Europäische Werte - Innere Sicherheit
#1
Eine Bitte an die Moderation:
wenn das hier der falsche Strang sein sollte, bitte ggf. auch nach Foren in 'Allgemeine fachfremde Diskussionen' verschieben.
Im ersten Absatz mache ich deutlich, warum ich das Thema hier unter "Sicherheitspolitik und Wirtschaft" angesiedelt sehen täte - aber ich kann mich irren.

Demokratie, Pressefreiheit und Rechtsstaatliche Verfahren gehören meiner Ansicht nach auch zur "Inneren Sicherheit". Und "Innere Sicherheit" (nicht nur der Schutz vor äußeren Bedrohungen) ist ein Bestandteil der Sicherheitspolitik - und der Wirtschaft. Wirtschaft kann sich nur entfalten, wenn ein Mindestmaß an Rechtssicherheit besteht.
Es handelt sich dabei um europäische (westliche?) Werte, die nicht nur im geographischen Europa präsent sind, aber vor allem die Identität der EU-Mitglieder prägen.

Zum Stichwort "rechtsstaatliche Verfahren" gehören unabhängige Gerichte, Richter, die nicht weisungsgebunden sind und auch keine "Rechtfertigungsjuristen", die sich zur Aufgabe stellen, die Entscheidungen des "Großen Führers" durch zu setzen.
Dazu gehören auch Staatsanwaltschaften, die ungebunden von Weisungen "aus der Politik" ermitteln und ggf. auch Anklagen erheben. Dass das in Europa, und sogar in Deutschland, nicht selbstverständlich ist, macht dieser Bericht deutlich.
Zitat:Richterbund will politisch unabhängigere Staatsanwälte

Deutsche Staatsanwaltschaften sind per Gesetz an die Weisungen der Justizministerien gebunden. Sollten Rechtspopulisten an die Macht kommen, könnten sie das missbrauchen, befürchtet der Deutsche Richterbund und fordert Reformen.


Die Staatsanwaltschaften in Deutschland müssen nach Ansicht des Deutschen Richterbunds (DRB) besser vor politischer Einflussnahme geschützt werden. ...

In Österreich hat sich die Regierung aus konservativer ÖVP, sozialdemokratischer SPÖ und liberalen Neos vor Kurzem auf die Schaffung einer dreiköpfigen Bundesstaatsanwaltschaft geeinigt, die in Zukunft die oberste Fachaufsicht über die Staatsanwälte übernehmen soll. Bisher lag diese Aufgabe bei der Spitze des Justizministeriums.
Rebehn erklärte: »Damit steht Deutschland mit seiner antiquierten Rechtslage künftig in Europa ziemlich alleine da.« Der Europäische Gerichtshof hatte die Unabhängigkeit deutscher Staatsanwaltschaften in Entscheidungen angezweifelt.
Die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP hatte den Einfluss auf die Staatsanwaltschaften zumindest einschränken wollen. Weisungen der Justizminister von Bund und Ländern an die Staatsanwaltschaften sollten nach einem Gesetzentwurf von Justizminister Marco Buschmann (FDP) nur noch schriftlich, begründet und innerhalb enger Grenzen erlaubt sein. Das Vorhaben wurde aber nicht mehr umgesetzt. Im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD finden sich keine entsprechenden Pläne.
Kopie hier

Wir sollten nicht immer die rechtsstaatlichen Defizite in anderen europäischen Staaten anprangern.
#2
(19.07.2025, 18:44)Kongo Erich schrieb: Zum Stichwort "rechtsstaatliche Verfahren" gehören unabhängige Gerichte, Richter, die nicht weisungsgebunden sind und auch keine "Rechtfertigungsjuristen", die sich zur Aufgabe stellen, die Entscheidungen des "Großen Führers" durch zu setzen.
Dazu gehören auch Staatsanwaltschaften, die ungebunden von Weisungen "aus der Politik" ermitteln und ggf. auch Anklagen erheben. Dass das in Europa, und sogar in Deutschland, nicht selbstverständlich ist, macht dieser Bericht deutlich.
Kopie hier

Wir sollten nicht immer die rechtsstaatlichen Defizite in anderen europäischen Staaten anprangern.

Gäbe es diese hätte die ein oder andere Politgröße sicher schon lange vor Gericht gestanden...
#3
Die Angriffe auf den "Rechtsstaat" gibt es auch in anderen Staaten - dort sind die Gerichte der unmittelbare Gegner politischer Ansprüche, z.B. in Polen - und da sieht man dann auch, was der Vertrauensverlust in die Unabhängigkeit der Gerichte bewirkt:
Zitat:PiS
Wie die polnischen Gerichte zum Instrument der Politik wurden

Es habe Mängel bei der Stimmauszählung gegeben, aber die würden das Ergebnis der Präsidentschaftswahlen nicht infrage stellen. So erklärte es Polens Oberstes Gericht am 1. Juli, das zuständig ist für die Anerkennung von Wahlergebnissen.

