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Aufstands- und Partisanenbekämpfung (COIN) - Druckversion

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Re: Aufstands- und Partisanenbekämpfung - phantom - 11.01.2014

Ich denke es braucht eine Pause, wir kommen da nicht weiter. Die Diskussion ist an einem Punkt, wo wir nur noch sinnlos aneinander vorbei schreiben.


Re: Aufstands- und Partisanenbekämpfung - Quintus Fabius - 11.01.2014

Genau genommen schreiben wir nicht aneinander vorbei: wir beharren nur absolut auf unseren jeweiligen Standpunkten, weshalb es natürlich nie enden würde.

Du hast mir im Laufe der Zeit dabei deine Doktrin und Strategie ebenso klar gemacht wie ich umgekehrt vermutlich dir klar gemacht habe, wie meine Doktrin und Strategie aussieht.

Und da du meine Strategie grundsätzlich ablehnst, stagniert dass ganze natürlich. Noch darüber hinaus verwenden wir verschiedene Definitionen und noch eins drauf: sehen wir den Feind moralisch/ethisch verschieden.


Nur zu einem Punkt noch: dem Reden mit den Einheimischen:

Eine Analyse von Mattis (einem General des USMC der im Irak im Bereich CI wie CT sehr erfolgreich war) zeigt auf: dass die besten Counterinsurgenten viel Zeit mit Reden zubrachten. Die erfolgreichen Offiziere und Truppen unter ihrem Kommando die große Erfolge in der Bekämpfung sowohl von Terroristen als auch von Aufständischen hatten, verbrachte alle ohne Ausnahme viel Zeit damit, mit den Einheimischen zu reden.

Mattis stellte zudem heraus, dass die drei wesentlichsten Faktoren nach den Erfahrungen im Irak wie in Afghanistan folgende waren:

1 maximale Flexibilität

2 sehr straffe Disziplin der eigenen Truppen durch eine sehr strikte Führung

3 Schaffung von fähigen einheimischen Sicherheitskräften


Wenn man die vielen NATO Truppenführer der letzten Jahre in Bezug auf ihre Leistung hin beurteilt, dann war der erfolgreichste eigentlich Casey im Irak. Casey setzte mehr auf die Go-Long Option und opponierte die Go-Out oder Go-Big Option. Und er setzte primär auf Counter-Force für seine eigenen Truppen, kombiniert mit dem Aufbau fähiger einheimischer Sicherheitskräfte. Diese Kombiantion erwies sich im Irak als wesentlich erfolgreicher als jeder andere Ansatz.

Nun will gerade ich den Fall Irak nicht überbewerten (es darf im Partisanenkrieg keine Axiome geben), aber eine ganze Reihe von Gründen spricht für Caseys Doktrin.

Beschließend will ich aber betonen: dass es gerade eben keine Axiome geben darf. Das heißt: dass in bestimmten Fällen deine Doktrin: Sicherung der Zentren und Einsatz von Drohnen im Umland durchaus richtig und die einzig mögliche und sinnvolle sein kann.

Daher will ich dir hier in diesem Punkt zugestehen: dass es im Partisanenkrieg keine Doktrin geben darf und dass deshalb auch deine Strategie in bestimmten Fällen richtig sein kann.

Jeder solche Konflikt braucht eine individuelle Lösung !!

Die Frage ist allerdings: wie man mit der Differenz zwischen dem Gebotenen, und dem möglichen umgeht.


Re: Aufstands- und Partisanenbekämpfung - Quintus Fabius - 11.01.2014

Allgemein:

Die Konzentration auf die Counter-Force bietet folgende Vorteile:

1 man ist ständig woanders und daher für die Aufständischen viel schwerer angreifbar als stationär für Security eingesetzte Einheiten

2 Man schafft dadurch überhaupt erst die Voraussetzungen, unter denen die üblichen Einheimischen Sicherheitskräfte das jeweilige Gebiet selbst sichern können

3 man ist in der ganzen Fläche präsent (wenn auch nicht überall zugleich) und kann daher den Gegner viel mehr angreifen. Noch darüber hinaus zwingt man den Gegner so zur Bewegung (Ausweichen) und kann ihn daher viel eher entdecken und angreifen und schwächen

4 die Konzentration auf die Counter-Force verhindert die Zersplitterung unserer beschränkten ! Kräfte und führt damit zu einer jeweils absolut überlegenen Kräftekonzentration

5 aus dem gleichen grund ist die Logistik und Versorgung vereinfacht.

