United States of America
Zunächst eine moderative Bitte:

@Nightwatch
Zitat:So nicht!

Generell gilt: Du und Kongo Erich, ihr müsst keinesfalls einer Meinung sein. Aber ich bin ein entschiedener Gegner des Ausrufezeichen-Schemas (und ich werde das notfalls auch unkommentiert durchsetzen mit Löschungen). Heißt: Widersprecht euch, streitet euch, tauscht Meinungen aus und kritisiert es auch, wenn notwendig und wenn euch die Einlassung des Gegenübers nicht passt. Aber den "Kommandoton" bzw. dessen ablative Überleitungen aus den (a)sozialen Medien möchte ich hier nicht sehen. Ergo: Diskurs ja, aber keine "Diskussionskultur" auf diesem Niveau. Bitte ab sofort verinnerlichen. Danke.

Zurück zum Thema - Kulturkampf in den USA (nun eine tendenziell eher linke Quelle) - Volume 1:
Zitat:Entscheidung nach der US-Wahl

Historiker Snyder und Faschismusforscher Stanley verlassen die USA

Mit Werken über Diktaturen und Unfreiheit wurde Timothy Snyder bekannt. Nun verlässt der Historiker die Vereinigten Staaten und geht nach Kanada, wie andere Fachkollegen auch. Seine Frau warnt vor einem Bürgerkrieg. [...]

Wenn Timothy Snyder über Geschichte oder Gegenwart spricht, ist ihm die Aufmerksamkeit sicher. Erst vor einer Woche warnte der Historiker in einem großen SPIEGEL-Interview: »Wir leben im Jahr 1938.« [...] Snyder lässt sich an der Yale-Universität beurlauben und tritt eine Professur an der Munk School of Global Affairs & Public Policy der Universität Toronto an. Ihn begleitet seine Frau Marci Shore, Osteuropaforscherin und ebenfalls bisher an der Yale University tätig. Auch der Philosoph und Faschismusforscher Jason Stanley kündigte an, die USA aufgrund des derzeitigen politischen Klimas zu verlassen. Er ist bekannt als Autor von Büchern wie »Wie Faschismus funktioniert«. Stanley lehrte bislang ebenfalls in Yale und wird an die Munk School in Kanada wechseln. Die »Daily Nous « zitiert aus einer E-Mail von Stanley, in der er erklärt, dass er »sehr glücklich in Yale« gewesen sei, aber seine Kinder in einem Land großziehen wolle, »das nicht auf eine faschistische Diktatur zusteuert«.
https://www.spiegel.de/ausland/donald-tr...6a3bb8afc4

Zum massiven Kulturkampf - Volume 2:
Zitat:Erlass zu Museen:

Donald Trump erlässt Dekret zur Umdeutung der US-Geschichte

Der US-Präsident beschuldigt Museen, ein falsches Geschichtsbild zu vermitteln. "Unangemessene Ideologie" solle dort künftig keinen Platz mehr haben, ordnete Trump an. [...]

US-Präsident Donald Trump will die Geschichte der USA umdeuten und hat seinen Stellvertreter J. D. Vance damit beauftragt, vor allem in Museen auf Darstellungen im Sinne der neuen Regierung hinzuarbeiten. Im vergangenen Jahrzehnt habe es "konzertierte und weitverbreitete Versuche gegeben, die Geschichte unseres Landes umzuschreiben und Fakten durch ein verzerrtes Narrativ zu ersetzen, das eher von Ideologie als von Wahrheit bestimmt ist", schrieb Trump in einem Dekret mit dem Titel "Wiederherstellung von Wahrheit und Vernunft in der amerikanischen Geschichte". [...]

Der Republikaner machte eine "revisionistische Bewegung" verantwortlich, die von der demokratischen Vorgängerregierung gefördert worden sei. "Das unvergleichliche Erbe unserer Nation, das Freiheit, Rechte des Einzelnen und das Glück der Menschen vorantreibt, wurde als rassistisch, sexistisch, unterdrückerisch oder anderweitig unrettbar mit Makeln behaftet dargestellt", heißt es in dem Dekret. Als Beispiel wird die berühmte Smithsonian Institution genannt, die vor allem in der US-Hauptstadt Washington, D. C. etliche Museen betreibt.
https://www.zeit.de/politik/ausland/2025...t-jd-vance

Da bleibt mir dann doch die Spucke weg: "Säuberung" von Museen? Was kommt als nächstes? Entfernung von "entarteter Kunst"? Standbilder, am besten im Stile eines Arno Breker, am Eingang des Pentagon?

