(Europa) Norwegische Streitkräfte
#57
Nelson:

Zitat:Allerdings wird Norwegen bei schwindenden Öleinnahmen den Teufel tun und seinen Wehretat durch die ständige Mobilhaltung seiner Armee verschwenden, bloß damit die Russen weniger Syrer, Georgier oder Ukrainer umbringen.

Der Staatsfond der Norweger wird zwar mit Einnahmen aus dem Ölgeschäft gespeist, ist aber ein Fond der sehr breit gestreut ist von den Anlageformen her und daher unabhängig von den Öleinnahmen. Selbst wenn Norwegen gar keine Öleinnahmen mehr hätte würde der gigantische Staatsfond der Norweger weiter erhebliche Einnahmen generieren.

Zudem schrieb ich ja schon explizit, dass man Norwegen sehr leicht Anreize bzw. einen Ausgleich dafür zur Verfügung stellen könnte. Wenn die USA wirklich eine weitere Eindämmung Russlands als Ziel haben, wäre es beispielsweise für die USA sehr einfach, Norwegen einen vergünstigten Zugang zur F-35 zu ermöglichen.

Zitat:Zumal ja auch deine norwegischen Streitkräfte mal üben müssen, deine Mannschaften und Offiziere auf Urlaub oder zu Besprechungen nach Südnorwegen müssen und so weiter. Du kannst von drei Einheiten (Regimenter, Bataillone) vielleicht immer eine wirklich Einsatzbereit halten, der Rest braucht immer Vorlaufzeit, und wenn es nur zwei, drei Tage sind.

Absolut richtig, und deshalb braucht man dafür insgesamt mehr Masse. Gerade weil ich immer nur einen Teil der Einheiten in einem solchen Verband tatsächlich vorhalten kann, ist es eben zwingend ntowendig viel mehr Einheiten insgesamt zu haben.

Den die gleiche Rechnung gilt im Moment auch für die gerade mal ca 45 tatsächlich einsetzbaren Kampfpanzer der Norweger. Von denen sind im Ernstfall dann vielleicht auch gerade mal 15 real verfügbar sollten die Russen umgekehrt auf die gleiche Idee kommen um das Gelände in Nordnorwegen dem Feind als Aufmarschgebiet wegzunehmen.

Und gerade mal 15 veraltete Leopard 2 könnte sogar die jetzt in Murmansk stationierte Marineinfanteriebrigade mit Leichtigkeit zerschlagen. Das heißt: selbst unter einem rein defensiven Gesichtspunkt macht eine deutliche Verstärkung der mechanisierten Streitkräfte dort Sinn, den beim aktuellen Status Quo würden die numerisch wie qualitativ schwachen norwegischen Bodenstreitkräfte in der Region mitsamt den dort verfügbaren Luftwaffenstützpunkten in kürzester Zeit überrannt werden. Einfach aufgrund eines völligen Mangels an Quantität !

Zitat:Nebenbei, was machst du eigentlich, wenn die Russen eher rüberkommen und auch mal Blitzkrieg spielen wollen? Wenn du deine Anlagen alle nach Vorne wirfst, sind sie ja z.B. auch von der ersten Minute an in Reichweite der russischen Artillerie.

Exakt. Die derzeit dort verfügbaren mechansierten Kräfte reichen vermutlich nicht mal aus, um einen entschlossenen kühnen Angriff der russischen Einheiten welche hier und heute schon bei Murmansk stationiert sind aufzuhalten. Gerade um einem solchen russischen Zugriff etwas entgegen zu setzen braucht Norwegen viel mehr Kräfte dort.

Bezüglich Artillerie: Direkt von Murmansk aus reicht die Reichweite der meisten russischen Artilleriesysteme nicht. Weiter vorne aber wären sie zu anfällig für eine norwegische Aufklärung in der Friedenszeit vor dem Angriff (welche man zuerst ausschalten bzw behindern müsste). Zudem würde eine solche Artillerievorbereitung, ja selbst allein schon die Bewegung und der Aufmarsch entsprechender Einheiten aufgrund ihrer Dislozierung auch weitgehend die Angriffsrouten verraten.

Zudem kann feindliche Artillerie wenn sie sich so früh auf solche Weise verrät auch sehr leicht wiederum durch eigene Artillerie bekämpft werden. Daher sollte ohnehin jeder größere mechanisierte Verband entsprechende Artillerie organisch beinhalten, jede Brigade als absolutes Minimum ein Artillerie-Bataillon aufweisen.

Zitat:Das Kommando des norwegischen Heeres für Nordnorwegen ist aktuell in Tromso stationiert, unter anderem weil Tromso auch im Winter noch einigermaßen erträglich ist.

Das Kommando des Heeres ist aber etwas anderes als ein vorgeschobener Brigadestab welcher unabhängig von Tromso auch weiter im Norden dauerhaft stationiert werden kann. Ein entsprechender Kräfteausstausch wäre hier mit Leichtigkeit im Friedensbetrieb per Schiff möglich, so dass man hier also lediglich von einer jeweils zeitlich begrenzten Abordnung von Offizieren zu diesem vorgeschobenen Stab für eine jeweilige Verfügungszeit sprechen sollte.

Zitat: Geschwindigkeit und Reichweite sind besser geworden, dafür sind die Teile auch schwerer. Du predigst doch selbst immer, dass die Leos nicht mehr überall durchkommen.

Völlig richtig. Und exakt deshalb schrieb ich, dass der Leopard 2 eben nicht der richtige Kampfpanzer für das norwegische Heer ist und ich die Entscheidung Norwegens für immense Summen seine gebrauchten und veralteten Leopard 2 zu modernisieren für falsch halte. Gerade eben deshalb.

