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Re: Israel - Erich - 02.07.2014

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Zitat: Palästinensischer Jugendlicher getötet

Racheakt nach Bluttat?

Stand: 02.07.2014 12:52 Uhr

Es sind Tage voller Wut und Hass in Israel und den Palästinensergebieten. Nach der Ermordung von drei jüdischen Jugendlichen ist ein junger Palästinenser getötet worden - möglicherweise aus Rache. Der Verdacht reicht, um neue Ausschreitungen auszulösen.
...
mit genau der gleichen verqueren Logik, mit der ohne jeden Beweis von offizieller und offiziöser regierungsamtlicher Seite aus Israel die Zerschlagung der "verbrecherischen Hamas-Strukturen" gefordert wird, könnte nun von offizieller oder offiziöser Seite der Palästinenser zur Zerschlagung der "verbrecherischen israelischen Siedlerstrukturen" aufgerufen werden. Und die arabischen Luftwaffen könnten zu zielgerichteten Bombardements auf die Siedlungen starten.

Das empfände ich aber genauso "ekelerregend", um hier die Wortwahl eines users aufzunehmen, wie dessen Verteidigung des Terrors gegen Palästinenser.
Ich möchte es allerdings präziseren:
ich finde jede Gewalt gegen Unschuldige ekelerregend. Und ich stelle fest, dass solche Gewalt immer Gegengewalt erzeugt. Die "Spirale der Gewalt" muss unterbrochen werden. Und das gelingt nicht dadurch, dass man weiterhin Gewalt ausübt.
Ich darf mich da dem im Artikel zitierten frühere Polizeichef Levi anschließen:
Zitat:Der ... fordert Besonnenheit - die Situation sei sehr aufgeheizt. Doch er sagt auch: "Sollte sich herausstellen, dass die Verantwortlichen wirklich Juden sind, so sind sie in meinen Augen nicht besser als die Terroristen der Hamas: gewissenlose, abscheuliche Mörder, die einen hilflosen, unschuldigen Jungen ermordet haben."



Re: Israel - Nightwatch - 02.07.2014

Erich schrieb:mit genau der gleichen verqueren Logik, mit der ohne jeden Beweis von offizieller und offiziöser regierungsamtlicher Seite aus Israel die Zerschlagung der "verbrecherischen Hamas-Strukturen" gefordert wird, könnte nun von offizieller oder offiziöser Seite der Palästinenser zur Zerschlagung der "verbrecherischen israelischen Regierungsstrukturen" aufgerufen werden.
Verquer trifft es sehr gut!
Die Hamas ist eine Terrororganisation. Diese zu Zerschlagen muss völlig unabhängig von jüngsten Entwicklungen für den zivilisierten Teil der Menschheit unstrittig sein.
Israel dagegen ist ein Rechtstaat. Die relevanten Behörden sind selbstverständlich dabei den Fall nach Möglichkeit aufzuklären und wen auch immer zur Rechenschaft zu bringen. Und obwohl bis dato völlig unklar ist, von wer und warum den Jugendlichen umgebracht hat wurde der mögliche Racheaktes von offizieller Seite bereits scharf verurteilt. Das ist dann auch eine Haltung, die die überwältigende Mehrheit der israelischen Gesellschaft teilt.
Krass ist dabei nur wieder der Unterschied zwischen den Konfliktparteien: Die Israelis haben gestern als Nation ihre Toten in Trauer, Zurückhaltung und Würde beerdigt haben und bis dato mitnichten irgendwelche Vergeltungsaktionen durchgezogen.
Die Palis stattdessen haben nach einem Leichenfund nichts besseres zu tun als zu Hunderten gegen Sicherheitskräfte mit Moltovcocktails und Rohrbomben vorzugehen.
Möchte mal sehen was los wäre wenn gestern hunderte Siedler in Hebron 'ihren Unmut geäußert' hätten.
Natürlich gibt es auch in Israel einige Idioten wie die Herren gestern in Jerusalem, aber deren Aktionen sind ein schlechter Witz gegen das was die Araber dort heute abziehen.

Erich schrieb:Ich möchte es allerdings präziseren:
ich finde jede Gewalt gegen Unschuldige ekelerregend. Und ich stelle fest, dass solche Gewalt immer Gegengewalt erzeugt. Die "Spirale der Gewalt" muss unterbrochen werden. Und das gelingt nicht dadurch, dass man weiterhin Gewalt ausübt.
Es gibt zwei Lösungen die Spirale der Gewalt zu durchbrechen: Die eine ist nichts zu tun, die andere Wange hinzuhalten und dafür massakriert zu werden. Die andere ist selbst soviel Gewalt auszuüben, dass der andere dazu nicht mehr fähig ist.
Einen friedlichen Mittelweg gibt es nicht.


Re: Israel - Erich - 03.07.2014

<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.spiegel.de/politik/ausland/facebook-in-israel-35-000-menschen-fordern-rache-fuer-teenager-a-979017.html">http://www.spiegel.de/politik/ausland/f ... 79017.html</a><!-- m -->
Zitat:Facebook-Kampagne: 35.000 Israelis fordern Rache für ermordete Teenager

Im Internet schürt eine Facebook-Seite nach der Tötung von drei israelischen Jugendlichen den Hass auf die Palästinenser. 35.000 Menschen haben die Kampagne "Das Volk Israel fordert Rache" unterzeichnet.


Donnerstag, 03.07.2014 – 14:07 Uhr ...
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.sueddeutsche.de/politik/nahostkonflikt-schwere-krawalle-in-jerusalem-nach-moeglichen-rachemord-1.2029551">http://www.sueddeutsche.de/politik/naho ... -1.2029551</a><!-- m -->
Zitat:3. Juli 2014 08:34


Nahostkonflikt
Israel schickt Bodentruppen in Richtung Gazastreifen

Israels Außenminister Lieberman hat nach dem Mord an drei Jugendlichen eine breite Militäroffensive angekündigt - jetzt könnte sie kommen: "Wir bewegen Truppen", bestätigt die Armee.
...
das weitere Drehen an der Eskalationsspirale - nach dem Motto: "haust Du mir auf die Wange, schlag ich Deinem Onkel den Arm ab" - führt also zur Beendigung der Gewalt. Aha !


Re: Israel - Schneemann - 03.07.2014

Was mir an der ganzen Darstellung missfällt, ist, dass anderweitige Aspekte ausgeblendet werden. 35.000 rechte oder emotionalisierte Israelis, vermutlich auch viele Siedler darunter, eröffnen eine Facebook-Gruppe und fordern Rache und nun schnappt man sofort die Gelegenheit beim Schopfe, um auf den (vermeintlichen) Agressionswillen Israels hinzuweisen. Dass es aber auch andere Gruppen gibt - und z. B. über die Facebook-Seite der israelischen Botschaft in Deutschland, die ich auch ab und an besuche, kann man genügend solche finden -, die weit über 100.000 "likes" und dergleichen haben und die einen Frieden für Nahost fordern, geht dabei leider irgendwie völlig unter.
Zitat:das weitere Drehen an der Eskalationsspirale - nach dem Motto: "haust Du mir auf die Wange, schlag ich Deinem Onkel den Arm ab" - führt also zur Beendigung der Gewalt. Aha !
Naja, dass die Israelis nun offenbar langsam erst irgendwelche Truppen verschieben - vermutlich bahnt sich tatsächlich eine Operation auch an -, nachdem seit drei Monaten verstärkt Raketen auf Südisrael herniedergehen und drei Teenager kaltblütig ermordet wurden (auf manchen Internetplattformen waren sich manche Schreiber dort nicht zu schade, sogar diese drei Jugendlichen mit antisemitischen Schmähungen zu überziehen [!]) zeigt doch aber auch, dass man in Jerusalem arg lange bereit zu war, die Wange hinzuhalten bzw. abzuwarten - und dies, obgleich es eine gerne als Hardliner-Truppe umschriebene rechtskonservative Regierung in Jerusalem gibt, manche Awoda-Regierung hätte wohl nicht so lange gezögert.

Ich weiß nicht genau, warum die Hamas derzeit so herumstichelt - vermutlich sieht sie sich von einer gewissen Bedeutungslosigkeit bedroht -, aber sie müsste ja wissen, dass sie - wenn sie den Bogen, so wie zur Zeit, schlicht überspannt - irgendwann eine dementsprechende militärische Antwort bekommen wird. Und sie müsste auch wissen, dass sie dann am ehesten wieder selbst verlieren wird. Aber vermutlich ist dies auch Teil des perfiden Plans, kann man sich doch dann wieder besser als Opfer darstellen und den Israelis den Buhmann zuschieben.

Schneemann.