Schneemann
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(28.03.2025, 19:49)Broensen schrieb: Gilt das auch für andere Radikale oder nur für Gangs?

Ich frag' für einen Verteidigungsminister....

Ich denke dass im Regelfall jeder der Tattoos mit einer bestimmten Ausrichtung trägt diese auch verkörpert.

(28.03.2025, 23:45)Schneemann schrieb: Da bleibt mir dann doch die Spucke weg: "Säuberung" von Museen? Was kommt als nächstes? Entfernung von "entarteter Kunst"? Standbilder, am besten im Stile eines Arno Breker, am Eingang des Pentagon?

Schneemann

Nach der Pendeltheorie könnte nach der Cancel Culture von links das Selbige nun von rechter Seite kommen.
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Die FAZ - sicher kein linkes Revolverblatt - kommentiert gerade im Newsletter:
Die amerikanische Einwanderungsbehörde geht härter gegen Touristen, Green-Card-Besitzer und Migranten mit gültigem Visum vor. Jüngster Fall ist ein französischer Wissenschaftler. Ihm wurde nach Angaben der französischen Regierung die Einreise in die Vereinigten Staaten verweigert, weil er in privaten Handynachrichten seine „persönliche Meinung“ zu Donald Trumps Forschungspolitik äußerte. Der Weltraumforscher wollte nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP Anfang März zu einer Konferenz nahe Houston reisen. Bei der Einreise sei er einer Überprüfung unterzogen worden, in der auch sein Arbeitslaptop und das private Telefon durchsucht wurden. Man habe ihm mitgeteilt, dort seien Nachrichten gefunden worden, „die Hass gegenüber Trump zum Ausdruck bringen und die als Terrorismus eingestuft werden könnten“.
Sofia Dreisbach berichtet über diesen und andere Fälle, die bekannt geworden sind.
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(29.03.2025, 10:49)lime schrieb: Nach der Pendeltheorie könnte nach der Cancel Culture von links das Selbige nun von rechter Seite kommen.
Und du findest es dabei nicht kritisch, dass das eine die Ablehnung von Rassismus, Sexismus u.ä. war, während die jetzt praktizierte Gegenbewegung genau das ist? Die Umsetzung von Sexismus und Rassismus. Der Ausschluss weiter Teile der Gesellschaft aus eben jener aufgrund ihrer Geburtseigenschaften statt aufgrund von moralischem Fehlverhalten. Kann man das so einfach als links und rechts gleichsetzen?

Natürlich hat die cancel culture extreme Fälle hervorgebracht, aber ist beispielsweise das Nicht-mehr-glorifizieren von vermeintlichen Helden gleichermaßen verwerflich, egal ob es sich dabei um die rassistischen Handlungen eines Südstaatengenerals handelt oder um die Eigenschaft von Soldatinnen, weiblich zu sein oder die von poc-Soldaten, nicht weiß zu sein?
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@lime
Zitat:Nach der Pendeltheorie könnte nach der Cancel Culture von links das Selbige nun von rechter Seite kommen.
Der Unterschied ist jedoch, dass es einerseits von der Straße und andererseits aus der Regierung kommt. Während es Linksradikale auf der Straße gibt und gab, die z. B. irgendwelche Denkmäler ramponiert haben (man denke an die unsägliche Kampagne gegen Bürgerkriegsgeneräle), gab es keine Absichten der Administrationen Obama oder Biden, die Museen zu "säubern". Im Gegenteil: Man entsinne sich, dass Obama sogar davor gewarnt hatte, dass diejenigen, die einen "woken" Kurs fahren, aufpassen müssten, dass sie nicht in Extremismen verfallen. Insofern ist der Angriff der Regierung Trump auf die Museen keine Pendelreaktion, sondern ein beispielloser Akt.

Zum Kulturkampf im Gesundheitsministerium: Offenbar hat Gesundheitsminister Kennedy Jr., der als Impfkritiker und Verschwörungstheoretiker bekannt ist, den für Impfprogramme in der FDA zuständigen Peter Marks gefeuert bzw. ihn zum Rücktritt genötigt...
Zitat:RFK Jr. forces out Peter Marks, FDA’s top vaccine scientist

In his resignation letter, Marks rebuked Kennedy for seeking “subservient confirmation of his misinformation and lies” about vaccines. [...] The Trump administration on Friday pushed out Peter Marks, the nation’s top vaccine regulator and an architect of the U.S. program to rapidly develop coronavirus vaccines, a move that comes as Health and Human Services Secretary Robert F. Kennedy Jr. continues his overhaul of the nation’s health and science agencies amid a worsening U.S. outbreak of measles.
https://www.washingtonpost.com/politics/...ter-marks/