6 Man tötet auf diese Weise mehr Aufständische. Wenn es zugleich gelingt wenig Zivilisten dabei zu töten, führt dies zwingend zur Niederlage des Feindes

7 Man hat kein Problem mit der Frage der Besetzung des Landes, da man es nicht besetzt, also für die Einheimischen gar nicht als Besatzungsmacht greifbar ist

8 man kann viel eher das eigene Gesicht wahren und abziehen indem man den einheimischen sicherheitskräften die Schuld am Scheitern zuschieben kann

9 die einheimischen Eliten und Sicherheitskräfte können viel eher ihr Gesicht wahren, weil sie substantielle Aufgaben selbst wahrnehmen

10 die Aufklärung ist im Schnitt besser - insbesondere bei Verwendung von uav (weil man für den Gegner unberechenbarer wird)

11 Die Moral der eigenen Truppen ist im Schnitt besser, insbesondere lässt die Leistung der eigenen Truppen weniger nach

12 die Kriegskosten können geringer ausfallen (je nach Szenario)

(und mal wieder keine Zeit mehr Sad


Re: Aufstands- und Partisanenbekämpfung - Patriot - 12.01.2014

Ich möchte an dieser Stelle den User phantom darum bitten in Zukunft auf jegliche Fäkalsprache zu verzichten. Wenn Quintus das bisher nicht getan hat, dann deswegen, weil aktiv an Diskussionen teilnehmende Moderatoren im jeweiligen Strang, der Fairness wegen, nicht in die Posts ihrer Diskussionspartner eingreifen bzw. bei Möglichkeit nicht in den restriktiven Mod-Modus wechseln :wink:

Gruß
Patriot


Re: Aufstands- und Partisanenbekämpfung - Shahab3 - 24.01.2014

Video: <!-- m --><a class="postlink" href="http://youtu.be/CE0UMHLjFoI">http://youtu.be/CE0UMHLjFoI</a><!-- m -->
Zitat:IRGC targeting PKK terrorists
Islamic Revolutionary Guard Corps engaging MOSAD/CIA backed terrorists on the Northwestern borders with Iraq in an area now nicknamed Jafarkhan after the commander of the Saberin special forces unit that fought face-to-face with the terrorists to their last breath.

Iranian units that participated were Fateh 48th brigade and Saberin special forces unit from Tehran. As requested by the commander of Fateh 48th brigade, PKK terrorists retreated with humility from Iranian territories and borders.

Von Partisanen-Seite:
Video:
Böser Hinterhalt für Konvoi: <!-- m --><a class="postlink" href="http://youtu.be/s0kWZqh67xw">http://youtu.be/s0kWZqh67xw</a><!-- m -->
Beschuss einer Stellung: <!-- m --><a class="postlink" href="http://youtu.be/IGPfD7uf__U">http://youtu.be/IGPfD7uf__U</a><!-- m -->


Re: Aufstands- und Partisanenbekämpfung - Shahab3 - 26.01.2014

Weitere Aufnahmen Pasdaran vs PKK/PJAK: [...]

Um Ärger vorzubeugen: Achtung es werden in kurzen Sequenzen auch tote Körper gezeigt.

Mod.-Anmerkung: Fremdsprachiger Link zu PKK/PJAK wurde entfernt. Bitte die Sprachregularien im Auge behalten. Danke.


Re: Aufstands- und Partisanenbekämpfung - Quintus Fabius - 26.01.2014

Zitat:Islamic Revolutionary Guard Corps engaging MOSAD/CIA backed terrorists on the Northwestern borders with Iraq in an area now nicknamed Jafarkhan

Tatsächlich handelt es sich vermutlich eher um Machtkämpfe um die Kontrolle des Drogenhandels in der Region. Es fließt ja in gigantischen Mengen Heroin und Rohopium durch den Iran in die Türkei und von dort dann nach Europa und die PKK steckt inzwischen tief im Drogenhandel mit drin.