Re: Israel - Nightwatch - 03.07.2014

Es ist völlig legitim, ja mehr noch, notwendig, dass die Vergeltung geübt wird. Ruhe kann nur einkehren wenn die Herrschaften verstehen, dass jede Aktion so weh tun wird, dass es sich einfach überhaupt nicht lohnt.
On man es Rache nennen muss sei dahingestellt - und zum größten Teil wohl eh nur dem hebräischen Sprachduktus geschuldet - aber an der Forderung an sich ist nichts weiter dabei.
Problematisch ist es eben, wenn der Staat keine oder (gefühlt) zu wenig Vergeltung übt - sprich so wie es momentan in Israel von vielen wahrgenommen wird. Damit provoziert man in dieser aufgeheizten Lage natürlich, dass so mancher das Recht in die eigene Hand nimmt.
Was natürlich falsch ist und unterbunden werden muss, aber gleichzeitig auch völlig natürlich in so einen Konflikt. Es ist schon vor längerer Zeit der Punkt erreicht worden , ab dem Teile der israelischen Gesellschaft nicht mehr mit den Maßnahmen der Staatsführung zufrieden sind und sich im Stich gelassen fühlen. Teilweise ist das sogar zutreffend und vor allem staut sich eine Menge auf. Und das allermeiste davon findet keinen Wiederhall in Deutschen Medien...


Schneemann schrieb:Naja, dass die Israelis nun offenbar langsam erst irgendwelche Truppen verschieben - vermutlich bahnt sich tatsächlich eine Operation auch an -, nachdem seit drei Monaten verstärkt Raketen auf Südisrael herniedergehen und drei Teenager kaltblütig ermordet wurden
Man muss das operativ betrachtet trennen. Der -vorsorgliche- Truppenaufmarsch vor Gaza erfolgt, weil die Hamas selbst wieder angefangen hat Raketen zu schießen - und nicht mehr ihre Proxys vorschickt.
Das ist nach Pillars of Defense natürlich eine Eskalation die nicht hingenommen werden kann; das muss dann entsprechend auch kommuniziert werden.
Auf irgendwelche Bodenoffensiven deutet das noch lange nicht hin. Es vielmehr die Ansage an die Hamas mit diesem Quatsch wieder aufzuhören. Ich denke auch das die das bis nächste Woche auch tun werden.
Eine Bodenoffensive würde - nach Einschätzung israelischer Sicherheitsexperten - erst dann realistisch werden, wenn die Armee Reserven im erheblichen Umfang mobilisiert.
Ich sehe das ganz ähnlich (exakt das hat die Regierung schon bei letzten Mal so gemacht) und glaube auch nicht, dass es zu Einberufungen kommen wird.
Mit möglichen Vergeltungen hat das jedenfalls null zu tun. Hätte die Hamas nicht geschossen hätte es keinerlei Luftangriffe auf den Gazastreifen gegeben.


Erich schrieb:das weitere Drehen an der Eskalationsspirale - nach dem Motto: "haust Du mir auf die Wange, schlag ich Deinem Onkel den Arm ab" - führt also zur Beendigung der Gewalt. Aha !
Hier mal eine aktuelle Umfrage zum Stimmungsbild in den Palästinensergebieten:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://4.bp.blogspot.com/-J6w48L87lac/U7VCccEY0HI/AAAAAAAAers/4YnRpXcGm8Q/s1600/wash+inst+poll.png">http://4.bp.blogspot.com/-J6w48L87lac/U ... t+poll.png</a><!-- m -->
Erkläre doch bitte mal wie unter solchen Voraussetzungen irgendetwas anderes möglich ist, als es bis zum bitteren Ende auszuschießen.


Re: Israel - Erich - 03.07.2014

@Schneemann,

danke für Deinen Beitrag, der ja auch andere Aspekte bringt. Ich möchte als Antwort auf die heutige ZEIT (print-Ausgabe No. 28,, S. 4) verweisen. Unter dem Titel "Wie man Terroristen großzieht" wird dort ein Kernthema angesprochen, das auch mein Mantra ist, und das man global für jede Art des Terrors unterschreiben kann:
Zitat:...
Es gibt in der Terrorismusbekämpfung ... zwei Grundregeln, die man jeder Regierung in den Kabinettstisch eingravieren sollte:
Regel Nummer eins: Staatliche Überreaktionen vermeiden, um den Extremisten keine Rekruten und Symphatisanten zuzutreiben.
Regel Nummer zwei: Nachprüfen, ob Terroristen sich auf politische Missstände berufen können, die man abstellen sollte.

Das Erfolgsgeheimnis des Terrorismus wiederum besteht darin, den Gegner zur Missachtung dieser Grundregeln zu verleiten. Genau das gelingt islamistischen Gruppen seit Jahren mit erschütternder Regelmäßigkeit.

Die Ersten, die mit blinder Begeisterung in diese Falle tappten, waren George . Bush und seine Regierung mit ihrem "Krieg gegen den Terror", ....
und ich möchte meinen, sowohl Maliki wie auch Assad wie auch die israelische Regierung sind seit Jahren immer wieder dabei, in genau diese Falle zu treten.


Re: Israel - Nightwatch - 03.07.2014

Zitat:Regel Nummer eins: Staatliche Überreaktionen vermeiden, um den Extremisten keine Rekruten und Symphatisanten zuzutreiben.
Regel Nummer zwei: Nachprüfen, ob Terroristen sich auf politische Missstände berufen können, die man abstellen sollte.
Regel Nummer drei:
Regel eins und zwei kann man sich ans Bein schmieren wenn der Feind seinen Nachwuchs von Kleinauf dazu erzieht dich zu hassen. Rekruten wird er damit immer haben, völlig unabhängig davon was du tust.

Weiterhin: Es ist schlicht unmöglich Terrorismus zu besiegen und Terrororganisationen zu zerschlagen in dem man ihre Manpower auf null reduziert (sei es militärisch oder durch solches Gedöns). Terrorismus stoppt man in erster Linie durch die Wegnahme von Handlungsoptionen. Je ineffektiver Terrororganisationen werden desto wahrscheinlicher ist es das sich nach innen wenden müssen um nicht zu kollabieren und sich damit zu Verständigungen offen zeigen.
Konkret auf Nahost bezogen heißt dass, heute ist der palästinensische Terror weitgehend Wirkungslos. Durch konsequente Abschottung der Palästinensergebiete, Zerschlagung von Terrorstrukturen in der Westbank, dem Aufbau freundlich gesinnter palästinensischer Sicherheitskräfte und der Etablierung eines auf Abschreckung beruhenden Verständnisses mit der Hamas ist der palästinensische Terror weitestgehend in sich zusammengebrochen.
Klar wird es immer wieder Einzelfälle wie die 3 Teenager und Flare Ups rund um Gaza geben, effektiv können die palästinensischen Terrororganisationen jedoch kaum Größeres anstrengen ohne massivst dafür zahlen zu müssen.
Fatah sowieso nicht mehr weil die als vorzeigbarer Regierungsvertreter mittlerweile selbst dazu genötigt werden selbst gegen Terrorstrukturen in ihren Verantwortungsbereich vorzugehen. Gleichzeitig ist Hamas mittlerweile viel mehr daran gelegen ihre eigene Machtbasis zu sichern als das man sich groß weitere Pillars of Defense und Cast Leads leisten könnte.
Übrig bleiben einige abgdrehte Splittergruppen die zwar hier und da störend wirken und von Zeit zu Zeit gehörig eine auf den Deckel brauchen, aber insgesamt keine strategische Terrorbedrohung darstellen.
Das geht jetzt schon eine ganze Zeit (im Prinzip Jahre) so und pendelt sich auf einem Niveau ein mit der die Israelis tatsächlich sehr gut leben können.
Auch wenn es in diesen Tagen seltsam anmuten mag, strategisch betrachtet ist das Terrorproblem gehändelt.


Re: Israel - Nelson - 03.07.2014

Und warum kann die Hamas den Jugendlichen Hass einimpfen? Größtenteils doch, weil die Lebensbedingungen in den Lagern und Siedlungen sehr bescheiden sind. Erst, wenn eine massive wirtschaftliche Verbesserung erreicht wird, welches idealerweise israelischem Niveau entspricht, wird eine palästinensische Regierung sich in die Lage versetzt sehen, den unbedingten Willen zur Rückkehr in die alte Heimat quasi von selbst zu brechen.
Solange aber der Eindruck vorherrschen muss, das nur eine gewaltsam zu erkämpfende Rückkehr die Rettung aus der eigenen misslichen Lage verspricht, kann Israel Zäune bauen wie es lustig ist, es wird sich seine Feinde damit nur erhalten, darf aber nicht hoffen, sie damit langfristig zurückzuhalten.
Der Ausbau von Siedlungen im Westjordangebiet beispielsweise wäre vielleicht ein probates Mittel, würde man dort nur, statt abgekapselte jüdische Siedler Palästinenser aus dem Gazastreifen ansiedeln. Gib einem Vertriebenen ein adäquates Auskommen und ein Heim, und spätestens die nächste Generation bleibt lieber im neuen Heim, und die Enkel vergessen den Herkunftsort... fragt den Verband der Vertriebenen.


