Beiträge: 15.375
Themen: 108
Registriert seit: May 2004
Schutzlos gegen was?
Nehmen wir einmal an, die USA kündigen alle Bündnisverpflichtungen auf, ziehen alle Atom-Waffen ab, auch sonst sind wir völlig isoliert - wir stehen also vollständig allein dar. Mal rein theoretisch.
Nun erklären die Russen: tut dies oder das sonst setzen wir Nuklearwaffen ein. Warum sollte man sich darauf einlassen ?! Wenn die Russen dann tatsächlich eine Atomwaffe einsetzen, haben sie damit für jede Macht auf dieser Welt belegt, dass sie absolut inakzeptabel sind. Jede andere Atommacht müsste gegen sie handeln. Der Folgeschaden (direkt wie indirekt) wäre für Russland größer als der Schaden durch die Atomwaffe für uns. Rein logisch macht dies daher keinen Sinn. Entsprechend wäre ein solcher Einsatz einer Nuklearwaffe durch die Russen der Beweis für alle anderen dafür, dass die Russen eben absolut irrational handeln. Dagegen müsste jede rationale Macht vorgehen.
Es hat ja schon seinen Grund, warum die Russen beispielsweise in der Ukraine bisher keine Nuklearwaffen eingesetzt haben. Die Negativfolgen wären für sie unbeherrschbar.
Was aber, wenn die Russen gar nicht so drohen, sondern anders? Beispielsweise könnten sie ja ganz genau so drohen, dass wir dies oder das tun sollen, sonst greifen sie uns konventionell an. Wogegen wir uns allein und isoliert auch nicht verteidigen könnten, was aber für die Russen nicht ansatzweise solche Folgen hätte wie wenn sie Atomwaffen einsetzen. Dann zerlegen sie entsprechend mit vorher dafür angesammelten Raketen die Umspannwerke und schalten in ganz Deutschland auf diese Weise rein konventionell den Strom aus. Und was dann ?
Antworten wir dann atomar (für den Fall das wir solche Waffen haben) auf einen komplett konventionellen Angriff? Oder was antworten wir dann überhaupt ?
Wie man an solchen theoretischen Gedankenspielen meiner Ansicht nach sieht ist es sehr leicht Atomwaffen zu fordern, um damit abzuschrecken.
Aber Nuklearwaffen sind keine Deus ex Machina die uns irgendwie auf magische Weise schützen wird.
Der Schutz wird meiner Ansicht nach überschätzt. Und ob diese Waffen politisch wirken hängt nicht allein davon ab ob wir auch welche haben, dass ist viel zu unterkomplex, viel zu beschränkt und viel zu fragwürdig.
Beiträge: 357
Themen: 1
Registriert seit: Jul 2022
(19.02.2025, 21:48)Quintus Fabius schrieb: Der Schutz wird meiner Ansicht nach unterschätzt. Und ob diese Waffen politisch wirken hängt nicht allein davon ab ob wir auch welche haben, dass ist viel zu unterkomplex, viel zu beschränkt und viel zu fragwürdig.
Meinst du überschätzt oder habe ich deinen Aussage falsch verstanden?
Das Problem an diesen ganzen 'was wäre wenn'-Überlegungen ist, dass es nur Überlegungen sind. Damit meine ich auch meine eigenen. Bin ich breit aufgestellt habe ich mehr Möglichkeiten abgestuft zu reagieren. D.h. dann, dass wir eine glaubwürdige, konventionelle Abschreckung brauchen plus eine nukleare Abschreckung. Das wiederum bedeutet starke, konventionelle Streitkräfte in jeder Dimension und auch massiv Raketen und Marschflugkörper. Dazu braucht es eine starke, strategische Nuklearbewaffnung und auch eine taktische Nuklearbewaffnung in kleinerem Umfang meiner Meinung nach.
Beiträge: 4.616
Themen: 16
Registriert seit: Jan 2017
(19.02.2025, 09:28)Quintus Fabius schrieb: Im übrigen könnte man argumentieren, dass man statt dem Atomwaffensperrvetrrag auch einfach die Biowaffenkonvention kündigen könnte. Dann könnte man auch wesentlich kostengünstiger entsprechende Gegenschlagswaffen entwickeln und vorhalten. ... Und die psychologische Drohwirkung (Abschreckung) wäre noch größer als mit ein paar wenigen Atomwaffen. Bringt nix. Sagt Quintus:
(19.02.2025, 21:26)Quintus Fabius schrieb: Ein wesentlicher Gedankenfehler in Bezug auf Russland ist es, dass den Eliten dort das Überleben der eigenen Bevölkerung irgend etwas bedeutet. Die interessiert nur ihr eigenes Überleben und ihre Pfründe. Das heißt, sie sind damit sehr gut erpressbar, während umgekehrt selbst die Auslöschung einer kompletten Stadt sie in keinster Weise interessieren würde, wenn sie selbst davon persönlich nicht betroffen sind. Um aber gezielt diese Eliten weitgehend auszulöschen und alles was sie besitzen, bedarf es keiner strategischen Nuklearwaffen. Was uns abschreckt, die Massenvernichtung von menschlichem Leben, interessiert diese Eliten nur und einzig und allein nur im Kontext ihres eigenen Lebens und dessen was sie an Reichtum selbst besitzen.
Beiträge: 148
Themen: 5
Registriert seit: Oct 2024
(19.02.2025, 21:48)Quintus Fabius schrieb: Aber Nuklearwaffen sind keine Deus ex Machina die uns irgendwie auf magische Weise schützen wird.
Der Schutz wird meiner Ansicht nach unterschätzt. Und ob diese Waffen politisch wirken hängt nicht allein davon ab ob wir auch welche haben, dass ist viel zu unterkomplex, viel zu beschränkt und viel zu fragwürdig.
Du meinst überschätzt?
Beiträge: 15.375
Themen: 108
Registriert seit: May 2004
Ja natürlich. Danke für den Hinweis, ich ändere es.
Broensen:
Das mit den B-Waffen sollte nur als Beispiel die total irreale Realitätsferne der ganzen Idee deutscher Nuklearwaffen aufzeigen. Um als überspitztes Extrembeispiel darzulegen, wie realistisch eine nuklear bewaffnete Bundesrepublik ist.
Spezifisch in Bezug auf Putin und seine panische Angst vor Krankheiten (Stichwort lange Tische) wären aber B-Waffen vermutlich sogar abschreckender als Atomwaffen.
Und sie würden in jedem Fall die Reichen, die Eliten und deren Reichtum treffen. Was bei einem begrenzten Atomwaffeneinsatz nicht in jedem Fall der Fall wäre. In Bezug auf B-Waffen kann man natürlich regelrechte Weltuntergangswaffen vorhalten, welche schlussendlich die ganze aktuelle menschliche Zivilisation mitnehmen aufgrund der von ihnen erzeugten Abwärtsspiralen. Allein die Drohung so etwas einzusetzen würde dazu führen, dass praktisch alle Atommächte darauf einwirken würden dass es nicht um Einsatz dieser Waffen kommt. Darüber hinaus erzeugen B-Waffen ganz allgemein mehr Terror und mehr psychologische Furcht als A-Waffen. Aber alles vollkommen fernab jeder Realität.
Beiträge: 66
Themen: 1
Registriert seit: Feb 2025
(19.02.2025, 21:48)Quintus Fabius schrieb: Und du glaubst, wir werden zwar nie unsere Armee gegen sie einsetzen, aber wir werden Nuklearwaffen gegen sie einsetzen ?!
Das wir von Russland fortwährend vorgeführt werden und schwächlich bis erbärmlich im Umgang mit den Russen sind, wird sich auch durch Nuklearwaffen nicht ändern. Warum sollte Russland darauf verzichten hierzulande nach Belieben Menschen zu ermorden nur weil wir dann Atombomben haben? Warum sollte Russland irgend etwas an seinem Verhalten ändern nur weil wir dann eine rein theoretische Zweitschlagskapazität haben, die ja nur dann ausgelöst wird, wenn Russland den Erstschlag durchgeführt hat, womit sich aber ohnehin alles erübrigt. Du beantwortest dir die Frage quasi selbst.
Es geht um Optionen. Aktuell habe wir keine Optionen sondern verhalten uns wir das Kaninchen vor der Schlange. Wir sind passiv und defensiv. Atomwaffen ermöglichen uns einen Paradigmenwechsel in der Sicherheitspolitik. Sie ermöglichen uns neue Strategien. Ich denke vor allem an: Coercive Diplomacy: Wir müssen Russland glaubhaft bedrohen können. Wir müssen Ihnen schaden können. Wie müssen sie ins grüblen bringen. Damit meine ich nicht das Panzerkorps vor Moskau, sondern z.B. einen massiven Cyberangriff. Die (militärische) Unterstützung von Rebllen im Kaukasus und ggfs auch den offensiven Einsatz von konventionellen Truppen.
(19.02.2025, 21:48)Quintus Fabius schrieb: Oder ist es ernsthaft deine Hoffnung, dass wir, wenn wir dann Atomwaffen haben unsere Armee konventionell offensiv einsetzen können ? ja  , ich dachte das wäre klar.
z.B: Wenn Russland das Baltikum angeift verteidigen wir es und nehmen Königsberg ein. Würde Russland dafür einen nuklearen Schlagabtausch riskieren? Vielleicht. Es geht auch um Bedrohung nicht um die Umsetzung.
(19.02.2025, 21:48)Quintus Fabius schrieb: Das halte ich für eine äußerst gewagte Wette, die extrem leicht schief gehen kann Stimmt. Atomwaffen würden unser Chancen verbessern. Aktuell stehen sie bei Null. Aktuell haben nur wir etwas zu verlieren.
Zwei sehr gute Artikel die es besser als ich erklären:
https://www.e-ir.info/2009/06/29/is-coer...bjectives/
https://politicon.co/en/essays/41/what-i...-diplomacy
(19.02.2025, 21:48)Quintus Fabius schrieb: Ein Angriff mit taktischen Nuklearwaffen könnte aber durch ein konventionelles Arsenal abgeschreckt werden, wenn dieses ausreichend schlagkräftig ist und dann würde man selbst auf den Einsatz einzelner taktischer Nuklearwaffen immer noch konventionell antworten können - dies aber nicht die Gefahr des strategischen Atomkrieges herbei führen. Taktische Atomwaffen sind heute viel potenter. Eine 9K720 Iskander kann ein 200kt. Sprengkopf tragen, das 15-fache der Hiroshima Bome. Die Mini Nuke aus dem kalten Krieg gibt es nicht mehr, afaik. Dazu werden die Trägersysteme immer besser:
https://militarywatchmagazine.com/articl...r-accuracy
Eine Hyunmoo 4 kann von konventionellen U-Booten (KSA III) gestartet werden und hat eine Reichweite von >3000km. https://meta-defense.fr/de/2021/09/07/la...ous-marin/
Die Grenze zwischen taktischen und strategischen Nuklearwaffen verschwimmt immer mehr. Über die
Waffen der Dolphin Uboote find ich leider nichts, geht aber wohl ein ähnliche Richtung.
Noch zum Realismus: https://www.tagesschau.de/investigativ/p...d-101.html Die Politik muss es nur richtig verkaufen. Die technischen Möglichkeiten habe ich schon dargestellt.
(19.02.2025, 19:30)Kos schrieb: Wir bräuchten ein europäisches Nuklearwaffenprogramm. Allerdings sollten diese Waffen nicht der EU unterstellt sein, denn dann können sie nur bei politischer Einigkeit eingesetzt werden und wer weiss, ob alle Europäer bei einem Einmarsch ins Baltikum zu einem Atomkrieg mit Russland bereit sein werden, ich glaube eher nicht. Die Atomwaffen sollten den Ländern übergeben werden die mitmachen wollen. Nein, Nein, Nein und nochmals Nein. Wie viel Artikel muss ich noch verlinken, liest wohl keiner:
https://taz.de/Atomstreitkraefte-Frankre.../!5992445/
Erst wenn wir unsere Nationalen Regierungen auflösen und zur USE verschmelzen können wir darüber nachdenken. Es ist aus so vielen Gründen nicht möglich. Wir ziehen das national durch oder gar nicht.
(19.02.2025, 09:19)Helios schrieb: Nichts am Kernwaffenbau ist einfach, und die Frage, welche Anlage das Material generiert, zäumt das Pferd von hinten auf. Daran würde es auch mit der bestehenden Infrastruktur definitiv nicht scheitern. Selbst falls es einen politischen Konsens zur Beschaffung gäbe und da vergleichsweise schnell entsprechende Fakten geschaffen werden, brauchen die organisatorischen und technischen Aspekte etliche Jahre, falls die Finanzierung keine Schwierigkeiten bereitet und Entscheidungen schnell getroffen werden. Und jetzt setzen wir bei den ganzen "Variablen" mal realistischere Werte ein, dann reichen "etliche Jahre" kaum aus.
Die Finazierung ist überschaubar. Die technischen Apsekte sind zu 90% bereits gelöst. Wir waren schon mal kurz vor der Bombe. Das ist weit weniger abwegig als manch andere Plan.
Wie kommst du etliche Jahre?
Was würde denn bis die auf Anreicherung fehlen?
Da ist nicht trivial aber etliche Jahre dauert das nicht. Das Manhhaten Projekt startete bei 0 und war in drei Jahren erfolgreich beendet. Zugegeben das war ein SEHR großes Projekt. Wir starten jedoch bei 90 und sind schon fast da. Ich will mich aber auch nicht wiederholen.
(19.02.2025, 09:19)Helios schrieb: Und welches Problem hätten wir damit gelöst? Eine nationale Sicherheit ohne kollektive europäische Sicherheit ist meines Erachtens aufgrund der vielfältigen Verflechtungen unrealistisch, und eine kollektive Sicherheit über nationale Kernwaffen herzustellen würde auch jetzt bereits funktionieren (denn Frankreich muss mehr als nur Teil einer solchen kollektiven Sicherheit sein). Es geht um einen Paradigmenwechsel in der Sicherheitspolitik. (habe ich an andere Stelle beschrieben)
Wir gehen von unterschiedlichen Entwicklungen aus. Ich habe kein Vertrauen in unsere Partner. Ich sehe auch in Zukunft keine gemeinsame europäische Außen und Sicherheitspolitik. Das scheitert seit 30 Jahren.
Verteidigung ist eine nationale Aufgabe. Wenn wir uns international aufstellen können ist das ein "nice to have" aber darf nie ein "must have" sein.
Beiträge: 15.375
Themen: 108
Registriert seit: May 2004
Zitat:Taktische Atomwaffen sind heute viel potenter. Eine 9K720 Iskander kann ein 200kt. Sprengkopf tragen, das 15-fache der Hiroshima Bome. ........Die Grenze zwischen taktischen und strategischen Nuklearwaffen verschwimmt immer mehr.
Dazu noch im allgemeinen: man kann heute meiner Ansicht nach Atomwaffen nicht mehr aufgrund ihrer Sprengwirkung in taktische und strategische unterscheiden, sondern man muss dies nach den beabsichtigten Zielen, insbesondere der Frage was damit konkret angegriffen werden soll unterscheiden. Denn die Sprengwirkung ist zur Unterscheidung inzwischen vollkommen wertlos geworden.
Per definitionem sind also taktische Nuklearwaffen solche, die sich primär gegen rein militärische Ziele richten, insbesondere aber gegen Truppenverbände, insbesondere Großkampfverbände.
Zitat:Es geht um Optionen. Aktuell habe wir keine Optionen
Doch die haben wir. Beispielsweise kann man den Versuch einer nuklearen Erpressung einfach ignorieren, auch wenn dies kontraintuitiv ist. Man ruft den Bluff auf, und es ist ein Bluff, denn die nukleare Erpressung real umzusetzen schadet dem Angreifer insgesamt betrachtet mehr als dem der angegriffen wird. Und damit verliert die nukleare Erpressung jeden Wert. Ich halte ohnehin das ganze Konzept der nuklearen Erpressung für Unfug und ein rein theoretisches Konstrukt. Und umgekehrt ist ein Zweitschlag zur Vergeltung in Wahrheit nur sinnlose Rache / den Feind mitnehmen usw. und ist über die abschreckende Wirkung hinaus eben keine Option, weil er nicht begrenzt geführt werden kann. Eine Bombe gegen nur eine Bombe funktioniert hier nicht. Seine Wirkung ist also lediglich indirekt. Zudem ist das noch eine höchste theoretische indirekte Wirkung, denn damit die Abschreckung funktioniert, muss sie tatsächlich glaubhaft sein und massiv. Und da fehlt es dieser Bundesrepublik allein schon an der Glaubhaftigkeit. Die Russen werden uns nicht abnehmen, dass wir das russische Volk nuklear völkermorden. Und damit schreckt sie die rein theoretische Option dazu auch nicht ausreichend ab.
Zitat:ja Big Grin, ich dachte das wäre klar.
z.B: Wenn Russland das Baltikum angeift verteidigen wir es und nehmen Königsberg ein. Würde Russland dafür einen nuklearen Schlagabtausch riskieren? Vielleicht. Es geht auch um Bedrohung nicht um die Umsetzung.
Meiner Meinung nach werden konventionelle Streitkräfte durch die theoretische Option eines Nuklearwaffeneinsatzes weder handlungsfreier noch besser einsetzbar. Das halte ich für eine äußerst fragwürdige bloße These. Im übrigen erstaunt mich diese Fixierung auf das Baltikum die sich allenorten irgendwie durchgesetzt hat. Es gibt viele Wege die Russen davon abzuschrecken das Baltikum einzunehmen und man könnte sogar ganz allgemein verhindern, dass sie es überhaupt einnehmen können. Und wenn sie es gar nicht einnehmen können, was nützen ihnen dann ihre atomaren Phantome ?! Jeder Staat der einen nuklearen Erstschlag gegen eine Nicht-Atommacht führt ist ebenso fällig wie wenn er ihn gegen eine Atommacht geführt hätte.
Ironischerweise haben in den späten 80ern sowjetische Militärwissenschaftler schon die gleiche Erkenntnis gehabt und schrieben von der Nicht-Einsetzbarkeit von Nuklearwaffen und damit deren Wertlosigkeit für einen rational agierenden Spieler. Agiert der Einsetzende aber nicht-rational, erübrigt sich alles weitere, da ein solcher Spieler ja auch nicht rationaler Abschreckung unterliegt.
Außerdem ist es - wie von mir bereits ausgeführt - ein Irrglaube, man könnte in Mitteleuropa, mit Mittelstreckenraketen einen begrenzten Nuklearkrieg führen, gar einen taktischen Nuklearkrieg. Egal ob Frankreich will oder nicht, in dem Moment, in welchem russische Trägersysteme eine Nuklearwaffe in Deutschland umsetzen und weitere solche geflogen kommen, muss und wird beispielsweise Frankreich strategisch zuschlagen müssen. Ebenso die Briten, ob sie wollen oder nicht. Die kurzen Strecken, der Fakt dass der offenkundig irrationale Gegner eine Atomwaffe eingesetzt hat und die Unmöglichkeit anders zu handeln da wenige Minuten später schon das ganze eigene Land untergehen könnte, genügen hierfür bereits.
Es kann keinen Tit for Tat Abtausch von taktischen Nuklearwaffen geben, dass ist einfach völlig illusorisch.
Wir sollten uns daher eher darauf konzentrieren, dass Baltikum in eine nicht eroberbare Grenzregion zu verwandeln, was gar nicht so schwierig zu bewerkstelligen wäre. Analog zu den früheren Militärgrenzen (Habsburger Reich, Balkan) würde dass die Wahrscheinlichkeit eines Kriegs mit Russland sehr viel mehr senken als der Besitzer einer strategischen Zweitschlagfähigkeit.
Beiträge: 66
Themen: 1
Registriert seit: Feb 2025
(20.02.2025, 00:27)Quintus Fabius schrieb: Doch die haben wir. Beispielsweise kann man den Versuch einer nuklearen Erpressung einfach ignorieren, auch wenn dies kontraintuitiv ist. Man ruft den Bluff auf, und es ist ein Bluff, denn die nukleare Erpressung real umzusetzen schadet dem Angreifer insgesamt betrachtet mehr als dem der angegriffen wird. Und damit verliert die nukleare Erpressung jeden Wert. Ich halte ohnehin das ganze Konzept der nuklearen Erpressung für Unfug und ein rein theoretisches Konstrukt. Trump sprach auf jeder Wahlkampfveranstaltung vor der Gefahren eine nuklearen Eskalation. Scholz liefert keine Taurus aus. Die Mehrheit der Deutschen hat Angst.
https://www.stern.de/politik/deutschland...--34535214
https://www.tagesschau.de/inland/gesells...n-100.html
(20.02.2025, 00:27)Quintus Fabius schrieb: Meiner Meinung nach werden konventionelle Streitkräfte durch die theoretische Option eines Nuklearwaffeneinsatzes weder handlungsfreier noch besser einsetzbar. Das halte ich für eine äußerst fragwürdige bloße These. Russland beweist die These in Georgien und der Ukraine. Schau auf Isarel, die können in Teheran den Hamas Chef eliminieren weil sie wissen das sie keinen ernsthaften Gegenschalg befürchten müssen. Der Iran hat soviel Angst vor einem vor nuklearem Gegenschlag, das sie Tage vor ihrer "Vergeltung" der IDF genau mitteilen wo ihre Raketen einschlagen werden.
(20.02.2025, 00:27)Quintus Fabius schrieb: Außerdem ist es - wie von mir bereits ausgeführt - ein Irrglaube, man könnte in Mitteleuropa, mit Mittelstreckenraketen einen begrenzten Nuklearkrieg führen, gar einen taktischen Nuklearkrieg. Egal ob Frankreich will oder nicht, in dem Moment, in welchem russische Trägersysteme eine Nuklearwaffe in Deutschland umsetzen und weitere solche geflogen kommen, muss und wird beispielsweise Frankreich strategisch zuschlagen müssen. Ebenso die Briten, ob sie wollen oder nicht. Darauf würde ich nicht wetten. Gerade F und GB agieren noch viel feiger als wir es tun. Der Deutschlandhasserin Marie le Pen traue ich keinen Meter über den Weg. Und GB verkauft gerade die Ukraine trotz der Zusagen von 1994. Auf solche Partner sollten wir uns nicht verlassen.
Beiträge: 15.375
Themen: 108
Registriert seit: May 2004
Es gibt einen erheblichen Unterschied zwischen dem Verrat an der Ukraine, der weniger aus Feigheit, sondern vielmehr aus Eigenutz geschieht u.a. auch um die Folgekosten für den Westen zu minimieren (Aufbau zerstörter Gebiete etc) und dem Fakt, dass gerade Mittelstreckenraketen zeitkritisch in die eigene Richtung fliegen und der Gegner beweisbar bereits Atomwaffen eingesetzt hat. Man kann nämlich seitens Frankreichs beispielsweise weder ausmachen noch darauf warten, ob diese allesamt nur in Deutschland niedergehen. Das sind also zwei völlig verschiedene Dinge. Wenn man weiß, dass der Gegner eine Nuklearwaffe einsetzt, die entsprechenden Trägersysteme fliegen an, führt bereits dies faktisch schon zwingend zum strategischen Atomkrieg ohne Begrenzung. Es kann daher keinen begrenzten Atomkrieg mit Mittelstreckenwaffen in Mitteleuropa geben.
Zitat:Russland beweist die These in Georgien und der Ukraine. Schau auf Isarel, die können in Teheran den Hamas Chef eliminieren weil sie wissen das sie keinen ernsthaften Gegenschalg befürchten müssen. Der Iran hat soviel Angst vor einem vor nuklearem Gegenschlag, das sie Tage vor ihrer "Vergeltung" der IDF genau mitteilen wo ihre Raketen einschlagen werden.
Als ob Georgien und die Ukraine irgend etwas in dieser Richtung belegen würden, gerade Georgien nicht, dessen Geschick nun wahrlich für den Westen völlig unbedeutend ist. Und als ob wir einen konventionellen Krieg mit Russland anfangen würden wegen der Ukraine, wenn die Russen keine Atomwaffen hätten. Die Ukrainer sind lediglich nützliche Idioten die Russland abnutzen und dann weggeworfen werden, dass war von vornherein klar. Die Sache würde nicht anders laufen und wäre nicht anders gelaufen, wenn es keine Atomwaffen gäbe.
Im weiteren zu Israel: wie die Israelis belegt haben, können sie praktisch auch mit konventionellen Waffen frei im Iran zuschlagen. Darüber hinaus haben sie die militärische Unterstützung der USA sicher, gegen welche der Iran sich konventionell nicht verteidigen kann. Wenn die Iraner den Krieg eskalieren, würde das zum vollumfänglichen Krieg mit den USA und Israel zugleich führen, und diesen würde der Iran schlicht und einfach verlieren.
Die Iraner werden hier also weniger von den israelischen Atomwaffen abgeschreckt, als vielmehr von dem simplen Fakt, dass sie den daraus entstehenden Krieg selbst konventionell haushoch verlieren würden, aller gegenteiligen Propagandadarstellung zum Trotz. Das iranische Regime würde schlicht und einfach selbst bei einem konventionellen Krieg alles verlieren.
Und trotz aller öffentlichen Empörung über die Ermordnung des Hamas Anführers ist der Iran sich selbst nun mal näher als einer Terrororganisation die auch noch aus Häretikern besteht. Man benutzt das propagandistisch, aber deswegen wird man keinen Krieg anfangen. Die Angriffe auf Israel hatten im weiteren mehr innenpolitische Gründe als alles andere.
Von all dem aber mal völlig unabhängig: Das wesentlichste ist der Wille an sich, ernsthaft Krieg führen zu wollen und auch zu können. Ohne einen solchen bringen auch Atomwaffen nichts, da sie dann keine Abschreckung darstellen, sondern nur einen weiteren Unsicherheitsfaktor. Selbst mit Atomwaffen wäre diese Bundesrepublik weder glaubhaft noch könnte sie ausreichende Abschreckung erzeugen. Wir würden - vollständig isoliert und alleine - auch jeden konventionellen Krieg aktuell verlieren.
Und es ist eben völlig unglaubhaft, dass wir auf eine Niederlage im konventionellen Krieg einen strategischen Atomkrieg auslösen würden. Genau das aber wäre es worauf es ankommt: das es ein gesicherter Fakt wäre, dass wir einen Erstschlag auslösen, wenn wir konventionell verlieren. Das ist für diese Bundesrepublik so undenkbar, dass sich jede Diskussion darüber völlig erübrigt.
Und eine bloße Zweitschlagoption bringt rein gar nichts, wenn der Gegner nicht zuerst nuklear zuschlägt. Was er nicht tun muss, wenn wir vollständig isoliert sind, da uns dann selbst Russland jederzeit besiegen kann. Damit Atomwaffen also überhaupt irgendeinen theoretischen Sinn ergeben, müsste man zuerst einmal konventionell massiv aufrüsten. Beispielsweise ist es die Kombination aus eigener militärischer Stärke und der abrufbaren Militärmacht der USA, welche es für Israel überhaupt erst sinnvoll macht zusätzlich Nuklearwaffen u.a. zu haben. Ohne ausreichende konventionelle militärische Stärke bringt eine bloße Zweitschlagoption wenig bis gar nichts.
Spaßige Randnotiz: Israel ist der B-Waffen Konvention nicht beigetreten (kein Vertragsstaat). Man denke mal darüber nach.
Beiträge: 66
Themen: 1
Registriert seit: Feb 2025
Wie drehen uns im Kreis. Ich sehe die BRD wesentlicher positiver und stärker als du. Ich habe großen Respekt vor all unseren Kanzlern (bis auf Merkel). Du siehts uns als schwache woke Idioten. Ich sehe uns in der Tradition von Genscher, Schmidt, Brandt und Kohl. Das waren Giganten. Ich bin Patriot und du nicht 
Jedes Waffensystem und jede Einheit ist nur ein Werkzeug. Ich will unsere politische Führung mit den besten Werkzeugen austatten. Ich habe ausführlich erklärt warum die nukleare Option ein fantastisches Werkzeug ist und wie wir es beschaffen können.
Ein Kanzler Merz mit nuklearer Option würde mit Sicherheit nicht einfach ignoriert werden.
Diese Aussage kann ich nicht beweisen. Was ich beweisen kann ist, das wir aktuell überhaupt keine Rolle spielen. Du kannst glauben eine konventionelle Aufrüstung würde das ändern, ich glaube es nicht.
Beiträge: 15.375
Themen: 108
Registriert seit: May 2004
Zitat: Ich habe ausführlich erklärt warum die nukleare Option ein fantastisches Werkzeug ist und wie wir es beschaffen können.
Und beidem habe ich gar nicht wiedersprochen, selbst die Kosten benannte ich bereits vor dir korrekt mit ungefähr 2 Milliarden Plus. Das wäre also durchaus realistisch finanzierbar. Darum geht es mir also gar nicht.
Den Begriff woke habe ich hier im übrigen nirgends verwendet. Primär sind wir Kriegsunfähig, darin liegt das eigentliche Problem und das Hauptproblem weit vor allem anderen in Bezug auf eine atomare Bewaffnung.
Wir sind kriegsunfähig, dass ist der entscheidende Punkt.
Und das sind wir nicht, weil wir keine eigenen Atomwaffen haben, sondern aus ganz anderen Gründen, die zugleich auch jede nukleare Bewaffnung extrem fragwürdig machen.
Zitat:Ich will unsere politische Führung mit den besten Werkzeugen austatten.
Glaub mir oder nicht, ginge es allein nach mir, wären die Streitkräfte die erste und oberste Priorität, vor allem anderen. Denn meiner Überzeugung nach ist eine möglichst weitgehende Re-Militarisierung die wesentlichste Eigenschaft welche das Deutsche Volk für das bloße Überleben in den nächsten Jahrzehnten benötigt.
Zitat: Was ich beweisen kann ist, das wir aktuell überhaupt keine Rolle spielen. Du kannst glauben eine konventionelle Aufrüstung würde das ändern, ich glaube es nicht.
Eine massive konventionelle Aufrüstung und die Widerherstellung einer echten Kultur der allgemeinen Wehrpflicht würden definitiv etwas ändern und sie würden uns insgesamt deutlich weiter bringen als die Idee eines Kanzlers Merz mit Atombomben.
Beiträge: 4.616
Themen: 16
Registriert seit: Jan 2017
@ Quintus:
Ich glaube, du denkst da zu logisch und die Sachen zu sehr bis zum Schluss.
Ich bin zwar ebenfalls der Meinung, dass sich Deutschland bereits unter einem französischen Schutzschirm befindet, aber die Franzosen sehen ihre Force de Frappe rein als strategische Option. Sollten jetzt die britischen und Teilhabe-Waffen wegfallen, dann hätte Europa keine A-Waffen in einer substrategischen Dimension mehr. Du hältst das für vertretbar, weil du eine konventionelle Abschreckung für sinnvoller hältst. Letztere Ansicht teile ich auch, nur handeln nicht alle derart rational. Wer sagt dir denn, das Putin das auch so sieht, dass der sich von konventioneller Schlagkraft tatsächlich abschrecken lässt, wenn sein eigener Bunker außerhalb deren Reichweite liegt? Warum hat denn halb Deutschland solche Angst vorm Atomkrieg statt vor der Feuer- und Fleischwalze oder der Sabotage unserer Infrastruktur? Weil nukleare Abschreckung nicht rein logisch-rational funktioniert.
Zudem käme eine solche konventionelle Zweitschlagfähigkeit in einem großen Konflikt sinnvollerweise bereits ohne einen vorhergehenden Atomwaffeneinsatz zur Anwendung, weil wir ja wissen, wie wichtig es wäre, einen solchen Krieg so schnell wie möglich durch massive Feuerkraft für sich zu entscheiden. Wo wäre dann noch das eigene Eskalationspotential, um bspw. auf einen begrenzten Atomwaffeneinsatz im Baltikum zu reagieren?
Meine Vorstellung einer atomaren Bewaffnung Deutschlands wäre nichts anderes als eine begrenzte, also substrategische Option zur Abdeckung der Lücke zwischen der Force de Frappe und der zusätzlich vorzuhaltenden konventionellen Mittelstrecken-Abschreckung. (Alle drei aufeinander und miteinander abgestimmt.) Da reden wir über wenige Sprengköpfe begrenzter Wirkung, die auch als solche klar zu erkennen sein müssen, um bei einer Anwendung eben nicht den Anschein eines strategischen Schlages aufkommen zu lassen.
Der Bedarf dazu besteht, damit nicht die strategische Abschreckung des Feindes dafür sorgt, dass er substrategisch zuschlagen kann, weil er weiß, dass uns nur eine strategische Antwortoption zur Verfügung steht. Und das wäre der Fall, wenn wir unsere konventionelle Abschreckung auch außer- bzw. unterhalb einer nuklearen Eskalation einsetzen würden, was wir tun müssten.
(Diskussionen über atomare Abschreckung erfordern eigentlich eigene Zeitformen.  Sowas wie Plusquamdestruktiv oder so)
Beiträge: 23
Themen: 1
Registriert seit: Oct 2021
Sogar wenn die DE mit der Aufrüstung mit konventionellen Langstreckenraketen beginnen sollte, ist es dann überhaupt möglich, innerhalb von 10 Jahren eine inländische Lösung zu entwickeln? 
Da sich die US als unzuverlässiger Partner erweisen, sollte man befürchten, dass die US in Zukunft ein potenzieller Rivale sein könnte. Daher sollte die geplante LRM eine interkontinentale Reichweite (6000+ km) haben, selbst wenn ihr Sprengkopf konventionell ist, wie der der Hyunmoo 5.
Und dann gibt es noch Probleme mit dem U-Boot. TKMS hat noch nie ein U-Boot mit mehr als 5000 t gebaut, selbst die geplante Dakar-Klasse, die in den 2030er Jahren an Israel geliefert werden soll, würde nur zwischen 3000 und 4000 t wiegen. Es ist also ein sehr großer Sprung für die deutsche Rüstungsindustrie.
Und was die Meinung angeht, dass DE einen Flugzeugträger oder ein Atom-U-Boot braucht, so wäre das eine Wiederholung des gleichen Fehlers, den die KM in den 30er Jahren gemacht hat. Selbst als Walter im Jahr 34 den Walter-Antrieb für das U-Boot vorschlug, entschied sich das KM-Oberkommando dafür, seine begrenzten Ressourcen für ihren feuchten HSF-Traum zu verwenden. Ein paar Dutzend Walter-U-Boote hätten die RN vor 42 wirklich aus dem Kampf werfen können. Es ist also idiotisch, diesen Fehler zu wiederholen.
Selbst mit dem aktuellen AIP kann ein 212a bereits rund 3 Wochen voll getaucht operieren. Es ist nicht zu viel zu hoffen, dass ein 5000+ t U-Boot ab 2030 mindestens 90+ Tage oder mehr durchhält, besonders wenn die Festkörperbatterie bis dahin ausgereift ist. Das würde zumindest für den Nordatlantik/Arktischen Ozean ohne den teuren Atomreaktor ausreichen.
[Bild: https://4.bp.blogspot.com/-QsA5KSWsvrs/X...107-3d.jpg]
[Bild: https://3.bp.blogspot.com/-IqlOhRJESdk/X...1600/4.jpg]
Beiträge: 7.993
Themen: 353
Registriert seit: Jul 2003
(19.02.2025, 23:10)Diogenes schrieb: Die Finazierung ist überschaubar. Die technischen Apsekte sind zu 90% bereits gelöst. Wir waren schon mal kurz vor der Bombe. Das ist weit weniger abwegig als manch andere Plan.
Wie kommst du etliche Jahre?
Wenn der Ausgangspunkt ein politischer und gesellschaftlicher Konsens wäre (um der Argumentation Willen betrachte ich das als gegeben), dann wäre der erste Schritt die Ausarbeitung einer entsprechenden Kernwaffendoktrin. Das mag zwar einfach klingen, ist aber ein komplexer Vorgang, bei dem es von dem politischen Handlungsrahmen über die organisatorische Fragen bis hin zu konkreten technischen Aspekten um eine Vielzahl von Entscheidungen geht, die zudem miteinander koordiniert werden müssen.
Anschließend erst kann die konkrete Umsetzung beginnen. Die wichtigste ist die Entwicklung der Kernwaffe selbst, was ausgehend von den aktuellen Programmen in den USA und dem UK mindestens zehn Jahre, aufgrund nicht vorhandener Vorerfahrungen eher 15+ Jahre dauern dürfte. Natürlich kann, wie immer mit dem Argument der Dringlichkeit diese Zeit verringert werden, ich halte es aber für völlig unrealistisch, hier nur wenige Jahre einzuplanen.
Parallel dazu muss die Sicherheitsarchitektur für die Freigabe des Einsatz selbst aufgebaut und getestet werden, die entsprechenden Trägermittel müssen entwickelt und/oder zumindest eingekauft und modifiziert werden (ich werde auf den Punkt noch eingehen), es muss auch die entsprechende Infrastruktur (bspw. Stützpunkte) ausgebaut werden. Ausgehend von bekannten Projekten in diesem Bereich sprechen wir auch hier von mehr als nur wenigen Jahren, und das immer mit der Voraussetzung, dass es aufgrund von Dringlichkeit zu keinen Verzögerungen käme (was aus verschiedenen Gründen unrealistisch ist).
Was die Trägermittel selbst angeht, du hast hier zwei Beispiele genannt: die F-35 werden beschafft, und israelische Unterseeboote mit einer sehr wahrscheinlichen nuklearen Zweitschlagfähigkeit werden in Deutschland gebaut. Beides will ich nicht in Abrede stellen, aber was bedeutet das konkret für deutsche Kernwaffen? Wie sehen überhaupt die Anforderungen aus?
Über den Sinn und Unsinn von freifallenden Atombomben wurde hier im Forum schon mehrfach diskutiert, auch mit einem Flugzeug wie der F-35 kann das nur bedingt eine zielführende Einsatzvariante sein. Es bräuchte als einen FK, der entweder eingekauft und entsprechend modifiziert oder selbst entwickelt werden müsste. Am sinnvollsten wäre vermutlich die Beteiligung an der Entwicklung der ASN4G (mit eigenem, deutschen Sprengkopf), zum einen weil es ein sehr leistungsfähiges System werden dürfte, zum anderen weil es auch in den NGF integriert wird. Die Alternative könnte eine luftgestartete Variante von Tyrfing sein. In beiden Fällen sprechen wir von 10+ Jahren bis zur Einsatzreife. Leistungsschwächere Entwicklungen (bspw. Taurus Neo) wären zwar potenziell etwas schneller verfügbar, dürften aber nur bedingt sinnvoll sein rein aufgrund der jeweiligen Einsatzbedingungen. In allen Fällen wäre der Eurofighter als Zwischenlösung bis zum NGF die sinnvollere Variante, schlicht und einfach weil dort die notwendigen Eingriffe in die Systeme leichter und rein national möglich sein dürfte.
Gerade mit Blick auf die Zweitschlagfähigkeit ist und bleibt das Unterseeboot das eigentlich bevorzugte Mittel zur Verbringung von Kernwaffen, idealerweise mit Hilfe von ballistischen Raketen. Zwar ist es augenscheinlich korrekt, dass die in Deutschland gebauten israelischen Unterseeboote Kernwaffen einsetzen können, dies geschieht allerdings den Berichten nach mit (aus vergrößerten Torpedorohren gestarteten) Marschflugkörpern. Diese besitzen weder die notwendige Reichweite (Berichten nach 1500+ km), noch (meiner Ansicht nach) das Durchsetzungspotenzial, um für uns in Frage zu kommen. Realistisch betrachtet braucht es meiner Ansicht nach eine Reichweite von 3000+ km mit hoher Geschwindigkeit, was üblicherweise für ballistische Raketen spricht. Du erwähntest hier etwa die Hyunmoo-4, die allerdings nicht die von dir genannte Reichweite von 3000+ km aufweist, sondern frei verfügbaren Quellen nach deutlich unter 1.000 km. Ausgehend von den Daten bekannter ballistischer Mittelstreckenraketen werden signifikant größere Unterseeboote benötigt als das, was hier in Deutschland bisher gebaut wurde. Auch stellt sich die Frage, ob bei den Anforderungen an Größe und Auftrag ein konventioneller, außenluftunabhängiger Antrieb wirklich eine sinnvolle Wahl wäre, oder ob damit nicht an der völlig falschen Stelle ein unnötiger Flaschenhals geschaffen wird.
Dies alles sollte deutlich machen, dass eine wirklich sinnvolle nukleare Abschreckung nicht in ein oder zwei Jahren realisiert werden kann. Selbst unter unrealistisch schnellen Bedingungen sprechen wir über, wie von mir erwähnt, etliche Jahre. Genau festlegen will ich mich da bewusst nicht. Unter realistischen Bedingungen halte ich alles unter eine Dekade für völlig ausgeschlossen.
