Meckern über Deutsch-französische Rüstungsprojekte
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(23.06.2025, 00:30)muck schrieb: Erstens ist die Rafale beileibe nicht so großartig, wie Trappier vorgibt (und nein, ich beziehe mich nicht auf das Gefecht zwischen Indien und Pakistan); zweitens kann natürlich nur Dassault "so etwas wie die Rafale bauen", genauso, wie bspw. nur Eurofighter so etwas wie die Typhoon bauen kann; und drittens soll Dassault hier ein völlig anderes Produkt abliefern als die Rafale.

Erstens ist Trappier der erste Verkäufer seiner Firma, er versucht sein Produkt genauso im besten Licht zu präsentieren wie alle anderen auch. Wieso sollte zweitens Dassault nicht so etwas wie den Eurofighter bauen können wenn sie es wollten und die Mittel zur Verfügung ständen? Umgekehrt ist das tatsächlich etwas anderes, und das ist in meinen Augen ein entscheidender Punkt, ich gehe gleich noch darauf ein. Und drittens geht es doch nicht darum, die Rafale noch mal zu bauen; das weiß auch Trappier und deshalb finde ich deine Interpretation irritierend. Für das, was du nach seinen Aussagen für offensichtlich hältst, fehlt meines Erachtens nicht nur jegliche Basis, es deckt sich auch nicht mit den sonstigen Aussagen und den generellen Problemen in der Zusammenarbeit bei diesem Projekt.

Zum ersten und dritten Punkt, Dassault hat genug Ausschreibungen gegen die F-35 verloren, Trappier weiß selbst, welche Defizite die Rafale aufweist und kann hinreichend erahnen, wie die Situation in zehn oder zwanzig Jahren auf dem Schlachtfeld und dem Weltmarkt aussehen wird. Aus diesem Grund ist es auch verständlich, dass er auf eine souveräne, über das Kampfflugzeug hinausgehende, leistungsfähige und exporttaugliche Lösung abzielt, die zudem möglichst schnell umgesetzt und dauerhaft fortentwickelt werden kann - denn genau das braucht Dassault, und er ist letztlich nur seiner Firma verpflichtet. Eine Rafale 2.0 nützt seiner Ansicht nach nichts, deshalb besteht auch kein Firmeninteresse, sowas zu bauen.
Es stellt sich die Frage, welche Interessen die eigentlichen Auftraggeber haben? Wenn wir die industriepolitische Frage erstmal außen vor lassen, dann sind die Zielpunkte auch aus deutscher Sicht nicht falsch, auch wir brauchen eigentlich möglichst schnell eine leistungsfähige, zukunftstaugliche, souveräne und gleichzeitig bezahlbare neue Plattform mit Fokus auf Vernetzung. Und das ist ein Punkt, der in meinen Augen in den allgemeinen Diskussionen zu dem Projekt zu sehr untergeht:
Um was geht es denn beim zweiten Punkt nun konkret? Letztlich führt Trappier immer wieder zwei Punkte an, er hätte gern andere Strukturen mit der Fokussierung auf ein Führungsunternehmen, dass die Entscheidungen trifft und die Arbeiten entsprechend den jeweiligen industriellen Fähigkeiten verteilt, und seiner Ansicht nach muss Dassault das Führungsunternehmen sein. Zunächst zu letzterem, die Begründung dafür ist, dass nur Dassault ein Kampfflugzeug selbstständig entwickelt hat und kontinuierlich fortentwickelt, und sachlich betrachtet ist das zumindest auf die Projektpartner bezogen nicht falsch. Ich behaupte, wenn ich mir die Strukturen bei Eurofighter und die tatsächlichen Arbeitsanteile bei Saab anschaue, dass das auch auf europäischer Ebene nicht falsch ist. Wir haben hier im Forum schon lange Diskussionen darüber geführt, ob nun Airbus ein eigenes Kampfflugzeug entwickeln könnte oder nicht, das will ich nicht wiederholen, es reicht der Hinweis darauf, dass sie es bisher nach taten. Und noch schlimmer, die Firma zeigte auch wenig Eigeninteresse an einer kontinuierlichen Fortentwicklung, was auch auf die Politik der beteiligten Nationen zutrifft. Du hast hier zuvor Tornado und Eurofighter als Beispiele für erfolgreiche Projekte bezeichnet, meines Erachtens sind sie es nicht, und dass sie im allgemeinen als solche angesehen werden ist Teil des Problems, dass ich auch bei dem Thema NGF sehe. Und damit komme ich zu ersterem, die Frage wie das Projekt strukturiert sein sollte.
In meinen Augen ist ein Hauptproblem bei den großen Kooperationsprojekten in der europäischen Militärluftfahrt schon immer die Überhöhung der eigenen Anforderungen gewesen, die auf der einen Seite die Zusammenarbeit erschwerten (und oft genug zum Abbruch führten), und zum anderen die Endprodukte wesentlich komplexer als notwendig machten. Und der beste Beweis dafür ist der Exporterfolg eines Musters, dass nicht nur kaum Anpassungsmöglichkeiten an individuelle Anforderungen ermöglicht und daher von den Kunden im Ist-Zustand gekauft wird, sondern dass auch noch aufgrund eines zu großen Forderungskatalogs weniger leistungsfähig ist als es eigentlich sein könnte, und trotzdem leistungsfähig genug ist um sich gegen jede Konkurrenz durchzusetzen. Es ergibt für mich sehr viel Sinn, wenn weniger Wert auf irgendwelche einzelnen Leistungsmerkmale zu legen, und vor allem, viel mehr Wert auf eine möglichst straffe Programmentwicklung zu legen.
Das einzige, was dem entgegen steht, sind industriepolitische Bedenken. Und die will ich gar nicht ignorieren, denn auch wenn ich es gern anders hätte, realistisch betrachtet ist das leider ein relevanter Punkt. Aber statt sich nun darin zu verlieren, dass der Herr Trappier höchstpersönlich und ganz Frankreich die deutsche Militärflugzeugindustrie in die Bedeutungslosigkeit treiben möchte, sollten wir nüchtern feststellen, dass genau das die deutsche Politik bereits seit Jahrzehnten macht und wir letztlich an einem Tiefpunkt angekommen sind. Wir selbst haben uns einer souveränen Zukunft in dem Bereich beraubt, und mehr noch uns politisch zu einer Persona non Grata gemacht. Es ist dahingehend geradezu ironisch sich nun darüber zu beklagen, dass jeder nur unser Geld will, wenn es kaum mehr gibt, was wir politisch gestützt aufbieten wollen und was in der Vergangenheit für uns gesprochen hat. In dem Zusammenhang sei am Rande auf zwei Dinge hingewiesen, zum einen waren wir bei keinem der großen Kooperationsprojekte umgängliche, verlässliche Partner mit einer klaren Zielsetzung und einer klaren Kommunikation, was ein Grund ist, dass das Interesse an einer Kooperation quasi nur noch über die finanzielle Schiene machbar ist. Und zum anderen sind die anderen Nationen in industriepolitischer Hinsicht genauso schwierig wie Frankreich oder wir, und gerade das ewig klamme Großbritannien sticht da besonders heraus, weswegen ich Projekte wie Tornado oder Eurofighter gerade nicht als positive Beispiele darstellen würde.

