Gestern, 11:00
Broensen:
Du wirst lachen, aber auch das habe ich früher schon mal propagiert. Und ja, dass wäre noch besser, aber auch anspruchsvoller, noch unkonventioneller und noch weiter weg von "realistischen" Bundeswehr-Strukturen. Eine modulare Struktur, in welcher die Brigade-Stäbe als Führungshilfsmittel der Division welchselnd zusammen gesetzte Kampfgruppen führen, wäre ein theoretisches Ideal.
Warum bin ich davon im Laufe der Zeit überhaupt wieder abgekommen? Weil man ganz schnell theoretische Idealstrukturen hat, die im Einsatz die Menschen überfordern. Eine steifere, dafür organische Struktur, in welcher bereits im Friedensbetrieb alles so zusammen gestellt ist, wie es auch eingesetzt wird, ist nicht so elegant, bietet nicht so viele Möglichkeiten, ist aber nochmals einfacher, schlichter und weniger störanfällig. Und entliche Simulationen und Überlegungen von meiner Seite kamen zu dem Schluss, dass solche organischen Einheiten schneller sind und du weißt ja, wie besessen ich von Geschwindigkeit bin.
Dessen ungeachtet ja, da wäre ich sofort dabei und theoretisch wären das Idealstrukturen.
Aber um in diesem Kontext mal erneut ein wenig in Vergessenheit geratene Bundeswehr-Geschichte aufzuwärmen:
Im 2WK war man noch davon ausgegangen, dass Korps und Divisionen durch weite Räume vorstoßen müssen in welchen sie vorübergehend kaum oder keine Feindberührung haben, weshalb man Aufklärung für diese Räume notwendig hielt (also exakt das was du hier beschreibst). Entsprechend schuf man eine ganze Reihe von Spezialaufklärungseinheiten, beispielsweise PzAufkl.Kp bei den Inf.Div., Pz.Aufkl.Bat. bei den Pz.Div. und Pz.Aufkl.Rgt. bei den Korps. Auch die USA und andere stellten sich diesem Vorbild folgend so auf. Die Idee war, dass diese Truppen in den "leeren" Räumen um das Korps herum Aufklärung und den damals als Gegenaufklärung beschriebenen Auftrag der Bekämpfung feindlicher Aufklärung betreiben. Analysen zum Kriegsende hin sowie in der frühen Bundeswehr von der Fraktion bei den Aufklärern die "Russen" genannt wurden (also Veteranen der Ostfront) zeigten jedoch auf, dass nur 2% der Einsätze Aufklärung in diesem Sinne waren. Exakt das führte dazu, dass man beispielsweise in den USA dazu überging diese Einheiten gar nicht mehr als Aufklärer zu betrachten und sie in Armoured Cavalry umbenannte (vorher wurde explizit der Begriff Reconaissance verwendet).
Die "Russen" konnten sich in der frühen Bundeswehr jedoch nicht durchsetzen, und entstand auf deutscher Seite ein uklarer Kompromiss, bei welchen Teile ihrer Theorien umgesetzt wurden, aber nicht konsequent, sondern in einem Zwittergebilde. Von Manstein und andere Vordenker schlugen damals der frühen Bundeswehr vor, diese Einheiten gezielt zu Kampfeinheiten weiter zu entwickeln, mit der Begründung, dass Aufklärung von Panzern aus nicht eine Spezialangelegenheit einer besonderen Truppe ist, und daher die Betrauung von Spezialverbänden mit dieser Tätigkeit grundsätzlich als verfehlt angesehen werden muss. Sie konnten sich jedoch nicht durchsetzen und der Kompromiss in welchem beide Fraktionen bei den Aufklärern Teile ihrer Ansichten durchsetzen konnten blieb bestehen. Die Idee der "Russen", wie auch von Vordenkern wie beispielsweise von Senger und Etterlin war es im weiteren in der frühen Bundeswehr, die Panzeraufklärer durch einen besonders schnellen Verband von Panzergrenadieren zu ersetzen. Dabei wurde ein schneller Schützenpanzer gefordert, der zugleich als eine Einheitsplattform auch für Mörser, Leichtgeschütze jeden Kalibers, Stabs-, Funk- und Spähfahrzeuge sowie für FlaK verwendet wird. Um das mal zeitlich einzuordnen: wir sprechen hier vom Jahr 1959 ! Keiner dieser Vorschläge wurde auch nur ernsthaft geprüft, stattdessen übernahmen die Offiziere welche im Krieg primär mit Stabs- und Verwaltungsaufgaben beschäftigt gewesen waren, die Bürokraten und systemisch korrupte Politiker. Soviel zu den Anfängen der Panzeraufklärung bei der Bundeswehr.
