Forum-Sicherheitspolitik
(Allgemein) Bundeswehrreform(en) - Druckversion

+- Forum-Sicherheitspolitik (https://www.forum-sicherheitspolitik.org)
+-- Forum: Blickpunkt Deutschland (https://www.forum-sicherheitspolitik.org/forumdisplay.php?fid=54)
+--- Forum: Allgemeines zur Bundeswehr (https://www.forum-sicherheitspolitik.org/forumdisplay.php?fid=58)
+--- Thema: (Allgemein) Bundeswehrreform(en) (/showthread.php?tid=615)



Re: Bundeswehr-reform(en) - Quintus Fabius - 10.04.2014

GermanMilitaryPower:

So ein Brief wäre natürlich amüsant, würde aber absolut niemanden interessieren. Jeder der so was einreicht wird einfach nur als Laie, Störenfried, Wutbürger etc abgetan und erhält normalerweise nie eine Antwort oder allenfalls einen Standardbrief voller Worthülsen in dem im Endeffekt rein gar nichts steht. Dein Status als Staatsbürger ist ganz allgemein völlig wertlos und du spielst im Vergleich zum Einfluss der Großkonzerne überhaupt keine Rolle. Die Bürger (ein typisches Schimpfwort innerhalb von größeren Behörden, der BW Führung, der Polizei bzw unter Politikern) werden mehrheitlich nur als nervende Störer gesehen die zum Glück nichts zu sagen haben und die man möglichst klein halten muss.


Re: Bundeswehr-reform(en) - Quintus Fabius - 10.04.2014

phantom:

Zitat:Ich frag mich einfach wie du das erzwingen möchtest, ohne eine sinnvolle Aufgabe.

Man könnte durchaus durch eine andere Struktur, eine andere Ausbildung, eine andere Indoktrinierung usw die psychologische Kampfkraft erheblich erhöhen, und Aufgaben sind durchaus vorhanden, man nimmt sie nur nicht an. Man hätte in Süd-Afghanistan unsere Truppe durchaus in ernsthafte Gefechte verwickeln können, man hätte mit in Mali einmarschieren können usw

Zitat:Du forderst etwas, für das es im Moment wenig Wertschätzung gibt.

In der Zivilgesellschaft ja, aber die Armee könnte eine Wertschätzung dafür auch unabhängig von der Zivilgesellschaft schaffen.

Zitat:Es geht doch nicht drum den Soldaten eine Pseudoehre einzuimpfen, ich denke eher dass man den sportlichen Aspekt verstärken müsste / Teile der Bundeswehr wieder zu einer geachteten Kampfelite / Ersteingreiftruppe zu machen ... aber nicht den ganzen Bundeswehrapparat.

Zitat:Bei den US-Truppen sind auch nicht alle Marines, da gibt es im Ausbildungsgrad auch riesige Unterschiede.

Die Marines sind eine komplett eigene Armee, das USMC hat mehr Kampftruppen für sich alleine als heute die Bundeswehr noch hat. Die (sehr weitgehende) Grundausbildung ist zudem für alle Marines gleich, und erst im Laufe der weiteren Dienstzeit entstehen hier Unterschiede, die aber viel weniger gravierend sind als bei anderen Armeen. De facto alle Marines könnten auf der Stelle als Infanterie eingesetzt werden - ein Ziel, dass die Bundeswehr auch anstreben sollte. Es gibt keine reinen Logistik-, reinen Schreibtisch-, Küchen- oder sonstigen Soldaten die nicht primär auch Infanterie wären.

Und warum sollte die BW bei ihrer geringen Größe nicht zumindest das Niveau des USMC haben?

Zitat:Die da wären ...? Das interessiert mich aber jetzt.

Primär kämpft man für die Kameraden, aus Konformitätsdruck, aufgrund von Gruppendynamik und Gruppenzwang. Dazu gehört auch, dass man ausgebildet wird und dann einfach entlang seiner Ausbildung agiert, weil es halt so befohlen wird und aufgrund des Stress das eigenständige Denken ausfällt. Sekundär weil man nun mal da hinein gerät (und dann nicht einfach nach Hause gehen kann) und versucht zu überleben und dafür kämpfen muss. Viele haben einfach keine Ahnung und werden halt Soldaten ohne dies wirklich zu verstehen und geraten dann in Kämpfe hinein - und dann haben sie keine Wahl mehr. Tertiär weil man in Wahrheit "Spaß" am Kämpfen hat, also aufgrund der Aufregung und des Adrenalinkick und weil man Menschen töten will oder Freude am Stakato der eigenen Waffen und großen Explosionen hat.

Zitat: Ich mach es weil es mich befriedigt. Der Nutzen oder wie viel darunter leiden, interessiert mich vorerst mal gar nicht.

Absolut jeder handelt nur aufgrund von Vorteilserwägung, also Triebbefriedigung. Normalerweise aus Lustgewinn und Unlustvermeidung. Und Krieg ist für manche eben Lustgewinn, machen wir uns nichts vor - dass ist die Wahrheit, so unangenehm oder verwerflich man diese auch finden mag.

Kein Mensch kämpft für die Freiheit, oder die Demokratie, oder Menschenrechte.

Menschen kämpfen für ihre Gruppe (also ihren Zug, ihre Kompanie oder Gruppe), sie kämpfen für die Kameraden, sie kämpfen weil sie überleben wollen, sie kämpfen weil sie einfach da hinein geraten sind, oder sie kämpfen weil sie es in Wahrheit befriedigt (das ist gar nicht mal so selten).

Menschen kämpfen nicht für abstrakte Konzepte oder irgend etwas was irgendwann mal dafür erlangt werden wird. In einer Stresssituation die derart lebensgefährlich ist wie ein Krieg, dominieren primitive, einfache Motivatoren, keine komplexen abstrakten Ideen.

Was heißt das praktisch für die Bundeswehr? Man müsste entsprechend die Gruppenprozesse stärken, welche die Kampfkraft erhöhen, einfach gesagt den Korpsgeist und das Selbstverständnis. Vorbilder könnten hier sowohl die Legion (Legio Patria Nostra (sic)) wie auch insbesondere das USMC sein. Detaillierte Maßnahmen wie man das erreichen könnte werde ich in Kürze mal vorstellen: keine Zeit mehr und muss los. Ein erster wichtiger Schritt wäre, dass es keine Ex-Soldaten mehr gibt und dass man das Zeitsoldaten-Unwesen mit Berufsförderung usw aufgibt und ein echtes Berufssoldatentum bis zum Tod schafft.


Re: Bundeswehr-reform(en) - phantom - 10.04.2014

Quintus Fabius schrieb:Man hätte in Süd-Afghanistan unsere Truppe durchaus in ernsthafte Gefechte verwickeln können, man hätte mit in Mali einmarschieren können usw
Das Primat bezüglich Entscheid ob Krieg (ob man sich an Kampfhandlungen beteiligt) geführt wird oder nicht, hat immer noch die Politik. Das darf auf keinen Fall gekippt werden, da bist du ja hoffentlich mit einverstanden.

Zitat:Und warum sollte die BW bei ihrer geringen Größe nicht zumindest das Niveau des USMC haben?
Weil die USA 4x mehr Einwohner haben. Das ergibt rein mathematisch schon 4x weniger Willige in Deutschland. Dann seh ich das Material in den USA auf einem ganz anderen Niveau. Das spielt sicher auch eine Rolle.

Zitat:Primär kämpft man für die Kameraden, aus Konformitätsdruck, aufgrund von Gruppendynamik und Gruppenzwang.
Gut, das ist aber die Konsequenz wo du dich ja dann im Kriegsgeschehen befindest. Das ist reiner Überlebenstrieb, selbst die Anpassung an die Gruppe ist dem geschuldet. Du machst Dinge damit du nicht ausgeschlossen wirst. Du erschiesst Leute damit du nicht vom Feind erschossen, oder von deinen Kameraden ausgestossen oder von den eigenen erschossen wirst, weil du Befehle nicht ausführst.

Aber das war ja nicht die Frage, die Frage war die, wieso man sich im Frieden für die Verteidigung des Landes entscheidet. Da denkst du sicher nicht primär an die Kameradschaft ... die hast du ja auch im Zivilleben, wegen dem verteidigt man ja nicht was. Wenn du eingezogen wirst, sind dir deine zukünftigen Kameraden in etwa so fremd wie der Feind.

Zitat:Absolut jeder handelt nur aufgrund von Vorteilserwägung, also Triebbefriedigung. Normalerweise aus Lustgewinn und Unlustvermeidung. Und Krieg ist für manche eben Lustgewinn, machen wir uns nichts vor - dass ist die Wahrheit, so unangenehm oder verwerflich man diese auch finden mag.

Das trifft in dem Fall auf dich zu?!

Zitat:Kein Mensch kämpft für die Freiheit, oder die Demokratie, oder Menschenrechte.
Grad in dem Punkt glaub ich sind viele Leute ganz anders als du denkst. Es gibt auch viele Leute die Spass am Aufbauen und Bewahren von Werten haben und nicht der Prämisse von Zerstörung und Töten huldigen.

Zitat:Menschen kämpfen nicht für abstrakte Konzepte oder irgend etwas was irgendwann mal dafür erlangt werden wird. In einer Stresssituation die derart lebensgefährlich ist wie ein Krieg, dominieren primitive, einfache Motivatoren, keine komplexen abstrakten Ideen.
Das ist ein Denkfehler den du begehst. Im Kampf selber hast du schon Recht aber um das dreht sich die Sache ja nicht. Wir können heute uns für den Wehr- oder Zivildienst entscheiden. Das hat nichts mit Kameradschaft, primitiven Automatismen zu tun. Da musst dich möglichst rational für das eine oder andere entscheiden.

Zitat:Was heißt das praktisch für die Bundeswehr? Man müsste entsprechend die Gruppenprozesse stärken, welche die Kampfkraft erhöhen, einfach gesagt den Korpsgeist und das Selbstverständnis.
Das ist wichtig, hat aber mit der allgemeinen Einstellung zu Krieg, Dienst im Ausland, Verteidigung nur am Rand was zu tun.

Zitat:Ein erster wichtiger Schritt wäre, dass es keine Ex-Soldaten mehr gibt und dass man das Zeitsoldaten-Unwesen mit Berufsförderung usw aufgibt und ein echtes Berufssoldatentum bis zum Tod schafft.
Mit so Sprüchen "bis in den Tod" gewinnst du keine Masse mehr. Sorry, find ich von vorgestern ... du musst mit einem guten Angebot überzeugen, weils freiwillig ist.


Re: Bundeswehr-reform(en) - parabellum - 10.04.2014

Da wir ja beim vergleichen mit den Russen sind, empfehle ich mal diese Studie von den Schweden:
http://www.foi.se/rapport?rNo=FOI-R--3734--SE

Keine Sorge, die ist in Englisch gehalten.

Kurz- bis mittelfristig ist Russland (+ evtl. Weißrussland, wenn sie sich für einen Krieg einspannen lassen) der einzige potentielle konventionelle Genger der NATO/EU in Europa.

Dementsprechend sollte die Bundeswehr auf Aufwuchsfähigkeit und Abschreckung ausgerichtet sein. Was mein ich damit?

Einmal sollten genügend aktive, ausgebildete Soldaten und sowie Gerät verfügbar sein, um als Teil der NATO Russland auch in Friedenszeiten jeglichen Gedanken an einen Konflikt mit der NATO zu vermiesen ohne dabei den Eindruck zu erwecken, man bereitet sich auf einen Angriff auf Russland (paranoid sind sie ja schon) vor.

Laut obiger Studie ist Russland dazu in der Lage innerhalb von einer Woche sechs einsatzbereite Brigaden in Osteuropa stehen zu haben. Nicht nur auf dem Papier, sondern real. Nach sechs Monaten wäre man dann bei mehr als 20 Brigadeäquivalenten (tja, die Zeiten der "Roten Horden" sind vorbei). Daran sollte die NATO und damit die Bundeswehr sich messen lassen. Gerade Deutschland als größtes europäisches NATO-Mitglied und aufgrund seiner geographischen Lage würde dann gerade am Beginn so einer Krise bzw. Konfliktes das Gros der nicht-osteuropäischen Kräfte stellen, ohne sich komplett zu verausgaben (sprich noch Reserven - sowohl Personalersatz, Ausrüstung als auch Verbände/Einheiten - zu haben).

Und dann sollten auch genügend Führungskräfte (Gruppenführer aufwärts) und Fachkräfte (längere militärfachliche Ausbildungen bzw. fachliche Ausbildungen wie z.B. Luftfahrzeugmechaniker, Piloten, Radar, Logistiker, ...) vorhanden sein, um die Bundeswehr entsprechend der militärischen Lage zügig aufwachsen zu lassen. Verzögerungseffekte und der ganze Kram.

Einen Wehrpflichtigen auszubilden dauert ca. 6 Monate.

Eine Kompanie aufzustellen und auszubilden dauert ca. 12 Monate.

Aber die Offiziere, Feldwebel, Unteroffiziere auszubilden dauert an die fünf bis sechs Jahre, wenn man nicht unbedingt Abstriche bei der Qualität haben möchte.

Das alles kann man auch sehr gut im derzeitigen Personalrahmen von unter 200.000 aktiven Berufs- und Zeitsoldaten und Finanzrahmen realisieren. Man müsste aber einiges an der Bundeswehr verändern, und damit meine ich nicht irgendwelches Kriegerdenken.

Das ganze Krieger-, Warrior-, Warfighter-Gedöns ist übrigens in den US-Streitkräften seit einigen Jahren in der Mode (da wird alles gewarfightert und warrior getauft was bei drei nicht auf den Bäumen ist) und schwappt daher nach Deutschland rüber. Bei uns kam das ja vor allem mit der Romantik, Pseudo-Besinnung auf das Germanische nach der Reichsgründung schonmal auf. Da wird dann ordentlich übertrieben, als ob sich im Jahre 9 nach Christus am Teutoburger Wald niemand in die Hosen (falls sie Hosen an hatten) geschissen hat.

Es besteht schon ein gewaltiger Unterschied zwischen dem modernen Soldatenbild und der romantisierten Vorstellung eines Kriegers aus der Vorzeit.

QF:
Zitat:Und Krieg ist für manche eben Lustgewinn, machen wir uns nichts vor - dass ist die Wahrheit, so unangenehm oder verwerflich man diese auch finden mag.
Und es gibt Leute, für die ist der Krieg die verdammte Pflicht. Was nicht bedeuten, muss dass sie darin schlechter wären.

Lustgewinn kann verschieden ausgelegt werden, da sind jetzt psychisch gestörte Menschen dabei, die z.B. Lust am Töten haben bzw. dadurch ihre niederen Triebe befriedigen, Adrenalinjunkies als auch solche, die Krieg als großes Abenteuer bzw. Herausforderung ansehen. Mit ersteren möchte ich nichts zu tun haben.


Re: Bundeswehr-reform(en) - phantom - 11.04.2014

@parabellum
Guter Post von dir!

Vor allem beschäftigt er sich mit einer der wichtigsten Fragen einer Armee in Friedenszeiten.

-> wie kann ich die Mittel (Geld) möglichst effizient einsetzen
-> was kann bezüglich Zeit am schnellsten aufwachsen
-> dort wo am schnellsten aufgewachsen werden kann, muss man am meisten sparen
-> schlussendlich konsequent umsetzen
- > keine Doppelspurigkeiten, keine Exoten, dank gelenkter Waffen sind die Plattform deutlich weniger wichtig als früher. Die Leistung steckt viel mehr in den Waffen und der Elektronik als in der Plattform selbst.


Re: Bundeswehr-reform(en) - Quintus Fabius - 11.04.2014

phantom:

Zitat:Weil die USA 4x mehr Einwohner haben. Das ergibt rein mathematisch schon 4x weniger Willige in Deutschland. Dann seh ich das Material in den USA auf einem ganz anderen Niveau.

Sowohl das USMC wie auch die BW sind klein. Und bei den US Streitkräften gibt es ja nicht nur das USMC dass die Willigen anzieht bzw sammelt, sondern noch viele andere Kampfeinheiten die hervorragend oder sogar besser sind (82nd Airborne, Ranger usw) Für eine Armee die derart klein ist wie die Bundeswehr jetzt, sollten sich auch in Deutschland genug Willige finden und darüber hinaus kann man diese auch innerhalb der Armee schaffen. 18jährige sind ja durchaus noch erheblich formbar.

Zitat:Aber das war ja nicht die Frage, die Frage war die, wieso man sich im Frieden für die Verteidigung des Landes entscheidet. Da denkst du sicher nicht primär an die Kameradschaft

Auch im Friedensbetrieb ist die Kameradschaft, der Korpsgeist, das Selbstverständnis, kurz und einfach die Militärkultur der primäre Motivator Leistung zu bringen. Du strengst dich auch im Friedensbetrieb nicht für Freiheit und Menschenrechte an, sondern primär für deine Gruppe, deinen Stamm wenn du so willst.

Zitat:Wenn du eingezogen wirst, sind dir deine zukünftigen Kameraden in etwa so fremd wie der Feind.

Du verstehst anscheinend schon das Wesen von Kameradschaft nicht.

Zitat:Wir können heute uns für den Wehr- oder Zivildienst entscheiden. Das hat nichts mit Kameradschaft, primitiven Automatismen zu tun. Da musst dich möglichst rational für das eine oder andere entscheiden.

Wir haben keine Wehrpflicht mehr. Vermutlich meinst du eine Entscheidung für den Beruf Soldat oder für einen zivilen Beruf. Rationale Motive spielen bei der Berufswahl sicher eine Rolle, aber es gibt auch irrationale Motive. Die Frage ist daher durchaus, wie man die Leute zur Armee bringt und dort hält. Wenn sie aber dann da sind, kann man sie auch formen und verändern. Und wenn sie erst mal da sind, dann spielen rationale Motive für die Frage der Kampfkraft keine Rolle.

Menschen kämpfen nicht auf Leben und Tod aufgrund rationaler Motive. Und mir geht es um die Frage der Kampfkraft, also um die Frage was man tun kann, um diese über die Militärkultur - also intern- zu erhöhen.

Zitat:Mit so Sprüchen "bis in den Tod" gewinnst du keine Masse mehr. Sorry, find ich von vorgestern ... du musst mit einem guten Angebot überzeugen, weils freiwillig ist.

Man braucht gar keine Masse mehr, weil die Armee sehr klein ist. Und viele brauchbare junge Menschen gehen explizit nicht zur Armee, weil diese ihnen nicht ernsthaft erscheint. Vor allem aber, weil sie in der Armee keine Zukunft sehen. Mit "bis in den Tod" meinte ich eigentlich Versorgungssicherheit, dass man also diesem Zeitsoldatenunwesen ein Ende setzt. Wer bei der Armee anfängt, muß sicher sein, dass er für immer da bleiben kann, wenn er es will.

Heute hingegen ist die Masse der Soldaten Zeitsoldaten die genau wissen, dass sie nach x Jahren wieder gehen und dann um die 30 bis 35 sind. Das zieht genau die falsche Klientel an und schädigt die BW immens.


Re: Bundeswehr-reform(en) - ObiBiber - 11.04.2014

============ BREAKING NEWS ==============

<!-- m --><a class="postlink" href="http://augengeradeaus.net/2014/04/mehr-hubschrauber-standortschliessungen-pruefen-spd-vorschlaege-zur-bundeswehrreform/">http://augengeradeaus.net/2014/04/mehr- ... ehrreform/</a><!-- m -->

Zitat:Die Reform der Bundeswehr, offiziell die Neuausrichtung, soll nach dem Willen aller drei Parteien in der großen Koalition nicht gestoppt werden. Aber vor allem die Sozialdemokraten hatten schon länger Nachsteuerungen angemahnt, und die haben sie jetzt präzisiert: Die Arbeitsgruppe Sicherheits- und Verteidigungspolitik der SPD-Bundestagsfraktion beschloss ein Papier zu Sozialdemokratischen Vorstellungen zum Nachsteuerungsbedarf der Bundeswehrreform, das am (heutigen) Freitagvormittag offiziell vorgestellt werden soll. Der Beschluss, der Augen geradeaus! vorliegt, enthält etliche schwergewichtige Punkte, die schon ein wenig über die Nachsteuerung hinausgehen – zum Beispiel die Überlegung, die Zahl der Transporthubschrauber vom Typ NH90 gegenüber der Bestellung nicht zu reduzieren und damit ein zusätzliches Regiment aufzustellen, das als europäischer Verband betrieben werden sollte. Bei den teilweise umstrittenen Standortschließungen gebe es in einigen Fällen erneuten Überprüfungsbedarf.

Zitat:Die derzeit und für die nächsten Jahre vorgesehenen 32 Milliarden Euro pro Jahr seien jedoch eine solide Basis zur Auftragserfüllung und zur Durchführung der Reform, wenn im Etat umgeschichtet werde.
*hust*

Zitat:Auch wenn die weitgehende Kooperation in Europa, das Pooling und Sharing, keine Spardose sei, könne langfristig der Weg zu einer europäischen Armee die Streitkräfte in den beteiligten Ländern effektiver machen, argumentieren die Sozialdemokraten. Deutschland müsse dabei die Initiative ergreifen, zum Beispiel mit dem Vorschlag, die – bislang nicht eingesetzten – EU-Battlegroups zu Verbänden mit eindeutigen Fähigkeitsschwerpunkten der verschiedenen Nationen umzubauen. Mit einer weitergehenden Kooperation als bisher könnte auch ein technisches Problem (fast) aller Länder in NATO und EU, der Mangel an Hubschraubern, gelöst werden:

interessante Idee

Zitat:(Das würde, ganz nebenbei, eine Absage an die im vergangenen Jahr getroffene Absprache mit damals EADS, heute Airbus bedeuten – und einen Neubeginn für die Suche nach einem Marinehubschrauber. Und damit plant die SPD 122 statt 82 Transporthubschrauber NH90 ein, sowie 57 Tiger in der Truppe, statt der vorgesehenen 40.)

gute Idee.... jedoch kostet das Ganze Geld!!!

Zitat:National vorgehen sollte die Bundeswehr dagegen bei der Luftverteidigung, schlagen die Sozialdemokraten vor: Die Luftverteidigung als besondere deutsche Schwerpunktfähigkeit müsse mit einem neuen Waffensystem gesichert werden, dass unter Nutzung der Entwicklungsergebnisse des gestoppten MEADS-Systems zukunftsfähig sei: Dieses kann auch für andere Bündnispartner bei Bedarf bereitgestellt werden und muss daher verlegefähig sein. Zugleich müsse aber anhand der wahrscheinlicheren Einsätze geprüft werden, wie das Gesamtkonzept Luftverteidigung einschließlich der Eurofighter-Abfangjäger und modernisierter Fregatten (wohl der F124) gestaltet werden könne. Im Ergebnis, so heißt es in dem Papier, könnte das gegebenenfalls mittelfristig zu einer Ausphasung der Tranche 1 des Eurofighter führen.

(Allerdings ist mir nicht klar, was das unterm Strich für die Zahl der Eurofighter bedeutet – Verzicht auf einen Teil der Flugzeuge? Oder doch Ersatz durch moderne Versionen, Stichwort Tranche 3B?)

auch 2 interessante Aspekte...
ich denke dass die vorhandene Luftabwehr durch Bestandteile aus MEADS sinnvoll kampfwertgesteigert werden kann... eventuell sollte man hierfür die Niederländer und die Polen mit ins Boot holen... diese haben einen ähnlichen Bedarf

Bzgl Eurofighter könnte das heißen dass man Tranche 3B beschafft...dafür aber alte Tranche 1 Flieger weiterverkauft (vielleicht günstig an Ostblockländer abgeben...)

...kostet aber alles Geld...


Re: Bundeswehr-reform(en) - ObiBiber - 11.04.2014

<!-- m --><a class="postlink" href="http://augengeradeaus.net/2014/04/mehr-hubschrauber-weniger-eurofighter-die-spd-nachjustierung-der-bundeswehrreform/">http://augengeradeaus.net/2014/04/mehr- ... ehrreform/</a><!-- m -->

Zitat:Hubschrauber: Dem so genannten global deal, der Vereinbarung mit Airbus (früher EADS) über eine geringere Abnahme von Helikoptern der Typen NH90 in der Transporthubschrauberversion und Kampfhubschrauber Tiger, ist aus Sicht der SPD die Grundlage entzogen. Nötig sei jetzt ein transparentes Verfahren, dass auch klar mache, wie es mit dem geplanten Marinehubschrauber weiter gehe: Eigentlich müsste man neu ausschreiben. Ob damit der Sea Lion, der NH90 in der Marineversion, für die Bundeswehr erledigt ist? So weit wollte Arnold nicht gehen. Auf jeden Fall sollten nach den Vorstellungen alle bestellten 122 NH90-Transporthubschrauber abgenommen und auch betrieben werden; die 40 Maschinen über die reduzierte Zahl hinaus zum Teil in einem dritten Transporthubschrauberregiment gemeinsam mit (ost)europäischen NATO-Partnern.