Re: Israel - Nightwatch - 03.07.2014

Nelson schrieb:Und warum kann die Hamas den Jugendlichen Hass einimpfen? Größtenteils doch, weil die Lebensbedingungen in den Lagern und Siedlungen sehr bescheiden sind.
Sind sie das? Nach westlichen Standards vielleicht. Nach den Maßstäben der arabischen Welt geht es denen da nicht schlechter als den Anrainern. Allenfalls fehlt es ein wenig an der oberen Mittelschicht, aber der breiten Masse geht es halt so gut oder schlecht wie es der arabischen Straße halt geht.
Natürlich ist es so, dass der andauernde Konflikt denen auch wirtschaftliche Probleme bereitet. Aber im viel, viel größeren Umfang ist es einfach so, dass die Herrschaften da zwar im Jammern die Besten sind, jedoch regelmäßig völlig unfähig sind wenn es darum geht mal was anzupacken, die Dinge in die Hand zu nehmen und etwas aufzubauen.
Das ist typisch für die Kultur dort unten, es wird viel eher ein Sündenbock gesucht (und mit Israel bei den Palis auch ganz besonders gefunden) den man das eigene Elend anhängen kann. Versuche das Elend zu beseitigen? Fehlanzeige. Lieber wird alle Energie noch reingesteckt den vermeidlichen Feind (der sie wirtschaftlich auch noch über Wasser hält) größtmöglichen Schaden beizubringen.
Wenn die Palis auch mal nur einen Bruchteil der Energie die sie aufwenden um Israel zu schaden darauf verwenden würden, eine wirtschaftliche Basis für einen eigenen Staat zu legen wäre man viel weiter.
Gilt aber nicht nur für die, andere Staaten in der Region haben das gleiche Problem.

Nelson schrieb:Erst, wenn eine massive wirtschaftliche Verbesserung erreicht wird, welches idealerweise israelischem Niveau entspricht, wird eine palästinensische Regierung sich in die Lage versetzt sehen, den unbedingten Willen zur Rückkehr in die alte Heimat quasi von selbst zu brechen.
Steile These. Warum sollte es so sein? Der Wunsch nach Rückkehr ist nicht mit den Sehnsucht nach israelischem Reichtum verbunden oder sonst irgendwas. Stattdessen dürfte es eher so sein, dass die da mehrheitlich freiwillig weniger Wohlstand in Kauf nehmen würden wenn dafür Israel verschwindet.

Aber dessen ungeachtet, wäre die nächste Frage, wie soll das funktionieren? Seit Oslo 1995 haben die Palästinenser pro Kopf mindestens das 25fache an ausländischen Hilfsgeldern bekommen als der Marshall Plan für Europa nach dem zweiten Weltkrieg beinhaltete!
Was wurde damit gemacht? Abermilliarden sind zu Übergroßen Teilen in die Taschen der Herrschenden geflossen. Und zu guten Teilen direkt in den Terror.
Wirtschaftliche Entwicklungen? Fehlanzeige.
Man kann da lange philosophieren, aber die simple Wahrheit ist, man kann ein Volk nicht zum wirtschaftlichen Wohlstand prügeln. Es wird denen da nie besser gehen, genauoswenig wie es der arabischen Straße in den Anrainern irgendwann besser gehen wird. Das ist in dieser Kultur einfach nicht machbar. Das Geld wird immer irgendwo in den Taschen weniger versickern. Mit oder ohne Besatzung - sie haben enorme wirtschaftliche Möglichkeiten, aber sie nutzen sie einfach nicht.


Nelson schrieb:Solange aber der Eindruck vorherrschen muss, das nur eine gewaltsam zu erkämpfende Rückkehr die Rettung aus der eigenen misslichen Lage verspricht, kann Israel Zäune bauen wie es lustig ist, es wird sich seine Feinde damit nur erhalten, darf aber nicht hoffen, sie damit langfristig zurückzuhalten.
Warum darf es denn das nicht hoffen? Der Staat ist fast siebzig Jahre alt. Man ist mit einer Milliarde Muslimen fertig geworden. Man kann da auch ein paar Durchgeknallte im Vorhof kontrollieren.