Dann noch ein Punkt zu den ersten Divisionen der Bundeswehr, in der Gliederung von 1956 bis 1959. Als erstes wurde in dieser Zeit die 3. und die 5. Panzer-Division in diese Struktur gebracht. Und jetzt kommts (!) - damals war aufgrund der Kriegserfahrungen eine Zitat: "Offene Kampfgruppengliederung" vorgesehen.
Drei sogenannte Kampfgruppenstäbe sollten wahlweise (modular) die truppendienstlich und logistisch völlig selbstständigen Bataillone führen. Man sprach anfangs von sogenannten selbstständigen Bataillonen, diese waren also im Vergleich zu normalen Bataillonen verstärkt. Beispielsweise umfasste ein typisches Panzergrenadier-Bataillone damals 1000 Mann und hatte eine verstärkte Versorgungs- und Transportkompanie. Die Division sollte im wesentlichen neun Bataillone umfassen, davon drei Panzer-Bataillone, drei Panzergrenadier-Bataillone und drei Panzerartillerie-Bataillone. Diese Struktur wurde nie vollständig fertig gestellt, beispielsweise weil es noch an Schützenpanzern fehlte. Wohlgemerkt: es gab in dieser Struktur nicht einmal Brigaden, sondern die jeweiligen Kampfgruppen wären aus den Bataillonen nach Bedarf zusammen gestellt wurden. Diese Gliederung entsprach am ehesten den Kriegserfahrungen und den von praktischen Truppenführern gestellten Anforderungen an Flexibilität und Geschwindigkeit sowie Versorgung. Man wollte aber dann ursprünglich auch mehr Divisionen aufstellen, weil dies insgesamt kompakter gewesen wären. Politisch wurde man jedoch auf 12 Divisionen beschränkt, mit der gleichzeitigen Forderung eines größeren Heeres (Forderung von Bürokraten und systemisch korrupten Politikern und den beiden hörigen Stabsoffizieren die schon im Krieg nur Kladdenhalter gewesen waren).
Im Jahr 1959 kam man dann deshalb auf die Idee, anstelle der Division die Brigade als operativ selbstständigen Verband treten zu lassen. Dies sollte dadurch erreicht werden, dass man bereits auf Brigade-Ebene alle Waffengattungen mischte und die Brigaden logistisch unabhängig machte. Dabei war es der Vorschlag von Mansteins, diese Brigaden mit der inneren Struktur einer Division zu versehen, um dadurch de facto Mini-Divisionen zu erzeugen, um so innerhalb des steifen Korsetts der 12 Divisionen viel mehr operativ selbstständige Großkampfverbände zu haben. Und auch hier kam es erneut zu einem Kompromiss. Man tat erneut nichts halbes und nichts ganzes. Aufgrund der mit der NATO getroffenen Vereinbarungen und jetzt bei 5 Panzergrenadier-Bataillonen pro Division statt vorher 3, mussten 50 Panzergrenadier-Bataillone aufgestellt werden. Dies führte dazu, dass man die vorherigen großen "Bataillone" mit ihren 1000 Mann aufspaltete um neue Bataillone zu bilden und damit zu kleineren Bataillonen und dem Verlust der selbstständigkeit der Bataillone. Die Gliederung der neuen Bataillone führte daher zu einer drastischen Verkürzung des Personalstandes und wurde damit der Ursprung der heutigen Bataillone. Um das nochmal zu betonen: Anfangs planten die Offiziere mit Kriegserfahrung in der frühen Bundeswehr stärkere "Bataillone" welche truppendienstlich wie logistisch selbstständig waren. Daraus wuchs dann stattdessen dass, was wir bis heute so durchziehen.
