20.03.2008, 22:32
@ Thomas
Bei meiner Kenntnis über die Geschichte Chinas stütze ich mich vor allem auf die von Golo Mann und Alfred Heuß herausgegebene "Welgeschicht". Im Band II (Hochkulturen des mittleren und östlichen Asiens" haben Prof. Dr.Dr. Heus (Uni Göttingen), Prof. Dr. Frhr. v. Soden (Uni Münster), Prof. Dr. Altheim (FU Berlin), Prf. Dr. Kraus (Uni Hamburg), Prof. Dr. Petech (Uni Rom), Prof. Hulsewé (Uni Leiden), Prof. Dr. Jankun (Uni Göttingen) und A. Toynbee (Royal Institute of International Affairs, London) mitgewirkt.
Wie man an den Autoren sieht ist der Schmöker schon ettliche Jahre alt (1962), aber durch beigefügte wissenschaftliche Veröffentlichungen auch weiter aktualisiert worden.
Hoj geht ja von einer sehr ethnischen Sicht an die Sache - wie man seiner letzten Karte zur Erläuterung des Begriffs "der Tibet" entnehmen kann (Wiki ist zwar keine Quelle, da kann ich mir dann auch die Quellen nach Wunsch reinschreiben - aber der Bezug auf das von "ethnischen Tibetern" bewohnte Gebiet ist doch relativ deutlich (auch wenn man um Details evtl. streiten kann).
Nun ist die rein ethnische Sicht gerade bei China etwas sehr problematisch. Ein großer Teil des Landes - derzeit insbesondere der Westen und Süden - ist von Völkern bewohnt, die nicht der Han-Ethnie angehören, die sich aber trotzdem auch kulturell als Chinesen begreifen.
Und die Entwicklung der chinesischen Sprache in unterschiedliche Dialekte ist über die Jahrtausende hin so weit fortgeschritten, dass man inzwischen eigentlich schon von unterschiedlichen Sprachen sprechen kann. Der Kantonese versteht den Bejing-Chinesen mit Mandarin Dialekt gesprochen praktisch nicht mehr. Sollen das jetzt auch schon utnterschiedliche Ethnien sein? Beide werden sich in der Regel als ethnisch als Han verstehen.
Wenn Hoj nun gar China vor der Ausrufung der Republik als kleinen Landesteil eines Mandschu-Reiches versteht, dann habe ich auch da meine Probleme.
Kann das "Reichsverständnis" formalistisch an dem Namen "China" festgemacht werden? Woher kommt dieser Name überhaupt?
Hulsewe beginnt seine Geschichte Chinas mit dem Shang-Reich und der Shang-Kultur (aus dem Huangho-Delta in Nordostchina). An der Spitze des Reiches stand ein Großkönig, dessen Reich von abhängigen, mehr oder weniger feudalen Fürstentümern oder selbstständigen Reichen wie den Chi'i umgeben war.
Dieses Shang-Reich wurde von den Chou - einer der vielen Völker oder Stämme des westchinesischen Hügellandes - und zahlreichen verbündeten Stämmen abschnittsweise übernommen, während das Reich Ch'i weiter bestand. Die Nachkommen der Shang gründeten im Süden das Reich "Sung". In einer Schwächeperiode der Chou machten sich verschiedene Regionalfürsten selbstständig - so die Cheng, die mit den Wei und Sung "im Clinch" lagen - letzendlich aber in Kleinstaaten zerfielen und dann den Ch'i im Norden der großen Ebene, den Chin (zwischen Gelbem Fluß und Gebirge), den Ch'in im Gebiet des Wei-Flusses und den Ch'u im Mittleren Yangtse-Becken "zum Opfer" fielen.
Diese Ch'u haben dann im Laufe des 8. Jahrhunderts immer mehr Territorien gewonnen - aber die Kleinstaaterei ging weiter bis die Qin 秦國, auch Ch’in oder Ts’in um 220 v. Chr. die kleinen Reiche vereinten (230 Han, 228 Chao, 226 Yen, 225 Wei, 222 Ch'u, 221 Ch'i). Soll man jetzt von einem "Reich China" sprechen?
Jedenfalls haben schon 209 v.Chr. Aufstände begonnen, die 202 mit der "Kaiserwürde" für den Han-Regenten Liu Pang endeten.
Ist damit China begründet worden? Nach hoj nicht - erst ab der Mao-Zeit könne man von einem chinesischen Reich sprechen, wenn ich ihn richtig verstanden habe ....
Die Geschichte lässt sich fortführen - eine ununterbrochene Kette von Dynastien auch vom Rande des Herrschaftsgebietes, die die Macht übernehmen und dann ein zentral geführtes Reich beherrschen. Auch die Mongolen oder die Mandschu (die von Hoj nicht als chinesische Dynastien akzeptiert werden) sind Glieder in der Kette dieser Dynastien, die letztendlich ein Reich beherrschen, das wir heute unter dem Namen China kennen - das in der Geschichte aber immer wieder unterschiedliche Bezeichnungen hatte, zerfiel und mit neuen Bezeichnungen neu gebildet wurde.
Auch Tibet war immer wieder so ein "Randgebiet". Manchmal unter Oberherrschaft des Reiches, manchmal in mehr oder weniger großer Abhängigkeit oder gar unabhängig (wobei die absolute Unabhängigkeit Tibets von China insgesamt in den letzten Jahrhunderten zeitlich eher marginal zu einer - manchmal sicher auch weniger intensiven - Oberherrschaft steht).
In der Sinologie spricht man üblicherweise von Dynastien, die verschiedene Epochen der Entwicklung Chinas kennzeichnen - so wie die Merwoinger oder die Karolinger als Geschlecht der Franken auch zu den "Gründerdynastien" Frankreichs gezählt werden müssen.
Das mit den Dynastien ist aber so eine Sache. Die Herrschaftsgebiete der Dynastien und ihrer Angehörigen wechseln. Die Bevölkerung des Landes aber bleibt und entwickelt sich unabhängig von der Dynastie weiter. Die Brandenburger sind ja auch keine Schwaben geworden, nur weil das Haus Hohenzollern die Macht in Berlin übernommen hat.
Was also macht China aus? Ist China in der Zeit der Mongolischen Khane und der Mandschu-Kaiser nicht existent gewesen, wie hoj meint, oder bestand ein Reich, das wir heute als China bezeichnen, auch schon damals? Stirbt die Ethnie und Kultur, weil die Dynastie wechselt? Natürlcih nicht - und auch die Mandschu-Dynastie hat sich als Kaiserdynastie von China verstanden.
Entscheidend ist - nicht einmal - die gemeinsame Sprache, wie das heutige China zeigt (auch wenn die Sprache essentiell ist), sondern die gemeinsame Kultur. Und da befindet sich das Gebiet China in einer ununterbrochenen Entwicklung, die sich bis zu den jungsteinzeitlichen Shang koninuierlich zurück verfolgen lässt - und: wir haben auch ein kontinuierliches Reichsverständnis, das die Nachfolgestaaten auch als Rechtsnachfolger des Vorgängerreiches gesehen hat (so wie die Bundesrepublik Deutschland die Rechtsnachfolgerin des Deutschen Reiches ist).
Nun kann man trefflich drüber streiten, ob die tibetische Kultur immer unabhängig von China war,
ob eine Interaktion mit der chinesischen Kultur stattfand (und wenn ja, wie intensiv) - dabei wird man aber darauf stoßen, dass zwischendurch auch einmal Tibeter in China herrschten 80 nach Chr.) <!-- m --><a class="postlink" href="http://www.klangschalenmassage-schramberg.de/Tibet.pdf">http://www.klangschalenmassage-schramberg.de/Tibet.pdf</a><!-- m --> -
aber sicher nicht, ob das "Reich China" jemals die Oberhoheit über Tibet hatte. Das war während der ursprünglich mongolischen Yuan-Dynastie so (ab ca. 1265) und zumindest ab 1720 wieder durch die Mandschu-Dynastie.
Diese historischen Fakten können nicht "wegdiskutiert" werden, und das ist es, was mich an hoj stört. Das Ableugnen historischer Fakten - und diese Fakten werden nicht nur von chinesischen Archiven gespeist. Auch die Kolonialmächte haben entsprechende Herrschaftsverhältnisse festgehalten. Noch 1878 haben die Briten in Peking um die Erlaubnis gebeten, eine Forschungsexpedition nach Tibet zu schicken. Das war zu der Zeit, zu der sich die "Randprovinz Tibet" wegen der Schwäche der Zentralregierung wieder verselbstständigt hat.
Und auch in der deutschen Kaiserzeit - vor Mao - ist das Herrschaftsgebiet der Mandschu-Dynastie, das die Oberherrschaft über Tibet ausübte, als "China" bezeichent worden.
Das hier <!-- m --><a class="postlink" href="http://tw.youtube.com/watch?v=x9QNKB34cJo&&">http://tw.youtube.com/watch?v=x9QNKB34cJo&&</a><!-- m --> ist jedenfalls die "chinesische Sicht" der Dinge.
Ach ja - und woher kommt der Name China?