Zum Abschluss noch ein Blick auf die Kosten. Du hast hier belegte Zahlen von Frankreich und Großbritannien genannt, aus denen sich ableiten lässt, dass eine funktionierende nukleare Abschreckung mit laufenden Kosten von 6 bis 8 Milliarden Euro pro Jahr möglich wären. Allerdings beinhalten diese Zahlen keine Anschaffungs- oder Modernisierungskosten, und auch nicht die Kosten für den Aufbau der Infrastruktur. In Großbritannien findet zur Zeit ein grundlegender technischer Wechsel statt. Es werden vier neue SSBN gebaut (das kann als sinnvolles Minimum für eine dauerhafte nukleare Abschreckung betrachtet werden), eine neue Kernwaffe entwickelt, die SLBM und die Infrastruktur an Land modernisiert. Die Gesamtkosten für die nukleare Abschreckung für den Zeitraum von 2023 bis 2033 werden von offizieller Seite auf über 140 Milliarden Euro geschätzt. Wenn wir die Beschaffung von entsprechenden Raketen mit einbeziehen, und die Notwendigkeit zum Neuaufbau der Infrastruktur, würde nur der Aufbau einer sinnvollen seegestützten nuklearen Zweitschlagfähigkeit irgendwas zwischen 15 und 20 Milliarden Euro für mindestens ein Jahrzehnt bedeuten. Erweitert um potenzielle luftgestartete Waffen dürften 20+ Milliarden pro Jahr in der Investitionsphase nicht unrealistisch sein.
Natürlich ist nichts davon unmöglich, aber das ist der Grund, warum ich davon schreibe, dass ein solches Programm weder einfach ist, noch nur wenige Jahre benötigt.
Zur Nachvollziehbarkeit der von mir genannten Zahlen (falls ich was vergessen habe bitte melden)
https://researchbriefings.files.parliame...P-8166.pdf
https://researchbriefings.files.parliame...P-9777.pdf
https://www.nuclearinfo.org/wp-content/u...ersion.pdf
https://www.armscontrol.org/act/2012-07/...eport-says
https://www.navalnews.com/naval-news/202...sile-test/
Beiträge: 15.375
Themen: 108
Registriert seit: May 2004
Ich will einen Punkt von Broensen noch aufgreifen um einen unkonventionellen Gedanken in den Raum zu werfen:
Zitat:Wo wäre dann noch das eigene Eskalationspotential, um bspw. auf einen begrenzten Atomwaffeneinsatz ......zu reagieren?
Warum überhaupt darauf reagieren in dem Sinne, dass man dann ebenfalls nuklear antwortet ? Warum eine Atombombe werfen weil der Gegner eine Atombombe geworfen hat. Bei einem bloßen taktischen / substrategischen Einsatz wird die reale tatsächliche Wirkung von Nuklearwaffen massiv überschätzt. Das sind primär Terrorwaffen gegen die Zivilbevölkerung und psychologische Waffen, aber die reale Wirkung gegen Streitkräfte, insbesondere gegen mechanisierte Streitkräfte ist in Wahrheit erstaunlich gering.
Mal folgender Gedanke: Russland erklärt, wir müssen aufhören die russischen Truppen aus dem Baltikum zu werfen, oder sonst. Wir ignorieren dies und erklären zugleich, dass selbst der Einsatz einer Atombombe nichts daran ändern wird. Die Russen werfen eine Bombe (nukleare Demonstration).
Und hier nun der radikale Ansatz: wir machen einfach weiter wie gehabt und schlagen eben nicht nuklear zurück. Denn Russland macht sich mit dem Ersteinsatz auf der Stelle gegenüber absolut allen zum absoluten Pariah, die negativen Folgen für die Russen übersteigen im weiteren dann alles bei weitem was die Bombe an Schaden anrichtet.
Nukleare Erpressung funktioniert nicht, wenn man sich einfach davon nicht erpressen lässt. Und ab diesem Zeitpunkt wird der tatsächliche Einsatz einer Atomwaffe vollkommen sinnlos. Natürlich muss man so etwas als Gesellschaft überhaupt erst einmal können.
Um das an dieser Stelle aber nochmal zu betonen: ich spreche hier nur von der nuklearen Demonstration, der nuklearen Erpressung sowie dem begrenzten taktischen Einsatz. Denn bereits einen unbegrenzten taktischen Einsatz gibt es nicht, dann sind wir beim strategischen Atomkrieg und den müssen in Europa alle mitführen, ob sie wollen oder nicht, ob EU Mitglied oder nicht, weil sich dass in Europa nicht einhegen lässt.
Also dezidiert für den Übergangsbereich, mit dem einzelnen Einsatz einer solchen Waffe oder begrenzten taktischen Einsätzen verlieren diese praktisch ihren Mehrwert gegenüber konventionellen Schlägen, wenn wir uns davon schlicht und einfach nicht beeindrucken lassen.
Mich würde eine taktische Atomwaffendetonation rein persönlich beispielsweise wenig beeindrucken.
Zitat:Der Bedarf dazu besteht, damit nicht die strategische Abschreckung des Feindes dafür sorgt, dass er substrategisch zuschlagen kann, weil er weiß, dass uns nur eine strategische Antwortoption zur Verfügung steht.
Eben nicht. Wir können auf so etwas theoretisch auch konventionell antworten. Taktische Atomwaffenangriffe sind entweder erstaunlich wenig wirksam, oder sie führen rasend schnell in den strategischen allgemeinen Atomkrieg. In beiden Fällen sind sie deshalb weniger relevant als man meinen würde. Frankreich hat das meiner Ansicht nach erkannt und konzentriert sich deshalb beispielsweise auf strategische Waffen.
Zitat:Und das wäre der Fall, wenn wir unsere konventionelle Abschreckung auch außer- bzw. unterhalb einer nuklearen Eskalation einsetzen würden, was wir tun müssten.
Die massive konventionelle Abschreckung dient ja zunächst einmal primär dazu, den konventionellen Krieg zu verhindern. Findet dieser aber dennoch statt, kann auch diese konventionelle Wirkung durchaus skaliert werden. Dies muss dann auch mittels Geheimdiplomatie eindeutig kommuniziert werden. Man verzichtet also bewusst auf bestimmte Formen von konventionellen Angriffen. Welche man aber ausführt, wenn der Feind eine nukleare Demonstration vornimmt. Man überschätzt den taktischen Nuklearwaffeneinsatz und man unterschätzt was man mit konventionellen Waffen heute aufgrund ihrer Präzision anrichten kann.
|