Die Signal-Chat-Geschichte, wo Waltz, Hegseth, Vance u. a. sich recht zwanglos und leichtsinnig über die anstehende Luftkampagne gegen die Houthi ausgetauscht hatten, hat wohl den Bundesrichter Boasberg, der Trump schon anderweitig auf die Nerven ging, auf den Plan gerufen, der den Chat-Verlauf als Regierungskonversation eingestuft und damit als zu erhaltendes Dokument ausgewiesen hat. (Hinter den Kulissen fliegen zudem anscheinend die Fetzen, wobei Vance wohl Waltz rauswerfen wollte - es war Waltz, der den Journalisten des Atlantic, der die Sache dann veröffentlichte, irgendwie oder versehentlich in den Chat eingeladen hatte.)
Zitat:Senior Trump officials ordered to preserve Signal group chat

A federal judge ordered White House officials involved in a group chat on military strikes in Yemen to preserve the messages after a bombshell report revealed that they potentially shared classified information.

US District Judge James Boasberg ordered members of President Donald Trump's national security team to keep any messages sent or received over the Signal messaging app between 11 and 15 March. The order stems from a lawsuit filed by American Oversight, which alleges that Trump officials' use of Signal violated federal records laws. [...] On Monday, Jeffrey Goldberg of the Atlantic reported he was inadvertently added to a Signal group chat along with other accounts that appeared to belong to top Trump administration officials, including Vice-President JD Vance and National Security Adviser Mike Waltz. [...]

The National Security Council later confirmed the chat's authenticity.
https://www.bbc.com/news/articles/c9de770q9e0o

Schneemann
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Zitat:Michel Audiard Filmdialoge 60/70 Jahre zB Mein Onkel, der Gangster
„Die Dummköpfe wagen alles, daran erkennt man sie sogar“

Vielfalt: Die US-Botschaft setzt französische Unternehmen unter Druck, indem sie ihre Praktiken in Frage stellt, Bercy reagiert


FranceTVInfo (französisch)
Zusätzlich zum Schreiben erhielten die Unternehmen einen Fragebogen, in dem sie gebeten werden, zu bestätigen, dass sie kein Antidiskriminierungsprogramm in ihrem Unternehmen betreiben.
Artikel verfasst von franceinfo
Radio France

Mehrere französische Unternehmen haben ein Schreiben der US-Botschaft erhalten, in dem sie nach internen Programmen zur Bekämpfung von Diskriminierung gefragt werden, was sie daran hindern könnte, mit der US-Regierung zusammenzuarbeiten, wie France Inter am Freitag, den 28. März, aus dem Finanzministerium erfuhr, was eine Information der Échos (Neues Fenster) und des Figaro (Neues Fenster) bestätigt.

: Lesen Sie auch Apple hält an seinen Diversity-Programmen fest, trotz der Feindseligkeit von Präsident Donald Trump
Zusätzlich zum Brief erhielten die Unternehmen einen von France Inter beschafften Fragebogen, in dem die Empfänger aufgefordert werden, zu bestätigen, dass sie kein Antidiskriminierungsprogramm in ihrem Unternehmen betreiben.

In diesem Dokument steht zum Beispiel, dass „alle Auftragnehmer des Außenministeriums bestätigen müssen, dass sie kein Programm zur Förderung von DEI (Diversität, Gleichheit und Inklusion) betreiben, das gegen geltende Antidiskriminierungsgesetze verstößt, und [die Auftragnehmer] stimmen zu, dass diese Bestätigung für die Zahlungsentscheidung der Regierung von wesentlicher Bedeutung ist und daher dem Gesetz über falsche Angaben unterliegt“.

Als Antwort darauf teilte das Umfeld des Wirtschaftsministers am Freitag France Info und France Inter mit, dass „diese Praxis die Werte der neuen US-Regierung widerspiegelt. Unsere sind es nicht“. Und fügte hinzu, dass „der Minister seine Amtskollegen in der US-Regierung daran erinnern wird“.

Bereits am ersten Tag seiner Rückkehr ins Weiße Haus am 20. Januar unterzeichnete Donald Trump eine Verordnung, in der die Programme und Richtlinien von „Diversity, Equity, Inclusion“ (Vielfalt, Gerechtigkeit, Inklusion), die die Chancengleichheit innerhalb des Bundesstaates fördern, für „illegal“ erklärt wurden.
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(29.03.2025, 13:25)Schneemann schrieb: @lime
Der Unterschied ist jedoch, dass es einerseits von der Straße und andererseits aus der Regierung kommt.
Dieser Aussage kann ich nicht zustimmen. Die Regierung wurde gewählt. Insofern stellt sie die "Straße" dar und ist sogar besser demokratisch legitimiert als die Cancel Culture, auf die sie (über-)reagiert.

Denn jene Bewegung spielte und spielt sich vornehmlich in virtuellen Räumen ab. Sie versuchte und versucht ihre mangelnde demokratische Legitimation dadurch zu kompensieren, dass sie Internetmobs mobilisiert, bekannte Fürsprecher gewinnt und öffentlichkeitswirksame Demonstrationen abhält. Demokratische Legitimationswege wurden und werden hingegen von Meinungsmultiplikatoren wie Black Lives Matter oder dem Southern Poverty Law Center explizit abgelehnt, weil sie aus dem Gefühl der Betroffenheit bereits einen Unterlassensanspruch ableiten.

Ob es uns gefällt oder nicht; wenn Donald Trump den staatlichen Museen verordnet, Frauen nicht mehr "menstruierende Menschen" zu nennen, tut er es mit mehr demokratischer Legitimation, als die Museumsführung sie bei ihrer Entscheidung besaß, einen progressiven Sprachcode anzuwenden.

Die US-Linke hat das Pendel zu weit nach links gezogen. Jetzt schwingt es zu weit nach rechts. Würden nicht auch wir unter diesen Entwicklungen leiden, ich würde sagen wollen: Selbst schuld.

Denn diese Entwicklung war absolut absehbar. Die amerikanische Rechte versammelte sich 2008 und 2012 hinter zwei moderaten Kandidaten, Systempolitikern der alten Schule. Und was hatte sie davon? Über den Biedermann Mitt Romney behauptete Joe Biden 2012, er wollte die Schwarzen wieder in die Sklaverei führen. Senatsmehrheitsführer Harry Reid behauptete wider besseres Wissen, Romney habe ein Jahrzehnt keine Steuern gezahlt. Konservativen Wählervereinen hetzte die Obama-Administration die Steuerbehörde auf den Hals.

Kurzum, die Rechte wurde genauso verunglimpft und angegriffen wie 2016, 2020 und 2024. Natürlich ergab sich daraus ein Lerneffekt. Die Verhältnisse in den USA werden sich erst normalisieren, wenn die Demokraten verstehen, dass sie Trump überhaupt erst möglich gemacht haben.
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(28.03.2025, 21:44)Kongo Erich schrieb: Zollbeamte, die vermummt und in Zivil eine offenbar harmlos gehende Frau umringen und mit sich schleppen - völlig korrekt?
Wenn schon Gefahr besteht, die eine Vermummung rechtfertigt, dann müssen diese Straßenräuber wenigstens als Polizisten erkennbar sein, und sich nicht wie Angehörige einer Gang benehmen.

Die harmlos aussehende Frau steht im Verdacht, mit der Hamas zu sympathisieren.

Und dass Polizisten auch in Zivil Festnahmen durchführen dürfen, ist weltweit so.
Sie müssen sich allerdings nach erfolgten Festnahme ausweisen und den Festgenommen belehren.

Die Überschriften "Türkische Studentin am hellichten Tag auf offener Straße festgenommen", ist Stuß.

Wann und wo sonst?