Nelson schrieb:Der Ausbau von Siedlungen im Westjordangebiet beispielsweise wäre vielleicht ein probates Mittel, würde man dort nur, statt abgekapselte jüdische Siedler Palästinenser aus dem Gazastreifen ansiedeln.
Gib einem Vertriebenen ein adäquates Auskommen und ein Heim, und spätestens die nächste Generation bleibt lieber im neuen Heim, und die Enkel vergessen den Herkunftsort... fragt den Verband der Vertriebenen.
Exzellenter Vorschlag. Aber warum nur sind bei uns die ganzen Deutschen aus den verlorenen Ostgebieten wunderbar im zerstörten Restdeutschland untergekommen während das die Palis bis heute nicht auf die Reihe bekommen? Warum nur geht es den Palis ausgerechnet in den arabischen Anrainerländern am Dreckigsten? Warum hat sich ihre Situation auch nach fast siebzig Jahren nicht entscheidend verbessert?

Vielleicht weil es garnicht darum geht sondern allein darum, die anderen wieder ins Meer zurückzuwerfen?


Re: Israel - Nelson - 03.07.2014

Natürlich kann man ein Volk nicht zum wirtschaftlichen Erfolg zwingen, allerdings sollte man doch meinen, das, wenn die Türkei (ähnliche Kultur) oder Israel (gleiche klimatische und rohstofftechnische Grundlage) es schafften, sich eine nennenswerte Wirtschaft aufzubauen, es auch die Palästinenser nicht vor unüberwindbare Schwierigkeiten stellen dürfte. Von einer prinzipiellen kulturellen Unfähigkeit auszugehen ist aus meiner Sicht etwas überheblich, denn Kulturen verändern sich auch gerne mal - einst dachten die fränkischen Kreuzritter, das farbige Glas Arabiens sei reiner Edelstein. Wie dumm und ungehobelt müssen sie den Gelehrten Bagdads und Kairos vorgekommen sein, nicht wahr, nahezu jeder Zivilisation unfähig, ganz und gar zurückgeblieben...

Allerdings fehlt es meiner Einschätzung nach derzeit in Palästina nicht an Geld - dies ließe sich von den übrigen Arabern sicherlich problemlos besorgen - sondern an Infrastruktur und Bildung.

In Deutschland fanden die Vertriebenen immerhin mehr oder weniger zerstörte Brücken, Straßen, Eisenbahnen und Fabriken vor, und es fanden sich noch immer genügend Leute, die wussten, wie diese wieder in Funktion zu setzen waren.
Daran mangelt es meiner Einschätzung nach in Palästina, weil eine palästinensische Akademiker -Facharbeiter- und Ingenieursschicht seit einigen hundert Jahren nie in nennenswertem Umfang existiert hat - gerade an derartigen Kenntnissen war der Sultan ja interessiert, als er die jüdischen Aliot in sein Land ließ. Den Aufbau einer derartigen Funktionselite man allerdings nicht ad hoc erledigen, das braucht Zeit.


Re: Israel - Shahab3 - 04.07.2014

Praktisch alle Verbindungstraßen in den Palästinensergebieten sind seit Jahrzehnten gesperrt. Häfen sind außer Betrieb und die Küste ist hermetisch abgeriegelt. Kein Transportschiff kommt auch nur in die Nähe der Küste. Die Palästinesergebiete haben keinen eigenen Außenhandel. Was rein oder raus gelangt, also den Waren- und Geldfluss, bestimmt die israelische Besatzungsmacht. Ob ein Handel stattfindet oder nicht entscheidet letztlich Israel, nicht der palästinensische Händler oder deren "Autonomieverwaltung". Steuergelder und Zölle erhebt, verwaltet und verteilt der israelische Staat, nicht die "Autonomieverwaltung". Der einzige internationale Flughafen der Palästinenser wurde mit Geldern aus Deutschland, Spanien, Ägypten und Saudi Arabien 1998 eröffnet und bereits 2001 von Israel zerstört. Der Import von Baustoffen ist stark eingeschrenkt. Rohre, Kabel, Zement, Pumpen, Filter, etc..bekommt man nicht auf legalem Weg in die Palästinensergebiete: Alles "Dual-Use" Güter. Ergo: ALLES was es in Palästina gibt oder nicht gibt, bestimmt seit 60 Jahren die Besatzungsmacht. Und diese hat beschlossen, dass es praktisch nichts gibt, was "Fortschritt", "Wirtschaft" und schon gar nicht "Staat" entstehen lässt..

Welchen Fortschritt sollte ein hochausgebildeter, kluger, deutscher Ingenieur von der TU Berlin dort erreichen können, den ein schlecht ausgebildeter Palästinenser aufgrund seiner rassischen Unterlegenheit nicht erreichen kann?


