Forum-Sicherheitspolitik
Afghanistan - Druckversion

+- Forum-Sicherheitspolitik (https://www.forum-sicherheitspolitik.org)
+-- Forum: Blickpunkt Welt (https://www.forum-sicherheitspolitik.org/forumdisplay.php?fid=90)
+--- Forum: Sicherheitspolitik und Wirtschaft (https://www.forum-sicherheitspolitik.org/forumdisplay.php?fid=96)
+--- Thema: Afghanistan (/showthread.php?tid=62)



- Schneemann - 22.12.2009

Auszug aus dem englischen Wikipedia-Artikel zum Tankwagen-Angriff bei Kunduz:
Zitat:It is unknown exactly how many people were killed in the resulting explosions but estimates of the death toll have ranged from 56 to 150. The governor of Kunduz, Mohammad Omar, stated that 90 people had been killed, amongst them a local Taliban commander and four Chechen fighters. [...]
Link: <!-- m --><a class="postlink" href="http://en.wikipedia.org/wiki/Kunduz_airstrike">http://en.wikipedia.org/wiki/Kunduz_airstrike</a><!-- m -->

Habe ich richtig gelesen? Tschetschenen? Weiß da jemand mehr zu?

Schneemann.


- revan - 22.12.2009

Also ich selbst höre zu ersten mahl davon und ich glaube sowas ist auch etwas unwahrscheinlich.


- ThomasWach - 22.12.2009

Weiß nicht so recht.
Die im Artikel selbst angegebene Onlinequelle - ein Artikel von AP - wurde mir nicht angezeigt, als ich es sie zur näheren Lektüre angewählt hatte. Macht die Angabe nicht unbedingt seriöser. Auch wenn man bedenkt, dass die dortigen Widerstandsgruppen sich primär aus lokalen Paschtunenclans rekrutieren.
Andererseits gelten Tschetschenen schon länger als Dhschihad-Legionäre, auch wenn man da durchaus mit kritischer Distanz darin mehr moskowitische Propaganda denn substanzielle Beteiligung am internationalen Dhschihad seitens der Exil-Tschetschenen sehen kann. Aber unter Umständen können durchaus hier und da tschetschenische Dschihad-Legionäre zu finden sein, also auch in und um Kunduz.


- Erich - 25.12.2009

ein etwas anderer Blick auf Afghanistan - weg von der militärischen Auseinandersetzung zu den Schätzen des Landes, und wer davon profitiert:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,668292,00.html">http://www.spiegel.de/spiegel/0,1518,668292,00.html</a><!-- m -->
Zitat: 19.12.2009

Bodenschätze
Der Traum von Aynak

Von Christian Neef

Armes Afghanistan? Das Land besitzt riesige Erzvorkommen, die es endlich zu Geld machen will. Die Bieterschlacht läuft, China ist bislang der größte Profiteur. Aber wohin fließt der Gewinn?


Dieser trostlose Berg soll 80 Milliarden Dollar wert sein? Es ist ein Berg wie jeder andere in Afghanistan: kein Baum, kein Strauch, nur gelbbraunes Geröll.
...

Mit 1500 Soldaten, postiert in drei Sicherheitsringen, hält die afghanische Armee die Gegend rund um den Weiler Aynak in der Provinz Logar besetzt; die 17 Kilometer lange Schotterpiste, die von der Fernstraße Kabul-Gardez heraufführt, ist mit Checkpoints gespickt.
....

Aynak steht für Aufschwung, Wohlstand, Reichtum


Mag die Sicherheitslage unübersichtlich sein, der Präsident in Kabul nach der Wahl angeschlagen und der Talib sogar im Norden auf dem Vormarsch - Aynak steht für ein anderes Afghanistan. Für wirtschaftlichen Aufschwung, Wohlstand, Reichtum, also für all das, was im Moment niemand so recht mit dem Namen des Hindukuschlandes verbinden mag.
...

Es gibt nicht einmal eine Eisenbahn


Neben Kupfer verfügt Afghanistan über Steinkohle in der Provinz Bamian, Öl und Erdgas im Norden bei Shibarghan, über Blei, Zink, Gold, Silber und Asbest, über Glimmer, Schwefel und Beryll und über die spektakuläre Eisenerzlagerstätte bei Hajigak, 130 Kilometer westlich von Kabul, die wohl größte in Asien überhaupt. Auch der weltweit bedeutendste Fundort von Lapislazuli liegt hier, in Badakhshan.