• Luftverteidigung: Die Sozialdemokraten plädieren für ein Luftverteidigungssystem auf Basis der Forschungsergebnisse für das eingestellte tri-laterale MEADS-Vorhaben (Medium Extended Air Defense System) als Nachfolge für die Patriot-Flugabwehrsysteme. Hier könnte Deutschland einen Schwerpunkt setzen, sagte Arnold. Im Gegenzug müsse das Gesamtsystem Luftverteidigung betrachtet werden – und am Ende könnten dann weniger Eurofighter stehen, nämlich noch 108 anstelle der derzeit geplanten 140. Die so genannte Tranche 1 könnte dann nämlich ausgephast werden (und nicht für viel Geld kampfwertgesteigert). Eine Erhaltung der Zahl durch die Beschaffung der Tranche 3b sei aber nicht sinnvoll – unter anderem, weil Verbündete wie Großbritannien oder Frankreich eine große Zahl von Kampfjets vorhielten.

die Eurofighte rsollen also komplett auf 108 reduziert werden.... damit ist auch klar wie der Rest finanziert werden soll...
108 finde ich dann doch sehr wenig...


Re: Bundeswehr-reform(en) - Quintus Fabius - 11.04.2014

parabellum:

Zitat:Und es gibt Leute, für die ist der Krieg die verdammte Pflicht. Was nicht bedeuten, muss dass sie darin schlechter wären.

Das Wort verdammt ist genau das Problem. Die Pflicht ist nicht verdammt, sie ist das Ideal! Sich selbst aus nichtselbstischen Motiven heraus zu opfern ist Reinheit, das hohe und hehre Ziel, dass jedoch nur eine absolute Minderheit umzusetzen vermag. Das Wort verdammt hat so eine negative Intonation in sich selbst. Derjenige, der sich für die Pflicht opfert, ist im Krieg nicht schlechter, er ist darin das beste was der Krieg hervor bringt.

Die Pflicht ist nicht verdammt, sie ist heilig. Wer dies nicht so versteht, ist demjenigen der es so versteht im Kampf immer unterlegen.

Zitat:Das ganze Krieger-, Warrior-, Warfighter-Gedöns ist übrigens in den US-Streitkräften seit einigen Jahren in der Mode (da wird alles gewarfightert und warrior getauft was bei drei nicht auf den Bäumen ist)

Es handelt sich keineswegs um Gedöns, sondern dass ist schlicht und einfach eine mögliche psychologische Maßnahme, um dadurch die Kampfkraft zu stärken. Damit stärkt man die psychische Seite der Kampfkraft.

Zitat:Da wird dann ordentlich übertrieben, als ob sich im Jahre 9 nach Christus am Teutoburger Wald niemand in die Hosen (falls sie Hosen an hatten) geschissen hat.

Abgesehen davon dass sie Hosen trugen, haben sie sich aus kulturellen Gründen gerade eben nicht in selbige geschissen und gerade das zeigt die erhebliche militärische Wirkung der Kultur auf. Allein der Gedanke, sich wegen eines bevorstehenden Tötens und Getötet werden einzukoten (statt tiefgehende Freude und positive Aufregung damit zu verbinden) ist gerade das Problem an sich, er ist ein Ausfluss unserer derzeitigen Kultur und nichts anderes. In einer anderen Kultur würde man dasselbe Denken als krankhaften Fehler einer Minderheit verstehen.

Die Kampfkraft einer Armee entstammt auch heute noch primär der Kultur, also der psychologischen Seite des Krieges. Im Endeffekt ist jeder Krieg ein Kampf zwischen zwei Willen, wobei sich bei ähnlicher Stärke immer der stärkere Wille durchsetzt. Die Zielsetzung des Krieges an sich ist es, dem anderen den eigenen Willen aufzuzwingen und dafür dessen Willen zu brechen.

Deshalb kommt der Militärkultur, der psychologischen Seite, der Schulung des Willens und der Kampfbereitschaft die höchste Bedeutung zu.

Die Schwäche der Bundeswehr ist keine physische, sie ist eine psychische!

Zitat:Es besteht schon ein gewaltiger Unterschied zwischen dem modernen Soldatenbild und der romantisierten Vorstellung eines Kriegers aus der Vorzeit.

Und dieser Unterschied resultiert in einer psychischen Unterlegenheit des modernen pseudoprofessionellen Sicherheitsdienstleistungsunternehmens gegenüber nur scheinbar atavistischen Militärkulturen.

Die militärischen Werte sind in sich selbst immer atavistisch und von ihrem Wesen her immer konträr zu derzeitig vorherrschenden kapitalistischen, individualistischen Kultur in Deutschland. Die militärischen Werte dieser Kultur der Krämer anzupassen ist daher nicht möglich, ohne sie zu zerstören.

Und gerade dass macht die Bundeswehr, sie misst die militärische Welt immer mehr mit der Elle des Krämers und zerstört damit die Grundlagen dessen, worauf militärische Leistung allein beruhen kann.


Re: Bundeswehr-reform(en) - phantom - 11.04.2014

Quintus Fabius schrieb:Auch im Friedensbetrieb ist die Kameradschaft, der Korpsgeist, das Selbstverständnis, kurz und einfach die Militärkultur der primäre Motivator Leistung zu bringen. Du strengst dich auch im Friedensbetrieb nicht für Freiheit und Menschenrechte an, sondern primär für deine Gruppe, deinen Stamm wenn du so willst.
Jetzt tu aber nicht kompliziert. Die Kameradschaft hast du überall, das ist einfach albern das als entscheidendes Kriterium für die Bundeswehr aufzuführen. Da könntest du auch sagen, weil ich in der Bundeswehr Luft atmen kann, werde ich Soldat. Es geht drum wieso man sich für die Bundeswehr/theoretisch möglichen Kriegsdienst entscheidet.

Zitat:Du verstehst anscheinend schon das Wesen von Kameradschaft nicht.
Doch, aber du scheinst Kameradschaft explizit dem Militär zuzuschreiben und das ist nun mal ein Unsinn. Eine bessere Kameradschaft hat man dann, wenn man auf viel verzichten muss und gemeinsam in der Schei.sse sitzt ... aber das ist in Friedenszeiten im Militär eben auch nicht gegeben.

Zitat:Die Frage ist daher durchaus, wie man die Leute zur Armee bringt und dort hält. Wenn sie aber dann da sind, kann man sie auch formen und verändern. Und wenn sie erst mal da sind, dann spielen rationale Motive für die Frage der Kampfkraft keine Rolle.
Das kannst du in jedem anderen Unternehmen auch sagen. Die Bundeswehr steht in Konkurrenz zu anderen Arbeitgebern, das scheinst du einfach nicht zu begreifen. Mit deinen Kampfparolen / übertriebene Kriegsehre kannst du keine Arbeitnehmer mehr anwerben.

Zitat:Menschen kämpfen nicht auf Leben und Tod aufgrund rationaler Motive.
Zum 100ten Mal, es geht nicht um den Kampf ... es geht ums Anwerben von neuen Arbeitnehmern/Soldaten. Das Zeug von dem du redest kommt erst später zum Tragen (in der Kausalkette deutlich weiter hinten).

Zitat:Man braucht gar keine Masse mehr, weil die Armee sehr klein ist.
Was beklagst du dich dann? Das ist etwa so wie ein Arbeitgeber sich über Arbeitnehmer beklagt, die er im Unternehmen gar nicht braucht ... das ist doch völlig absurd.

Zitat:Und viele brauchbare junge Menschen gehen explizit nicht zur Armee, weil diese ihnen nicht ernsthaft erscheint.
Ernsthaft bezüglich was?

Zitat:Vor allem aber, weil sie in der Armee keine Zukunft sehen. Mit "bis in den Tod" meinte ich eigentlich Versorgungssicherheit, dass man also diesem Zeitsoldatenunwesen ein Ende setzt. Wer bei der Armee anfängt, muß sicher sein, dass er für immer da bleiben kann, wenn er es will.
Was hast du eigentlich für Vorstellungen, dass wir einen Apparat an Soldaten für ewig durchfuttern obwohl wir sie vielleicht gar nicht brauchen? Zahlst du eigentlich die Löhne aus deinem eigenen Sack? Manchmal frag ich mich schon, ob bei dir das Geld auf den Bäumen wächst. Man kann doch keine ewigen Garantien abgeben, das hast du auch sonst nirgends ...

Zitat:Heute hingegen ist die Masse der Soldaten Zeitsoldaten die genau wissen, dass sie nach x Jahren wieder gehen und dann um die 30 bis 35 sind. Das zieht genau die falsche Klientel an und schädigt die BW immens.
In der Privatwirtschaft kannst du in 3 Monaten auf der Strasse stehen ... was forderst du da? Ein Bauarbeiter der Armierung verlegt, Bodenleger, Maurer kann auch nicht davon ausgehen, dass er das bis zur Rente verrichtet. Alle Berufe bei denen hoher physischer Einsatz gefordert ist, sind bezüglich Zukunft weniger sicher als einer im Büro. Aber auch dort sind die Arbeitsplätze keinesfalls sicher, es geht heute so schnell, dass niemand mehr von ausgehen kann, dass er immer in seinem erlernten Beruf bleiben kann.


Re: Bundeswehr-reform(en) - Quintus Fabius - 11.04.2014

phantom:

Gerade wegen dieser Unsicherheit in der heutigen Zeit des Prekariats, der ewigen Praktikanten und der 1 Jahres Arbeitsverträge ist deshalb Berufssicherheit ein immenser Attraktivitätsfaktor. Gerade deshalb wird beispielsweise die Polizei von hochqualifizierten Bewerbern regelrecht überrannt, reihenweise dienen Akademiker mit Universitätsabschluss als Streifenpolizisten im Mittleren Dienst, und darunter Leute die in der freien Wirtschaft bereits gearbeitet haben und dort mehr Geld (!) verdient haben als sie es bei der Polizei je könnten.

Berufssicherheit ist heute ein immenser und weitgehend unterschätzter Attraktivitätsfaktor. Wenn die BW solche bieten würde, dann würde sie deutlich qualifiziertere Bewerber anziehen.

Zur praktischen Umsetzung:

Alle Jungen würden zuerst in den Kampftruppen dienen. Es gibt einfach keinen Grund für 18jährige Logistik, Schreibtisch oder Küchensoldaten. Heute hingegen dienen überall nur Junge. Mit dem Alter würden diejenigen die nicht aufsteigen dann entsprechend die rückwärtigen Dienste und Unterstützungseinheiten stellen. Das bedeutet eine Gliederung der Funktionen nach dem Alter!

So was gibt es schon ähnlich bspw bei der Polizei: zuerst Schichtarbeit als Streifenpolizist, dann vielleicht Zivilbeamter, dann Ermittler im Tagdienst, dann Waffen- und Gerätewart, schließlich die letzten Jahre vor der Pension Geschäftszimmer.

Desweiteren sollte man die Trennung zwischen den Mannschaften, Unteroffizieren, Offizieren usw aufheben. Alle starten ausnahmslos als Mannschaften. Und können von dort durch Leistung aufsteigen. Die Polizei in Bayern hat inzwischen beispielsweise ein ähnliches System (Leistungslaufbahn in Qualifikationsebenen anstelle der früheren klar getrennten Laufbahnen) wenn auch nicht so konsequent, andere Bundesländer wie Hessen oder NRW sogar in absoluter Konsequenz (da sind dann alle im Gehobenen Dienst und fast alle gleichrangig).

Die Chance für den Aufstieg auch für Leute die eine solche sonst nicht hätten (Loslösung von den Schulabschlüssen) erhöht dann die Arbeitsleistung immens, weil sie an reine Arbeitsleistung gekoppelt ist.

Wenn ich aber schon bei Einstellung weiß, dass ich nach 8 Jahren spätestens so oder so gehen muss und dann gerade mal erst 26 bin und dass ich nie aufsteigen kann und nie dauerhaft bleiben kann, dann kommen nur arbeitslose Friseurinnen aus Sachsen. Und dann machen die die 8 Jahre rein gar nichts, so wenig wie möglich und gammeln halt rum. Weil sie ja ihren Sold auch so bekommen und es keinerlei Anreize gibt sich anzustrengen, weil man ja so oder so wieder rausfliegt und dann die Berufsförderung mitnimmt, also noch Jahre nach Dienstende ! weiter Geld erhält !

Zitat:es geht heute so schnell, dass niemand mehr von ausgehen kann, dass er immer in seinem erlernten Beruf bleiben kann.

Und das sind Sachzwänge die gerade eben kein Arbeitnehmer will, im Gegenteil. Jeder würde eine sichere Anstellung und den Verbleib in nur einem Beruf vorziehen. Würde die BW dies bieten, könnte sie zugleich die Anforderungen an die Rekruten deutlich erhöhen, weil die Qualität der Bewerber erheblich zunehmen würde. Der Soldatenberuf wäre dann gerade eben wieder eine Berufung, und die Idee der Berufung an sich ist dass, was den militärischen Werten und Idealen eher entspricht als die Idee eines Jobs als Sicherheitsdienstleister.

Und indem man altersbedingt in andere Verwendungen gerät, zuerst Kampftruppe (bspw Infanterie), dann Kampfunterstützungstruppe (bspw Artillerie als zweites), dann vielleicht Techniker (Wartung von PzHaubitzen), dann Schreibtisch (Logistik der Artillerietruppe) usw, erlernt man immer wieder neues und so bleibt der Beruf auch lange attraktiv.

Zitat:Was hast du eigentlich für Vorstellungen, dass wir einen Apparat an Soldaten für ewig durchfuttern obwohl wir sie vielleicht gar nicht brauchen? Zahlst du eigentlich die Löhne aus deinem eigenen Sack? Manchmal frag ich mich schon, ob bei dir das Geld auf den Bäumen wächst. Man kann doch keine ewigen Garantien abgeben, das hast du auch sonst nirgends ...

Das gibt es bei allen Beamtenlaufbahnen und Soldaten sollten ebenso den Status eines Beamten auf Lebenszeit erlangen können. Und die Löhne? Indem ich die Soldaten in anderen Verwendungen weiter verwende, brauche ich insgesamt deutlich weniger Nachwuchs weil die Soldaten ja länger im Dienst bleiben. Dadurch kann ich beim Nachwuchs noch wählerischer sein.

Die Zahlen ändern sich ja nicht insgesamt hätte ich genau so viele Soldaten wie bisher auch. Ich würde sogar erheblich Geld sparen, weil der ganze Berufsförderungsdienst wegfällt! Jahrelang wird der Sold nach ausscheiden aus der BW weiter gezahlt, dass ist Geldverschwendung. So zahlt man Sold an Ex-Soldaten und an aktive Soldaten gleichzeitig.

Durch eine "ewige Garantie" brauchst du schlagartig immens viel weniger Nachwuchs je Jahr und kannst damit dann tatsächlich viel bessere Rekruten einstellen. Und du sparst Geld, weil die Zahl sich insgesamt ja nicht ändert und der ganze Berufsförderungsquatsch wegfällt. Eine Armee von weniger als 200 000 Mann sollte eine reine Berufsarmee sein und dass ist die Bundeswehr eben nicht!

Die Polizei könnte hier in etlichen Bereichen zum Vorbild werden. Und mit der Zeit würde der deutlich bessere Nachwuchs die Qualität der Bundeswehr erheblich erhöhen, auch wenn dies sicher zwei Jahrzehnte dauern wird.


Re: Bundeswehr-reform(en) - parabellum - 11.04.2014

@QF
Pflicht kann verdammt sein, vor allem wenn dabei Kameraden, Freunde oder man selbst stirbt. Es ist ganz und gar negativ, was aber nicht bedeutet, dass es nicht notwendig ist.

Zitat:Es handelt sich keineswegs um Gedöns, sondern dass ist schlicht und einfach eine mögliche psychologische Maßnahme, um dadurch die Kampfkraft zu stärken. Damit stärkt man die psychische Seite der Kampfkraft.
Das ganze kann aber auch zu Überheblichkeit und Selbstüberschätzung führen. Da ist mir der nüchterne, stille Profi lieber. Es gibt auch andere Möglichkeiten Soldaten zu motivieren als mit einem weltfremden Selbstverständnis.

Zitat:pseudoprofessionellen Sicherheitsdienstleistungsunternehmens gegenüber nur scheinbar atavistischen Militärkulturen
Also, ich stimmte ja zu, dass es bei der Bundeswehr auch im "philosophischen" Bereich, aber nicht alle Veränderungen sind schlecht.

Gerade in Richtung Führung und Ausbildung wurde auch einiges modernisiert und praxistauglicher gemacht. Erkenntnisse aus der Psychologie, Didaktik, usw. spielen eine viel größere Rolle.

Das heißt aber nicht, dass soldatische Tugenden wie Pflichterfüllung, Gehorsam, Tapferkeit weniger wichtig sind.

phantom
Zitat:Ernsthaft bezüglich was?
Er meint wohl bezüglich Krieg bzw. Kriegsführung. Muss ihm teilweise zustimmen, man bekommt halt auch durch die Medien ein sehr negatives Bild vermittelt (schlechte Ausbildung, schlechte Ausrüstung, Gammeldienst, geringe Standzeit auf Dienstposten, Bürokratie, ...).

Von meinem Jahrgang sind die meisten während dem Wehrdienst im Geschäftszimmer gelandet, damit setzt man sich halt nicht sehr von zivilen Arbeitgebern ab (die dann auch für entsprechend qualifiziertes Personal auch bessere Vierdienstmöglichkeiten bieten) und gewinnt sie für eine Karriere.

Und dieses Erlebnis haben die meisten Wehrpflichtigen in den letzten 10 Jahren geteilt.

Verdienstmöglichkeiten sind nicht schlecht, aber auch nicht überragend.
Arbeitsplatzsicherheit gibt es schon.
Dafür wird man alle paar Jahre durch die Republik versetzt, meist auch noch in strukturschwache Regionen, weitab der Zivilisation.
Auslandseinsätze unter Lebensgefahr oder einfach nur in sehr kurzen Abständen hintereinander.

Die Bundeswehr kann eigentlich nur mit einer Sache wirklich Punkten: Soldat ist der etwas andere Beruf. Auch Fernmelder und Logistiker.


Re: Bundeswehr-reform(en) - Quintus Fabius - 12.04.2014

Was ist zur Zeit Realität?

Die Bundeswehr braucht eine bestimmte Menge Soldaten pro Jahr und die Zahl der guten Bewerber ist viel geringer = also muss die BW ungeeignete bzw schlechter qualifizierte Rekruten einstellen. Dadurch sinkt die Qualität des Menschenmaterials ab, und damit die militärische Leistung.

Die Bundeswehr beschäftigt Massen von Soldaten jeweils nur wenige Jahre, und entlässt diese dann. Vor Entlassung machen diese Soldaten Schulungen, Kurse, Berufswiedereingliederungsmaßnahmen, sie leisten also schon einige Zeit vor Entlassung keinen Dienst mehr, nützen also bereits da der BW nichts mehr. Nach Entlassung kassieren sie weiter Geld von der BW, zum Teil Jahrelang, studieren oft mit BW Geld an zivilen Unis, und machen weitere Kurse auf BW Kosten. Ohne dafür für die BW irgend etwas zu leisten (weil ja schon entlassen).

Weil so viele nach wenigen Jahren schon gehen (insbsondere die Guten), und auch gehen müssen (selbst die da bleiben wollen), gibt es viele, die schon nach kurzer Zeit nur noch ihre Zeit absitzen und gammeln, weil sie sich der BW nicht verpflichtet fühlen und keinerlei Vorteile haben, wenn sie sich anstrengen.

Warum läuft das überhaupt so? Wegen des jahrelangen Abbaus der Truppen, weil man die Zahl immer weiter und weiter reduzieren musste und die Zeitsoldatenarmee dafür das einfachste Konzept erschien. Tatsächlich hat das Zeitsoldatenunwesen die Kampfkraft der BW zerstört. Und bezüglich der Zahl sollte jetzt die Talsohle erreicht sein, ein noch weiterer Abbau der Truppenstärke sollte sich von selbst verbieten. Die Zahl sollte also jetzt im weiteren zumindest stabil bleiben.

Was kann getan werden?

Indem ich möglichst viele gute Soldaten im Dienst für immer weiter beschäftige (Beamte auf Lebenszeit), brauche ich schlagartig weniger Nachwuchs und dies für viele Jahre. Damit kann ich beim Nachwuchs viel mehr sieben und kriege viel bessere Leute, weil die BW dann mehr Berufssicherheit bietet und ich weniger Rekruten brauche.

Indem ich die Verwendungen nach Alter staffele, kann man bei der BW nach einer bestimmten Anzahl Jahre immer wieder eine neue Verwendung erlangen, wodurch die Arbeit für die BW interessant bleibt, und gleichzeitig mit dem Alter körperlich weniger anstrengend.

Indem ich die Trennung von Mannschaften, Uffzen und Offzen aufhebe, und jedem Aufstiegsmöglichkeiten schaffe, die er ansonsten nicht hätte, wird die BW zu einer Aufstiegschance für Leute, die in der Pubertät halt keine Leistung bringen konnten, diese aber später im Leben durchaus bringen könnten. Dadurch, und durch die lebenslange Berufssicherheit, würde die BW bei jungen Leuten immens an Attraktivität gewinnen.

Indem alle jungen Rekruten ohne Ausnahme die exakt gleiche sehr harte Grundausbildung erhalten (Initiationsritual) und alle ohne Ausnnahme zuerst in den Kampftruppen im Kampfeinsatz im Ausland dienen, verändert sich die Kultur der BW insgesamt, weil die Kampftruppen dann später, im höheren Lebensalter die anderen Posten bei der BW stellen (dort sind dann grundsätzlich keine jungen mehr). Dadurch rücken überall in allen Verwendungen Soldaten mit Einsatzerfahrung ein und verändern das Betriebsklima und die Stimmung.

Dadurch verändert sich dann im Laufe einiger Jahre die Militärkultur der BW drastisch.


Re: Bundeswehr-reform(en) - Quintus Fabius - 12.04.2014

parabellum:

Zitat:Pflicht kann verdammt sein, vor allem wenn dabei Kameraden, Freunde oder man selbst stirbt. Es ist ganz und gar negativ,

Ich weiß natürlich was die Mehrheit hier gleich wieder dazu denkt, aber ich will es trotzdem rauslassen: es ist nicht negativ zu sterben. (verkrüppelt zu werden würde mich viel mehr stören). Sein Leben zu opfern ist eine heilige Handlung (ja ich weiß was ihr denkt).

Zitat:Das ganze kann aber auch zu Überheblichkeit und Selbstüberschätzung führen. Da ist mir der nüchterne, stille Profi lieber.

Etwas Selbstüberschätzung ist sogar sehr gut, um die Soldaten überhaupt erst mal ernsthaft in ein massives Gefecht zu bringen. Und sobald sie mal drin sind, läuft es eh anders und die Motivatoren sind dann auch ganz andere.

Zitat:Gerade in Richtung Führung und Ausbildung wurde auch einiges modernisiert....Erkenntnisse aus der Psychologie, Didaktik, usw. spielen eine viel größere Rolle.

Und das ist in Bezug auf den Krieg genau falsch - siehe das Musterbeispiel des Umgangs mit PTBS. Da werden Soldaten künstlich psychisch krank gemacht, die bei einer anderen Methodik niemals erkranken würden. Die moderne Psychologie, Didaktik usw, dass hat alles mit KRIEG nichts zu tun.

Am übelsten empfand ich immer die sogenannte politische Bildung, wo hin und wieder ja auch mal irgendwelche Küchenpsychologen vorbei kamen und über Gefühle und dergleichen redeten. Bizarr!

Alles wird zerredet, zerlegt, erklärt und erläutert und man soll alles verarbeiten usw, dass sind die völlig falschen Ansätze! Damit erzeugt man PTBS erst recht, statt es zu verhindern. Eine andere Militärkultur die den Tod positiv vereehrt wäre viel geeigneter die Soldaten psychisch gesund zu halten und zugleich ihre Kampfkraft zu erhöhen.

Um mal ein praktisches Beispiel zu bemühen: die spanische Legion (novios de la muerte) hat beispielsweise eine auffallende, extrem niedrige Rate an psychischen Defekten in ihren Reihen. Meiner Überzeugung nach aufgrund ihres besondern Selbstverständnis und ihres Umgangs mit dem Tod im Kampf.

Zitat:Es gibt auch andere Möglichkeiten Soldaten zu motivieren als mit einem weltfremden Selbstverständnis.

Die da wären ?!


Re: Bundeswehr-reform(en) - Erich - 12.04.2014

<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.sueddeutsche.de/politik/debatte-um-bundeswehr-reform-die-ueberforderte-armee-1.1935829">http://www.sueddeutsche.de/politik/deba ... -1.1935829</a><!-- m -->
Zitat:12. April 2014 14:24

Debatte um Bundeswehr-Reform
Die überforderte Armee

Seit Ende des Kalten Krieges ist es so gut wie unmöglich, mit begrenzten Mitteln die Bundeswehr nachhaltig für künftige Bedrohungen auszurüsten. Es gibt nur einen Weg aus dem Dilemma: Europa braucht mittelfristig eine gemeinsame Armee.

....
der letzte Satz sagt alles - Zustimmung!