Das ganze hatte noch eine interessante Fehlentwicklung zur Folge: entgegen der Zielsetzung, mit den Brigaden von 1959 an operativ selbstständige Großkampfverbände zu schaffen, wurde auch diese Idee nie wirklich konsequent durchgesetzt. So entstanden Brigaden die eben nicht zum Kampof der verbundenen Waffen in allen Kampfarten befähigt waren. Und die trotzdem wegen dieser originären Zielsetzung für eine Brigade de facto überladen waren. Und das pflanzte sich dann halt eben fort zu überladenen Divisionen und dann zur Kalter Krieg Struktur der deutschen Divisionen und Korps. Noch eine vielleicht interessante Information: Ursprünglich wollte man 1959 keine Panzer- und Panzergrenadier-Divisionen, sondern eine Einheits-Division, so dass zumindest 10 der Divisionen der Bundeswehr alle völlig gleich aufgebaut gewesen wären. Auch dies wurde nie praktisch umgesetzt und schließlich alsbald aufgegeben. Dennoch verteilte man die verfügbaren Panzer-Bataillone in dieser Zeit wegen dieser Zielsetzung relativ gleichförmig auf die Divisionen. Das Ergebnis war, dass das Verhältnis von Panzern zu Panzergrenadieren ständig im Ungleichgewicht war und nicht mehr den Kriegserfahrungen entsprach. Dies wollte man dann damit lösen, dass man dort wo entsprechende Infanterie fehlte diese von extern zugeführt wird und verschlimmbesserte damit die Lage noch mehr, weil zum einen die Divisionen damit noch schwerfälliger wurden, und zum anderen die enge Kampfgemeinschaft von Panzergrenadieren und Panzern durch eine Zusammenstellung nicht ersetzt werden kann. Und von da ausgehend wuchs dann langsam und organisch die Kalter Krieg Struktur der Bundeswehr und daraus die heutigen Strukturen.
Willkommen in der Welt der Fahne anstelle der Kompanie und der verstärkten Züge welche diese direkt bilden. Aber wie gesagt und über viele Jahre schon oft diskutiert: alles weit weit weg von dem was realistisch machbar wäre.
Allein schon die Struktur nur mit real existierenden Einheiten (zuzüglich ganz weniger zusätzlicher Einheiten) welche ich hier eingestellt habe - wäre bereits praktisch nicht machbar, weil diese Organisation nicht dazu in der Lage wäre sie einzunehmen.
Wir sind hier damit längst im Wunschkonzert, aber warum auch nicht. Da real praktisch ja rein gar nichts geht in Bezug auf gar nichts.
Ja richtig. Meine Vorstellungen mechanisierter Kriegsführung unterscheiden sich etwas von dem was die NATO heute nach US Vorstellungen vorsieht und was noch an unseligem "Panzergeist" in der Bundeswehr herumspukt.
Man müsste bereits damit anfangen darüber zu reden was Ausdauer hier konkret bedeutet?! Wenn ein Fahrzeug relativ statisch in einem bestimmten Gebiet bleibt, dann nützt seine hohe Reichweite was den Tank angeht nichts und kann diese Aufklärungsleistung anders besser erbracht werden. Ist es hingegen recht mobil und wechselt weiträumig und schnell die Stellung, stellt sich die Frage, warum man das tun sollte und inwiefern man sich nicht damit selbst angreifbar macht. Sprechen wir hingegen von derart feindfreien Räumen, dass eine ständige Mobilität ohne Gefährdung machbar ist, stellt sich die Frage, wozu wir in solchen Räumen einen dezidierten Panzer benötigen und dies nicht mit leichteren, ungepanzerten Fahrzeugen mit geringerer Signatur ganz genau so leisten können, welche die gleiche Reichweite haben etc.
Aber um es abzukürzen: für die Überwachung großer Räume ist die Art von Truppen besser geeignet, die mit geringerem Aufwand größere Anteile dieser Räume überwachen kann. Und da wir hier von "leeren" Räumen sprechen, heißt das heute Drohnen. Es macht einfach gar keinen Sinn hier am Boden ein Fahrzeug dafür vorzuhalten. Wo man aus spezifischen Geländeeigenheiten noch Kräfte am Boden benötigt, kann man Bodendrohnen dafür einsetzen in Kombination mit (ultra)leichter Infanterie. Und diese ist in solchem Gelände nochmals deutlich beweglicher und ausdauernder als ein Spähpanzer. Wenn es dir also um Ausdauer geht: genau solche Aufgaben wären beispielsweise etwas was Drohnen und Fernspäher übernehmen können (und würde zugleich die Frage klären, wozu man überhaupt noch Fernspäher einsetzt und vorhält).