Zitat:Dein mechanisierter Vorstoß wird abseits der Straße jedenfalls um verdammt viele Seen herumkurven müssen.

Und Sumpfgebiete und dichtere Wälder etc, aber darin liegen auch wiederum Chancen, beispielsweise eine durch das Gelände generierte Deckung der eigenen Flanken, Schutz vor mechanisierten Gegenangriffen usw man sollte eben nicht immer alles in fatalistischem Defätismus so negativ sehen sondern eher überlegen wie man die Umstände für sich positiv nutzt. Hindernisse kann man in dieser Denkweise auch als Vorteile begreifen.

Zitat:Ein Bündnisvertrag ist ein Stück Papier. Mit der Zahl der gebrochenen Bündnisse könntest du ganze Regalmeter füllen, und es ist jedes Mal eine schwerwiegende politische Entscheidung, ob ein Bündnisvertrag gehalten wird oder nicht.

Das ist zweifelsohne richtig, aber es reicht ja hier schon die potentielle Bedrohung um eine positive Wirkung zu erzielen. Ob dann diese tatsächlich militärisch offensiv umgesetzt wird, ist eine ganz andere Frage. Und Bündnisse scheitern vor allem dann (geschichtlich betrachtet), wenn einer der Bündnispartner zur der Überzeugung gelangt, dass die Einhaltung des Bündnisses für ihn eine militärische Niederlage nach sich zieht.

Eine schwache norwegische Armee erhöht damit meiner Ansicht nach die Wahrscheinlichkeit eines Bündnisbruches durch Norwegen weil die Norweger dann eher zu der Überzeugung gelangen könnten, dass sie keine Chance haben und daher sich besser heraus halten.

Zitat: Putin bekommt beim besten Willen nicht die ansatzweise die Bedrohlichkeit zusammen, die Stalin mit seiner kommunistischen Expansion damals aufbauen konnte.

So ist es. Und deshalb fordere ich ja auch nur ganz moderate und bescheidene Rüstung. Zu Kalter Krieg Zeiten hatte die Bundeswehr mal an die 4500 Panzer. Und heute sind nicht einmal mehr 200 einsetzbar.

15 real einsetzbare Kampfpanzer für Norwegen aber sind dermaßen extrem zu wenig, dass es untragbar ist. Ebenso wie 200 für Deutschland viel zu wenig sind. Eine Stückzahl von ca 200 Kampfpanzern für Norwegen und ca 1000 Kampfpanzern für Deutschland ist aber demgegenüber nicht im Ansatz eine Aufrüstung welche übertrieben wäre - sie entspricht einfach nur den Anforderungen.

Zitat:Warum sollte Russland Norwegen im Falle eines ernsten Krieges (gegen wen?) ohne Not überfallen, wenn es sich neutral oder doch zumindest nicht aggressiv benehmen sollte? Strategisch sehe ich jedenfalls keinen Grund.

Norwegen ist geostrategisch in jedem Konflikt der auch in Teilen des Nordatlantik ausgefochten wird von immenser Bedeutung. Strategisch spricht einiges dafür, im Fall eines solchen Konfliktes Norwegen einzunehmen (das gilt übrigens für alle Seiten). Da Norwegen aufgrund seiner geostrategischen Lage also kaum neutral sein kann, stellt sich die Frage wie sich das Land verteidigen soll. Und die Norweger betrachten ihre eigene Situation durchaus auch so: deshalb kauft Norwegen ja beispielsweise die F-35 ein, das richtet sich ganz klar gegen Russland.

Zitat:Die Leute in Oslo aber werden sich im Zweifel schon die Frage stellen müssen, die 1939/1940 die französischen Soldaten hatten: Warum für Danzig sterben?

Ein sehr gutes und passendes Beispiel:

Und nun die Preisfrage: wohin haben diese Zweifel geführt? Zur alsbald darauf folgenden Niederlage und Besetzung Frankreichs. Hätten die französischen Streitkräfte bereits 1939 eine kühne Offensive nach Osten geführt, wäre der Krieg schon 1940 mit einer deutschen Niederlage geendet. Stattdessen hat man im Sitzkrieg vor sich hin gewartet, Zweifel, Schwäche und Defätismus machten sich breit und breiter und man stellte die Frage: wozu für Polen sterben ? Und die unmittelbaren Folgen dieser defätistischen Haltung sollten ja hinlänglich bekannt sein.

Zitat:Deine Idee ist typisch deutsch: Schnelle, schneidige Angriffsoperationen, das haben unsere Militärs schon seit dem 19. Jahrhundert geliebt. Das ganze kann gutgehen, sollte aber nicht der einzige Plan sein.

Ist es ja auch nicht. Der Ansatz und die Wirkung eines starken mechanisierten Verbandes in Griffnähe zu Murmansk wären ja vielfältig. Und selbst bei einer rein defensiven Einstellung muss man einfach realisieren, dass die hier und heute verfügbaren mechanisierten Kräfte des norwegischen Heeres in diesem Gebiet nicht einmal die eine russische Marineinfanterie-Brigade aufhalten könnten (welche im Endeffekt eine Panzergrenadier-Brigade mit einem erheblichen Bestand an leichten amphibischen Panzern mit hoher Feuerkraft und hoher Panzervernichtungskapazität ist). Selbst rein defensiv sind die paar wenigen veralteten Leopard 2 hier völlig unzureichend - noch mal abgesehen davon dass sie weniger in dieses Gelände passen als andere verfügbare Kampfpanzer.

Zitat:Nebenbei, was machst du eigentlich, wenn die Russen eher rüberkommen und auch mal Blitzkrieg spielen wollen?

Einen entschlossenen Angriff bis in den Bereitstellungsraum der feindlichen Verbände hinein. Geschwindigkeit kontert man am einfachsten durch noch mehr Geschwindigkeit.
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