Genutzt werden bisher nur die Kohle von Bamian, das Gas von Shibarghan und der blaue Lapislazuli; die restlichen Vorkommen - oft in den sechziger und siebziger Jahren von sowjetischen Geologen entdeckt - schlummern den Dornröschenschlaf.
...


Die Kupfermine gehört bereits den Chinesen

Nun soll sich das ändern. Allein erschließen kann das Land seine Bodenschätze zwar noch immer nicht. Aber weil der Rohstoffhunger der Welt mit jedem Tag wächst, wird auch Afghanistan für internationale Konzerne attraktiv - obwohl noch immer nicht Frieden herrscht und die Regierung viele Distrikte nicht kontrolliert.

Demnächst wird entschieden, wer die Erzlager von Hajigak (auf 1,8 Milliarden Tonnen geschätzt) ausbeuten darf - ein Projekt, das inklusive des geplanten Stahlwerks und weiterer Anlagen bis zu 80.000 Afghanen Arbeit und dem Land bis zu eine Milliarde Dollar Jahreseinnahmen verschaffen soll. International ausgeschrieben sind auch zwei Gasfelder in der Provinz Jowzjan und ein Ölvorkommen in der Provinz Sar-i-Pul.

Die Kupfermine in der Provinz Logar gehört bereits den Chinesen.
...

"Eine Seidenstraße, die Zentralasien mit dem Süden verbindet"

Nicht nur, dass mitten in der zentralen Bergprovinz Bamian ein 400-Megawatt-Kraftwerk entstehen und von dort eine Hochspannungsleitung bis nach Aynak gezogen werden soll. Weit spektakulärer ist jene Eisenbahn, die zu bauen die Chinesen den Afghanen versprochen haben: von Hairatan, dem Hafen am Amu-Darja, der an der Grenze zu Usbekistan liegt, quer durch die Berge Richtung Kabul und dann weiter nach Osten, nach Torkham, an die afghanisch-pakistanische Grenze. Bis zum Fuß des berühmten Khyber-Passes.
...

In Kabul glauben viele, die Chinesen hätten den Afghanen das Blaue vom Himmel versprochen, nur um sich das Kupfer zu sichern. Und bei der Entscheidungsfindung nachgeholfen.

Überraschend wäre das nicht: Das Bergbauministerium neben dem Kabuler Präsidentenpalast gilt als Hort der Korruption.
...



- Quintus Fabius - 26.12.2009

In Afghanistan kämpfen schon seit längerer Zeit Tschetschenen.

Schon 2001 kämpften in Afghanistan etliche Tschetschenen auf Seiten der Taliban. Bis heute kommen immer wieder mal welche neu ins Land.


- Erich - 26.12.2009

<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.ftd.de/politik/international/:keine-demokratie-guttenberg-gibt-afghanistan-auf/50054283.html">http://www.ftd.de/politik/international ... 54283.html</a><!-- m -->
Zitat:26.12.2009, 14:33
Keine Demokratie
Guttenberg gibt Afghanistan auf
Der Verteidigungsminister glaubt nicht mehr an eine demokratische Entwicklung des Landes nach westlichen Maßstäben. Der CSU-Politiker
hat einen neuen Plan, der mit einer persönlichen Kurskorrektur verbunden ist: Er will die Taliban in die afghanische Regierung einbinden.
...

Guttenberg hatte vor wenigen Tagen erklärt, Kontakte zu gemäßigten Taliban seien sinnvoll, um die Sicherheitslage in Afghanistan zu verbessern. Er sei dafür, zu Volksgruppen und Stämmen Kommunikationskanäle zu halten, solange man sich dadurch nicht selbst eine Falle stelle. "Nicht jeder Aufständische bedroht gleich die westliche Gemeinschaft."
...