Re: Israel - Schneemann - 04.07.2014

@Shahab3
Zitat:Die Palästinesergebiete haben keinen eigenen Außenhandel. Was rein oder raus gelangt, also den Waren- und Geldfluss, bestimmt die israelische Besatzungsmacht.
Jein. Die palästinensischen Autonomiegebiete haben durchaus einen eigenen Handel, wenngleich die Palette an Produkten recht überschaubar ist. Es gab sogar einen gewissen Aufschwung Mitte der 1990er, der aber vor allem jedoch durch die zweite Intifada - über deren "Notwendigkeit" bzw. "Begründung" von Seiten der Palästinenser (Scharon-Besuch auf dem Tempelberg etc.) man wiederum streiten könnte - einen starken Rückschlag erlitten hat. Bedingt durch die verstärkten israelischen Kontrollen und Abriegelmaßnahmen infolge zahlreicher schwerer Selbstmordattentate zu Beginn des Jahrtausends brach nämlich dieser Handel zunächst massiv ein, ja kam quasi völlig zum Erliegen, insofern stimmt es schon, was du schreibst bezüglich der Abriegelung, aber man könnte und muss hier nun auch Ursachenforschung betreiben und fragen, warum dies so war.

Nichtsdestotrotz: Immerhin und allenthalben gibt es dennoch seit 2008/09 wieder eine langsame Aufwärtsentwicklung im Umfang des Handels. Wenn die Hamas nun aber einen weiteren Waffengang riskiert oder provoziert, je nach Blickwinkel, so kann man von ausgehen, dass das kleine Pflänzchen Handel wieder zusammenbrechen wird - je nachdem, wie intensiv die Auseinandersetzung werden würde. Man könnte aber dann auch hier die berechtigte Frage stellen, ist zumindest meine Meinung, wer sich hier selbst oder hier wem "in den Fuß schießt" (?).
Zitat:Welchen Fortschritt sollte ein hochausgebildeter, kluger, deutscher Ingenieur von der TU Berlin dort erreichen können, den ein schlecht ausgebildeter Palästinenser aufgrund seiner rassischen Unterlegenheit nicht erreichen kann?
Was hat das bitte nun mit Rasse zu tun?

Schneemann.


Re: Israel - Erich - 04.07.2014

was den Aussenhandel der Palästinenser betrifft, muss man schon zwischen der Westbank und dem Gaza-Streifen unterscheiden.

Letzterer liegt zwar am Meer, aber die israelische Küstenwache lässt wohl nicht mal ein Kajak durch, geschweige den Fischerboote (die ja irgendwas schmuggeln könnten), und die Landgrenzen zu Ägypten und zu Israel sind - auch auf Drängen der Israelis - hermetisch dicht.
Die Tunnel nach Ägypten sind ein beredetes Zeichen für die Abriegelung. Niemand würde sich den Irrsinn antun, durch nachrutschenden Sand entsprechende Tunnel zu graben, wenn es andere, günstigere Wege gäbe. Was da an Zement rein kommt, wird durch diese Tunnel gezerrt. Und das ist vielfach nicht das Nötigste. Auch was die Trinkwasserversorgung betrifft, so hängt die von der "Gnade Israels" ab. So kann man natürlich ständige Frustration und Hass erzeugen.

Auf der Westbank besteht zwar eine lange Grenze nach Jordanien (und eine längere zu Israel), aber beide Grenzen werden durch Israel kontrolliert.
Und auch da wird nur durchgelassen, was Israel gerade erlaubt. Das ist allerdings etwas mehr als im hermetisch abgeriegelten Gaza-Streifen.

Btw.: wenn dann wieder die jährliche Orangenernte eines palästinensischen Bauern auf dem LKW vergammelt, weil Israel die Grenze wieder mal dicht gemacht hat, fördert das auch nicht unbedingt die wirtschaftliche Entwicklung. Für den palästinensischen Bauern mit dessen Familie ist es Israel, das seine Ernte vernichtet - und nicht irgend ein Selbstmordattentäter, der seine Bombe irgendwo gezündet hat.


