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- Schneemann - 06.09.2009

Shahab3 schrieb
Zitat: Deine Relativierung macht Deine Aussage nicht besser. Du und revan seid beide westliche Osamas. Ihr wollt Euer "westliches Kalifat" in Afghanistan verbreiten und alle töten, die sich dagegen wehren.
Schaut's doch, dass vor euerer eigenen Haustüre alles im Reinen ist. Was interessiert Euch Afghanistan? Wer gibt Euch das Recht dazu irgendwo zu stranden und dort die Welt zu verändern, wie es Euch gefällt? Und das noch unter dem Deckmantel, der ortsansässigen Bevölkerung zu helfen? Wie link ist das denn bitte?
Selten so einen Mist gelesen. Fakt ist doch wohl eher, dass Afghanistan zwischen 1989, nach dem russischen Abzug, und 2001 kaum jemanden mehr groß interessiert hat, vor allem dem „Westen“ war (leider) das Land verdammt egal. Es wäre also nicht so, dass man vorhatte irgendwo „stranden zu wollen“. Vielmehr hat man nach dem 11. September den herrschenden Taliban und den Qaida-Schleppenträgern den Krieg erklärt, was völlig verständlich und nachvollziehbar war. Und erst seit dem Zeitpunkt, seit diese Steinzeit-Islamisten-Clique dem „Westen“ den Krieg erklärt hat, ist man dort präsent. Das ganze ist also eindeutig in Aktion und Reaktion zu unterteilen. Und es geht auch nicht darum, ein westliches „Kalifat“ (was ein Widerspruch in sich ist) zu errichten, sondern den Menschen dort, die 30 Jahre lang unter Krieg gelitten haben, eine Chance zu geben ihren eigenen Staat, der diesen Namen verdient, zu entwickeln.
Zitat: Wenn die ISAF/NATO Mission tatsächlich darin besteht, was Du und revan fordern, also "umpolen" einer Kultur oder alle töten. Dann war es ein großer Fehler mit ihnen zu kooperieren. Dann sind sie diejenigen die kein Recht auf Leben haben. Dann sind sie eben jene Kreuzritter, wie ihnen die Taliban dann folgerichtig unterstellen.
Was für eine „Kultur“ bringen denn die Taliban mit? Eine Bande fanatisierter Madrassa-Schüler, oftmals Analphabeten, die mit verfälschten Koran-Versen radikalisiert wurde und die Menschen in der Öffentlichkeit Gliedmaßen abtrennt, die Schulen schließt und Frauen wie Schreckgespenste aus dem öffentlichen Leben verjagt, die nebenbei uralte Buddha-Statuen in Bamian, die zum Weltkulturerbe gehören, mit Panzern und Sprengstoff zerstört und die ihnen nicht genehme Volksgruppen (etwa die Hazaras im Nordwesten Afghanistans) mit teils genozid-ähnlichen Maßnahmen auszurotten versucht hat, die Massenmördern wie Bin Laden Unterschlupf gewährt hat und die Musik für Teufelszeug hält?

Das ist keine „Kultur“, allenfalls eine Unkultur, die man sehr wohl bekämpfen sollte, ja als vernünftiger, demokratisch eingestellter Mensch sogar bekämpfen muss! Alles andere wäre Verrat an den eigenen kulturellen Errungenschaften und an denjenigen, die diese jahrhundertelang erkämpfen mussten.
Zitat: Auf iranische Hilfe braucht ihr da ganz sicher nicht zu hoffen. Dazu sind wir Euch kulturell zu sehr voraus, um solche Ideen zu unterstützen.
Naja, solange ihr Kasperle wie Herrn A. an der Regierung habt, habe ich an der kulturellen Überlegenheit meine Zweifel. Aber wie gesagt: Meine Idee steht noch. Iran baut Atomwaffen, der Westen zieht aus Afghanistan ab und spielt den Taliban über Pakistan Atomwaffen zu und initiiert einen kleinen iranisch-afghanischen Konflikt (so wie in den 90ern, wo Iran fast schon mal mit 170.000 Mann zum Schutze der Hazaras und nach der Ermordung einiger iranischer Diplomaten in Westafghanistan einmarschiert wäre). Vielleicht gibt es dann einen hellen Blitz und beide Probleme verschmelzen zu Glas, ohne das ein westlicher Soldat zu schaden käme...

Schneemann.


- Shahab3 - 07.09.2009

@hunter1
Zitat:Das Taliban-Wertesystem muss weg. Dieses menschenverachtende System ist nicht würdig,
weiter zu existieren.

Anderen Wertesystemen die Existenzberechtigung abzusprechen ist ideologisch ausgesprochen fragwürdig, aber typisch westlich.

"Wie können diese armen Neger auch nur so nackig rumlaufen?"
Tja, hätte man sie nur mal gelassen...

Zitat:Es sei denn, alle Afghanen und Afghaninnen sagen aus freien Stücken, dass sie es behalten wollen. Dann hätten sie diese Entscheidung selber getroffen.

Wie kommt der Schweizer darauf, sich für die Belange der Afghanen zu interessieren, jenes Land zu analysieren und dann zu entscheiden, wer dort lebensberechtigt ist und wer nicht? Das ist komisch und ich erahne schon, dass die reichhaltige schweizer Kultur dazu berechtigt, sich soweit aus dem Fenster zu lehnen, den lieben Gott zu spielen und an ferne Länder und Leute Bedingungen zu formulieren? Ob dem Afghanen das so einleuchtet...hmm...daran wird es sich wohl beweisen, ob dieser Ansatz so durchdacht und damit überlegen ist.

Zitat:und erzähl mir nicht, dass man den Afghanen keine Alternative anbieten darf.

Was für Alternativen bietet man den Afghanen denn an? Die Amerikaner und ihre europäische Gefolgschaft haben gar keine ideologischen Alternativen im Gepäck, die für einen Afghanen von Interesse sein könnten. Zumal das Tamtam eines ISAF oder Diplomatenkonvois nur kurzzeitig beeindruckend, aber nach 15 Sek. zwischen Staubwolken wieder am Horizont verschwunden ist. Die NATO Soldaten sind in dem Land ebenso Fremdkörper, wie ein Trupp bewaffneter Taliban-Kämpfer, die mit ihrem Dolmetscher durch die Innenstadt von Montreux pattroullieren.