Das ist meiner Ansicht nach widersprüchlich formuliert (Warum sollten sie den Vorteil der Leichtigkeit verlieren?). Warum sollten beispielsweise Fernspäher welche in solchen Räumen mit Motorrädern mit 500km Reichweite verlegen den Vorteil der Leichtigkeit nicht mehr haben? Darüber hinaus kann man sie leicht per Drohne mit weiterem Sprit versorgen. Und darüber hinaus den Raum mit Drohnen überwachen, was insbesondere auch gegen feindliche Drohnen in diesem Raum relevant wäre.
Denn wie schützt sich ein Luchs 2 eigentlich aus eigener Kraft gegen feindliche Drohnen in solchen Räumen ?! Schon sind wir wieder dabei, dass man ihn entsprechend für Luftabwehr befähigen muss, oder FlaK mitgeben muss usw. Statt einfach ein paar Späher auf Zweirad und Drohnen in diesem Raum zu haben, welche sowohl ausdauernder sind, als auch eine geringere Signatur haben, als auch eine bessere Aufklärungsleistung generieren. (hat übrigens seinen Grund warum ich als Korps-Truppe (!) in der maximal realistischen Struktur ganz oben als erstes ein sogenanntes Fernaufklärungs-Bataillon anführe und dem folgend Drohnen-Bataillone (!)
In bestimmten Fällen könnte man sie mit Motorrädern durchaus auch einfach per Heli verlegen, und dem folgend fahren sie in den Bereich des risikoreicheren Luftraumes dann einfach auf Zweirad vor. Rein persönlich halte ich die Verlegung per Heli in solchen "leeren" Räumen übrigens nicht für zu risikoreich. Aber sie wird in vielen Fällen nicht einmal notwendig sein. Es würden bereits ein paar Motorräder, Drohnen und etwaig ein paar Maultiere genügen.
In unserer Auto- und motorisierten Mobilitätswelt ist es für die meisten nicht vorstellbar, wie mobil man zur Fuß sein kann und wenig die Vorteile der Motorisierung sein können. Einfach weil es kontraintuitiv ist. Man stellt sich vor, dass man im Krieg mal einfach 100 km innerhalb von zwei Stunden vorrast, aber so läuft es nicht. Stattdessen bewegen sich Großkampfverbände verblüffend langsam, obwohl jedes ihrer Fahrzeuge immens schnell sein könnte. Das ist einer dieser Widersprüche des modernen Krieges der wenig verstanden wird.
Man glaubt immer, dass mehr Fahrzeuge automatisch mehr Geschwindigkeit und mehr Mobilität bedeutet und mehr Kampfkraft. Tatsächlich aber kann ein Übermaß an Fahrzeugen die Mobilität sogar reduzieren.
Ja natürlich. Da sind wir einer Ansicht.
Zitat:Wenn es sich bei der Division mit zwei Brigaden defacto um eine Karreedivision mit zusätzlichen Führungselementen handelt, dann würde ich das auch weiter ausnutzen wollen und würde die Unterstellungen dieser Brigadestäbe flexibilisieren, statt eine starr-binäre Division-Brigade Struktur aufzustellen. Warum dann nicht einfach zwei Brigadestäbe vorhalten, die Verfügbarkeits- und Auftrags-spezifisch ihre Truppen zusammenstellen? Dann kann z.B. auch mal eine Brigade aus drei sKr-Verbänden bestehen, während die andere nur Drohnen und lKr führt und der vierte Verband die Reserve bildet. Man könnte dann sogar meinen Ansatz von Bereitschaftsrotation in verstärkten Friedensstrukturen auf diese Binärstruktur anwenden und einer Division fünf Kampftruppenverbände geben, von denen immer einer raus rotieren kann, ohne die Struktur zu stören. Und hat man alle aktiv, bildet dieser die Divisions-Reserve. Es böten sich enorme Möglichkeiten, flexibel auf verschiedene Umstände und Anforderungen zu reagieren, ohne dass die Führung der Division zu schwerfällig wird.