<!-- m --><a class="postlink" href="http://de.wikipedia.org/wiki/China">http://de.wikipedia.org/wiki/China</a><!-- m -->
Bei meiner Kenntnis über die Geschichte Chinas stütze ich mich vor allem auf die von Golo Mann und Alfred Heuß herausgegebene "Welgeschicht". Im Band II (Hochkulturen des mittleren und östlichen Asiens" haben Prof. Dr.Dr. Heus (Uni Göttingen), Prof. Dr. Frhr. v. Soden (Uni Münster), Prof. Dr. Altheim (FU Berlin), Prf. Dr. Kraus (Uni Hamburg), Prof. Dr. Petech (Uni Rom), Prof. Hulsewé (Uni Leiden), Prof. Dr. Jankun (Uni Göttingen) und A. Toynbee (Royal Institute of International Affairs, London) mitgewirkt.
Wie man an den Autoren sieht ist der Schmöker schon ettliche Jahre alt (1962), aber durch beigefügte wissenschaftliche Veröffentlichungen auch weiter aktualisiert worden.
Hoj geht ja von einer sehr ethnischen Sicht an die Sache - wie man seiner letzten Karte zur Erläuterung des Begriffs "der Tibet" entnehmen kann (Wiki ist zwar keine Quelle, da kann ich mir dann auch die Quellen nach Wunsch reinschreiben - aber der Bezug auf das von "ethnischen Tibetern" bewohnte Gebiet ist doch relativ deutlich (auch wenn man um Details evtl. streiten kann).
Nun ist die rein ethnische Sicht gerade bei China etwas sehr problematisch. Ein großer Teil des Landes - derzeit insbesondere der Westen und Süden - ist von Völkern bewohnt, die nicht der Han-Ethnie angehören, die sich aber trotzdem auch kulturell als Chinesen begreifen.
Und die Entwicklung der chinesischen Sprache in unterschiedliche Dialekte ist über die Jahrtausende hin so weit fortgeschritten, dass man inzwischen eigentlich schon von unterschiedlichen Sprachen sprechen kann. Der Kantonese versteht den Bejing-Chinesen mit Mandarin Dialekt gesprochen praktisch nicht mehr. Sollen das jetzt auch schon utnterschiedliche Ethnien sein? Beide werden sich in der Regel als ethnisch als Han verstehen.
Wenn Hoj nun gar China vor der Ausrufung der Republik als kleinen Landesteil eines Mandschu-Reiches versteht, dann habe ich auch da meine Probleme.
Kann das "Reichsverständnis" formalistisch an dem Namen "China" festgemacht werden? Woher kommt dieser Name überhaupt?
Hulsewe beginnt seine Geschichte Chinas mit dem Shang-Reich und der Shang-Kultur (aus dem Huangho-Delta in Nordostchina). An der Spitze des Reiches stand ein Großkönig, dessen Reich von abhängigen, mehr oder weniger feudalen Fürstentümern oder selbstständigen Reichen wie den Chi'i umgeben war.
Dieses Shang-Reich wurde von den Chou - einer der vielen Völker oder Stämme des westchinesischen Hügellandes - und zahlreichen verbündeten Stämmen abschnittsweise übernommen, während das Reich Ch'i weiter bestand. Die Nachkommen der Shang gründeten im Süden das Reich "Sung". In einer Schwächeperiode der Chou machten sich verschiedene Regionalfürsten selbstständig - so die Cheng, die mit den Wei und Sung "im Clinch" lagen - letzendlich aber in Kleinstaaten zerfielen und dann den Ch'i im Norden der großen Ebene, den Chin (zwischen Gelbem Fluß und Gebirge), den Ch'in im Gebiet des Wei-Flusses und den Ch'u im Mittleren Yangtse-Becken "zum Opfer" fielen.
Diese Ch'u haben dann im Laufe des 8. Jahrhunderts immer mehr Territorien gewonnen - aber die Kleinstaaterei ging weiter bis die Qin 秦國, auch Ch’in oder Ts’in um 220 v. Chr. die kleinen Reiche vereinten (230 Han, 228 Chao, 226 Yen, 225 Wei, 222 Ch'u, 221 Ch'i). Soll man jetzt von einem "Reich China" sprechen?
Jedenfalls haben schon 209 v.Chr. Aufstände begonnen, die 202 mit der "Kaiserwürde" für den Han-Regenten Liu Pang endeten.
Ist damit China begründet worden? Nach hoj nicht - erst ab der Mao-Zeit könne man von einem chinesischen Reich sprechen, wenn ich ihn richtig verstanden habe ....
Die Geschichte lässt sich fortführen - eine ununterbrochene Kette von Dynastien auch vom Rande des Herrschaftsgebietes, die die Macht übernehmen und dann ein zentral geführtes Reich beherrschen. Auch die Mongolen oder die Mandschu (die von Hoj nicht als chinesische Dynastien akzeptiert werden) sind Glieder in der Kette dieser Dynastien, die letztendlich ein Reich beherrschen, das wir heute unter dem Namen China kennen - das in der Geschichte aber immer wieder unterschiedliche Bezeichnungen hatte, zerfiel und mit neuen Bezeichnungen neu gebildet wurde.
Auch Tibet war immer wieder so ein "Randgebiet". Manchmal unter Oberherrschaft des Reiches, manchmal in mehr oder weniger großer Abhängigkeit oder gar unabhängig (wobei die absolute Unabhängigkeit Tibets von China insgesamt in den letzten Jahrhunderten zeitlich eher marginal zu einer - manchmal sicher auch weniger intensiven - Oberherrschaft steht).
In der Sinologie spricht man üblicherweise von Dynastien, die verschiedene Epochen der Entwicklung Chinas kennzeichnen - so wie die Merwoinger oder die Karolinger als Geschlecht der Franken auch zu den "Gründerdynastien" Frankreichs gezählt werden müssen.
Das mit den Dynastien ist aber so eine Sache. Die Herrschaftsgebiete der Dynastien und ihrer Angehörigen wechseln. Die Bevölkerung des Landes aber bleibt und entwickelt sich unabhängig von der Dynastie weiter. Die Brandenburger sind ja auch keine Schwaben geworden, nur weil das Haus Hohenzollern die Macht in Berlin übernommen hat.
Was also macht China aus? Ist China in der Zeit der Mongolischen Khane und der Mandschu-Kaiser nicht existent gewesen, wie hoj meint, oder bestand ein Reich, das wir heute als China bezeichnen, auch schon damals? Stirbt die Ethnie und Kultur, weil die Dynastie wechselt? Natürlcih nicht - und auch die Mandschu-Dynastie hat sich als Kaiserdynastie von China verstanden.
Entscheidend ist - nicht einmal - die gemeinsame Sprache, wie das heutige China zeigt (auch wenn die Sprache essentiell ist), sondern die gemeinsame Kultur. Und da befindet sich das Gebiet China in einer ununterbrochenen Entwicklung, die sich bis zu den jungsteinzeitlichen Shang koninuierlich zurück verfolgen lässt - und: wir haben auch ein kontinuierliches Reichsverständnis, das die Nachfolgestaaten auch als Rechtsnachfolger des Vorgängerreiches gesehen hat (so wie die Bundesrepublik Deutschland die Rechtsnachfolgerin des Deutschen Reiches ist).
Nun kann man trefflich drüber streiten, ob die tibetische Kultur immer unabhängig von China war,
ob eine Interaktion mit der chinesischen Kultur stattfand (und wenn ja, wie intensiv) - dabei wird man aber darauf stoßen, dass zwischendurch auch einmal Tibeter in China herrschten 80 nach Chr.) <!-- m --><a class="postlink" href="http://www.klangschalenmassage-schramberg.de/Tibet.pdf">http://www.klangschalenmassage-schramberg.de/Tibet.pdf</a><!-- m --> -
aber sicher nicht, ob das "Reich China" jemals die Oberhoheit über Tibet hatte. Das war während der ursprünglich mongolischen Yuan-Dynastie so (ab ca. 1265) und zumindest ab 1720 wieder durch die Mandschu-Dynastie.
Diese historischen Fakten können nicht "wegdiskutiert" werden, und das ist es, was mich an hoj stört. Das Ableugnen historischer Fakten - und diese Fakten werden nicht nur von chinesischen Archiven gespeist. Auch die Kolonialmächte haben entsprechende Herrschaftsverhältnisse festgehalten. Noch 1878 haben die Briten in Peking um die Erlaubnis gebeten, eine Forschungsexpedition nach Tibet zu schicken. Das war zu der Zeit, zu der sich die "Randprovinz Tibet" wegen der Schwäche der Zentralregierung wieder verselbstständigt hat.
Und auch in der deutschen Kaiserzeit - vor Mao - ist das Herrschaftsgebiet der Mandschu-Dynastie, das die Oberherrschaft über Tibet ausübte, als "China" bezeichent worden.
Das hier <!-- m --><a class="postlink" href="http://tw.youtube.com/watch?v=x9QNKB34cJo&&">http://tw.youtube.com/watch?v=x9QNKB34cJo&&</a><!-- m --> ist jedenfalls die "chinesische Sicht" der Dinge.
Ach ja - und woher kommt der Name China?
<!-- m --><a class="postlink" href="http://de.wikipedia.org/wiki/China">http://de.wikipedia.org/wiki/China</a><!-- m -->
Zitat:.... Der chinesische Begriff für China lautet chin. 中国 / 中國, Zhōngguó „Reich der Mitte“. Der westliche Name leitet sich vom Staat Qin ab, nachdem Yíng Zhèng ein erstes Großreich errichtete in Zentralostasien und als Qin Shihuangdi (秦始皇帝 „Erster erhabener Gottkaiser von Qin“) die Qin-Dynastie errichtete. ...