Inzwischen hat die Realität die Debatte überholt: Tatsächlich gibt es schon seit längerer Zeit verschiedene, vertrauliche Kontakte zu den Rebellen. Nicht nur Karsai unterhält über Gewährsleute Verbindungen zu mehr oder auch minder gemäßigten Taliban-Chefs.
Experten sind sich sicher, dass die US-Regierung - als Teil ihrer neuen Afghanistan-Strategie - verstärkt das Gespräch sucht mit dem Ziel, eine Art Burgfrieden mit Teilen der Fundamentalisten zu schließen. Sowohl US-Präsident Barack Obama als auch Außenministerin Hillary Clinton traten in den vergangenen Monaten dafür ein, mit gemäßigten Taliban zu sprechen.
...
ebenso berichtet die SZ:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.sueddeutsche.de/,tt3m1/politik/353/498644/text/">http://www.sueddeutsche.de/,tt3m1/polit ... 8644/text/</a><!-- m -->
Zitat:26.12.2009, 17:30
Afghanistan

Guttenbergs neuer Realismus

Verteidigungsminister Guttenberg übt sich im Pragmatismus: Eine Vorzeige-Demokratie könne Afghanistan nicht werden. Vielmehr will er gemäßigten Taliban Regierungsbeteiligung in Aussicht stellen.
....
Der Krieg gegen die Bevölkerung ist nicht zu gewinnen - das haben Jahrzehnte nach den Russen wohl auch die jetzt verantwortlichen Politiker erkannt - und auch eine Aufstockung der Militärs hilft da nichts:
Kosmos schrieb:http://icasualties.org/OEF/Default.aspx

recht bedenkliche Erhöhung der Verluste, Situation ist sehr ernst
<!-- m --><a class="postlink" href="http://einestages.spiegel.de/static/topicalbumbackground/5714/das_sowjetische_waterloo.html">http://einestages.spiegel.de/static/top ... erloo.html</a><!-- m -->
Zitat:Das sowjetische Waterloo

US-Präsident Obama will Afghanistan mit Zehntausenden zusätzlichen Soldaten befrieden und dann schnell abziehen. Das hat vor 30 Jahren die Sowjetunion schon einmal versucht - und ist darüber am Ende selbst zerbrochen. Die Geschichte eines katastrophalen Irrtums.
...

"Die Sowjetunion wollte vor allem Ruhe in das Land bringen", sagt Rifaat Hussain, Politikprofessor an der Qaid-i-Azam-Universität im pakistanischen Islamabad, der über die afghanisch-sowjetischen Beziehungen promoviert hat.
...
Im Frühjahr 1979 herrschte in Afghanistan Bürgerkrieg. Viele Anhänger Dauds aus Armee, Polizei und Verwaltung wurden schon vor dem russischen Einmarsch von prosowjetischen Afghanen liquidiert.
...
Trotz der explosiven Lage glaubte der sowjetische Parteichef Leonid Breschnew, binnen drei bis sechs Monaten Ruhe schaffen zu können: Moskau würde ein sowjettreues Regime einsetzen und sich dann wieder zurückziehen. Den Sowjets seien oft andere Motive für ihren Einmarsch unterstellt worden, sagt Historiker Rifaat Hussain - dass sie bis ans Arabische Meer vorrücken wollten, um dort endlich einen Hafen zu haben, oder dass sie letztlich auf das Öl der Golfregion abzielten. Der Experte hält das für wenig plausibel: "Es ging eher darum, den russischen Einfluss nach Süden hin zu festigen."
...

Verheerende Bilanz


Die Intervention in Afghanistan wurde zu einer Schmach für die Sowjetunion. In einer Rede beschrieb Michail Gorbatschow, der gerade angetretene Generalsekretär der KPdSU, 1986 in Wladiwostok das Engagement in Afghanistan als "blutige Wunde", die geschlossen werden müsse. Drei Jahre später zog sich die Rote Armee geschlagen und zermürbt aus Afghanistan zurück. Das eingeschlossene Kabul war zum Schluss nur noch über eine Luftbrücke versorgt worden. Schätzungsweise 50.000 Soldaten der Roten Armee waren tot, Moskau hatte in zehn Jahren mehr als 85 Milliarden Dollar für den verlorenen Krieg ausgegeben. Zwei Jahre darauf begann sich die Sowjetunion aufzulösen.
...



- Cluster - 27.12.2009

Afghanistan I: Strategie für einen Kulturkrieg

http://www.internationalepolitik.de/exklusiv/view/1259251820.html

Zitat:Der Westen ist gescheitert, weil er sich unrealistische Ziele für Afghanistan gesetzt hat – Demokratie und Menschenrechte –, anstatt sich darauf zu beschränken, eine funktionierende Staatlichkeit herzustellen. Nach achtjährigem ISAF-Einsatz wird der Abzug vorbereitet; jetzt endlich müssen die Afghanen mehr Verantwortung für ihre Sicherheit übernehmen. (...)