Du wirst lachen, aber auch das habe ich früher schon mal propagiert. Und ja, dass wäre noch besser, aber auch anspruchsvoller, noch unkonventioneller und noch weiter weg von "realistischen" Bundeswehr-Strukturen. Eine modulare Struktur, in welcher die Brigade-Stäbe als Führungshilfsmittel der Division welchselnd zusammen gesetzte Kampfgruppen führen, wäre ein theoretisches Ideal.
Warum bin ich davon im Laufe der Zeit überhaupt wieder abgekommen? Weil man ganz schnell theoretische Idealstrukturen hat, die im Einsatz die Menschen überfordern. Eine steifere, dafür organische Struktur, in welcher bereits im Friedensbetrieb alles so zusammen gestellt ist, wie es auch eingesetzt wird, ist nicht so elegant, bietet nicht so viele Möglichkeiten, ist aber nochmals einfacher, schlichter und weniger störanfällig. Und entliche Simulationen und Überlegungen von meiner Seite kamen zu dem Schluss, dass solche organischen Einheiten schneller sind und du weißt ja, wie besessen ich von Geschwindigkeit bin.
Dessen ungeachtet ja, da wäre ich sofort dabei und theoretisch wären das Idealstrukturen.
Aber um in diesem Kontext mal erneut ein wenig in Vergessenheit geratene Bundeswehr-Geschichte aufzuwärmen:
Im 2WK war man noch davon ausgegangen, dass Korps und Divisionen durch weite Räume vorstoßen müssen in welchen sie vorübergehend kaum oder keine Feindberührung haben, weshalb man Aufklärung für diese Räume notwendig hielt (also exakt das was du hier beschreibst). Entsprechend schuf man eine ganze Reihe von Spezialaufklärungseinheiten, beispielsweise PzAufkl.Kp bei den Inf.Div., Pz.Aufkl.Bat. bei den Pz.Div. und Pz.Aufkl.Rgt. bei den Korps. Auch die USA und andere stellten sich diesem Vorbild folgend so auf. Die Idee war, dass diese Truppen in den "leeren" Räumen um das Korps herum Aufklärung und den damals als Gegenaufklärung beschriebenen Auftrag der Bekämpfung feindlicher Aufklärung betreiben. Analysen zum Kriegsende hin sowie in der frühen Bundeswehr von der Fraktion bei den Aufklärern die "Russen" genannt wurden (also Veteranen der Ostfront) zeigten jedoch auf, dass nur 2% der Einsätze Aufklärung in diesem Sinne waren. Exakt das führte dazu, dass man beispielsweise in den USA dazu überging diese Einheiten gar nicht mehr als Aufklärer zu betrachten und sie in Armoured Cavalry umbenannte (vorher wurde explizit der Begriff Reconaissance verwendet).
Die "Russen" konnten sich in der frühen Bundeswehr jedoch nicht durchsetzen, und entstand auf deutscher Seite ein uklarer Kompromiss, bei welchen Teile ihrer Theorien umgesetzt wurden, aber nicht konsequent, sondern in einem Zwittergebilde. Von Manstein und andere Vordenker schlugen damals der frühen Bundeswehr vor, diese Einheiten gezielt zu Kampfeinheiten weiter zu entwickeln, mit der Begründung, dass Aufklärung von Panzern aus nicht eine Spezialangelegenheit einer besonderen Truppe ist, und daher die Betrauung von Spezialverbänden mit dieser Tätigkeit grundsätzlich als verfehlt angesehen werden muss. Sie konnten sich jedoch nicht durchsetzen und der Kompromiss in welchem beide Fraktionen bei den Aufklärern Teile ihrer Ansichten durchsetzen konnten blieb bestehen. Die Idee der "Russen", wie auch von Vordenkern wie beispielsweise von Senger und Etterlin war es im weiteren in der frühen Bundeswehr, die Panzeraufklärer durch einen besonders schnellen Verband von Panzergrenadieren zu ersetzen. Dabei wurde ein schneller Schützenpanzer gefordert, der zugleich als eine Einheitsplattform auch für Mörser, Leichtgeschütze jeden Kalibers, Stabs-, Funk- und Spähfahrzeuge sowie für FlaK verwendet wird. Um das mal zeitlich einzuordnen: wir sprechen hier vom Jahr 1959 ! Keiner dieser Vorschläge wurde auch nur ernsthaft geprüft, stattdessen übernahmen die Offiziere welche im Krieg primär mit Stabs- und Verwaltungsaufgaben beschäftigt gewesen waren, die Bürokraten und systemisch korrupte Politiker. Soviel zu den Anfängen der Panzeraufklärung bei der Bundeswehr.
Dann noch ein Punkt zu den ersten Divisionen der Bundeswehr, in der Gliederung von 1956 bis 1959. Als erstes wurde in dieser Zeit die 3. und die 5. Panzer-Division in diese Struktur gebracht. Und jetzt kommts (!) - damals war aufgrund der Kriegserfahrungen eine Zitat: "Offene Kampfgruppengliederung" vorgesehen.
Drei sogenannte Kampfgruppenstäbe sollten wahlweise (modular) die truppendienstlich und logistisch völlig selbstständigen Bataillone führen. Man sprach anfangs von sogenannten selbstständigen Bataillonen, diese waren also im Vergleich zu normalen Bataillonen verstärkt. Beispielsweise umfasste ein typisches Panzergrenadier-Bataillone damals 1000 Mann und hatte eine verstärkte Versorgungs- und Transportkompanie. Die Division sollte im wesentlichen neun Bataillone umfassen, davon drei Panzer-Bataillone, drei Panzergrenadier-Bataillone und drei Panzerartillerie-Bataillone. Diese Struktur wurde nie vollständig fertig gestellt, beispielsweise weil es noch an Schützenpanzern fehlte. Wohlgemerkt: es gab in dieser Struktur nicht einmal Brigaden, sondern die jeweiligen Kampfgruppen wären aus den Bataillonen nach Bedarf zusammen gestellt wurden. Diese Gliederung entsprach am ehesten den Kriegserfahrungen und den von praktischen Truppenführern gestellten Anforderungen an Flexibilität und Geschwindigkeit sowie Versorgung. Man wollte aber dann ursprünglich auch mehr Divisionen aufstellen, weil dies insgesamt kompakter gewesen wären. Politisch wurde man jedoch auf 12 Divisionen beschränkt, mit der gleichzeitigen Forderung eines größeren Heeres (Forderung von Bürokraten und systemisch korrupten Politikern und den beiden hörigen Stabsoffizieren die schon im Krieg nur Kladdenhalter gewesen waren).
Im Jahr 1959 kam man dann deshalb auf die Idee, anstelle der Division die Brigade als operativ selbstständigen Verband treten zu lassen. Dies sollte dadurch erreicht werden, dass man bereits auf Brigade-Ebene alle Waffengattungen mischte und die Brigaden logistisch unabhängig machte. Dabei war es der Vorschlag von Mansteins, diese Brigaden mit der inneren Struktur einer Division zu versehen, um dadurch de facto Mini-Divisionen zu erzeugen, um so innerhalb des steifen Korsetts der 12 Divisionen viel mehr operativ selbstständige Großkampfverbände zu haben. Und auch hier kam es erneut zu einem Kompromiss. Man tat erneut nichts halbes und nichts ganzes. Aufgrund der mit der NATO getroffenen Vereinbarungen und jetzt bei 5 Panzergrenadier-Bataillonen pro Division statt vorher 3, mussten 50 Panzergrenadier-Bataillone aufgestellt werden. Dies führte dazu, dass man die vorherigen großen "Bataillone" mit ihren 1000 Mann aufspaltete um neue Bataillone zu bilden und damit zu kleineren Bataillonen und dem Verlust der selbstständigkeit der Bataillone. Die Gliederung der neuen Bataillone führte daher zu einer drastischen Verkürzung des Personalstandes und wurde damit der Ursprung der heutigen Bataillone. Um das nochmal zu betonen: Anfangs planten die Offiziere mit Kriegserfahrung in der frühen Bundeswehr stärkere "Bataillone" welche truppendienstlich wie logistisch selbstständig waren. Daraus wuchs dann stattdessen dass, was wir bis heute so durchziehen.
