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Re: Israel - Schneemann - 05.10.2013

Nightwatch schrieb:
Zitat:Was es gibt ist ein jüdisches Volk, ein arabisches und ein drusisches
Genau genommen ist dies nicht zutreffend. Die Begrifflichkeit des "jüdischen Volkes" ist a) entweder ein heute vergleichsweise national-veschwommen umrissener Zusammenhang des derweilen nur im Ansatz deutbaren historisch-halbfiktiven Kontextes alttestamentarischer Belegkonstrukte von unklar überlieferten Stammeshierarchien (wobei wir dann nur eine verschwindend geringe Zahl an "wirklichen" Juden im Sinne eines Volkes haben würden, wenn wir diesem Zusammenhang denn überhaupt allgemeine Gültigkeit zugestehen würden) oder b) ein Relikt aus den Tagen des deutsch-völkisch-nationalsozialistischen bzw. auch europäisch-antisemitischen Definitionseflexes (v. a. in Osteuropa) hinsichtlich des Begriffs "Jude" (und darüber brauchen wir wirklich nicht zu streiten).

Die Sache umfasst indessen ja nicht nur Aschkenasim und Sepharden, sondern auch z. B. sudanesische und äthiopische Juden, die man selbst mit einem "historischen Handstand" nicht unter eine Haube mit den beiden anderen Richtungen bekommt. Als Ben Gurion 1957 die ersten Falaschen in Tel Aviv begrüßte (und ja, die meisten Quellen führen 1977 an, weiß ich selbst, ist aber nicht korrekt), wusste er erstmal nicht, was diese überhaupt mit dem Staat Israel oder dem Judentum am Hut haben sollen. Insofern: Die religiös-"völkischen" (bewusst in Anführungszeichen) initiierten Irritationen, wenn man so will, die alle Glaubens- und Religionsgemeinschaften "heimgesucht haben" bzw. auch "heimsuchen", machen auch vor dem Judentum nicht halt - und haben auch nie wirklich davor haltgemacht...zum Glück...deswegen glaube ich auch an Israel... :wink:

Schneemann.


Re: Israel - Nightwatch - 05.10.2013

Schneemann schrieb:Nightwatch schrieb:
Zitat:Was es gibt ist ein jüdisches Volk, ein arabisches und ein drusisches
Genau genommen ist dies nicht zutreffend. Die Begrifflichkeit des "jüdischen Volkes" ist a) entweder ein heute vergleichsweise national-veschwommen umrissener Zusammenhang des derweilen nur im Ansatz deutbaren historisch-halbfiktiven Kontextes alttestamentarischer Belegkonstrukte von unklar überlieferten Stammeshierarchien (wobei wir dann nur eine verschwindend geringe Zahl an "wirklichen" Juden im Sinne eines Volkes haben würden, wenn wir diesem Zusammenhang denn überhaupt allgemeine Gültigkeit zugestehen würden) oder b) ein Relikt aus den Tagen des deutsch-völkisch-nationalsozialistischen bzw. auch europäisch-antisemitischen Definitionseflexes (v. a. in Osteuropa) hinsichtlich des Begriffs "Jude" (und darüber brauchen wir wirklich nicht zu streiten).
Dusiehst das zu wissenschaftlich. Das jüdische Volk besteht im Sinne des Völkerrechts aus allen die sich als ihm zugehörig bezeichnen und akzeptiert werden. Welche Spielregeln da aus welchen historischen Grund gelten ist zwar interessant, hat aber keine wirkliche Relevanz. Das Selbstbestimmungsrecht der Völker ist ein Naturrecht, wenn eine Gruppe von Menschen sich als Volk sieht (und das tun die Juden nunmal) dann ist das so und kann nicht angezweifelt werden. Auch nicht wenn der Gründungsmythos nicht passt, oder daas Volk erfunden wurde (siehe Palästinenser).


hunter1 schrieb:Was ist denn der korrekte Begriff dafür, wenn man über alle israelischen Staatsangehörigen spricht bzw. schreibt? Darf man die in ihrer Gesamtheit überhaupt als Israeli bezeichnen?
Natürlich, warum nicht? Hier geht es doch nicht um politische Inkorrektheit sondern nur um die Tatsache das kein israelisches Volk existiert. Die Gesamtheit aller Bürger Israels sind die Israelis nur sind die halt kein gemeinsames Volk.


