Weltweite Verteuerung der Nahrungsmittel
#14
@ Off-Topic Diskussion Hunter1 und Nightwatch

Ich finde, dass (wie so oft) deine Vorstellungen, Nightwatch, vollkommen unrealistisch und areal sind. Wenn du aus Griechenland, Italien oder Spanien kommen würdest, dann würdest du definitiv anders sprechen, denn dort hat man das Problem in seiner Schwere schon lange erkannt und spürt es vor allem auch viel stärker. Jede Woche haben spanische, italienische und griechische Grenzschützer mit internationalen Schmugglerbanden zu tun und deren Versuchen weit über Zehntausende jährlich nach Europa zu bringen. Süditalienische, griechische und zum Teil auch spanische Küstengemeinden klagen da erheblich über die Belastungen durch ankommende Illegale und die damit verbundene Schmuggleraktivität. Das ist inzwischen schon ein Milliardengeschäft! Und hier ist die Tendenz weiter steigend! Momentan versucht man über Kooperation mit den Maghrebstaaten und dort eingerichtete Flüchtlingslager dem Einwandererstrom Herr zu werden und dort schon afrikanische Einwanderer vor der "Mittelmeerbarriere" abzufangen. Allerdings zeigt das Aufkommen illegaler in Italien, aber vor allem in Griechenland und auch in Spanien, dass dies eben nicht gelingt. Momentan merken wir eben in Deutschland noch nicht so viel davon, denn die Hauptbelastung tragen eben die südlichen Staaten. Aber, wie gesagt, informiere dich mit Fokus auf die südlichen EU-Staaten und du wirst herausfinden, dass deine Darstellungen sehr beschönigend sind und idealistisch.
Dasselbe trifft auch auf die amerikanisch-mexikanische Grenze zu.


Kommen wir aber zum eigentlichen Thema.
Wie schon angedeutet, kann man das ganze Problem nicht nur auf die Frage des Biosprits reduzieren. Die "Umnutzung" von Nahrungsmitteln zu Energiequellen hat ohne Zweifel zur jetzigen Verschärfung der Nahrungsmittelkrise beigetragen und zur medialen Aufmerksamkeit, die das Problem momentan erhält. Die schlimme Wahrheit ist aber, dass die Nahrungsmittelkrise aber eine brisante, permanente Realität ist, der man nur aufgrund ihrer derzeitigen Verschärfung mediale Aufmerksamkeit schenkt. Die Krise und der weltweite Hunger besteht schon lange, nur derzeit ist die ganze Lage eben dramatisch verschärft und diese Verschärfung manifestiert sich in spektakulären Hungeraufständen in der ganzen südlichen Hemisphere, die mediale Aufmerksamkeit erzeugt. Dass jährlich wer-weiß-wie-viele Menschen an Hunger krepieren in der südlichen Hemisphere (vorallem in Afrika), wen interessiert das schon?
Jean Ziegler hat schon vor Jahren in einem sehr polemischen Buch "Das Imperium der Schande" auf diverse Misstände und den Hunger in der Welt aufmerksam machen wollen.
Ergo, das ganze ist nicht neu. Und die Ursachen sind komplex.
Zur derzeitigen krassen Verschärfung mögen die Umnutzung und Neuverwertung der Nahrungsmittelpflanzen zu Biosprit und Energiequellen im größeren Maßstabd sicher beigetragen haben, aber es gibt eben zahllose weitere Gründe: Der Klimawandel, bzw. genauer Versteppung und Desertifikation, wodurch mehr und mehr Anbaufläche verloren geht. Eine zunehmende globale Bevölkerungszahl, die mehr Nahrung braucht. Gestiegene Ansprüche, vermehrte Fleischkonsum und damit verbundenen verstärkte "Fleischproduktion" für die kaufkräftigeren neuen Mittelschichten in einigen Schwellenländern, die auch als neue Zielgruppe einiges an Ressourcen und Anbauflächen "aufbrauchen". Schließlich "kostet" ein Kilo Fleisch in Relation gesetzt zu Pflanzen 7kg Getreide, so dass die neuen Mittelschichten in den Schwellenländern zu mehr Fleischkonsum, zu mehr Umnutzung der Anbauflächen und damit zu weniger Pflanzenanbau für die ärmeren führen. Damit wird aber weniger Nahrungsmittel-Pflanzen angebaut, gleichzeitig steigt durch den Biosprit und vergrößerte Bevölkerungen aber die Nachfrage... das Resultat sind gestiegene Preise.
Zu dem verknappten Angebot gehören aber eben auch Desertifikation, das Wegfallen von Anbauflächen bzw. Bauern wegen Bürgerkriegen und das aus dem Markt drängen einheimischer landwirtschaftlicher Erzeugnisse in der Dritten Welt durch subventionierte, billige Exportware aus der Ersten Welt.

Wie gesagt, die Ursachen sind vielfältig, sie reichen von Umweltveränderungen, über Zerfallende Staaten und Bürgerkriege über die Gier und das fehlende Nachdenken in den aufstrebenden Schwellenländern und in den westlichen Ländern.

Eine zentrale Absicht gibt es hinter diesen Entwicklungen definitiv nicht, sie sind viel mehr das klassische Beispiel für ein vollkommenes Marktversagen, das in der neoklassischen liberalen Wirtschaftstheorie ja gar nicht vorkommt.
Der Markt hat versagt, die Gier, die Uninformiertheit, die Indifferenz gegenüber anderen und deren Schicksal hat zu dieser schlechten Lage geführt.

Und ja, diese Probleme machen sicherheitspolitische Implikationen. Nehmen wir ein Land wie Ägypten, dass schon in den 70er Jahren Hunger- und Lebensmittelaufstände gesehen hat (bekanntlich folgte 1981 die Ermordung Sadats...). Mubarak wird in einer Macht kaum gestärkt, wenn die Ägypter nicht nur unterdrückt und mundtot gemacht werden, sondern nun sogar schon hungern müssen. Ähnliches gilt für Algerien. Und so kann man das für einige Staaten durchdeklinieren. Hunger erzeugt vermehrte Instabilität. Und diese Instabilität tritt in Staaten auf, die nicht gerade dafür bekannt sonderlich stabil zu sein. Ergo: Der Hunger wird mehr und mehr zu der sowieso schon bestehenden Unsicherheit und Instabilität beitragen und was dieser explosive Cocktail bzw. dieses explosive Gemisch dann letztlich sein wird, das kann man heute noch nicht wissen: Nur zur Sicherheit international wird das nicht beitragen. Ganz im Gegenteil, die Spannungen und schon bestehenden Probleme werden nur explosiver. Und das alles in Regionen, die dummerweise eben auch das Gros der Ressourcen beheimaten...

Ich wünsche guten Appepit angesichts dieser süßen Melange!!
Zitieren


Nachrichten in diesem Thema

Gehe zu: