Meckern über Deutsch-französische Rüstungsprojekte
(10.11.2025, 22:17)Fox1 schrieb: Man muss es ja nicht übertreiben…

Hier werden die Nationalitäten von Managern und die Interessen von Unternehmen mit (vermeintlichen) Staatsinteressen verknüpft, völlig ohne irgendeinen konkreten Bezug oder Argument nur aufgrund eines herbeikonstruierten äußeren Anscheins, der in den Bereich einer "Weltverschwörung" fällt. Meine Satire ist dahingehend nicht übertrieben, vielmehr zeigt sie, warum eine Diskussion auf diesem Niveau völlig festgefahren und sinnlos ist. Das beginnt schon damit, dass solange die Staatsbegriffe nicht eng gezeichnet und entsprechend verwendet werden, sie völlig beliebig verwendbar sind und daher für eine Argumentation gar nicht taugen.

Zitat:Also, es ist ja schon so, dass DEU als Kooperationspartner gerne gesehen wird, außer man will völlig uneingeschränkt jeden arabischen Tyrannen im Nahen Osten beliefern.

Was soll denn dieses "DEU" in dem Zusammenhang sein? Die "DEU" Politik, die durch ihre komplexen und langwierigen Prozesse insbesondere im Bereich Rüstung über Jahre gemeinschaftliche Projekte verzögert hat, um dann an entscheidenden Stellen immer wieder nationale Lösungen zu bevorzugen, die in schöner Regelmäßigkeit aufgrund von fehlenden finanziellen Mitteln eingestampft wurden? Oder das "DEU" Militär bzw. militärische Beschaffungswesen mit Forderungskatalogen, die nicht selten zu überkomplexen Systemen führten, die entweder mit hohen Kosten durchgedrückt wurden oder aufgrund von finanziellen Unmöglichkeiten selbst in der Kooperation zum Scheitern verurteilt werden? Oder die "DEU" Unternehmen, die gerne vollmundig die Überlegenheit eigener Technologie im Entwicklungsstadium versprechen, dann regelmäßig im Zuge der Reifung auf Probleme stoßen und so, sofern überhaupt diese Lösung gewählt wurde, Projekte massiv verzögern?

Du kannst auch die Betrachtung als übertrieben bezeichnen, aber für alle genannten Punkte lassen sich Beispiele finden, genauso wie es umgekehrt genug Beispiele gibt, in denen jeweils das Gegenteil der Fall war. Und natürlich kannst du "DEU" ohne Probleme durch andere Kürzel ersetzen, denn anderswo ist es zwar immer wieder anders, aber in der Gesamtbetrachtung nicht besser.

Um aber von diesen Allgemeinplätzen wegzukommen, als in den neunziger Jahren auf britische Initiative das FOA entwickelt werden sollte, lehnte BAe eine Teilnahme Deutschlands mit dem Verweis auf die Probleme, die die Kooperation beim Eurofighter verursacht hatte, ab. Das Ziel war damals entweder ein britisch-französisches Projekt, wobei insbesondere der Technologietransfer im Bereich LO an Frankreich kritisch gesehen wurde, oder eine Beteiligung an einem US-Projekt, insbesondere der FB-22. Als sich die vielen Luftschlösser der neunziger Jahre dann auflösten und die bittere Realität der finanziellen Probleme eine Lösung auf Eurofighter-Basis in den Fokus rückten, war man auf der Insel gnädig gewillt, Deutschland an diesem britisch-französischen Projekt (trotz EF-Basis!) zu beteiligen. Letztlich ist das ganze dann vor allem aufgrund britischer Forderungen und Grenzen, denen die französische Politik dann nicht länger zustimmen wollte, gescheitert.
FCAS hingegen, und damit sind wir bei einem anderen relevanten Punkt, wurde parallel dazu (aber noch nicht unter diesem Namen) als Nachfolgeprojekt beschlossen, nachdem klar wurde, dass das ambitionierte FOAS nurmehr zu einem konventionellen Eurofighter in der Jabo-Rolle führen würde. Aus dem Grund ist auch diese Betrachtung in meinen Augen falsch:
Zitat:Wäre DEU nicht mit FR ins Bett gestiegen, hätte es wohl ein neues Projekt mit UK und IT gegeben, wie schon bei TOR und EF.

Deutschland ist nicht mit Frankreich ins Bett gestiegen, sondern Großbritannien hat sich mit Frankreich auf eine gemeinsame Studie im Rahmen einer größeren europäischen Studiengemeinschaft, an der unter anderem auch Spanien und Italien beteiligt waren, für einen Nachfolger für Rafale und Eurofighter verständigt. Daran haben sich dann weitere Nationen beteiligt, während Großbritannien auf Druck von BAe ausgestiegen ist, die ihrerseits der britischen Regierung ein eigenes Systemprojekt verkaufen wollten, dass diese letztlich aber nicht bezahlen konnte. Die internationale Kooperation bei Tempest gibt es nur deshalb, weil die sich die eh schon angespannten finanziellen Perspektiven gegen Ende der 2010er Jahre weiter verschlechterten und das Programm ohne Partner nicht fortgeführt werden konnte. Aus dem Grund kam es auch in der Anfangsphase zu zum Teil sehr deutlichen Meinungsverschiedenheiten, weil Großbritannien (das inzwischen so benannte) GCAP immer noch als britisches Projekt betrachtete, während Italien und Japan auf eine gleichberechtigte Partnerschaft drängten. Das britische Interesse an einer Zusammenarbeit mit Deutschland war seit den neunziger Jahren auf industrieller Ebene praktisch nicht mehr vorhanden, aus dem Grund wurde auch das Trinity House Agreement als eine Art Neuanfang bezeichnet, wobei hier die Politik und nicht die Industrie die Handlung bestimmte.

Was passiert wäre, wenn es aus der gemeinschaftlichen Studie nicht zu einem deutsch-französischen und dann letztlich zu einem deutsch-französisch-spanischen Projekt gekommen wäre ist schwer vorher zu sagen. Daran zu glauben, dass es "all die Probleme" (so viele sind es gar nicht, und ich habe es schon einmal betont, irgendwie neu oder besonders sind diese auch nicht) nicht gegeben hätte, ist in meinen Augen blauäugig und in der Nachbetrachtung der letzten Jahrzehnte schlicht nicht haltbar.
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