Re: Israel - Erich - 06.10.2013

Man kann dem Volk der Deutschen angehören und trotzdem Jude sein - weil eben jüdisch sein eine Zugehörigkeit zu einer - der ältesten monotheistischen - Religion bezeichnet.
Man kann Araber sein (von der Volkszugehörigkeit), und vom Glauben her muslimisch, christlich, atheistisch oder sonst was.
Man kann israelische Staatsbürger sein, und vom Glauben her jüdisch, christlich, muslimisch, buddhistisch, athesitisch oder sonst was.

Und da es Glauebnsfreiheit gibt, erstehen die "Judenchristen" als "messianische Juden" wieder, die in den ersten Jahrhunderten die Mehrheit der Christen bildeten.
Will hier irgendwer behaupten, wer vom Judentum zu einem anderen Glauben konvertiert, würde seine Volkszugehörigkeit verlieren?


Re: Israel - Nightwatch - 06.10.2013

Was ist so schwer daran zu verstehen das es ein jüdisches Volk und eine jüdische Religion gibt wobei beide nicht unbedingt deckungsgleich sind?
Nur Antisemiten und stramme Antizionisten verneinen die Existenz des jüdisches Volkes.


Re: Israel - Erich - 06.10.2013

Nightwatch schrieb:....
Nur Antisemiten und stramme Antizionisten verneinen die Existenz des jüdisches Volkes.
ausser phrasenhaften Begriffen fällt Dir nichts mehr ein, oder?
Schon die Begriffe sind schwachsinnig.

Auch Araber sind Semiten - was von Dir aber geflissentlich ausgeblendet wird. Zu den semitischen Sprachen gehören u.a. arabisch und hebräisch - und die Anwendung einer dieser Sprachen als "natural speaker" hat nichts mit Religion zu tun. Auch die israelischen Araber sind also Semiten, und man kann die Zionisten, die die Palästinenser vertreiben wollen (s.u.), mit Fug und Recht auch als Antisemiten bezeichnen.

Und Zionisten sind diejenigen, die unter Vertreibung der Palästinenser das ganze Gebiet bis zum Jordan in Beseitz nehmen wollen. Es gab schon Zionisten, da hat es den Staat Israel noch nicht einmal im Ansatz gegeben. Zionisten sind also mit Israelis nicht zwingend zu identifizieren.
Und es gab und gibt genug Staatsbürger Israels und auch mehr als genug Angehörige der jüdischen Religion, die diese territorialen Gelüste nicht teilen. Sie wären - zurecht - beleidigt, wenn man sie auch als Zionisten bezeichnen würde.
Die Idee, einen Staat für die Angehörigen einer Religion zu bilden (und damit alle anderen auszuschließen), ist ein Rückfall in die religiöse Intoleranz der Vergangenheit und für einen modernen Staat untragbar.
Wenn man den Zionismus als Ideologie den Nationalismen und als politische Bewegung den Nationalbewegungen zurechnet, dann bin ich genauso "Antizionist" wie "Antifaschist".


Re: Israel - Nightwatch - 06.10.2013

Erich schrieb:
Nightwatch schrieb:....
Nur Antisemiten und stramme Antizionisten verneinen die Existenz des jüdisches Volkes.
ausser phrasenhaften Begriffen fällt Dir nichts mehr ein, oder?
Tatsächlich muss mir garnichts einfallen. Es ist schlicht unmöglich einem Volk abzusprechen das es ein Volk ist. Du kannst einer beliebigen Gruppe von Menschen die sich als ein Volk begreifen nicht damit kommen, dass x oder y womöglich doch eher so oder so wäre. Selbst wenn du recht hättest, es interessiert nicht da es keine Anforderungen hinsichtlich des Status eines Volkes gibt. Vielmehr ist es so, dass das Recht eines Volkes ein Volk zu sein ein absolutes, natürliches Recht ist, das sich allein darin bedingt das ein entsprechendes Volk existiert.
Die Juden begreifen sich als Volk. Damit hat es sich. Das sie eine Geschichte mit vielen Brüchen haben und obendrein auch eine Religionsgemeinschaft bilden ändert daran nichts.

Erich schrieb:Schon die Begriffe sind schwachsinnig.

Auch Araber sind Semiten - was von Dir aber geflissentlich ausgeblendet wird. Zu den semitischen Sprachen gehören u.a. arabisch und hebräisch. Auch die israelischen Araber sind also Semiten - und die Anwendung einer dieser Sprachen als "natural speaker" hat nichts mit Religion zu tun.
Ja und? Als Semiten bezeichnet man eine Gruppe verschiedener Völker die einen aus historischen Gründen verwandten sprachlichen Backround haben. Damit hat es sich auch schon.


Erich schrieb:Und Zionisten sind diejenigen, die unter Vertreibung der Palästinenser das ganze Gebiet bis zum Jordan in Beseitz nehmen wollen. Es gab schon Zionisten, da hat es den Staat Israel noch nicht einmal im Ansatz gegeben.
Hätte man sie vertreiben wollen hätte man es gemacht. Faktisch ist das nicht passiert.
Und es gab schon zwei Israel bevor es überhaupt arabische Völker gab aus denen man sich dann die Palästinenser zusammenbasteln konnte...
Und natürlich gab es Zionisten vor dem heutigen Staat Israel, schließlich war es der Zionismus der zu Gründung des heutigen Israels geführt hat. duh

Erich schrieb:Und es gab und gibt genug Staatsbürger Israels und auch mehr als genug Angehörige der jüdischen Religion, die diese territorialen Gelüste nicht teilen. Sie wären - zurecht - beleidigt, wenn man sie auch als Zionisten bezeichnen würde.
Grandiose Erkenntnis, das Judentum hat viele Brüche und Schattierungen.

Erich schrieb:Die Idee, einen Staat für die Angehörigen einer Religion zu bilden (und damit alle anderen auszuschließen), ist ein Rückfall in die religiöse Intoleranz der Vergangenheit und für einen modernen Staat untragbar.
Kann schon sein. Allerdings wurde Israel auch nicht von Angehörigen der jüdischen Religion sondern von Angehörigen des jüdischen Volkes gegründet. David Ben Gurion selbst war beispielsweise Atheist.


Re: Israel - Nightwatch - 07.10.2013

Zitat:700,000 at Rabbi Ovadia Yosef’s funeral in Jerusalem

Masses still en route to largest funeral in Israel’s history; worried police chief implores people to stay away from last procession for the revered leader of Sephardi Jewry; Israeli politicians and ambassadors send condolences, recall a giant of Jewish thought
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.timesofisrael.com/jerusalem-closes-down-for-rabbi-ovadia-yosefs-funeral/">http://www.timesofisrael.com/jerusalem- ... s-funeral/</a><!-- m -->