Aber ein interessantes Streiflicht: die Pasdaran kämpfen ja nicht nur in dieser Region gegen Partisanen, auch im Osten das gleiche Bild (Belutschen). Und auch hier spielt der Drogenschmuggel eine erhebliche Rolle.

Selbst der Kampf gegen rein kriminelle Schmugglerbanden hat inzwischen das Niveau eines massiven Partisanenkrieges angenommen und es sind in diesem Drogenkrieg allein im letzten Jahr mehr iranische Sicherheitskräfte getötet worden als Bundeswehrsoldaten insgesamt innerhalb der letzten Jahre gefallen sind.

Wenn man sich nun den Drogenkrieg in Mexiko ansieht, und die Kämpfe brasilianischer Sicherheitskräfte in den Favelas gegen die dort herrschende Drogenmafia, erhält die Aufstands- und Partisanenbekämpfung in der Moderne noch einen weiteren Aspekt:

den "Partisanen"krieg gegen die organisierte Kriminalität, insbesondere gegen die Drogenschmuggler. Das Ausmaß der Kämpfe gegen die OK wird heillos unterschätzt: so ist Mexiko inzwischen in Teilen deutlich gefährlicher als Afghanistan, und sind dort mehr Zivilisten im Drogenkrieg umgekommen als in Afghanistan getötet wurden. Im Iran entwickelt sich die Lage ähnlich.

Das ganze führt zu einem wesentlichen Punkt:

Der klaren Differenzierung von Aufstandsbekämpfung und Partisanenbekämpfung. Beide können die exakt gleiche Form des Guerillakrieges haben, aber trotzdem grundverschieden sein. Daher braucht man meiner Ansicht nach unterschiedliche Strategien für die Bekämpfung.

Die Kämpfe gegen die OK die Kriegsartiges Niveau annehmen bzw sich dem militärischen Horizont nähern, sollte man daher durchaus als Partisanenkrieg verstehen und mit den entsprechenden Mitteln und Methoden angehen.

Die derzeitigen COIN Strategien, insbesondere die von Patreus et cal verfassten Konzepte dazu, richten sich demgegenüber zu sehr auf eine reine Aufstandsbekämpfung, und müssen daher als COIN Strategie gegen die OK oder andere Partisanen die keine Aufstandsbewegung represäntieren scheitern. Der ganze Hearts- and Mind Ansatz ist daher in diesem Kontext eben völlig falsch, und damit auch die Ausrichtung unserer Streitkräfte auf diesen Ansatz.

Die Erfahrungen der Mexikaner, aber insbesondere der Brasilianer und Iraner in den letzten Jahren bzw der nächsten Zeit werden hier wertvolle Aufschlüsse bieten, welche Konzepte sich als tauglich und welche sich als untauglich heraus stellen werden.


Re: Aufstands- und Partisanenbekämpfung - srg - 26.01.2014

Hier müsste man erst einmal grob in drei Szenarien unterscheiden:

1. Klare Mehrheit der Bevölkerung sympathisiert mit den Auftständischen/Partisanen.

2. Klare Mehrheit der Bevölkerung lehnt die Auftständischen/Partisanen ab.

3. Unklare Situation, Sympathie/Antipathie hält sich in etwa die Waage.


Re: Aufstands- und Partisanenbekämpfung - Shahab3 - 26.01.2014

Da Quintus vermutete, die Videos würden die übliche Arbeit iranischer Grenzschützer zeigen, etwas mehr zum Hintergrund der von mir geposteten Videos:

Zitat:July offensive

Iran started its offensive against the PJAK on July 11, after an escelation of PJAK activity in North-Western Iran[1] and began shelling PJAK positions in Northern Iraq on July 16.[16] On July 17, the IRGC killed at least five PJAK members in a raid that destroyed one of the group's headquarters in north-western Iran. PJAK claimed 21 Iranian soldiers were killed in the clashes.[17] Iranian authorities on the other hand confirmed their casualties at 1 killed and 3 injured, while claiming to have inflicted "heavy losses" on the rebels.[18] They announced that they had captured three rebel bases, one of which was identified as Marvan and was said to be the leading PJAK camp in the region.[19]