Aus der Sicht der Afghanen sind das ungebetene Gäste, wie man sie in den letzten Jahrhunderten schon hin und wieder hatte. Diese kommen und gehen erfahrungsgemäß. Manche davon haben tatsächlich kulturelle Zeugnisse hinterlassen. Das traue ich den derzeitigen Besuchern allerdings nicht zu.
Böse gesagt, hatten seit den Mongolen nur wenige Besucher so wenig spannende Mitbringsel für den Afghanen im Reisegepäck.

Zitat:Und glaub mir, die Afghaninnen werden diese Alternative, in dem Fall das westliche System, mit Handkuss annehmen, wenn ihnen klar wird,
was sie damit für Möglichkeiten erhalten, an die sie unter der Herrschaft der Taliban nicht mal denken konnten.

Ich nenne das mal höflich "naiv".

Zitat:Empfehle anderen nicht, was Du selbst auch nicht einhalten kannst. Du versuchst ja auch andauernd, Deine eigenen
Wertvorstellungen durchzusetzen, auch wenns nur in einer Diskussionsrunde ist.

Ich vertrete meine Meinung als Diskussionsteilnehmer, nicht als Missionar. Außerdem bin ich grundsätzlich unbewaffnet und suhle mich auch nicht in Tötungsphantasien. Wir sitzen da also sicher nicht im gleichen Boot.

Zitat:Aber ok, machen wirs doch so auf der Welt: Scheuklappen hochfahren, niemand fährt uns an den Karren, wir dafür auch niemand anderem.

Das wäre ein erster Schritt in Richtung einer besseren Welt. Ich befürchte nur, dass den Ökonomen dann die Gründe ausgehen, ihre globalen Interessen zu wahren...äääh...ich meine natürlich Gerechtigkeit zu verbreiten.

Zitat:Was willst Du, dass man einen grossen Zaun um Afghanistan herumbaut und wegschaut? Hat man ja gemacht, bis zum 11. September. Danach hat man festgestellt, dass das halt doch nicht so klug war.

Hätte man das getan, wären die Afghanen weder von der britischen Krone, Sowjets, Wahabis, CIA, ISI, Al Qaeda noch der NATO heimgesucht worden. Keiner von denen hat jemals wirklich Gutes im Schilde geführt. Zudem sind die Hinweise erdrückend, dass 9/11 eine False-Flag Operation war, deren Werkzeug die AlQaeda allenfalls war.

Zitat:Über iranisches Engagement kannst Du mit Erich diskutieren, das war sein Vorschlag.

Diese Vorschläge kursieren in höheren diplomatischen Kreisen und der Presse. Das wurde von Erich nur aufgegriffen und von mir kommentiert.

Zitat:Ein Land, das fleissig die Todesstrafe anwendet, halte ich dem momentanen Europa per se für kulturell unterlegen.

Was Deine Denkweise nur ad absurdum führt. Hast Du nicht selbst gesagt, dass Du Menschen töten willst, die nicht Deinen Wertevorstellungen entsprechen, bzw sich dagegen wehren, diese zu adaptieren? Und um jene zu töten, reißt Du noch ebenso viele (inzwischen zehntausende im Irak und A.stan!) Unschuldige als Kollateralschäden mit in den Tod? Welchem Gesetzbuch entnimmst Du dieses absurde vermeintliche Recht?

Es wäre eine Fehlbeurteilung, den Iranern auch nur ansatzweise ähnliches vorzuhalten. Die haben es auch gar nicht nötig, ihre Ideologie mit dem Schwert zu verbreiten. Viel mehr profitieren Sie sogar davon, wenn das andere (Taliban vs. NATO) vergeblich mit Waffengewalt versuchen.
Vielleicht werden sie gerade deshalb zwischen Mittelmeer und Hindukusch am Ende die lachenden Dritten sein.

Zitat:Einen Vergleich sonstiger kultureller Werte zwischen Europa und dem Iran wage ich nicht, da ich den Iran, trotz jahrelangem Mitlesen im Forum, zu wenig kenne. Unter dem Strich wird man wohl ungefähr gleich weit sein.

Das ist ohnehin der falsche Ansatz. Rückständig ist nur in jedem Fall die Sichtweise, Ideologien mit Waffengewalt verbreiten zu wollen. Damit haben die übrigens auch gerade Europäer in den letzten 500 Jahren auf der ganzen Welt nichts außer großem Unheil angerichtet. Das Ergebnis ist Krieg, Armut und Elend. Nicht kultureller Reichtum, oder gar Wohlstand. Den gab es meist vorher.

@Schneemann

Zitat:Iran baut Atomwaffen, der Westen zieht aus Afghanistan ab und spielt den Taliban über Pakistan Atomwaffen zu und initiiert einen kleinen iranisch-afghanischen Konflikt (so wie in den 90ern, wo Iran fast schon mal mit 170.000 Mann zum Schutze der Hazaras und nach der Ermordung einiger iranischer Diplomaten in Westafghanistan einmarschiert wäre). Vielleicht gibt es dann einen hellen Blitz und beide Probleme verschmelzen zu Glas, ohne das ein westlicher Soldat zu schaden käme...

Na, Schneeman? Wirds schon feucht in der Hose bei diesen heißen Phantasien?

Zitat:Selten so einen Mist gelesen.

Aber schon häufig geschrieben. :lol:


- ThomasWach - 07.09.2009

Ok, ok, jetzt pusten wir alle einmal kräftig durch. Und wenn das nicht reicht, dann gehen wir alle mal einmal um die Nachbarschaft, bei dem schönen Wetter eigentlich sowieso eine gute Idee. Und dann, irgendwann, schreibe ich dann nochmal meinen Kommentar dazu und dann könnt ihr alle vereint auf mich einschlagen anstatt euch so scharf gegenseitig anzugehen, weil ich nämlich gegen alle hier vertretenen Meinungen und Positionen anschreibe werde...

Ist das nicht ein interessantes und verlockendes Angebot?? Big Grin

Und etwas sachlicher formuliert: Versucht die Debatte immer schön sachlich zu gestalten und nicht persönlich zu werden und oder in den Formulierungen etwas - sagen wir mal - unscharf und unsachlich zu werden.

PS: Zum eigentlichen "Thema", dem Bombenangriff.
CAS und Luftschläge allgemein sind im Rahmen der neuen COIN-Strategie der ISAF und NATO extrem beschränkt, sollten nur angefordert werden, wenn es NATO-Truppen droht, überrannt zu werden. Angesichts festsitzender LKWs, die laut Spiegel print bezogen auf ihre Fahrtrichtung nicht mal in Richtung auf das Bundeswehrlager festsaßen, ist damit ein Luftschlag per se keine zwingende Entscheidung, weil keine immanente Gefährdung mehr drohte. Damit ist ex post diese Entscheidung als falsch zu bewerten, insbesondere da nun klar wird, dass eine nicht geringe Zahl an Zivilisten als Opfer zu beklagen sind. Man kann gerne streiten, ob die zu geringen Aufklärungspotentiale der Bundeswehr letztlich diese Fehlentscheidung bedingten oder ob der Kommandeur zu schnell, zu panikartig reagierte oder inwiefern die aufklärende Fennekpatrouille nicht in der Lage war, Taliban und herbeieilende Zivilisten zu erkennen und zu unterscheiden. Auch Shahabs Vermutung von der vorherigen Seite, wer denn genau die Täter waren und welche Intentionen sie hatten, scheint durchaus eine nähere Betrachtung und Untersuchung wert. Dies alles sind Fragen, die die Bewertung des ganzen in die eine Richtung (Verantwortlichkeit relativierend) oder die andere Richtung (Verantwortlichkeit hervorhebend) modifizieren können. So oder so bleibt aber ex post die Tatsache, dass im Rahmen der derzeitigen COIN-Strategie dieser Luftschlag ein Fehler war, gleichwohl die genauen Bedingungen seiner Fehlerhaftigkeit noch untersucht werden müssen. Dabei kann genauso gut der Kommandeur unter Betonung fehlender Echtzeit-Aufklärungsmöglichkeiten entlastet, aber auch weiter belastet werden, ebenso zutragende Patrouillen (usw.).


- Quintus Fabius - 07.09.2009

Zitat:Fakt ist doch wohl eher, dass Afghanistan zwischen 1989, nach dem russischen Abzug, und 2001 kaum jemanden mehr groß interessiert hat, vor allem dem „Westen“ war (leider) das Land verdammt egal

Das stimmt nur in Bezug auf das Volk und die Medien, den westlichen Regierungen aber war Afghanistan keineswegs egal.

Gerade eben das westliche Interesse führte zur Vorherrschaft der Taliban. Die Taliban wurden jahrelang vom Westen massiv mit Waffen, Informationen, Geld und Ausrüstung versorgt mit dem Ziel Afghanistan unter die Kontrolle nur einer Gruppierung zu bringen damit Afghanistan dann als Transitweg zu den zentralasiatischen Staaten dienen kann. Und um ein Gegengewicht zum Iran aufzubauen. Und um den russischen Einfliuß in Zentralasien zu zerstören usw usf

Der Westen und insbesondere die USA folgten in dieser Zeit massiv der Geostrategie eines gewissen Polen (Buchempfehlung: Die einzige Weltmacht)

Und gerade diese Geostrategie hatte auf Afghanistan massivste Auswirkungen und führte zur Herrschaft der Taliban.

Zitat:Anderen Wertesystemen die Existenzberechtigung abzusprechen ist ideologisch ausgesprochen fragwürdig, aber typisch westlich

Es ist typisch menschlich. Viele muslimische Staaten (zB der Iran) und insbesondere die Islamisten schreiben genau so allen nichtislamischen Wertesystemen die Existenzberechtigung ab.

Das ist der typische Kampf von Memen gegeneinander um sich selbst zu verbreiten und zu überleben.

Zitat:Böse gesagt, hatten seit den Mongolen nur wenige Besucher so wenig spannende Mitbringsel für den Afghanen im Reisegepäck

Die Mitbringsel des Westens sind die interessantesten und spannendsten überhaupt. Nämlich Geld und unzählige Möglichkeiten der Bereicherung.

Das Problem ist, wer dann davon profitiert, wer sich diese Dinge unter den Nagel reißt, kurzum wen wir damit beglücken.

Gerade unsere Mitbringsel sind in Afghanistan das eigentliche Problem. Viele Probleme in Afghanistan rühren gerade eben von unseren Mitbringseln her.

Zitat:Rückständig ist nur in jedem Fall die Sichtweise, Ideologien mit Waffengewalt verbreiten zu wollen.

Der Westen verbreitet heute nur noch die Ideologie des Kapitalismus wobei es ihm egal ist ob in anderen Ländern wirklich ein Glaube daran entsteht oder nicht solange man diese Länder nur weiter ausbeuten kann. Genau genommen verbreitet der Westen sogar immer öfter gar nichts mehr, er nimmt nur noch oder versucht die Rahmenbedingungen zu schaffen damit er nehmen kann.

Viele Islamisten hingegen und insbesondere der Iran verbreiten jedoch ihre Ideologie mit Waffengewalt. Ich werte das aber nicht moralisch. Es ist für die westlichen Staaten schlicht und einfach rein praktisch ein Problem.

PS: Zum Luftschlag:

Wenn die Angaben stimmen und es ungefähr 120 bis 130 Tote waren, wobei um die 20 bis 40 Zivilisten waren, dann war dieser Luftschlag immer noch ein glänzender militärischer Erfolg. Mehr Tote Gegner als Tote Zivilisten, daß ist in einem assymetrischen Krieg eine sehr gelungene Operation.

Man sollte aber alle Berichte zur Zeit mit äußerster Skepsis aufnehmen. Insbesondere die Berichterstattung der US Amerikaner (Washington Post) verfolgt ganz bestimmte US Amerikanische Ziele in Bezug auf den Norden. Und die Afghanische Berichterstattung wurde und wird hier noch von den USA vorgegeben.

Erst mal abwarten was geschehen ist.


- Schneemann - 07.09.2009

Quintus Fabius schrieb:
Zitat: Das stimmt nur in Bezug auf das Volk und die Medien, den westlichen Regierungen aber war Afghanistan keineswegs egal.

Gerade eben das westliche Interesse führte zur Vorherrschaft der Taliban. Die Taliban wurden jahrelang vom Westen massiv mit Waffen, Informationen, Geld und Ausrüstung versorgt mit dem Ziel Afghanistan unter die Kontrolle nur einer Gruppierung zu bringen damit Afghanistan dann als Transitweg zu den zentralasiatischen Staaten dienen kann. Und um ein Gegengewicht zum Iran aufzubauen. Und um den russischen Einfliuß in Zentralasien zu zerstören usw usf

Der Westen und insbesondere die USA folgten in dieser Zeit massiv der Geostrategie eines gewissen Polen (Buchempfehlung: Die einzige Weltmacht)

Und gerade diese Geostrategie hatte auf Afghanistan massivste Auswirkungen und führte zur Herrschaft der Taliban.
Ich denke mal, du zeigst auf die Deals, die z. B. auf Bridas und Unocal hin zurückzuführen sind. Genau genommen mag man diese als Plan für eine Nutzung des afghanischen Territoriums als Transitgebiet ansehen können. Man sollte aber nicht vergessen, dass a) diese Planspiele recht schnell wieder in der Versenkung verschwunden sind und diese b) nur etwa in der Zeit zwischen 1994 und 1998 wirklich eine Rolle gespielt haben. D. h. man hat zu einem Zeitpunkt angefangen, diese Planspiele zu betreiben, als die Taliban schon da waren. Sie wurden also nicht infolge dieser Ideen gefördert oder geboren. Und in den USA war es so, dass die Pläne von Unocal (heute Chevron) auf teils scharfe innenpolitische Kritik stießen, vor allem weil die Menschenrechtslage nicht beachtet wurde, weswegen sich der Konzern Ende 1998 schließlich – als die Taliban sich langsam ihrem Machthöhepunkt näherten – aus dem Gefeilsche in Zentralasien zurückzog. Wenn also dein Gedanke stimmen würde, was die gewünschte Kontrolle des Westens dort betrifft, so hätte der Konzern sich zu dem Zeitpunkt erst recht aber engagieren müssen. Das Gegenteil war aber der Fall.

Und man sollte auch darauf hinweisen, dass dieser Poker um eine Pipeline/um Pipelines durch Afghanistan nicht nur vom Westen alleine gespielt wurde. Mitte der 90er stieg auch Gazprom mit ein und unterzeichnete einen Vertrag mit Unocal, Ende 1996 haben sogar die Türkei und der Iran mit einem Projekt geliebäugelt und mit Turkmenen verhandelt. Zuletzt mischten Japaner (Itochu Oil), Amerikaner (Unocal), Koreaner (Hyundai), Russen (Gazprom), Indonesier (Inpex), Chinesen, Perser, Türken, Saudis (Delta Oil), Argentinier (Bridas) und Turkmenen in dem Spiel mit. Alle wollte ihre Pfründe wahren oder erweitern und setzten auf ihre Karte/n. Denn einen waren die Taliban wichtig, denn anderen ein Dorn im Auge, die einen wollte ihren regionalen Warlord X fördern, die anderen dessen Konkurrenten. Kurz: Dieses „neue große Spiel“ wurde von allen Beteiligten gespielt, bzw. man wirkte an dessen Neuauflage mit. Gut war es sicher nicht, was die Entwicklung Afghanistans anging, aber alleine dem Westen die Schuld dafür zu geben, wäre auch nicht korrekt.
Zitat: Wenn die Angaben stimmen und es ungefähr 120 bis 130 Tote waren, wobei um die 20 bis 40 Zivilisten waren, dann war dieser Luftschlag immer noch ein glänzender militärischer Erfolg. Mehr Tote Gegner als Tote Zivilisten, daß ist in einem assymetrischen Krieg eine sehr gelungene Operation.
Das sehe ich auch so.

Shahab3 schrieb:
Zitat: Na, Schneeman? Wirds schon feucht in der Hose bei diesen heißen Phantasien?
Naja, mit solchen Aussagen disqualifizierst du dich als ernsthafter Diskussionsteilnehmer vollständig. Da wird sich jeder seinen Teil zu denken können.

Schneemann.


- Ingenieur - 07.09.2009

Zitat: Wenn die Angaben stimmen und es ungefähr 120 bis 130 Tote waren, wobei um die 20 bis 40 Zivilisten waren, dann war dieser Luftschlag immer noch ein glänzender militärischer Erfolg.
Wenn es der entscheidende Punkt wäre, mehr Taliban umzubringen, dann wäre der Konflikt schon längst gewonnen, laut engl. Wiki gibt es 23000 tote Taliban und >10000 tote Zivilisten seit 2001. Das kann doch nicht der Sinn sein. Bei der Geburtenrate in Afghanistan finden sich genug Leichtgläubige und Frustrierte um die Gefallenen zu ersetzen. Da wird nichts gewonnen.
Gerade ihr Militärhistoriker müsstet doch wissen, dass so eine asymmetrische Situation nicht durch einen höheren Bodycount gelöst wird, außer man hat vor den Krieg durch Ermüdung erst in 50 Jahren zu Beenden. Gerade jüngst im Irak kam die Entspannung doch erst dadurch, dass man seine Aufklärung und Reaktionsgeschwindigkeit vor Ort durch einbeziehen der lokalen Stämme extrem verbessert hat.
Das Vertrauen der Afghanen ist entscheidend, damit sie die Sache selbst in die Hand nehmen und nicht als passive Zuschauer sich unter den jeweiligen Schlägen von NATO und Taliban wegducken müssen.

Nachtrag:
Zitat:Meine Idee steht noch. Iran baut Atomwaffen, der Westen zieht aus Afghanistan ab und spielt den Taliban über Pakistan Atomwaffen zu und initiiert einen kleinen iranisch-afghanischen Konflikt (so wie in den 90ern, wo Iran fast schon mal mit 170.000 Mann zum Schutze der Hazaras und nach der Ermordung einiger iranischer Diplomaten in Westafghanistan einmarschiert wäre). Vielleicht gibt es dann einen hellen Blitz und beide Probleme verschmelzen zu Glas, ohne das ein westlicher Soldat zu schaden käme...
Das war jetzt kein toller Beitrag und ist nicht wünschenswert.


- ThomasWach - 07.09.2009

Kann Quintus und Schneemanns Kommentare zum Luftschlag weder konzeptionell, noch bezüglich der fallbezogenen Darstellung gutheißen.

Ich habe mich auf einen Artikel der New Yort Times bezogen, noch Washington Post. Die Kritik kam zudem nicht nur von den Amerikanern, sondern genauso von einigen Europäern. Die Kritik an der interessengeleiteten Informationspolitik der USA ist eine interesanter Aspekt, aber spielerisch leicht umdrehbar: Als ob die Informationspolitik von Jung und seitens der Bundeswehr nicht auch interessengeleitet sei. Überdies kam auch vom Bundestag erhebliche Zweifel an der Informationspolitik von Jung.
Die NYT zitierte afghanische Quellen und letztlich kann man nur angesichts der diversen, gerne auch von Interessen überlagerten Wahrnehmung alle anschaun. Und wenn man dies tut, bleibt es zweifelhaft, dass die Mehrheit der Opfer Taliban oder sonstige Widerstandskämpfer waren. Ergo bin ich ob der Zahlen von Schneemann, als auch von Quintus sehr, sehr zweifelhaft, insbesondere, weil es mir ein toter afghanischer Mann eben nicht automatisch ein Talib ist. Ist bissel simpel. Ergo abwarten.
Und eben auch konzeptionell halte ich Schneemanns wie Quintus Aussagen für schwach. Man kann viel über die US-Armee diskutieren, aber meines Erachtens haben aus guten Gründen die derzeitigen Kommandeure einen anderen, schlüssigeren Ansatz adaptiert, der auf den Schutz der Zivilbevölkerung, auf die Gewinnung des "Unbeteiligten Dritten" wie es auch in der Militärgeschichte/Theorie heißt, ausgerichtet ist. Stimme da Ingenieur völlig zu in diesem Punkt. Ist zudem auch nur die Wiederaufbreitung klassischer Aufstandsbekämpungsstrategien.
50 tote Taliban bringen gar nichts, absolut gar nichts, gerade im asymmtrischen Kampf, weil Entschlossenheit/Rekrutierung/ideologische Motivation gegenüber dem Feind ist eben eine Ressource, die technologische Überlegenheit kontert. Und lassen wir mal knapp 50 Zovilisten tot aus aus vielleicht 10-20 Großfamilien. Angesichts einer sowieso wachsenden Talibanbewegung im Norden dürften gerade auch aus diesen Familien die jetzt toten 50 Taliban oder so spielerisch leicht wieder rekurtiert und ersetzt werden!
So läuft das ganze nämlich. Für mich entspringen daher dieses Gutheißen einer in meinen Augen ansolut kurzfristigen Logik!

PS: Zu den persönlichen Entgleisungen: Shahabs Kommentar war wirklich unter der Gürtellinie und gehört hier nicht hin. Allerdings dein Kommentar Schneemann, durch den Shahab solch einen persönlichen und fragwürdigen Kommentar produiert hat, war auch deplatziert und inhaltlich auch recht fragwürdig. Es läßt auch tief blicken....
In Zukunft, wie gesagt, wünsch ich mir wieder etwas mehr ruhigerer Diskussionen!


- Shahab3 - 07.09.2009

@Quintus Fabius
Zitat:Es ist typisch menschlich. Viele muslimische Staaten (zB der Iran) und insbesondere die Islamisten schreiben genau so allen nichtislamischen Wertesystemen die Existenzberechtigung ab.

Inwiefern?

Zitat:Das ist der typische Kampf von Memen gegeneinander um sich selbst zu verbreiten und zu überleben.

Einerseits richtig, andererseits ist das in der Regel in einem "Ökosystems" als Problem zu begreifen. Das System lebt von seiner Vielfältigkeit, die (per Definition) Extreme besitzt. Das ist eine Form globaler Demokratie, wobei Dich das vom Argument nicht überzeugen wird. Aber Monokulturen neigen zu Krankheiten, zerstören das Ökosystem oder haben es zuvor zerstört.

Zitat:Die Mitbringsel des Westens sind die interessantesten und spannendsten überhaupt. Nämlich Geld und unzählige Möglichkeiten der Bereicherung.
Das Problem ist, wer dann davon profitiert, wer sich diese Dinge unter den Nagel reißt, kurzum wen wir damit beglücken

Und das sind erwiesenermaßen nur erlesene Kreise. Der Rest wird zum Sklaven des Systems, muss unter widrigen Umständen buckeln und damit er das tut, wird er dazu erzogen, sein ganzes Leben lang irgendwelchen Schulden hinterher zu laufen. Das ist die Krone der Schöpfung? Was fürn scheiss Planet, wenn das die Erkenntnis des hiesigen Daseins ist. :lol:

Die Taliban haben da keinesfalls überzeugendere Angebote zu machen. Das mal so am Rande. Diese sind aber erst damit zum Problem für andere geworden, weil irgendwer auf die Idee kam, diese Züchtung ganz besonders gut mit Dünger zu versehen. Das war eine unglaublich schlechte Idee. Und auch dafür hat der Westen keine Lösung "im Gepäck".

Zitat:Gerade unsere Mitbringsel sind in Afghanistan das eigentliche Problem. Viele Probleme in Afghanistan rühren gerade eben von unseren Mitbringseln her.

Och die Russen und Mongolen waren ja als überregionale, "nicht westliche" Akteure auch schon zum Geschenke verteilen da und ebenso wenig gesund.

Zitat:Der Westen verbreitet heute nur noch die Ideologie des Kapitalismus wobei es ihm egal ist ob in anderen Ländern wirklich ein Glaube daran entsteht oder nicht solange man diese Länder nur weiter ausbeuten kann. Genau genommen verbreitet der Westen sogar immer öfter gar nichts mehr, er nimmt nur noch oder versucht die Rahmenbedingungen zu schaffen damit er nehmen kann.

Ich bin aber nicht der Überzeugung, dass der Westen dabei so aggressiv und expansiv sein muss, um für sich am Ende einen guten Schnitt zu machen. Die gemeinsamen Handelsbeziehungen sind im Grunde sowas von alt und lassen sich sicherlich auch auf einer "zivilisierteren" Ebene auch in der Mikroebene regionaler Märkte vertiefen, ohne zunächst die Maden und Geier vorzuschicken. Im Gegenteil, ich betrachte das Agieren in der Neuzeit als äusserst kontraproduktiv und geschäftsschädigend. Dabei will ich nicht behaupten, dass bei dem Prozess nicht viel Geld geschöpft würde.

Zitat:Viele Islamisten hingegen und insbesondere der Iran verbreiten jedoch ihre Ideologie mit Waffengewalt. Ich werte das aber nicht moralisch. Es ist für die westlichen Staaten schlicht und einfach rein praktisch ein Problem.

Der Iran geht wesentlich subtiler vor und das halte ich langfristig auch für das erfolgreichere Konzept, um reale Einflüsse zu kontrollieren. Was in der unmittelbaren nachbarschaft passiert ist auch nochmal eine ganz andere Ebene der Konfliktführung und abhängiger Motive. Da liegt vom Ansatz bereits der gravierende Unterschied. In manchen Gebieten könnte der Iran sogar ein Gegenpol gegen aggressive äussere Einflüsse sein. Da magst Du sicher Recht haben. Das ist seine ökologische Aufgabe.


- Erich - 08.09.2009

ThomasWach schrieb:....
50 tote Taliban bringen gar nichts, absolut gar nichts, gerade im asymmtrischen Kampf, weil Entschlossenheit/Rekrutierung/ideologische Motivation gegenüber dem Feind ist eben eine Ressource, die technologische Überlegenheit kontert. Und lassen wir mal knapp 50 Zovilisten tot aus aus vielleicht 10-20 Großfamilien. Angesichts einer sowieso wachsenden Talibanbewegung im Norden dürften gerade auch aus diesen Familien die jetzt toten 50 Taliban oder so spielerisch leicht wieder rekurtiert und ersetzt werden!
So läuft das ganze nämlich. Für mich entspringen daher dieses Gutheißen einer in meinen Augen ansolut kurzfristigen Logik!
....
Das sieht auch die FAZ so:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.faz.net/s/RubDDBDABB9457A437BAA85A49C26FB23A0/Doc~EE5FFAF72FECB4A76A2CA813B74FF027C~ATpl~Ecommon~Scontent.html">http://www.faz.net/s/RubDDBDABB9457A437 ... ntent.html</a><!-- m -->
Zitat:Isaf-Taktik in Afghanistan
Zehn minus zwei Taliban ergibt zwanzig Taliban

Von Nikolas Busse

07. September 2009 Dass der amerikanische General Stanley McChrystal, der Oberbefehlshaber der Isaf, mit so offenkundiger Missbilligung auf den Luftschlag bei Kundus reagiert hat, liegt daran, dass solche Operationen nach seiner Ansicht mit dafür verantwortlich sind, dass die Gewalt gegen die Schutztruppe in den vergangenen Jahren zugenommen hat.

Seit der Übernahme des Kommandos im Juni hat McChrystal mehrere Anweisungen an die derzeit 65.000 Soldaten umfassende Truppe herausgegeben, die alle auf einem zentralen Gedanken fußen - gewinnen könne die Nato den Krieg in Afghanistan nur, wenn sie sich das Vertrauen der Bevölkerung erarbeite. ...

...
Der Tod von Zivilisten sät die eigene Niederlage

Am 27. August hat McChrystal die Grundsätze seiner Strategie in einem zweiten Dokument dargelegt, den sogenannten „Leitlinien zur Aufstandsbekämpfung“. Sie wurden vollständig veröffentlicht. Darin führt er aus, dass der Krieg in Afghanistan nicht mit konventionellem militärischem Denken gewonnen werden könne, das darauf abzielt, den Gegner zu bekämpfen. Aus konventioneller Sicht stelle sich die Tötung von zwei Aufständischen in einer Gruppe von zehn so dar, als seien nur noch acht Gegner übrig. In einem von Clans und Stämmen geprägten Umfeld wie Afghanistan sei es aber so, dass die zwei Getöteten viele Verwandte hätten, die nach solchen Vorfällen Rache schwörten.

Im Fall von zivilen Opfern seien das sogar noch mehr als im Fall von getöteten Kämpfern. So laute die Rechnung: „10 minus 2 ergibt 20 (oder mehr), und nicht 8.“ .....



- hunter1 - 08.09.2009

@Shahab3
Shahab3 schrieb:Wie kommt der Schweizer darauf, sich für die Belange der Afghanen zu interessieren, jenes Land zu analysieren und dann zu entscheiden, wer dort lebensberechtigt ist und wer nicht? Das ist komisch und ich erahne schon, dass die reichhaltige schweizer Kultur dazu berechtigt, sich soweit aus dem Fenster zu lehnen, den lieben Gott zu spielen und an ferne Länder und Leute Bedingungen zu formulieren?
Zur ersten Frage: Warum sollten sie es nicht tun?
Zur zweiten Frage: Hier bringe ich meine Meinung zum Ausdruck, meine Analyse, etc. Die hat nichts mit der Meinung "der Schweizer" zu tun. Ich kapier nicht, wieso Du das hier reinbringst.

Zitat:Was für Alternativen bietet man den Afghanen denn an?
Eine Alternative zum Taliban-System vielleicht?

Zitat:Die Amerikaner und ihre europäische Gefolgschaft haben gar keine ideologischen Alternativen im Gepäck, die für einen Afghanen von Interesse sein könnten. Zumal das Tamtam eines ISAF oder Diplomatenkonvois nur kurzzeitig beeindruckend, aber nach 15 Sek. zwischen Staubwolken wieder am Horizont verschwunden ist.
Mit dem ersten Satz masst Du Dir an, zu wissen, was für die Afghanen gut ist und was nicht. Das entspricht genau dem Punkt, den Du an mir kritisierst. Schon mal drüber nachgedacht?
Und falls die ISAF ihre Ideen nicht einbringen kann, weil sie zu wenig Personal hat, dann muss das halt aufgestockt werden.

Zitat:Die NATO Soldaten sind in dem Land ebenso Fremdkörper, wie ein Trupp bewaffneter Taliban-Kämpfer, die mit ihrem Dolmetscher durch die Innenstadt von Montreux pattroullieren.

Aus der Sicht der Afghanen sind das ungebetene Gäste, wie man sie in den letzten Jahrhunderten schon hin und wieder hatte. Diese kommen und gehen erfahrungsgemäß.
Die NATO versucht aber, die Bevölkerung für sich zu gewinnen. Es sind mir jedenfalls keine Berichte bekannt, dass die NATO Andersdenkende in Afghanistan hart bestraft hat. Somit hat die NATO die Möglichkeit, sich von einem Fremdkörper in einen Alliierten der gesamten afghanischen Bevölkerung zu verwandeln. Die Taliban hingegen haben mit ihrem Wertesystem allenfalls die Möglichkeit, zum Unterdrücker der afghanischen Bevölkerung zu werden, weil in ihrem Wertesystem zu Beginn weg kein Platz für Andersenkende ist, in keiner Form.

Zitat:Ich nenne das mal höflich "naiv".
Aha. Es ist also naiv, dafür einzustehen, dass Frauen in Afghanistan Zugang zu Bildung haben sollen. Es ist also naiv, dafür einzustehen, dass Frauen in Afghanistan selber entscheiden dürfen, wen sie heiraten wollen und wie sie sich kleiden wollen. Alles klar.

Zitat:Das wäre ein erster Schritt in Richtung einer besseren Welt.
Was für eine tolle Vorstellung! Das Endresultat wären gegen sieben Milliarden Individualisten, die nicht interagieren und kooperieren und daher verhungern würden.