Re: Israel - Erich - 07.10.2013

Nightwatch schrieb:.... Allerdings wurde Israel auch nicht von Angehörigen der jüdischen Religion sondern von Angehörigen des jüdischen Volkes gegründet. David Ben Gurion selbst war beispielsweise Atheist.
Ben-Gurion oder (Geburtsname) David Grün war der Sohn des Rechtsanwalts Avigdor Grün, der eine zionistische Organisation führte. David nahm aus Polen sowohl zionistische wie auch sozialistische Ideale mit, als er 1906 nach Palästina auswanderte und dort die jüdischen Untergrundorganisation HaSchomer aufbaute. Nach einer zwischenzeitlichen Migration wurde er erster Sekretär und Vorsitzender der 1920 gegründeten Gewerkschaft Histadrut. Er war dann auch am Aufbau der Haganah, des militärischen Arms des Zionismus in Palästina, beteiligt. 1930 gründete Ben-Gurion die Mapai, eine zionistisch-sozialistische Arbeiterpartei.
Der Zionismus wurzelt aber zutiefst im Judentum, das sich über die Jahrtausende seit der Migration jüdischer Bevölkerung im gesamten römischen Reich eben als monotheistischer Glauben vielfach integriert hat.
Der Zionismus entwickelte sich im gegenseitigen Hochschaukeln der religiösen Intolerenz zwischen gläubigen Christen und Muslimen auf der einen und gläubigen Juden auf der anderen Seite, befeuert durch die behauptete "Nichtzugehörigkeit" zu dem Volk, in dem die jüdischen Gemeinden ihre Heimat hatten.
Um es etwas polemisch zu sagen:
Diejenigen, die Juden noch nach Jahrhunderten der Migration als eigenes Volk bezeichneten, haben mit zur mangelnden Integration bzw. zur Ausgrenzung beigetragen, das dann in den entsetzlichen Judenverfolgungen, von Vertreibung der Juden aus Spanien (1492) bis hin zur Schoah führten.
Solche Verfolgungen dürfen nie wieder geschehen. Weder an Juden, noch an Muslimen oder Christen.

Die nächsten Ausführungen sind mehr theologischer Natur, daher OT-on :!:
Und das beste Mittel dazu ist das Verständnis, dass das "Judentum" eine der drei großen (die älteste) monotheistischen Weltreligionen ist. Und dass sich die beiden jüngeren Religionen ausdrücklich auf diese "Mutterreligion" berufen.
Um es noch einmal polemisch auszudrücken:
Das Christentum ist nichts anderes als eine groß gewordene jüdische Sekte.
Und ähnliches könnte man vom Islam auch behaupten.

Allerdings - religiöse Debatten sind hier im Forum verpönt, daher
OT-out :!:


Re: Israel - Nightwatch - 08.10.2013

Das dürfte mal wieder ein Tiefpunkt des Forums und klarer Beleg für deine politischen Tendenzen sein.
Die Juden sind am Holocaust selber schuld.
Klasse.


Re: Israel - Schneemann - 08.10.2013

Zitat:Der Zionismus entwickelte sich im gegenseitigen Hochschaukeln der religiösen Intolerenz zwischen gläubigen Christen und Muslimen auf der einen und gläubigen Juden auf der anderen Seite, befeuert durch die behauptete "Nichtzugehörigkeit" zu dem Volk, in dem die jüdischen Gemeinden ihre Heimat hatten. [...] Diejenigen, die Juden noch nach Jahrhunderten der Migration als eigenes Volk bezeichneten, haben mit zur mangelnden Integration bzw. zur Ausgrenzung beigetragen...
Das ist so nicht korrekt. Die Behauptung, die Ausgrenzung sei durch die Nichtzugehörigkeit entstanden, ist falsch. So lassen sich etwa in Spanien vor der Ausweisung 1492 viele Beispiele finden, in denen Juden versuchten, sich der inquisitorischen Verfolgung, nachdem sich die Inquisition nach der Reconquista und dem Kampf gegen die Mauren auf die jüdischen Gemeinden zu konzentrieren begann, dadurch zu entziehen, indem sie sich noch mehr anpassten und teils sogar zum Christentum konvertierten, um der Verfolgung zu entgehen. Genützt hat dies nichts, im Gegenteil: Je mehr sich die Juden in Spanien versuchten anzupassen, umso mehr hat man ihnen gegenüber seitens der katholischen Kirche den Verdacht vorgebracht, es seien alles nur Scheinanpassungen, was dann wiederum die Verfolgung durch die Inquisition noch mehr intensivierte. Egal also, wie sich die jüdischen Gemeinden verhielten, egal ob als eigene Volksgruppe, als Religionsgemeinde oder als der Krone treue Konvertiten zum Katholizismus, sie wurden Ziel der Verfolgung.

Dieses notgedrungen verzweifelte Verhalten, sich anzupassen, ja der Wunsch, akzeptiert in den jeweiligen Gesellschaften zu werden, taucht auch vielen anderen Staaten auf. In Frankreich vor dem Dreyfus-Skandal war es ebenso, ebenso im Deutschen Reich in der Kaiserzeit und in Russland. Genützt hat es nichts. Juden konnten sich zumeist noch so sehr mit dem jeweiligen Staat identifizieren, sich für ihn einsetzen, am Ende stand doch wieder oft dennoch der alte Ausgrenzungsreflex, wobei dieser indessen von Staat zu Staat völlig unterschiedliche Wurzeln hatte, die beileibe nicht immer was mit einem Volksgedanken am Hut hatten (z. B. gab es etwa religiöse Wurzeln [Spanien], eine Sündenbock-Suche und Unterstellungen hinsichtlich einer Finanz-Verschwörung [Zarenreich, Frankreich], einen "völkischen" Rassismus [Deutsches Reich] und auch eine geopolitisch-religiöse Feindschaft [Nahost]). Insofern hatte die Verfolgung auch nichts mit einem Hochschaukeln im gegenseitigen Sinne (wo soll dies denn bitte historisch betrachtet auch geschehen sein?) oder mit einem wie auch immer gedeuteten Volksbegriff zu tun, so wie du implizierst, sondern mit dem Intoleranzproblem der jeweiligen Gesellschaften und Staaten, die von Fall zu Fall das jeweils passendste Verfolgungsargument zur Ausgrenzung konstruierten.

Schneemann.


Re: Israel - Exirt - 08.10.2013

Also das mit dem Nahen Osten solltest du nochmal untermauern Schneemann.
Es gab dort nie viel Streit und den den es jetzt gibt ist zwischen ZIONISTEN und ARABERN. Nicht zwischen den beiden Religionen.


Re: Israel - Erich - 08.10.2013

Schneemann schrieb:...
Das ist so nicht korrekt. Die Behauptung, die Ausgrenzung sei durch die Nichtzugehörigkeit entstanden, ist falsch. So lassen sich etwa in Spanien vor der Ausweisung 1492 viele Beispiele finden, in denen Juden versuchten, sich der inquisitorischen Verfolgung, nachdem sich die Inquisition nach der Reconquista und dem Kampf gegen die Mauren auf die jüdischen Gemeinden zu konzentrieren begann, dadurch zu entziehen, indem sie sich noch mehr anpassten und teils sogar zum Christentum konvertierten, um der Verfolgung zu entgehen. Genützt hat dies nichts, im Gegenteil: Je mehr sich die Juden in Spanien versuchten anzupassen, umso mehr hat man ihnen gegenüber seitens der katholischen Kirche den Verdacht vorgebracht, es seien alles nur Scheinanpassungen, was dann wiederum die Verfolgung durch die Inquisition noch mehr intensivierte. Egal also, wie sich die jüdischen Gemeinden verhielten, egal ob als eigene Volksgruppe, als Religionsgemeinde oder als der Krone treue Konvertiten zum Katholizismus, sie wurden Ziel der Verfolgung.
....

Schneemann.
das Argument überzeugt mich


Re: Israel - Erich - 18.10.2013

Sind die Juden ein Volk oder eine Religionsgemeinschaft?
Diese Frage beschäftigt mich in der letzten Zeit öfter, und sie ist ja auch hier im Forum diskutiert worden.