On July 20, PJAK killed 5 IRGC members and one IRGC commander.[citation needed] IRGC forces killed 35 PJAK fighters and captured several others during clashes on July 25.[8] By July 26, more than 50 PJAK fighters and 8 Revolutionary Guards were reported to had been killed[16] and at least 100 PJAK fighters had been wounded according to Iranian sources,[20][verification needed] while over 800 people had been displaced by the fighting according to the International Committee of the Red Cross.[21] At least 3 civilians were killed.[11] During clashes in the Jasosan and Alotan heights the next day, Iranian forces claimed to have killed over 21 PJAK fighters, confirming that two IRGC forces had been killed and two had been injured during the clashes.[22]

On August 1, at request of the Kurdistan Regional Government, Iran halted its offensive and gave PJAK forces a one month grace period during the Muslim holy month of Ramadan to retreat all their forces from Iranian territory.[23]
...
On September 29, 2011, Iranian sources reported that PJAK officially surrendered with 180 deaths and 300 injured,[2] accepting Iranian demands of retreating one mile from the Iranian border and ceasing armed operations.[46] Iranian ambassador to Iraq Hassan Danaei-Far declared that they had cleared all areas of PJAK activities and that they had reached an agreement with the Iraqi central government and the Kurdistan Regional Government, in which they vowed to keep the border peaceful.[3]

In October 2011, President of Iraqi Kurdistan Massoud Barzani stated that the border between Iran and Iraqi Kurdistan would from now on be safe, after an agreement with PJAK.[4] It was however clear that PJAK withdrawal was made for redeplyment purposes along the Iran-Iraq border. The cease-fire collapsed on late December 2011, when a clash in Baneh between IRGC resulted in mortal casualties.
<!-- m --><a class="postlink" href="http://en.wikipedia.org/wiki/2011_Iran%E2%80%93Iraq_cross-border_raids">http://en.wikipedia.org/wiki/2011_Iran% ... rder_raids</a><!-- m -->

Trotz der hohen Verluste war die Operation weitestgehen erfolgreich, da es seitdem keine größeren PJAK Aktivitäten auf iranischer Seite mehr gab.


Re: Aufstands- und Partisanenbekämpfung - phantom - 29.01.2014

Quintus Fabius schrieb:Genau genommen schreiben wir nicht aneinander vorbei: wir beharren nur absolut auf unseren jeweiligen Standpunkten, weshalb es natürlich nie enden würde.
Stimmt. Ich würde diese Konflikte wenn es möglich ist, meiden. Oder halt auch abziehen wie ein IKRK wenn sich die Partei die man unterstützen möchte, so wenig kooperativ und initiativ zeigt. Es macht einfach keinen Sinn wenn kein echter Wille in der eigenen Bevölkerung zur Korrektur ersichtlich ist. sollen sie es selber lösen ... denke es braucht auch den Druck eines vorzeitigen Abzugs.

Zitat:Und da du meine Strategie grundsätzlich ablehnst, stagniert dass ganze natürlich. Noch darüber hinaus verwenden wir verschiedene Definitionen und noch eins drauf: sehen wir den Feind moralisch/ethisch verschieden.
Wenn ich jemandem helfe, muss dessen Willen zur Selbsthilfe klar ersichtlich sein. Wenn das nicht vorhanden ist, und der frischfröhlich die Fronten wechselt, dann muss man abziehen und keinen Partisanenkrieg führen.

Zitat:Eine Analyse von Mattis (einem General des USMC der im Irak im Bereich CI wie CT sehr erfolgreich war) zeigt auf: dass die besten Counterinsurgenten viel Zeit mit Reden zubrachten. Die erfolgreichen Offiziere und Truppen unter ihrem Kommando die große Erfolge in der Bekämpfung sowohl von Terroristen als auch von Aufständischen hatten, verbrachte alle ohne Ausnahme viel Zeit damit, mit den Einheimischen zu reden.
Dem würde ich zustimmen. Da müsste man als Erstes die Sprache schnell und effizient erlernen, damit man selbst auch ein paar Sätze reden kann und nicht ständig auf einen Dolmetscher angewiesen ist. Dafür braucht es Geld. Die Kommunikation ist sicher wichtiger als eine Kalibervergrösserung beim Sturmgewehr. Wink