Zitat:Was Deine Denkweise nur ad absurdum führt. Hast Du nicht selbst gesagt, dass Du Menschen töten willst, die nicht Deinen Wertevorstellungen entsprechen, bzw sich dagegen wehren, diese zu adaptieren?
Der Punkt geht teilweise an Dich. Aber es bedeutet auch, dass Du meinen letzten Beitrag immer noch nicht verstanden hast. Ich habe dort eigentlich klar gemacht, dass die Taliban nur dann getötet werden sollen, wenn es nicht anders geht. Man könnte es z.B. so machen: die Taliban-Ideologen und die westlichen Ideologen "verkaufen" ihr System der afghanischen Bevölkerung in einer gewaltfreien Werbeveranstaltung. Die Afghanen und -innen entscheiden dann jede/r für sich, welches System sie haben wollen. Ihre Entscheidung wird von jedem respektiert und sie respektieren die Entscheidung von jedem...und warum funktioniert das nicht? Ahja, die Taliban wollen nicht mitmachen. Sie wollen alle Andersdenkenden in ihrem Einflussbereich mit Gewalt eliminieren. In diesem Fall ist es legitim, Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Wenn es eine andere Möglichkeit gäbe, die Taliban unschädlich zu machen, dann wäre diese vorzuziehen. Etwas praktikables scheint es aber nicht zu geben. Das ist auch der Punkt, der zur Todesstrafe überleitet. Diese ist in meinen Augen die schlimmstmögliche Strafe. Ein Staat hat genügend Möglichkeiten, um darauf zu verzichten. Wenn er nicht darauf verzichtet, ist er in meinen Augen zivilisatorisch weniger weit als ein Staat, der das kann.

Zitat:Und um jene zu töten, reißt Du noch ebenso viele (inzwischen zehntausende im Irak und A.stan!) Unschuldige als Kollateralschäden mit in den Tod?
Ich habe nirgends geschrieben, dass ich Kollateralschäden, bzw. den Tod Unbeteiligter, gutheisse. Das tue ich nicht.
Etwas in persönlicher Sache: die Irak-Invasion 2003 ist in meinen Augen das grösste Verbrechen, das die westliche Gesellschaft in den letzten Jahren durchgezogen hat. Ginge es nach mir, würden alle, die diese Aktion gutheissen, hart bestraft. Wirf also niemals, nie wieder, den Konflikt im Irak und denjenigen in Afghanistan in einen Topf, wenn Du mit mir diskutierst. Danke.

Zitat:Das ist ohnehin der falsche Ansatz. Rückständig ist nur in jedem Fall die Sichtweise, Ideologien mit Waffengewalt verbreiten zu wollen.
Ich interpretiere das mal so, dass Du das Vorgehen der Taliban verurteilst. Die machen nämlich genau das.


- Schneemann - 08.09.2009

Zitat:Bundeswehr in Kunduz

"Das war ein sauberer Treffer"

Bundeswehrsoldaten in Afghanistan haben jahrelang Brunnen und Brücken gebaut. Jetzt werden sie beschossen - und sie schießen zurück. Die Reaktionen auf das Bombardement der Tankwagen verunsichert die Truppe in Kunduz: Von Einheimischen werden die Deutschen gefeiert, von Bündnispartnern und Politikern heftig kritisiert. [...]

"Das war ein sauberer Treffer", sagt Jörg K. Der 37-jährige Hauptfeldwebel sitzt mit zwei Kameraden in einem mit roten Rosen bewachsenen Innenhof des Stabsgebäudes, von dem aus alle Operationen geleitet werden. Die drei Männer gehören zu der Schutzkompanie in Kunduz, die zwölf Stunden nach der Explosion den Ort des Geschehens untersucht hat. Gegen 12.30 Uhr am Freitag sind sie mit rund 80 Soldaten ausgerückt und zum Kunduz-Fluss gefahren.

Dass dort auch unschuldige Zivilisten ums Leben gekommen sein sollen, kann der Soldat nicht glauben. "Das nächste Dorf liegt kilometerweit entfernt, was haben Zivilisten nachts auf einer Sandbank im Fluss zu suchen", gibt Jörg K. zu bedenken. "Die, die dort umgekommen sind, waren keine Schäfchen." [...]

Der beste Beleg dafür, dass sein Kommandeur alles richtig gemacht hat, ist für Jörg K. der Jubel, mit dem er am Kunduz-Fluss begrüßt worden ist. Rund hundert afghanische Soldaten und Polizisten hätten stolz ihre Waffen in die Luft gestreckt, ihre Daumen gezeigt.
Link: <!-- m --><a class="postlink" href="http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,647593,00.html">http://www.spiegel.de/politik/ausland/0 ... 93,00.html</a><!-- m -->

Ehrlich gesagt frage ich mich, was angebliche "Dorfbewohner" dazu treibt, nachts um halb drei Benzin aus von Taliban geklauten Tankwagen weitab vom eigenen Dorf abzuzapfen, obwohl man damit nicht mal was anfangen kann und man das Dröhnen von Kampfjets hören kann. Autos gibt es keine großartig und die heimischen Öfen (die These wurde hier auch schon verbreitet) werden mit Holz oder getrocknetem Dung befeuert. Eher hat es hier den Anschein, dass es doch sehr wohl Taliban getroffen hat, die einen Teil des Treibstoffs bergen wollten für ihre Pick-Ups oder Motorräder.

Ferner:
Zitat:Luftangriff in Afghanistan

Bundeswehr-Bashing erstaunt US-Experten

Die ungewöhnlich scharfe Kritik führender US-Generäle an Deutschlands Rolle beim Luftangriff in Afghanistan verwundert amerikanische Militärexperten - denn sie erschwert die Planungen des Weißen Hauses. Will das Pentagon Präsident Obama zu einem härteren Kurs gegen Berlin drängen?
Link: <!-- m --><a class="postlink" href="http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,647565,00.html">http://www.spiegel.de/politik/ausland/0 ... 65,00.html</a><!-- m -->

...und erste "Rückmeldungen" der Taliban...
Zitat:Zwei Tote bei Selbstmordanschlag vor Flughafen in Kabul

Kabul (Reuters) - Ein Selbstmordattentäter hat sich am internationalen Flughafen von Kabul mit seinem Auto in die Luft gesprengt und zwei Zivilisten in den Tod gerissen.

Sechs weitere Menschen wurden verletzt, zwei von ihnen schwer, wie das Innenministerium am Dienstag mitteilte. Der Anschlag ereignete sich direkt vor einem Stützpunkt der internationalen Truppen. Es war das schwerste Attentat in der afghanischen Hauptstadt seit der Präsidentenwahl vor knapp drei Wochen.
Link: <!-- m --><a class="postlink" href="http://de.reuters.com/article/worldNews/idDEBEE58709020090908">http://de.reuters.com/article/worldNews ... 9020090908</a><!-- m -->

Schneemann.


- Shahab3 - 08.09.2009

Das sind aber höchst gefährliche ROEs, die man da ableiten könnte. Wenn in Afghanistan nur die Taliban Fahrzeuge besitzen würden, dann könnte man sich die Straßensperren und Kontrollen ja sparen. Ansonsten stellt ein Kanister Benzin in jedem Land der Welt einen Reichtum dar, den man schnell versilbern kann. Wenn sich auch danach nur die Taliban bücken, dann würde ich es mal mit Mausefallen versuchen.


- Schneemann - 08.09.2009

Das derzeitige Vorgehen ist von den ROE einwandfrei gedeckt. Insofern sehe ich das Problem nicht darin, dass neue Regeln benötigt werden oder die bestehenden ausgehebelt werden. Eher sehe ich ein Risiko darin, dass viele Politiker hier im Lande gar nicht wissen, was die Soldaten dürfen und was nicht und dass dieser Sachverhalt dann in vorschnelle Verurteilungen mündet. Auch sofort die postulierte Annahme, dass hieraus (aus dem Vorfall) neue „problematische“ Regeln abgeleitet werden könnten, sehe ich als problematisch an, weil diese impliziert, dass die alten Regeln ja fehlerhaft sein könnten, bzw. neue und gefährlichere ROE eigentlich die Konsequenz sein müssten. Das ist aber nicht der Fall.
Zitat: Wenn in Afghanistan nur die Taliban Fahrzeuge besitzen würden, dann könnte man sich die Straßensperren und Kontrollen ja sparen. Ansonsten stellt ein Kanister Benzin in jedem Land der Welt einen Reichtum dar, den man schnell versilbern kann. Wenn sich auch danach nur die Taliban bücken...
Es gibt auf dem Land in Afghanistan sehr wenige Fahrzeuge; und selbst für die wenigen vorhandenen Traktoren brauche ich Diesel und kein Benzin. Nicht mal für Lampen, Öfen, Wasserpumpen oder Mopeds kann man den Fahrzeugssprit der Deutschen verwenden.

Das macht aber die Straßensperren dennoch nicht unnötig, weil diese oft an den Aus- und Einfahrtwegen der Großstädte zu finden sind, wo es mehr Kraftwagen gibt, bzw. die Sorge vor eingeschmuggelten Bomben eminent ist.

Und ich glaube auch nicht, dass ein Dorfbewohner, der tagsüber mühsam seine Herde oder seinen Acker versorgen muss und abends müde auf seinem Lager liegt und schläft, nachts um halb drei mal schnell und spontan mit einem geschickterweise parat stehenden Kanister mehrere Meilen durch die stockdunkle Finsternis spurtet, nur um etwas Benzin aus einem Tankwagen der Taliban zu nehmen, das er eigentlich eh nicht braucht, wobei er aber weiß, dass Jets in der Luft kreisen und mit einem Angriff zu rechnen ist. Und wenn bei dem Angriff, der deutsche Kommandeur Klein forderte übrigens, dass nur eine 227-Kilogramm-Bombe und keine 907-Kilogramm-Bombe, wie von den Amerikanern angeboten, eingesetzt wird, ein halbes Dorf getroffen worden wäre, glaube ich auch nicht, dass Afghanen jubelnd die Deutschen begrüßt hätten, als diese 12 Stunden später aufgetaucht sind. Genau das war aber der Fall.

Insofern: Man hat schon die Richtigen getroffen.

Schneemann.


- Erich - 08.09.2009

Nur mal so zwischendurch:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.faz.net/s/Rub0CCA23BC3D3C4C78914F85BED3B53F3C/Doc~E9DC55285552041A794EE5516B15AC74B~ATpl~Ecommon~Scontent.html">http://www.faz.net/s/Rub0CCA23BC3D3C4C7 ... ntent.html</a><!-- m -->
Zitat:Beschwerdekommission
„Klare Beweise“ für Wahlbetrug in Afghanistan

08. September 2009 Bei der Präsidentschaftswahl in Afghanistan ist es nach Angaben der Unabhängigen Beschwerdekommission (ECC) zu Wahlbetrug gekommen. Knapp drei Wochen nach der Wahl teilte die von den Vereinten Nationen unterstützte Beschwerdekommission am Dienstag mit, bei ihren Untersuchungen in mehreren Provinzen habe es „klare und überzeugende Beweise für Betrug“ gegeben.
...
- die "zivilie afghanische Gesellschaft" ist also offenbar auch nicht frei von Betrug ... wer weiß, ob der Jubel nicht nur war, weil es die vom verfeindeten Nachbarclan getroffen hatte


- Luetzow - 08.09.2009

Schneemann schrieb:Es gibt auf dem Land in Afghanistan sehr wenige Fahrzeuge; und selbst für die wenigen vorhandenen Traktoren brauche ich Diesel und kein Benzin. Nicht mal für Lampen, Öfen, Wasserpumpen oder Mopeds kann man den Fahrzeugssprit der Deutschen verwenden.
.....
Insofern: Man hat schon die Richtigen getroffen.

Schneemann.

<!-- m --><a class="postlink" href="http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/506270/index.do?_vl_backlink=/home/index.do">http://diepresse.com/home/politik/ausse ... e/index.do</a><!-- m -->

Zitat:Mehr als 90 Menschen sollen hier gestorben sein, unter ihnen viele Einwohner eines Dorfes, als in der Nacht zum Freitag ein Nato-Kampfjet einen Tanklaster angriff. Taliban-Kämpfer hatten zuvor zwei Tanklaster gekapert und, so berichteten später Augenzeugen, die meisten der Fahrer enthauptet. Dann hätten sie versucht, mit den Lkw einen Fluss zu überqueren.

Dabei blieb Berichten zufolge einer der Tanklaster in dem Flussbett stecken. Die Taliban-Kämpfer riefen die Bewohner eines nahe gelegenen Dorfes dazu auf, den Diesel aus dem Tanker abzuzapfen. Kurze Zeit später schlugen Nato-Raketen ein. Bei der Explosion kamen Augenzeugen zufolge Dutzende Taliban sowie eine große Zahl Zivilisten ums Leben.