Re: Israel - Nightwatch - 04.07.2014

Nelson schrieb:Natürlich kann man ein Volk nicht zum wirtschaftlichen Erfolg zwingen, allerdings sollte man doch meinen, das, wenn die Türkei (ähnliche Kultur) oder Israel (gleiche klimatische und rohstofftechnische Grundlage) es schafften, sich eine nennenswerte Wirtschaft aufzubauen, es auch die Palästinenser nicht vor unüberwindbare Schwierigkeiten stellen dürfte.
Reines Wunschdenken. Warum schafft es die arabischen Anrainer nicht? Überall gibt es eine extrem reiche Oberschicht und eine verarmte Unterschicht.
Türkei und Israel (früher auch mal Libanon) bilden sicherlich Ausnahmen, aber deren Kultur ist eben nicht mit denen in den arabischen Anrainern zu vergleichen. Natürlich gibt es gewisse Ähnlichkeiten, aber es macht keinen Sinn nur bedingt vergleichbare Fälle als hoffnungsvolles Beispiel zu zitieren, wenn viel besser vergleichbare Fälle ein viel düsteres Bild zeichnen.

Nelson schrieb:Von einer prinzipiellen kulturellen Unfähigkeit auszugehen ist aus meiner Sicht etwas überheblich, denn Kulturen verändern sich auch gerne mal - einst dachten die fränkischen Kreuzritter, das farbige Glas Arabiens sei reiner Edelstein. Wie dumm und ungehobelt müssen sie den Gelehrten Bagdads und Kairos vorgekommen sein, nicht wahr, nahezu jeder Zivilisation unfähig, ganz und gar zurückgeblieben...
Natürlich verändern sich Kulturen. Wenn wir darauf warten wollen schlage ich vor wir legen diese Diskussion hier auf Eis und schauen uns in 200 Jahren an wie es dort unten kulturell vorangegangen ist.
Ich würde da ja schätzen überhaupt nicht - aber die Entwicklung seit den Kreuzrittern bis zur Aufklärung bringt uns nicht wirklich weiter.


Nelson schrieb:Allerdings fehlt es meiner Einschätzung nach derzeit in Palästina nicht an Geld - dies ließe sich von den übrigen Arabern sicherlich problemlos besorgen - sondern an Infrastruktur und Bildung.
Es gibt in den Palästinensergebieten völlig ausreichende Infrastruktur. Natürlich gibt es Kuhkäffer die nicht wirklich an die Zivilisation angeschlossen sind, aber das Problem hast du dort überall, auch in Israel.
Es ist jetzt auch nicht so, dass man in diesem Landstrich groß viel mehr braucht als Straßen.
Bildungsangebote sind reichlich vorhanden, selbst zwei Dutzend Hochschulen in der West Bank und Gaza.
Natürlich ist nicht alles eitel Sonnenschein aber man könnte wenn man wollte. Nur war man die letzten Siebzig Jahre halt nur damit beschäftigt Krieg gegen die Juden zu führen und über die Schwierigkeiten zu Jammern anstatt anzupacken und eine friedliche Zukunft zu bauen.

Aber es ist halt hoffnungslos wenn man nichts besseres zu tun hat als alles was man bekommt in die Terrorinfrastruktur zu stecken und sich dann hinterher bitterböse beschwert, dass die Grenzen irgendwann halt dich sind.
Vielleicht hätte man sich das man vorher überlegen sollen was man alles so an Wohlstand und Freiheit verliert wenn man nichts besseres zu tun hat als hunderte seiner Nachbarn in die Luft zu sprengen.
Aber das geht halt nicht in die Köpfe dieser Leute. Ein mental kulturelles Problem.


Re: Israel - Nightwatch - 04.07.2014

Während die Palis auch heute wieder meinen der Tod eines Jugendlichen würde dazu berechtigen Jerusalem in ein Schlachtfeld zu verwandeln, gibt es mittlerweile einige Zweifel an der These jüdische Extremisten seien die Täter.
Näheres dazu hier:

Zitat:Murdered Arab Youth's Parents 'Gave Contradicting Statements'

Doubts raised over allegations Mohammed Khader killed by Jews in 'revenge' attack; father said 'Arabs' tried to kidnap younger son earlier

[...]

Speaking to Arutz Sheva Wednesday, a senior former police official opined that the abduction and murder of Al Khadr was most likely a criminal act, rejecting the claim that Jewish "revenge" for the murdered Israeli teens lay behind it. The official noted that the family of the murdered 16-year-old was well known to police sources in Jerusalem.

"It's a problematic family with internal clashes that have been ongoing for many years. I have no doubt that as time passes it will be clarified that the murder was criminal and nothing more," the ex-official said, speaking to Arutz Sheva on condition of anonymity.
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Aber wie so oft - Fakten interessieren nicht solange man Israel die Schuld geben kann