgeübt wurde.
Dass eine gemeinsame Reaktion auf solche Vorschläge und der Umgang mit den Problemen "Irak" und "Palästina" in diesen unterschiedlichen Systemen nicht einfach, sondern praktisch unmöglich ist, war vorherzusehen.
Die arabische Welt ist in ihren Regierungssystemen weitaus weniger einheitlich als das etwa Europa ist (und auch da kann man aufgrund der unterschiedlichen Interessen der Nationalstaaten nicht immer von großer Einheitlichkeit sprechen - siehe z.B. EU-Verfassungsstreit). Die internen Probleme fast aller Mitgliedstaaten, ihre unterschiedlichen Regierungs- und Gesellschaftsformen sowie die offenen und latenten Spannungen zwischen vielen der Mitgliedstaaten untereinander erschweren einheitliche Positionsfindungen massiv.
Dass unter diesen Vorgaben der Erwartungsdruck auf die Gipfelteilnehmer nicht erfüllt werden konnte war absehbar.

Die arabische Liga hat aber schon ganz andere Probleme bewältigt - so etwa den Friedensschluss Ägyptens mit Israel, und auch bewaffnete Konflikte unter den arabischen Staaten selbst. Dagegen ist das Unvermögen, kurzfristig eine gemeinsame Antwort auf die von Aussen kommenden Vorschläge zu finden (es wird wohl beim nächsten Treffen in Richtung "Einmischung der USA in innerarabische Angelegenheiten laufen) ein Klacks.

Das "Empfinden der Volksseele" ist dazu ganz anders, als der regierenden Potentaten. Wenn unter breiten Bevölkerungsteilen nicht das Gefühl "wir sind ein Volk" wäre, hätte ein solch hoher Erwartungsdruck gar nicht erzeugt werden können. Dies zeigt, dass die "panarabische Idee", die in breiten Bevölkerungskreisen präsent ist, dauerhafter ist (und sein wird) als sogar die eine oder andere arabische Regierung. Die meisten Araber – ganz egal, welchem Staat sie angehören – fühlen sich heute und zunehmend als eine einheitliche Nation, die als Auswirkung des Jahrhunderte langen Kolonialismus der Europäischen Staaten leider in eine große Zahl unterschiedlicher Staaten zerrissen ist. Der Traum von der arabischen Einheit ist bei den „Menschen auf der Straße“ wohl wesentlich stärker ausgeprägt als etwa der Traum der Osmanen von „Großturkestan“, der bei vielen Angehörigen osttürkischer Stämme bestenfalls auf Interesse, kaum aber auf Begeisterung stößt.

Dieser "Panarabische Gedanke" ist inzwischen dauerhaft präsent - und wird über die Jahre hin (insbesondere, wenn die von den USA vorgeschlagene "Demokratisierung" der arabischen Gesellschaft greift) die Widerstände einzelner Potentaten oder Regierungen überwinden.




Weitere Links mit aktuellen Infos:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.libyen-news.de/">http://www.libyen-news.de/</a><!-- m -->


- Rusbeh - 29.03.2004

@ Merowig

"@Bastian iranische Volksseele ?
Freudscher Versprecher ? *g*
ist aber wirklich fast das gleiche *scnr*"

hehe Könntest du mir bitte sagen was das zu bedeuten hat? *ggggggggggg*


- Erich - 30.03.2004

vielleicht mal ein Test:
Auf dem Gipfeltrenn der Arabischen Liga sollten die Araber - nach US-Vorstellungen - diskutieren (und sich womoglich gleich einigen) über
= Schaffung eines arabischen Parlaments
= eines arabischen Gerichtshofes
= eines gemeinsamen Marktes
= einer gemeinsamen Währung
.....

Wie würde Iran reagieren, wenn - sagen wir mal - Iran, Afghanistan, Pakistan und die Tadschiken auf Vorschlag der USA ein solches Programm vorgesetzt bekommen würden ????
Big Grin

Edit: und weil wir gleich dabei sind:
Die Europäer schlagen den USA und Kanada vor, sich im Interesse der "Demokratisierung" (wurde der jetzige US-Präsident jetzt gewählt oder bestimmt??) und "Partnerschaft für das größere Nordamerika" gefälligst über ein
- gemeinsames Parlament
- einen gemeinsamen Gerichtshof
- einen gemeinsamen Markt und
- eine gemeinsame Währung
zu einigen (die müssen sich ja nicht unbedingt den Europäern anschließen, aber in Verantwortung für die ehemaligen Kolonien muss das väterlich/mütterliche Mitdenken von good old europ.....) :evil: