Russland & Verbündete gegen Europa & USA
Wenn man dazu noch sieht das selbst nach der Besetzung der Krim die Mehrheit der ukrainischen Bevölkerung gegen einen Beitritt zur NATO war.
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(17.06.2024, 21:57)Quintus Fabius schrieb: Das ist eine ganz uralte sozialkulturelle Grundströmung in Russland. Man nimmt sich selbst als eine belagerte Festung wahr, die von außen fortwährend angegriffen wird. Das ist ein ganz altes, teilweise sogar unterbewusst verankertes Denken: Russland als belagerte Burg.

Meines Erachtens ist das Denken der russischen Bevölkerung von jeher von seinem Verhältnis zum Herrscher geprägt.

Da ist ein eigenartiges Abhängigkeitsverhältnis, dass sich so in anderen Nationen nie bilden konnte.

Und die "soziokulturelle Grundströmung" ist meiner Meinung hauptsächlich durch die Herrschenden gemacht. Gewalt und Angst sind ganz natürliche Komponenten der Regentschaft.

Dass allerdings Russland eine "belagerte Festung" sei, ist ein junges Phänomen.

Kein Zar führte dies an.
Die Bolschewisten am Anfang, wenngleich sie da eher ihre Herrschaft als Russland belagert sahen.
Und kein Sowjetherrscher fühlte die SU belagert.
Und Jelzin ohnehin nicht.
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Die Idee in einer belagerten Festung zu leben ist eine die eben nicht von den Herrschern ausging / ausgeht, sondern die im Volk ist und die ein Erbe der Mongolenzeit ist, wie auch sonst ganz vieles was heute genuin russisch ist, aus dieser Zeit stammt. Das ist also eine Wahrnehmung die im russischen Volk schon vor geraumer Zeit vorhanden war, konträr zur herrschenden Elite.

Wer weiß heute noch, dass Moskau und das Zarentum dadurch aufstiegen, dass die Fürsten von Moskau als Steuereintreiber der Tataren die anderen Russen unterdrückten?! Und dies vor allem in der Anfangszeit mit fortwährender militärischer Hilfe durch die Tataren! Das Moskau die russischen Staaten von Twer und Rjasan nur mithilfe mongolischer Truppen besiegte ?! Das die Aufstände der Russen gegen die Goldene Horde im 14 Jahrhundert von den Tataren mit Hilfe der Truppen aus Moskau niedergeschlagen wurden ?!

Dass es mit der Republik Nowgorod im Norden eigentlich ein anderes Russland gab, womit Russland, hätte sich dieser russische Staat durchgesetzt einen komplett anderen Weg gegangen wäre ?

Das schlussendlich also das Fürstentum Moskau überspitzt gesagt sich als Verräter an den Russen und Kollaborateur der Tataren durchsetzte! Und das erst dadurch Moskau die Position erlangte, in welcher es mit der "Sammlung der russischen Erde" began. Um sich dann erst auch gegen seine tatarischen Oberherren zu wenden.

Das besondere Abhängigkeitsverhältnis zum Herrscher ist eines, welcher in der mongolisch-tatarischen Tradition wurzelt, welche von Moskau als Knecht der Goldenen Horde übernommen, und dann erst den anderen Russen aufoktroyiert wurde, und dies mit erheblicher Gewalt und gegen den Widerstand der anderen russischen Staaten.