Egal was du oder ich von Trappier halten (und ich halte gar nichts von seiner Art der Kommunikation, das will ich durchaus betonen), so hat er in meinen Augen vor allem recht damit, dass uns die Zeit davon läuft und ein reibungsloser Programmablauf wesentlich wichtiger wäre als hier und da ein paar Prozent an Leistung oder industriepolitischer Gewichtung. Auch wenn seine Motivation vor allem den eigenen Interessen gilt, wir brauchen nicht mehr Partner, wir brauchen keine ewigen Diskussionen und ständig neue Verzögerungen, sondern eine klare Projektführung.

Im übrigen ist in meinen Augen der größte Fehler am FCAS, dass viel zu wenig Augenmerk auf die Rafale und den Eurofighter gelegt wird. Diese ganzen Diskussionen über eigene Entwicklungen im Bereich Loyal Wingman, Cloud, etc. entstehen vor allem daraus, dass das FCAS mehr oder weniger aus dem Nichts ab 2040 entstehen soll. Es wäre wesentlich zielführender gewesen, ein gemeinsames Programmbüro für die Fähigkeitserweiterungen von Eurofighter und Rafale zu gründen und die Kräfte schon dort zu bündeln. Denn natürlich kann niemand darauf warten, dass das FCAS endlich Früchte trägt, bis dahin wären wir alle verhungert - egal ob man das bei uns nun wahrhaben will oder nicht.

(24.06.2025, 12:53)Frank353 schrieb: https://www.hartpunkt.de/fcas-zeit-fuer-...n-schnitt/

Ehrlich gesagt finde ich es eine Schande, was in den letzten Monaten/Jahren aus Hartpunkt geworden ist.
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