Das ganze hatte noch eine interessante Fehlentwicklung zur Folge: entgegen der Zielsetzung, mit den Brigaden von 1959 an operativ selbstständige Großkampfverbände zu schaffen, wurde auch diese Idee nie wirklich konsequent durchgesetzt. So entstanden Brigaden die eben nicht zum Kampof der verbundenen Waffen in allen Kampfarten befähigt waren. Und die trotzdem wegen dieser originären Zielsetzung für eine Brigade de facto überladen waren. Und das pflanzte sich dann halt eben fort zu überladenen Divisionen und dann zur Kalter Krieg Struktur der deutschen Divisionen und Korps. Noch eine vielleicht interessante Information: Ursprünglich wollte man 1959 keine Panzer- und Panzergrenadier-Divisionen, sondern eine Einheits-Division, so dass zumindest 10 der Divisionen der Bundeswehr alle völlig gleich aufgebaut gewesen wären. Auch dies wurde nie praktisch umgesetzt und schließlich alsbald aufgegeben. Dennoch verteilte man die verfügbaren Panzer-Bataillone in dieser Zeit wegen dieser Zielsetzung relativ gleichförmig auf die Divisionen. Das Ergebnis war, dass das Verhältnis von Panzern zu Panzergrenadieren ständig im Ungleichgewicht war und nicht mehr den Kriegserfahrungen entsprach. Dies wollte man dann damit lösen, dass man dort wo entsprechende Infanterie fehlte diese von extern zugeführt wird und verschlimmbesserte damit die Lage noch mehr, weil zum einen die Divisionen damit noch schwerfälliger wurden, und zum anderen die enge Kampfgemeinschaft von Panzergrenadieren und Panzern durch eine Zusammenstellung nicht ersetzt werden kann. Und von da ausgehend wuchs dann langsam und organisch die Kalter Krieg Struktur der Bundeswehr und daraus die heutigen Strukturen.
Zitat:Bis ganz unten setzt sich das aber nicht fort, oder würdest du binäre Züge und Kompanien vorsehen? Bzw. dann Halbzüge und Staffeln zusätzlich einziehen?
Willkommen in der Welt der Fahne anstelle der Kompanie und der verstärkten Züge welche diese direkt bilden. Aber wie gesagt und über viele Jahre schon oft diskutiert: alles weit weit weg von dem was realistisch machbar wäre.Allein schon die Struktur nur mit real existierenden Einheiten (zuzüglich ganz weniger zusätzlicher Einheiten) welche ich hier eingestellt habe - wäre bereits praktisch nicht machbar, weil diese Organisation nicht dazu in der Lage wäre sie einzunehmen.
Wir sind hier damit längst im Wunschkonzert, aber warum auch nicht. Da real praktisch ja rein gar nichts geht in Bezug auf gar nichts.
Zitat:Das ist aber wohl auch der Widerspruch zwischen deiner Vorstellung mechanisierter Gefechtsführung und der in der NATO/BW derzeit für einen Krieg in Osteuropa zu erwartenden Realität.
Ja richtig. Meine Vorstellungen mechanisierter Kriegsführung unterscheiden sich etwas von dem was die NATO heute nach US Vorstellungen vorsieht und was noch an unseligem "Panzergeist" in der Bundeswehr herumspukt.
Zitat:Es geht dabei weniger um den Kampfkraftvergleich, sondern eher darum, welche Art von Truppen besser geeignet ist, große Räume zu überwachen. Dabei sind dann ausdauernde Fahrzeuge ein erheblicher Vorteil.
Man müsste bereits damit anfangen darüber zu reden was Ausdauer hier konkret bedeutet?! Wenn ein Fahrzeug relativ statisch in einem bestimmten Gebiet bleibt, dann nützt seine hohe Reichweite was den Tank angeht nichts und kann diese Aufklärungsleistung anders besser erbracht werden. Ist es hingegen recht mobil und wechselt weiträumig und schnell die Stellung, stellt sich die Frage, warum man das tun sollte und inwiefern man sich nicht damit selbst angreifbar macht. Sprechen wir hingegen von derart feindfreien Räumen, dass eine ständige Mobilität ohne Gefährdung machbar ist, stellt sich die Frage, wozu wir in solchen Räumen einen dezidierten Panzer benötigen und dies nicht mit leichteren, ungepanzerten Fahrzeugen mit geringerer Signatur ganz genau so leisten können, welche die gleiche Reichweite haben etc.