Afghanistan II: Das Scheitern der NATO

http://www.internationalepolitik.de/exklusiv/view/1259591864.html

Zitat:Die NATO hat den Krieg verloren, weil sie den Schutz der Zivilbevölkerung nicht ernst genug nahm. Anstatt die Kriegsherren zu entwaffnen, versuchte man mit dem Dreiklang Demokratie, Rechtsstaat, Menschenrechte das Land zu befrieden. Mit dem Ergebnis: Die Taliban sind wieder auf dem Vormarsch und es gibt mehr Waffen und Milizionäre als zuvor. (...)



- Quintus Fabius - 27.12.2009

Zitat: Krieg gegen die Bevölkerung ist nicht zu gewinnen

Man könnte schon.

Wir können es nicht. Aber wir können auch sonst nichts.

Weder so noch so können wir irgendwas dort.


- Schneemann - 27.12.2009

Zitat:Der Krieg gegen die Bevölkerung ist nicht zu gewinnen...
Also das ist jetzt entweder a) ziemlich unwissend oder b) gezielt diskreditierend und völlig inakzeptabel. Weil der Satz sagt aus, dass wir ja dort Krieg gegen die Bevölkerung führen würden - der nicht zu gewinnen ist - und dass weiterhin, weil wir ja Krieg gegen die Taliban führen, keinen Unterschied beim Kriegführen zwischen der Bevölkerung und den Taliban machen würden. Und beides trifft nicht zu. Ich frage mich gerade jetzt nur, ob du tatsächlich so wenig Ahnung hast oder ob du einen provokanten Seitenhieb auf die NATO dort abgeben wolltest.

Auszug aus dem Artikel:
Zitat:Schätzungsweise 50.000 Soldaten der Roten Armee waren tot...
Diese Zahl kann ich nirgendwo bestätigt finden. Meines Wissens haben die Sowjets etwa 15.000 Tote in Afghanistan zu beklagen gehabt.

Schneemann.


- Erich - 28.12.2009

Schneemann schrieb:
Zitat:Der Krieg gegen die Bevölkerung ist nicht zu gewinnen...
Also das ist jetzt entweder a) ziemlich unwissend oder b) gezielt diskreditierend und völlig inakzeptabel. ....
Schneemann.
stimmt es nicht, dass sich eine immer größere Menge der Afghanen gegen die Alliierten wendet und immer mehr Menschen dort die Taliban unterstützen?

Aber es gibt endlich auch mal Erfolgsmeldungen:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,669130,00.html">http://www.spiegel.de/politik/ausland/0 ... 30,00.html</a><!-- m -->
Zitat: 27.12.2009

Verdeckte Missionen
US-Truppen weiten Spezialeinsätze in Afghanistan aus

Terrorbekämpfung im Verborgenen: Nach einem Bericht der "New York Times" haben die US-Truppen in Afghanistan in den vergangenen Monaten die Zahl ihrer Spezialeinsätze massiv erhöht. Dadurch sei es gelungen, das Netzwerk eines ostafghanischen Taliban-Chefs zu schwächen.


...
Stimmen die Aussagen, so haben die US-Truppen die Zahl ihrer Geheimeinsätze in den vergangenen drei bis vier Monaten massiv erhöht. Unter anderem sei es dabei darum gegangen, das Netzwerk des ostafghanischen Taliban-Chefs Siradschuddin Hakkani zu schwächen, das vor allem für Anschläge in und um Kabul verantwortlich gemacht wird.
...

Ein wichtiges Ziel für die US-Spezialtruppen ist auch die Suche nach dem verschleppten US-Soldaten Bowe Robert Bergdahl. Am Heiligabend waren erneut Videoaufnahmen des 23-Jährigen aufgetaucht, der vor einem halben Jahr verschleppt worden war.
...
ich unterstelle mal, dass mit solchen Spezialeinsätzen gezielt Taliban-Kommandeure ausser Gefecht gesetzt werden können, und die Zahl der unbeteiligten Zivilopfer auf ein absolutes Minimum reduziert wird.
Auf der anderen Seite - in solchen Geheimoperationen wurde und wird so intensiv gelogen, dass die Öffentlichkeit wohl erst in Jahrzehnten erfährt, was wirklich "drann" ist.


- Quintus Fabius - 28.12.2009

Zitat:Diese Zahl kann ich nirgendwo bestätigt finden. Meines Wissens haben die Sowjets etwa 15.000 Tote in Afghanistan zu beklagen gehabt.

Die Verluste der Sowjets waren höher als die offiziell verlautbarten. Laut den mir vorliegenden Daten verloren die Sowjets im Laufe des Krieges 26 000 Mann. Man muß allerdings dazu verstehen warum das so war.

Zum einen haben die Sowjets gigantische Ausfälle durch Krankheiten und schlechte medizinische Versorgung gehabt. In keinem Krieg nach 1870 sind so viele Soldaten durch Krankheiten zeiweise kampfunfähig geworden, die Hygenie war schlecht, in der Folge dessen sind auch viele Verletzte Soldaten unnötig gestorben aufgrund schlechter medizinischer Versorgung oder Infektionen.

Desweiteren hatten die Afghanischen Widerstandskämpfer ganz andere Waffen in ganz anderer Zahl zur Verfügung. Es gab Wochen zum Ende des Krieges hin wo es täglich dutzende Angriffe mit Stinger gab.

Auch die Panzerabwehr der Aufständischen in Afghanistan war besser als sie es heute ist !!

Umgekehrt haben die Sowjets im Gegensatz zu uns sehr (zu) agressiv gekämpft und immer und überall versucht gegen den Feind vorzurücken.

Dieses offensive Vorgehen sowjetischer Infanterie im Gelände erhöhte natürlich auch die eigenen Verluste.

Und vielleicht noch ein interesanter Punkt:

die Sowjets hatten weniger Soldaten in Afghanistan als wir jetzt !

Trotzdem kontrollierten die Sowjets deutlich mehr Gebiete in Afghanistan als wir jetzt.

Wichtig ist noch der Fakt, daß die Sowjetische Armee in Afghanistan jede Moral und Disziplin verlor. Es war absolut üblich beliebige Zivilisten einfach zu ermorden nur um sie auszurauben. Frauen wurden massenweise vergewaltigt. Kinder an Kontrollposten aus Spaß erschossen. Man durchsuchte gezielt Zivilisten nach Geld, und wenn jemand welches dabei hatte nahm man ihn mit um ihn "nach Kabul zu schicken". Das sagte man wenn man die Person hinter einer Hausecke dann einfach Totprügelte mit dem Gewehrkolben um das Geld abzunehmen.

Im weiteren zerstörten die Sowjetischen Soldaten gezielt die Landwirtschaft, töteten beispielsweise alle Tiere die sie auftreiben konnten usw

Das ganze Geschehen damals ist mit heute in nichts vergleichbar.

Die Sowjets kontrollierten Jahrelang tatsächlich große Gebiete des Landes, völlig im Gegensatz zu heute. Sie kontrollierten dabei nicht nur die Städte, sondern dort wo sie präsent waren auch die Berge oder andere Gegenden.

Im weiteren töteten die Sowjetischen Soldaten ungefähr 1,5 bis 2 Millionen Afghanen, und vertrieben weitere 5 Millionen Afghanen aus dem Land. Weitere 2 Millionen Afghanen mussten innerhalb Afghanistans fliehen. 4 Millionen Afghanen wurden in diesem Krieg durch sowjetische Angriffe oder Minen verletzt.

Wenn man alles addiert dann ist etwas über die Hälte der Gesamtbevölkerung Afghanistans durch die Sowjets getroffen worden.

Im Vergleich zum heutigen klein-klein Geschehen ist das ein ganz anderer Krieg gewesen.

Gerade deshalb ist der Vergleich zwischen damals und heute so absurd und völlig falsch.


- Schneemann - 28.12.2009

Erich schrieb
Zitat:stimmt es nicht, dass sich eine immer größere Menge der Afghanen gegen die Alliierten wendet und immer mehr Menschen dort die Taliban unterstützen?
Naja, es stimmt nicht ganz. Zwar ist es schon so, dass eine wachsende Zahl der Afghanen dem westlichen Truppenaufgebot kritisch gegenübersteht. Gleichzeitig wünschen sich aber auch die meisten keine Rückkehr der Taliban, bzw. wünschen sich, dass die fremde Einmischung - wobei mit "fremd" auch die ausländischen Teile der Taliban und der Qaida gemeint sind - zurückgeht. Genau genommen haben wir es also mit einem Wandel im Selbstgefühl der Afghanen zu tun. Sie sind zwar in wachsendem Maße gegen die westliche Präsenz, wissen aber auch, dass sie ohne diese dem Einfluss der Taliban und deren ausländischen Helfern wieder ausgeliefert wären, was sie auch wiederum nicht wollen.

Des weiteren kann man nicht davon ausgehen, dass die Afghanen, nur weil sie nun in wachsenden Maße allen fremden Einmischungen kritisch gegenüberstehen, jetzt verstärkt die Taliban unterstützen würden. Das würden die Gegner der NATO gerne so haben (übrigens auch in den NATO-Ländern selbst); es ist aber eher das häufig das Gegenteil der Fall ist. Würde dein Einwand stimmen, so müssten die Afghanen im Norden sich nach dem verlustreichen Luftangriff bei Kunduz nun verstärkt der Unterstützung der Taliban widmen. Wundersamerweise geschieht dies aber nicht. Im Gegenteil: Einerseits ging die Taliban-Aktivität seit September deutlich zurück (wie eine Auflistung aller Bombenattentate, Raketenangriffe und Überfälle auf deutsche Soldaten anzeigt [im letztwöchigen SPIEGEL]) und andererseits - zu meiner eigenen Verwunderung - sagen die meisten Menschen vor Ort, dass die Deutschen eigentlich richtig gehandelt hätten, wie eine Dokumentation vor einigen Tagen aufzeigte. Komischerweise kommt dies bei uns, vor allem bei den Voreingenommenen, aber nicht an (oder will nicht ankommen).

Deine Aussagen sind also so, wie du es etwas kurz darstellst, nicht ganz haltbar. Eher sind sie nicht vollständig. Einerseits wünschen sich sicher immer mehr Afghanen, dass der ausländische Einfluss (allgemein, also sowohl auf die westliche Präsenz als auch auf die fremdsöldnerisch-pakistanische Qaida-Connection bezogen) zurückgeht, korrekt, andererseits wächst die Unterstützungsbereitschaft für Taliban aber nicht erkennbar an.

Schneemann.


- ThomasWach - 30.12.2009

Ich glaube wie auch Schneemann, dass man mit generellen, allgemeinen Trends im fragmentierten Afghanistan nur partiell ins Schwarze trifft. Es kommt eben darauf an, wo man wen befragt.

Ich würde allerdings auch noch bemerken wollen, dass Taliban nicht unbedingt gleich Taliban sind. Haqqani oder Hekmatyar haben andere Unterstützer als Mullah Omar. Und die diversen Warlords und Unterführer der "Taliban", teilweise deckungsgleich mit den Drogenhändlern, haben auch ihre Unterstützer, obschon eben jene sicher nicht das alte Talibanregime in Reinform sich zurückwünschten. Gerade die Drogenhändler und die drogenanbauenden Bauern wünschen sich das alte, den Drogenanbau bekämpfende Talibanregime nicht zurück, aber mit den heutigen Taliban, die vor Ort mit ihnen kooperieren und von ihnen profitieren, haben sie weniger Probleme als mit korrupten Karzai-Beamten, die halbherzig versuchen, den Drogenhandel zu bekämpfen.

Das Bild ist meines Erachtens sehr diffus, extrem viele Grautöne dominieren. Ich sehe schlicht auch keine in sich geschlossene Talibanfront, sondern es gibt verschiedene mehr mal mal weniger verbundene dezentrale Widerstands- und Kampfbewegungen, sowohl gegen die westliche Präsenz, als auch gegen die derzeitigen afghanischen Machtträger. Und da die Unzufriedenheit recht groß ist, sowohl mit Karzai und seinem korrupten Regime als auch mit den dürftigen Ergebnissen der versprochenen westlichen Wideraufbauhilfe und Präsenz, gibt es eine je nach Region verschieden starke greifbare Ablehnung der derzeitigen Verhältnisse. Im Norden ist diese Ablehnung relativ schwach, weil die dort dominierenden Turkmenen und Usbeken mit den Verhältnissen sich arrangiert haben. Weiter im Süden dagegen, vor allem in den Gebieten der Paschtunen sorgen Drogengeschäfte, schleppernder Wideraufbau, korrupte Beamte und Clanstreitigkeiten dagegen aber für verbreiteten Frust und Ablehnung der Verhältnisse. Das geht so weit, dass man sich selbst innerhalb der Karzai-Familie gegenseitig umbringt (ein Cousin Karzais tötete einen anderen Cousin von Karzai vor ein paar Monaten).

Zu der Sache mit den Luftschlägen und der positiven Bewertung in und um Kunduz selbst, kann man nur Quintus erste Kommentare dazu betonen: Die potentiellen Unterstützer der Taliban, seien sie erzwungen, erkauft oder freiwillig, sind auf bestimmte dort in der Minderheit befindliche Paschtunenclans beschränkt. Die zivilen Opfer rekrutierten sich daher auch aus Dörfern, die von den dortigen Taliban "kontrolliert" werden. Und da die Taliban im Norden aber keine größeren Rückhalt in der breiten Masse besitzen, wurden die zivilen Toten mit geringem Interesse zur Kenntnis genommen. In vergleichbaren Situationen im Süden dagegen, wurden zivile paschtunische Tote dagegen sehr viel mehr beklagt und auch zum Anlaß für Protest und Widerstand genommen.
Und was die Anzahl der Anschläge angeht: Der Luftschlag mag sicher einen Impakt haben auf die Fähigkeiten der Taliban vor Ort, auch wenn der eigentlich ins Fadenkreuz genommene Talibanführer Abdul Rahman sich rechtzeitig vom Ort des Geschehen absetzen konnte. Aber im Winter haben die Zahl der Anschläge immer abgenommen, schlicht aufgrund der Witterung. Wie es dann im nächsten Frühjahr weitergeht, das ist entscheidend. Und bis dahin können die Taliban in Kunduz durchaus Verstärkung aus anderen Gegenden erhalten haben.


- Schneemann - 30.12.2009

Zitat:Afghanistan

Acht US-Bürger bei Selbstmordanschlag getötet

Bei einem Bombenanschlag in Afghanistan sind acht US-Bürger ums Leben gekommen - bei den Opfern handele es sich um Zivilpersonen, teilte die US-Regierung mit. [...]

In Dschalalabad im Osten des Landes gingen hunderte Menschen auf die Straße, um gegen die Tötung der Zivilisten zu protestieren. Studenten blockierten mehrere Hauptstraßen, riefen Parolen wie "Tod Obama" und setzten ein Bild des US-Präsidenten Barack Obama und eine US-Flagge in Brand. In der Hauptstadt Kabul beteiligten sich rund 150 Menschen an anti-westlichen Protesten.
Link: <!-- m --><a class="postlink" href="http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,669655,00.html">http://www.spiegel.de/politik/ausland/0 ... 55,00.html</a><!-- m -->

Schneemann.


- Erich - 31.12.2009

nach Meinung der FTD waren es nicht Zivilisten, sondern CIA Mitarbeiter:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.ftd.de/politik/international/:anschlaege-in-afghanistan-taliban-toeten-cia-mitarbeiter/50055436.html">http://www.ftd.de/politik/international ... 55436.html</a><!-- m -->
Zitat:31.12.2009, 09:12
Anschläge in Afghanistan
Taliban töten CIA-Mitarbeiter
Angeblich trug der Attentäter Uniform, war sogar ein afghanischer Offizier: Auf einer entlegenen US-Basis wurden acht Amerikaner getötet, darunter offenbar CIA-Mitarbeiter.

Nahe Kandahar starb eine Gruppe von fünf Kanadiern, zu denen auch eine Journalistin gehörte.
...
edit:
Inzwischen schreibt das auch die FAZ:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.faz.net/s/Rub0CCA23BC3D3C4C78914F85BED3B53F3C/Doc~E723138E4784644DB9183CA35D7E3B544~ATpl~Ecommon~Scontent.html">http://www.faz.net/s/Rub0CCA23BC3D3C4C7 ... ntent.html</a><!-- m -->
Zitat:Afghanistan
Taliban bekennen sich zu Anschlag auf CIA-Agenten
1. Dezember 2009 Die islamistischen Taliban haben sich zu dem Selbstmordanschlag auf eine amerikanische Militärbasis im Osten Afghanistans bekannt. ...