Meiner rein persönlichen Ansicht nach gibt es also durchaus wie von dir beschrieben eine sozialkulturelle Grundströmung, welche von den Herrschenden implementiert wurde, aber diese ist sehr alt, wurzelt in der Herrschaft der Goldenen Horde und wurde von dieser über ihren Knecht Moskau den Russen aufoktroyiert. In wechselseitiger Beeinflussung entstanden daraus aber auch bestimmte Eigenheiten in der russischen Bevölkerung insgesamt, welche nicht von oben her aufoktroyiert sind, sondern die sich aus den Umständen heraus getrennt von den Herrschern entwickelt haben.
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Ich glaube der entscheidende Vorteil des Westens gegenüber Russland ist, dass er im Ukrainekrieg mit fremdem Humankapital arbeiten kann. Ukrainische Verluste sind nur emotionslose Zahlen, die in keinem westlichen Land als eigene Verluste wahrgenommen werden. Im Konflikt mit Russland ist dies der entscheidende Punkt. Daher hat Russland sowieso nur zwei Möglichkeiten. Entweder den Krieg einzustellen und sich auf Linie X zurückzuziehen oder aber die Kosten/Verluste im Westen soweit spürbar zu machen, dass der Westen den Krieg einstellt weil er die Kosten nicht mehr tragen kann/will. Darin liegt am Ende nicht nur ein relativer Vorteil sondern vielleicht auch eine Gefahr. Die Ukraine selbst hat hier eigentlich keinerlei Einflussmöglichkeiten durch eigenes Handeln oder Entscheidungen. Die sind in der Situation gefangen. Aber ohne die westliche Unterstützung wäre der Krieg für die Ukraine aus kriegswirtschaftlichen Gründen, als Folge materieller Abnutzung, zwischenzeitlich sicher schon lange verloren worden. Der Schlüssel für einen gangbaren Waffenstillstand könnte aber vielleicht sein, dass die Zerstörungen im Osten der Ukraine irgendwann so massiv sind, dass man diese Gebiete vielleicht auch im Westen gar nicht mehr so wirklich haben will und gleichzeitig auch das willige Humankapital auf Seiten der Ukrainer schwindet. Wie würde der Westen in diesem Zusammenhang eigentlich auf einen russischen Nuklearschlag gegen Odessa, Dnipro und/oder Charkiw reagieren? Würde Russland damit die Büchse der Pandorra öffnen oder schließen?
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Der letzte von dir genannte Punkt ist aktuell einer der entscheidensten: Wird der Westen tatsächlich russische Truppen konventionell angreifen, wenn Russland eine Nuklearwaffe in der Ukraine zündet ? Nehmen wir einmal an, die zünden nur eine oder zwei taktische Nuklearwaffen mit begrenzter Wirkung, wird dann der Westen tatsächlich dafür die russischen Truppen angreifen und damit einen vollumfänglichen Krieg auslösen, welcher zwingend nuklear eskaliert ? Die Russen könnten auf die Idee kommen, dass dies nur ein Bluff des Westens ist, oder auch aus anderen Gründen eine solche Handlung vornehmen, trotz des immensen Risiko und der extrem gefährlichen Folgen. Im Westen hingegen scheint man zu glauben, dass Russland ausreichend abgeschreckt ist, um nicht Nuklearwaffen gegen die Ukraine einzusetzen.

Und was ist mit einem massiven Einsatz chemischer Waffen? Oder bestimmter biologischer Waffen? Oder dem Einsatz hybrider ABC Waffen indem man beispielsweise absichtlich dort ein AKW hochgehen lässt ?

Wird der Westen dann tatsächlich angreifen ?! Und reicht die Drohung dass wir dies tun werden aus, um die russische Führung abzuschrecken ? Und inwieweit wird diese Abschreckung von der russischen Führung überhaupt wahrgenommen / richtig wahrgenommen / ernst genommen ?

Meiner Ansicht nach ist die Chance durchaus hoch, dass dieser Krieg mit dem Einsatz von Massenvernichtungswaffen eskalieren wird. Dies kann nur dadurch verhindert werden, indem man zum einen die Abschreckung gegenüber Russland drastisch erhöht, und zugleich den Krieg abkürzt, indem man hier und jetzt die Ukraine mit Waffen flutet - und zugleich Russland ein Angebot macht, dass ihm hilft das Gesicht zu wahren etc, also beispielsweise die Krim Russland zusprechen und dies anerkennen, für ein Ende des Krieges und einen Rückzug aus den sonstigen Gebieten.