Aber um es abzukürzen: für die Überwachung großer Räume ist die Art von Truppen besser geeignet, die mit geringerem Aufwand größere Anteile dieser Räume überwachen kann. Und da wir hier von "leeren" Räumen sprechen, heißt das heute Drohnen. Es macht einfach gar keinen Sinn hier am Boden ein Fahrzeug dafür vorzuhalten. Wo man aus spezifischen Geländeeigenheiten noch Kräfte am Boden benötigt, kann man Bodendrohnen dafür einsetzen in Kombination mit (ultra)leichter Infanterie. Und diese ist in solchem Gelände nochmals deutlich beweglicher und ausdauernder als ein Spähpanzer. Wenn es dir also um Ausdauer geht: genau solche Aufgaben wären beispielsweise etwas was Drohnen und Fernspäher übernehmen können (und würde zugleich die Frage klären, wozu man überhaupt noch Fernspäher einsetzt und vorhält).
Zitat:Natürlich könnte man auch leichte Kräfte ohne Spähpanzer dafür passend ausstatten, keine Frage. Nur hätten die dann auch nicht mehr den Vorteil der Leichtigkeit, weil sie ja eben an diese Fahrzeuge gebunden wären........... Ohne diese jedoch, könnten sie bei weitem nicht so schnell und effizient disloziert aufklären und eingreifen, wie die Luchs-Truppe.
Das ist meiner Ansicht nach widersprüchlich formuliert (Warum sollten sie den Vorteil der Leichtigkeit verlieren?). Warum sollten beispielsweise Fernspäher welche in solchen Räumen mit Motorrädern mit 500km Reichweite verlegen den Vorteil der Leichtigkeit nicht mehr haben? Darüber hinaus kann man sie leicht per Drohne mit weiterem Sprit versorgen. Und darüber hinaus den Raum mit Drohnen überwachen, was insbesondere auch gegen feindliche Drohnen in diesem Raum relevant wäre.
Denn wie schützt sich ein Luchs 2 eigentlich aus eigener Kraft gegen feindliche Drohnen in solchen Räumen ?! Schon sind wir wieder dabei, dass man ihn entsprechend für Luftabwehr befähigen muss, oder FlaK mitgeben muss usw. Statt einfach ein paar Späher auf Zweirad und Drohnen in diesem Raum zu haben, welche sowohl ausdauernder sind, als auch eine geringere Signatur haben, als auch eine bessere Aufklärungsleistung generieren. (hat übrigens seinen Grund warum ich als Korps-Truppe (!) in der maximal realistischen Struktur ganz oben als erstes ein sogenanntes Fernaufklärungs-Bataillon anführe und dem folgend Drohnen-Bataillone (!)
Zitat:Man könnte sie natürlich mit Helikoptern ausstatten, aber das ist einerseits teurer und Ressourecen-fressender als die Luchse und andererseits auch auf eine Sicherheit des Luftraums angewiesen, die nicht unbedingt gegeben sein muss.
In bestimmten Fällen könnte man sie mit Motorrädern durchaus auch einfach per Heli verlegen, und dem folgend fahren sie in den Bereich des risikoreicheren Luftraumes dann einfach auf Zweirad vor. Rein persönlich halte ich die Verlegung per Heli in solchen "leeren" Räumen übrigens nicht für zu risikoreich. Aber sie wird in vielen Fällen nicht einmal notwendig sein. Es würden bereits ein paar Motorräder, Drohnen und etwaig ein paar Maultiere genügen.
In unserer Auto- und motorisierten Mobilitätswelt ist es für die meisten nicht vorstellbar, wie mobil man zur Fuß sein kann und wenig die Vorteile der Motorisierung sein können. Einfach weil es kontraintuitiv ist. Man stellt sich vor, dass man im Krieg mal einfach 100 km innerhalb von zwei Stunden vorrast, aber so läuft es nicht. Stattdessen bewegen sich Großkampfverbände verblüffend langsam, obwohl jedes ihrer Fahrzeuge immens schnell sein könnte. Das ist einer dieser Widersprüche des modernen Krieges der wenig verstanden wird.
Man glaubt immer, dass mehr Fahrzeuge automatisch mehr Geschwindigkeit und mehr Mobilität bedeutet und mehr Kampfkraft. Tatsächlich aber kann ein Übermaß an Fahrzeugen die Mobilität sogar reduzieren.
Zitat:Dementsprechend können wir uns ja zumindest auf eins verständigen:.........Wobei ich das nicht nur auf Drohnen begrenzt sehen, sondern auch andere Aufklärung-, Artillerie und Kampftruppen mit einbeziehen würde.
Ja natürlich. Da sind wir einer Ansicht.