Genau einen Monat zuvor, am 1. Juni, hatte Karol Nawrocki, der Kandidat der nationalkonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS), seinen Gegner Rafal Trzaskowski von der liberalkonservativen Bürgerplattform (PO) denkbar knapp in einer Stichwahl geschlagen. 50,9 Prozent der Stimmen erhielt Nawrocki, 49,1 Prozent Trzaskowski. Es ist ein Unterschied von gerade mal 370.000 Stimmen.

Nach dem Wahltag waren beim Obersten Gericht mehr als 50.000 Beschwerden oder Einwände von Wählern eingegangen, eine ungewöhnlich hohe Zahl. Das Gericht veranlasste gerade einmal dreizehn Neuauszählungen bei mehr als 30.000 Wahllokalen. Es waren Unregelmäßigkeiten zugunsten Nawrockis festgestellt worden, in einigen Fällen allerdings auch zugunsten Trzaskowskis. Systematische Manipulationen konnte das Gericht nicht feststellen.

Eigentlich dürfte der Vereidigung von Nawrocki zum Staatsoberhaupt am 6. August nichts im Weg stehen. Trotzdem bestehen in der Öffentlichkeit erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Anerkennung der Wahl.
...

Der Umbau des Gerichtswesens stellte bis 2023 den Kern der Agendapolitik der PiS dar: unliebsame Richter wurden vor eine Disziplinarkammer gestellt, neue Verfahren zur Richterwahl oder gar neue Kammern geschaffen. Eine von ihnen ist die „Kammer für außerordentliche Kontrolle und öffentliche Angelegenheiten“ am Obersten Gericht, die nun auch das Wahlergebnis anerkannt hat.

Im Jahr 2023 befand der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass diese Kammer „kein unabhängiges“ Gericht sei und folglich von ihr gefällte Entscheidungen „nicht notwendigerweise bindend“ seien.

„Dass ausgerechnet diese Kammer das Wahlergebnis für rechtens erklärt hat, muss einem aufstoßen“, sagt Experte Jaraczewski. „Gleichzeitig hat die Kammer auch zurückliegende Wahlen, die zum EU-Parlament oder die polnischen Parlamentswahlen, für rechtens erklärt – und das Tusk-Lager hat daran keinen Anstoß genommen.“ Das ist jetzt anders, wo ein Kandidat seiner Regierung unter Donald Tusk die Wahlen verloren hat.
...
#4
@Kongo Erich
Zitat:Eine Bitte an die Moderation:
wenn das hier der falsche Strang sein sollte, bitte ggf. auch nach Foren in 'Allgemeine fachfremde Diskussionen' verschieben...
Ich habe ein wenig mit diesem Thema meine Schwierigkeiten, und dies ist nicht nur auf das reine Verschieben eines Themas bezogen, denn wir haben a) für die Probleme in den jeweiligen europäischen Ländern eigene Länderdossiers, b) für die EU oder auch die USA jeweils gefühlt drei oder mehr Stränge und c) für Deutschland im Speziellen sogar einen eigenen Bereich.

Und hier zumindest wird mit einem Deutschland-Bsp. begonnen, um dann mit Polen weiterzumachen, was bei mir den Eindruck einer gewissen Orientierungslosigkeit hinterlässt.

Hinzu kommt, dass die Meinungsverschiedenheiten in der Politik über Richterbesetzungen etc. mir zu sehr ins parteipolitische Gezerre abgleiten und ich die Verknüpfung hin zu inneren Sicherheit oder Wirtschaftspolitik nur marginalst erkennen mag.

Schneemann
#5
(19.07.2025, 19:32)lime schrieb: Gäbe es diese hätte die ein oder andere Politgröße sicher schon lange vor Gericht gestanden...
Diese 'eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus'-Rhetorik geht meines Erachtens an der Realität vorbei. Man wird immer das eine oder andere Beispiel finden, das ein "Geschmäckle" hat, aber im Großen und Ganzen stehen die Anklagebehörden in Deutschland Gewehr bei Fuß, wenn ein möglicherweise strafbares Verhalten eines Politikers vorliegt. Ein Land, das sein Staatsoberhaupt wegen eines Bobbycars vor Gericht stellt, hat sich in dieser Hinsicht wenig vorzuwerfen, meine ich.

Wo politische Korruption straflos bleibt, liegt das in aller Regel nicht an den Staatsanwaltschaften oder gar an ihrer Weisungsgebundenheit, sondern am Gesetzgeber, der Gesetzeslücken nicht schließt.
#6
(20.07.2025, 12:28)Schneemann schrieb: @Kongo Erich
Ich habe ein wenig mit diesem Thema meine Schwierigkeiten, ,,,

Schneemann
Wenn Du den Strang dicht machst bin ich Dir nicht böse
#7
Somit geschehen.

Schneemann


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