Auf uns Europäer wirkt es mittlerweile schon irritierend, wenn andere Länder ihre Gesetze streng auslegend tatsächlich umsetzen.
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@muck
Zitat:Dieser Aussage kann ich nicht zustimmen. Die Regierung wurde gewählt. Insofern stellt sie die "Straße" dar und ist sogar besser demokratisch legitimiert als die Cancel Culture, auf die sie (über-)reagiert.
Ich glaube, wir schreiben aneinander vorbei. Primär geht es mir darum, dass diese "von oben" verordnete "Säuberung" von Museen ein äußerst bedenkliches Novum darstellt. Und weder Obama oder Biden oder gar Bush jr. wären auf die Idee gekommen, "Säuberungen" in US-Museen anzuweisen.
Zitat:Denn diese Entwicklung war absolut absehbar. Die amerikanische Rechte versammelte sich 2008 und 2012 hinter zwei moderaten Kandidaten, Systempolitikern der alten Schule. Und was hatte sie davon? Über den Biedermann Mitt Romney behauptete Joe Biden 2012, er wollte die Schwarzen wieder in die Sklaverei führen. Senatsmehrheitsführer Harry Reid behauptete wider besseres Wissen, Romney habe ein Jahrzehnt keine Steuern gezahlt. Konservativen Wählervereinen hetzte die Obama-Administration die Steuerbehörde auf den Hals.
Ja und Nein. Die genannte Pendelbewegung und gegenseitige Sticheleien gab es immer schon. Aber die übertriebene Reaktion kam, zumindest seit dem Ende des Kalten Krieges, zuerst von rechts. Nachdem Vater Bush abgewählt worden war, brach für den rechten, bodenständigen, evangelikalen, erzkonservativen Teil der US-Gesellschaft eine Welt zusammen, als Bill Clinton dann ins Weiße Haus einzog, der seine Libido nicht im Griff hatte - kurzum: es war ein Alptraum für die konservativen Teile der US-Gesellschaft. Und entsprechend harsch und teils auch unsachlich und überzogen waren auch die Reaktionen. Mit viel Gehänge und Gewürge konnte man nach Clinton dann Bush jr., einen selbstdefinierten born again, ins Weiße Haus bringen - wenngleich alles auf Messers Schneide stand (man denke an das Theater in Florida). Aber man war wieder etwas beruhigt.

Der 11. September veränderte dann sehr viel, und er übertünchte, dass Bush jr. eigentlich nicht großartig fleißig war und wenig gemacht hatte. Es folgten Schockmoment, Zusammenrücken, Irak, Afghanistan, mission accomplished (wobei die mission aber keineswegs accomplished war) und in den Jahren danach das dumpfe Gefühl selbst innerhalb gutgläubiger, konservativer, ja auch teils evangelikaler Kreise, dass man von den selbsterklärten und selbstgerechten Neocons manchmal angelogen worden war.

Im Ergebnis ging der treuherzige McCain 2008 gegen den durchaus charismatisch auftretenden Obama unter. Das Pendel ging also wieder in die andere Richtung. Aber der Schwarze im Weißen Haus gab auch anderen, beinahe schon totgeglaubten Umtrieben wieder Aufwind, u. a. nämlich dem Rassismus. Dazu kamen stark libertäre Entwicklungen, man denke an die Tea Party-Bewegung, denen alle Regularien seitens Washingtons sowieso beinahe als Sozialismus galten. Zudem wurde Obama auch, vor allem in seiner zweiten Amtszeit, zunehmend als überheblich angesehen, der die Probleme der kleinen Leute nicht wirklich erkennt. Als dann auch noch in nonchalanter Thronfolge-Manier Hillary nominiert wurde, wurde es vielen zu viel. Und in dieses Konglomerat - unzufriedene Konservative, von Abstiegsängsten bedrohte Mittelklässler, den Leibhaftigen im Weißen Haus sehenden Evangelikale, weiße Rassisten - hinein platzte dann 2016 Systemsprenger Donald, der sich an nichts gebunden fühlte und er gewann überraschend. Und er war dann mit seinem Sieg überfordert.

Ab diesem Zeitpunkt pendelte es nicht mehr. Vielmehr drehte sich das Pendel nun wirr im Kreis und schlug wahlweise in irgendwelche Richtungen. Es verhedderte sich sozusagen zwischen Aktionismus, Verschwörungstheorien, Skandalen und Rechtspopulismus. Das wirre Durcheinander und auch der Totalausfall des Weißen Hauses in der Frühphase der Corona-Pandemie sorgten dann dafür, dass Ende 2020 Biden gewann, obgleich er keineswegs sonderlich überzeugend auftrat, nur ein zweitklassiges Programm hatte und er auch kein Charismatiker war. Für Systemsprenger Donald, der nicht gerade eine Stärke für Selbstkritik hat, undenkbar. Den Rest kennen wir...

Insofern: Grob pendelt seit 2016 gar nichts mehr. Sondern es ist vielmehr ein Taumeln. Und dieses Vakuum haben sich Leute zunutze gemacht, die unter dem vorgeschobenen Deckmantel des Konservativismus einen rigiden Staatsumbau vornehmen wollen - nicht zum Wohle des Landes oder der Wähler, sondern um des eigenen Wohles willen oder um eine tendenziell intolerante Denke durchsetzen zu können. Und dabei kommen auch fragwürdige Personen zum Zug, die, wenn man die Verfehlungen Clintons in den 1990ern und die Reaktionen des republikanischen Gegners als Vgl. heranzieht, eigentlich nie einen öffentlichen Posten innehaben dürften.

Schneemann
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