Keinerlei Friedensverhandlungen werden aber erfolgreich sein, wenn nicht hier und jetzt seitens des Westens eine massive und sehr glaubhafte und sehr ernste Abschreckung aufgestellt wird. Exakt das wird aber zur Zeit eben nicht getan und genau das erhöht die Wahrscheinlichkeit eines Nuklearwaffeneinsatzes.
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(19.06.2024, 13:11)Quintus Fabius schrieb: (...) und zugleich den Krieg abkürzt, indem man hier und jetzt die Ukraine mit Waffen flutet - und zugleich Russland ein Angebot macht, dass ihm hilft das Gesicht zu wahren etc, also beispielsweise die Krim Russland zusprechen und dies anerkennen, für ein Ende des Krieges und einen Rückzug aus den sonstigen Gebieten.
(...)

Hervorhebung durch mich.

Russland hat große Teile der eroberten Gebiete bereits annektiert, also fest im russischen Kernland verankert.

Das kann man finden wie man will, die Russen werden diese Gebiete nicht aufgeben.

Schon gar nicht solange sie militärische Fortschritte machen, wenn auch kleine.
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Ob die Russen diese Gebiete aufgeben hängt davon ab, was sie dafür kriegen. Meiner rein privaten Einschätzung nach ist aktuell alles außer der Krim und einer Vorfeldsicherung für die Krim (Stichwort Wasserversorgung) verhandelbar. Vorausgesetzt (!) man würde der Ukraine hier und jetzt substanziell Waffen und Munition liefern.
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Zitat: Dies kann nur dadurch verhindert werden, indem man zum einen die Abschreckung gegenüber Russland drastisch erhöht, und zugleich den Krieg abkürzt, indem man hier und jetzt die Ukraine mit Waffen flutet - und zugleich Russland ein Angebot macht, dass ihm hilft das Gesicht zu wahren etc, also beispielsweise die Krim Russland zusprechen und dies anerkennen, für ein Ende des Krieges und einen Rückzug aus den sonstigen Gebieten.

Indem man die Ukraine mit Waffen flutet stärkt man putin aber wieder zuhause . Warum nicht genau anders rum , mit Tag x stellen wir die Lieferung der Waffen ein und es schweigen gleichzeitig die Waffen an der Front . In dem Moment wo putin Nein sagt ist zuhause die Geschichte vom bösen Westen durch und auch nicht mehr haltbar und auf westlicher Seite sollte das dann auch bei den letzten bedenkenträgern die Barrieren räumen.
Ein fluten der Ukraine mit Waffen würde nicht viel bringen , mal abgesehen das die Waffen garnicht da sind . Aber weder hat die Ukraine das ausgebildete Personal dafür noch können sie es richtig einsetzen .
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(22.06.2024, 14:04)alphall31 schrieb: mit Tag x stellen wir die Lieferung der Waffen ein und es schweigen gleichzeitig die Waffen an der Front
Weil niemand dieses Angebot glaubhaft machen kann: Erstens ist Putin hunderprozentig unglaubwürdig was jedwede Zusagen betrifft und würde die nächste Waffenrunde vorbereiten, und zweitens kann ein solches Angebot nicht über Kopf und (echten) Willen der Ukraine hinweg unterbreitet werden.
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(22.06.2024, 14:04)alphall31 schrieb: Warum nicht genau anders rum , mit Tag x stellen wir die Lieferung der Waffen ein und es schweigen gleichzeitig die Waffen an der Front .
Weil ein Waffenstillstand zum jetzigen Status Quo einem Sieg Putins gleichkäme und ihm die nötige Zeit einräumen würde, sich auf weitere Angriffe vorzubereiten, während das Ende der westlichen Waffenlieferungen die Ukraine daran hindern würde, sich für die sicher folgende nächste Runde ausreichend zu bewaffnen.
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