Gestern, 14:59
(Gestern, 11:00)Quintus Fabius schrieb: Eine modulare Struktur, in welcher die Brigade-Stäbe als Führungshilfsmittel der Division welchselnd zusammen gesetzte Kampfgruppen führen, wäre ein theoretisches Ideal.Ich sehe zwar auch dieses festgefahrene Denken, aber eigentlich sollte so ein Ansatz ja sogar unseren realen Herausforderungen sehr viel eher gerecht werden können. Man würde ja quasi das Prinzip der NRDCs auf die Brigadeebene übertragen. Es gäbe Stäbe, die von ihren Truppen theoretisch unabhängig sind und somit hätte man sowohl für IKM, als auch für den Friedens- und "Bereitschaftsdienst", den unsere BW mit sowas wie VJTF, Div25/27 oder auch dem NFM leistet, ein Baukastensystem, das es sehr viel einfacher machen würde, die gewünschten bzw. geforderten Bereitschaftsgrade herzustellen. In der Aufstellungsphase könnte man diese Stäbe sogar unabhängig von den Divisionen aufstellen oder zumindest untereinander austauschen. Man könnte Stäbe auf bestimmte Aufgaben und Einsatzräume spezialisieren, ohne dass das auch für die unterstellten Truppen gelten würde. Stäbe fielen nicht aus der Verwendung, nur weil ihre Truppen gerade wegen Materialumstellung nicht einsatzbereit sind usw. usf.
Warum bin ich davon im Laufe der Zeit überhaupt wieder abgekommen? Weil man ganz schnell theoretische Idealstrukturen hat, die im Einsatz die Menschen überfordern. Eine steifere, dafür organische Struktur, in welcher bereits im Friedensbetrieb alles so zusammen gestellt ist, wie es auch eingesetzt wird, ist nicht so elegant, bietet nicht so viele Möglichkeiten, ist aber nochmals einfacher, schlichter und weniger störanfällig.
Und ganz nebenbei könnte man bei der eigenen Struktur die Standardisierung der Brigaden für NATO-Einsätze außen vor lassen, weil man für solche Fälle einfach eine entsprechende Struktur nach Bedarf einnehmen könnte, wie man es z.B. bei den Battlegroups ja auch gemacht hat.
So gesehen verhindert die laufende Rückbesinnung auf LV/BV und auf stehende, kaltstartfähige Verbände, dass man hier solch flexible Lösungen nutzt. Es wird halt zu sehr ein Widerspruch konstruiert zwischen einer flexiblen, modernen Berufsarmee und der rückwärtsgewandten Vorstellung eine Kriegsfähigkeit, die vermeintlich nur durch die Rückbesinnung auf ein historisch verklärtes Bild der BW im KK generiert werden könne.
Nun sind natürlich die Vorteile einer festen Struktur nicht von der Hand zu weisen. Aber beides schließt einander ja nicht aus. Man hätte halt in der Zielstruktur eine direkt aus Regimentern aufgebaute Division, die für sich genommen funktioniert. Lediglich die Zusammensetzung des Divisionsstabes ist derart, dass dort für die Einsatzführung der Kampftruppen eine Unterstruktur eingezogen ist. Und selbst die könnte ja formal starr sein und nur bei Bedarf dann umgliedern, so wie es ja innerhalb der Panzertruppenbataillone auch üblich ist.
Das ist ein ähnlicher Ansatz wie der, dass man in der Artillerie nicht mehr überall eigenständige Bataillone vorsieht, sondern lediglich innerhalb eines Artillerieregiments oder einer Artilleriebrigade in Abteilungen gliedert. Man braucht halt nicht immer separate Verbände, nur um eine strukturierte Führung zu ermöglichen.
Zitat:Dabei wurde ein schneller Schützenpanzer gefordert, der zugleich als eine Einheitsplattform auch für Mörser, Leichtgeschütze jeden Kalibers, Stabs-, Funk- und Spähfahrzeuge sowie für FlaK verwendet wird. Um das mal zeitlich einzuordnen: wir sprechen hier vom Jahr 1959 !Was die Briten später mit dem CVR(T) umgesetzt haben und mit dem ASCOD-II weiterführen.
Zitat:Ursprünglich wollte man 1959 keine Panzer- und Panzergrenadier-Divisionen, sondern eine Einheits-Division, so dass zumindest 10 der Divisionen der Bundeswehr alle völlig gleich aufgebaut gewesen wären. Auch dies wurde nie praktisch umgesetzt und schließlich alsbald aufgegeben.Grundsätzlich würde ich das erstmal für gar nicht so falsch halten, wenn man eine Armee für eine "vorgefertigte" Front aufstellt. Dann kann man ja schon bei der Zusammensetzung der Großverbände auf das Gelände Rücksicht nehmen, in dem gekämpft werden soll. In der Norddeutschen Tiefebene hätte man halt weniger Infanterie benötigt als andernorts. Aber ich nehme mal nicht an, dass es tatsächlich so gelaufen ist.
Zitat:Man müsste bereits damit anfangen darüber zu reden was Ausdauer hier konkret bedeutet?! Wenn ein Fahrzeug relativ statisch in einem bestimmten Gebiet bleibt, dann nützt seine hohe Reichweite was den Tank angeht nichts und kann diese Aufklärungsleistung anders besser erbracht werden.Die hohe Ausdauer des Luchs 2 soll sich ja wohl eher auf den Erhalt der Einsatzkraft der Besatzung in Einsätzen von bis zu 2 Wochen beziehen, also sind Vorräte und ein viertes Besatzungsmitglied sehr viel entscheidender als die Reichweite. Und der Tankinhalt dient dann auch in nicht unerheblichem Umfang der Stromgewinnung und nicht nur der Fahrreichweite.
Zitat:Warum sollten beispielsweise Fernspäher welche in solchen Räumen mit Motorrädern mit 500km Reichweite verlegen den Vorteil der Leichtigkeit nicht mehr haben?Das wären ultraleichte Kräfte, die mehr oder weniger nur aufklären können und auch über nur sehr wenig Ausrüstung verfügen, wenn sie über mehrere Tage im Einsatz durchhaltefähig sein sollen. Um mit dem gleichen Personalaufwand auch eine gewisse Kampfkraft vor Ort zu haben, wären eben bewaffnete Fahrzeuge vonnöten. Hab' ich die nicht, dann brauche ich aber auch keine Motorradspäher mit Feldstecher und Funkgerät, dann kann ich auch einfach Drohnen nehmen.
Jetzt können aber natürlich Drohnen inzwischen auch kämpfen, daher reduziert sich der Sinn von Spähpanzern in dieser Aufgabe immer weiter.
(Gestern, 13:32)Quintus Fabius schrieb: Was auffällt ist die immense Anzahl von Untereinheiten und selbstständigen Zusatzkompanien. Im praktischen Einsatz wird das so gelöst, dass diese Bataillone / Kompanien oder Anteile derselben den jeweiligen Kampfeinheiten unterstellt werden. Dann werden je nach Auftrag Kampfgruppen gebildet, die völlig unterschiedlich sein können.Hast du eine Vorstellung davon, wie diese Kampfgruppen geführt werden? Ist das dann immer einfach ein verstärktes Infanteriebataillon oder können da auch mal mehrere InfBtl gemeinsam geführt werden und falls ja: von wem?
Zitat:Und ein Teil der Truppen rotiert ständig damit er Ruhe hat.Ganz wichtig. In einem andauernden Krieg sind das dann Ruhephasen zur Regenration, während sie im Frieden eben die Phasen geringer Bereitschaft zur Umrüstung o.ä. darstellen. Das spricht für mich ja bekanntlich gegen eine starr binäre Struktur. Die flexibilisierte Variante könnte dem aber natürlich Rechnung tragen.
