27.05.2022, 17:10
Zitat:historisch so nicht haltbar. Man kann sich nicht irgendeine tolerante historische Epoche herauspicken (Ägypten unter Nasser, Afgahnistan als Königreich oder so etwas) und dann sagen "Das ist nun der traditionelle Islam"
Nur ganz kurz (leider keine Zeit): keineswegs ist der traditionelle Islam tolerant gewesen, mehrheitlich war er dies nie. Im übrigen sehe ich den Islam in all seinen Formen ganz insgesamt äußerst kritisch und ich habe mich wirklich lange sehr viel damit beschäftigt. Beispielsweise waren selbst die heute stets als Musterbeispiele hervor gekramten islamischen Staaten auf der iberischen Halbinsel keineswegs tolerante Gesellschaften, sondern gegenüber Christen und Juden genau so unterdrückerisch und negativ wie dies dann die christlichen Staaten dort später umgekehrt ebenso waren.
Traditionell bedeutet also keineswegs tolerant und bezieht sich daher nicht auf historische Epochen die solches aufweisen würden.
Zitat:das scheint mir eben das Problem der arabischen Welt zu sein: Ich würde mal behaupten, derart (öffentlich) kritischen Dissens wie hier, wo man Heiligtümer von Staat, Gesellschaft und Religion ganz offen in Frage stellen kann, den gab es dort faktisch nirgends in dieser Dominanz und Form. Und genau das ist eben der Unterschied zwischen westlicher und arabischer Welt.
Es gibt noch viele weitere bedeutende Unterschiede die sich hier negativ auswirken, beispielsweise die Abwesenheit einer organisierten Kirche (mit Ausnahme der 12er Schiiten), der sehr viel höhere und negative Einfluss des Staates auf die jeweiligen Islamischen Geistlichen - welche explizit von den Eliten dieser Länder dazu benutzt werden die Bevölkerung ruhig zu halten, die nie stattgefundene Säkularisation bzw. nie stattgefundene Aufklärung in den Ländern dieses Kulturraumes, die völlig anderen sonstigen sozialkulturellen Strukturen (Clan-Kultur et al) und damit einhergehend auch die ganze sonstige nicht-islamische Sozialkultur in diesen Räumen - welche teilweise ja ebenfalls von den Islamisten massiv angegangen wird.
Beispielsweise wirken sich hier die Stammes- und vor allem die Clanstrukturen und die damit einher gehenden Einflüsse genau so negativ aus wie die jeweilige Ausprägung des Islam. Und diese Ausprägungen sind meiner rein persönlichen Meinung nach immer negativ, völlig gleich ob sie traditionell sind oder modern-islamistisch.
Bei vielen hat eine solche "Islamophobie" aber in Wahrheit hinter allen berechtigten Vorwürfen vor allem rassistische Motive, die man mit seiner Islamkritik in Wahrheit lediglich verbrämt. Deshalb habe ich mich selbst dahin gehend oft kritisch hinterfragt, aber bei mir ist die ganze Motivationslage und der Ursprung meiner Auffassungen ein völlig anderer (und vermutlich sehr stark von der Mehrheit abweichender).
Zitat:eine gänzlich "andere Welt" repräsentiert auch diese traditonelle Einwanderer-Kultur ja schon. Und ich würde unsere westliche Welt ungern dagegen tauschen.
Das gilt aber auch für viele andere Einwanderer-Kulturen. Beispielsweise gibt es auch und gerade in Afrika viele Kulturelemente die diametral allem entgegen gesetzt sind was du hier als westliche Welt definierst. Entsprechend müsstest du daher die Einwanderung von Schwarzafrikanern ebenso höchst kritisch sehen (Stammes- und Clanstrukturen, rigide Ablehnung von Homosexualität, völlig andere Einstellung zu Staat und Gesellschaft etc etc)
Beschließend sollte ich noch betonen: dass alle meine Ausführungen keinerlei ethisch-moralische Elemente enthalten, dies sei mir fern! Ich lehne also beispielsweise keineswegs "den Islam" aus ethisch-moralischen Gründen ab, ganz im Gegenteil hat er da in vielem meiner Ansicht nach eher Vorzüge im Vergleich zu dem was hierzulande heute als "westliche" Kultur verstanden wird. Und das was man da heute in dieser Bundesrepublik als westlich bezeichnet ist über den Gros unserer Geschichte auch niemals das gewesen was Westliche Kultur und Westliche Werte ausgemacht hat. Eher ist es im Gegenteil die Degenerierung der Westlichen Kultur zur Zeit, welche überhaupt diese Missstände mit verursacht.
Die unbedingte Überlegenheit, die Gewissheit dieser Überlegenheit und damit auch die Strahlkraft des Westlichen (Europäischen!) schwinden oder sind dahin. Gerade deshalb gelingt es immer weniger und weniger Einwanderer aus nicht-europäischen Kulturen zu integrieren, und sinkt mit dem Absinken der Integrationsfähigkeit unserer Gesellschaften auch zunehmend die Wahrscheinlichkeit überhaupt noch hier zu einem guten Ende zu kommen.