Wie ist das mit den äthiopischen Juden, den kurdischen Juden, die im nördlichen Mesopotamien und Ostanatolien siedeln (siedelten). Sie führen sich auf die Juden zurück, die die Assyrer nach Vernichtung des Nordreichs Israel deportierten (Quelle).
Und was ist mit den "Bergjuden" aus der gleichen Region? Sie bezeichnen sich selbst Juhuro (= Juden), sprechen (wie die Kurden) eine dem Iranischen verwandte Sprache und leben im Kaukasus (Dagestan). Die Sprache der Bergjuden ist eng mit der tatischen Sprache oder identisch. Die Taten, ebenfalls in Dagestan und Umgebung beheimatet, sind (oder waren) mehrheitlich schiitische Muslime. Gelegentlich wurden die Taten auch schlicht Perser genannt und der Name der Tadschiken soll quasi das gleiche bedeuten - nur eben weiter östlich. Iranische Sprachen sind unter den Juden Asiens quasi vorherrschend gewesend. Es gab eine ganze Reihe iranischer Judensprache, verbreitet vom Kaukasus im Westen bis nach Usbekistan und Afghanistan im Osten - hierzu die englische Wikipedia. Sind sind sie möglicherweise ein Rest jener Juden, der 597 v. Chr. vom babylonischen König Nebukadnezar II. nach Babylon verschleppt wurden und in Babylon blieben?

Sind diese Juden also nicht Semiten, sondern eng mit den Iranern oder Persern verwandt? Wäre der Konflikt zwischen Israel und Iran nichts weiter als ein "Geschwisterkrieg" zwischen Verwandten, deren Verwandtschaft tief verschüttet ist?

Und was ist mit den Chazaren, die im 8./9. Jh. zum Judentum konvertierten und iranischen oder turanischen (Göktürken) Ursprungs sein sollen? Gehören die jetzt auch zum "Volk der Juden"? Sind die Karäer (karaim. Къарайм/Qarajm, Къараймлер/Qarajmler) die sich einerseits als jüdische Religionsgemeinschaft, andererseits als eigene Volksgruppe innerhalb der Turkvölker verstehen, auch Juden - und zu welcher Volkgsgruppe gehören diese Karäer oder auch die Krimtschaken? Zu einem Volk der Juden, zu den Turkvölkern - vielleicht als Abkömmlinge von den Chasaren?

Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr wachsen meine Zweifel, Juden als Volk, also als eine Gemeinschaft oder Großgruppe von Menschen derselben Ethnie mit gleicher Sprache und Kultur zu verstehen.
Allerdings gibt es die alte Definition, die "Volk" als Menschenmenge bezeichnet - und das "einfache Volk" dann auch noch als abwertende Bezeichnung gegenüber eine herausgehobenen Elite. Ist diese Bezeichnung im jüdischen Selbstverständnis (also jüdisches Volk als Menschenmenge verstanden) eingeflossen - und hat sich dann der Inhalt des Begriffes "jüdisches Volk" gewandelt?


Re: Israel - Nelson - 18.10.2013

Die Selbstbezeichnung als Jehudim taucht jedenfalls zuerst im Buch Esther auf, also in Nachexilischer Zeit, als das Volk im persischen Großreich zerstreut lebte. Zwar sind die Geschehnisse dieses Werkes Fiktiv, aber die bereits von aramaisierenden Formen durchsetzte Grammatik könnte vielleicht darauf hinweisen, das die erst im Exil in Babylon so entstandene Schriftkultur der Hebräer im Kontakt mit anderen Kulturen erste Veränderungen durchlief. Die Geschichte der Esther und ihres Hohem Mordechai mag auch einen Hinweis darauf geben, das die Jehudi zu persischer Zeit nicht zwangsläufig durch Kleidung, Sprache oder Aussehen unbedingt als solche zu erkennen waren.


Re: Israel - Schneemann - 19.10.2013

Im Gesamtkontext seitens Erich ein sicherlich durchaus sehr interessanter Denk- und Diskussionsansatz. Ich möchte aber hierbei explizit darum ersuchen, derartige Diskussionen und im Ansatz auch Diskursmuster hinsichtlich historischer Ab- und Herkunft des jüdischen Volkes bzw. der jüdischen Glaubensgemeinschaft bitte in den Geschichteteil des Forums zu verlagern.

Bei Bedarf und Interesse am Kontext bin ich gerne bereit, dort einen diesbezüglichen Strang aufzubauen und zu moderieren.

Schneemann.