Zitat:zzgl. etlicher selbstständiger Kompanien die überwieged der Aufklärung dienen.Durch die hohe Verbreitung von Drohnen auf allen Ebenen würde ich davon ausgehen, dass diese Aufklärungselemente eigentlich nur der Führungsunterstützung direkt dienen, also unter das fallen, was wir als C4ISTAR betrachten. Die eigentliche Aufklärungsarbeit in der Breite leisten die Unmengen von Drohnen.
Zitat:Besonders auffällig ist der sehr hohe Anteil von Fernkampfmitteln / Kampfunterstützung und der sehr hohe Infanterie-Anteil. Damit tritt die stark defensive Struktur dieser Brigade klar zum Vorschein.Nicht zu vergessen die Ausgestaltung des Schlachtfelds, die durch Minen und Drohnen die mechanisierte Kriegsführung nahezu zum Erliegen gebracht hat. Es ist halt ein Krieg der Infanterie und der Fernwaffen.
Zitat:Zum Panzer-Bat sollte man noch anmerken, dass dieses praktisch auch meist wie Artillerie eingesetzt wird und de facto das Feuer der Mörser und Drohnen vorne verdichtet, in Form einer Art Feldartillerie. Auch für Infanterie-Brigaden der Bundeswehr, insbesondere aber für die mittleren Kräfte wäre dies meiner Meinung nach eine Blaupause.Du willst Kampfpanzer als Feldartillerie bei den mKr verwenden? Oder sind das separate Aussagen?
Bei den mKr tu' ich mich etwas schwer mit dieser Struktur, weil ich für uns einfach keinen Anlass für einen so großen mKr-Verband sehe, auch nicht als Korpsreserve. Die Briten könnten sowas gebrauchen, aber wir?
Man könnte nur den Grundgedanken übernehmen, dann aber im kleineren Rahmen.
Für die DSK könnte ich mir sowas allerdings auch in dieser Dimension vorstellen. 5-6 eigenständige, für sich allein kampffähige, verstärkte Bataillone bzw. Regimenter, dazu Unterstützer, die wiederum auch eigenständig einsetzbar sind. Transportbtl, Kampfpanzer und Artillerie werden durch Helikopter ersetzt, die Stäbe von LL1 und X23 könnten dabei dann flexibel zusammengesetzte Kampfgruppen führen.
Zitat:Damit das jedoch im Einsatz funktioniert (und auch Azov hat regelmäßig Probleme deswegen, trotz aller praktischen Kriegserfahrung), müssen die Truppen besonders gut ausgebildet, besonders erfahren und von einem besonderen Korps-Geist seinGerade das spricht mMn dagegen, das auf die mKr anzuwenden und stattdessen dafür, es bei den lKr zu nutzen. Denn weiter auseinander als diese beiden Kategorien könnten Selbstverständnis, Erfahrung und Ausbildungsqualität ja kaum liegen.
Die mKr werden bei uns aufgestellt aus Angehörigen anderer Truppengattungen, die sich allesamt schwer damit tun, ihren angestammten Ethos abzulegen und sich auf dieses neue Konzept, das noch gar keins ist, überhaupt einzulassen. Die Tatsache, dass die mKr sich auch weiterhin aus Jägern und Panzergrenadieren zusammensetzen werden, spricht doch eigentlich Bände, was die Chancen auf eine eigene Identität dieser Kategorie angeht. Wenn schon die Kampftruppenbataillone einer Brigade sich voneinander abgrenzen, indem sie die gleiche Waffe in unterschiedliche Türme einbauen, dann ist da der erforderliche Korpsgeist für so ein Konzept wohl kaum zu generieren.
Bei den lKr sehe ich das komplett gegensätzlich. Da gibt es zwar auch Unterschiede im Selbstverständnis, aber die lassen sich auf das jeweilige Bataillon/Regiment beschränkt runterbrechen auf ein "gesundes" Niveau.
Ich glaube, es wird man wieder Zeit für ein Wunschkonzert.