Zitat:1 maximale Flexibilität
Und Nachhaltigkeit Big Grin Wink ... das sind die Schlagwörter die nichts bringen, man muss konkret Sachen bestimmen was zu machen ist. Es kann doch nicht so sein, dass jeder Soldat seine eigene Erfahrungen sammeln muss. Man braucht schon einen Leitfaden in der Kommunikation mit den Einheimischen, das braucht Ausbildung / Einfühlungsvermögen / Psychologie ... muss man auch lernen / kostet.

Zitat:2 sehr straffe Disziplin der eigenen Truppen durch eine sehr strikte Führung
Am Ende zählt was gemacht wird, die Führung ist wichtig, wird aber generell stark überbewertet. Wenn du führst ist noch nichts ausgeführt. Das Entscheidende ist das was auf dem Platz geschieht. Wink


Re: Aufstands- und Partisanenbekämpfung - Quintus Fabius - 29.01.2014

Shahab3:

Vielen Dank. Sehr interessant.

phantom:

Zitat: Es macht einfach keinen Sinn wenn kein echter Wille in der eigenen Bevölkerung zur Korrektur ersichtlich ist.

Die Bevölkerung ist völlig irrelevant. Es zählen meiner Meinung nach nur die Eliten. Ich kann aber deiner Aussage dahin gehend zustimmen, dass zumindest ein Teil der Eliten einen echten Willen an unserer Seite zu stehen haben muss, wenn man erfolgreich sein will.

Zitat:denke es braucht auch den Druck eines vorzeitigen Abzugs

Das würde ich nicht so verallgemeinern. Das hängt allein von den Umständen ab. Es kann aber wirklich unter bestimmten Umständen ein sehr wirksames Mittel sein.

Zitat:Wenn ich jemandem helfe, muss dessen Willen zur Selbsthilfe klar ersichtlich sein. Wenn das nicht vorhanden ist, und der frischfröhlich die Fronten wechselt, dann muss man abziehen

Normalerweise sind die Eliten auf die man trifft deutlich heterogener. Aber nehmen wir mal die Aufstände auf den Phillipinen gegen die USA: dort war es so wie du es beschreibst und die USA haben trotzdem gewonnen. Wie schon geschrieben hängt es also von den Umständen ab und man kann keine so eindeutigen Aussagen dazu treffen.

Zitat:das sind die Schlagwörter die nichts bringen, man muss konkret Sachen bestimmen was zu machen ist.

Vollste Zustimmung. Das ist absolut wesentlich.

Zitat:die Führung ist wichtig, wird aber generell stark überbewertet. Wenn du führst ist noch nichts ausgeführt. Das Entscheidende ist das was auf dem Platz geschieht.

Dies sehe ich gerade im assymetrischen Krieg anders. Die Führung ist im assymetrischen Krieg wesentlich. Die Ausführung hängt dort ebenfalls stärker von der Führung ab als in anderen Bereichen.

Das was auf dem Platz geschieht, ist im assymetrischen Krieg mehr als in anderen Dingen ein Produkt der Führung und wird daher entscheidend von ihr beeinflusst.


Re: Aufstands- und Partisanenbekämpfung - Shahab3 - 29.01.2014

Phantom schrieb:Da müsste man als Erstes die Sprache schnell und effizient erlernen, damit man selbst auch ein paar Sätze reden kann und nicht ständig auf einen Dolmetscher angewiesen ist. Dafür braucht es Geld.

Dafür braucht es Geld? Dieses Argument kommt von Dir? :roll: Ein VHS Kurs z.B. Dari A1 im Umfang von ca. 20UE kostet ca. 100 Euro inkl. Lehrbuch. Der Anschaffungspreis einer Heron Drohne liegt bei 10.000.000 Euro. Daraus folgere ich, dass man für den reinen Anschaffungspreis nur eines einzigen dieser UAV, mindestens 100.000 Soldaten in den Sprachkurs Dari A1 schicken kann, oder 50.000 auf Level A2/B1 oder immernoch hunderte Soldaten auf annähernd muttersprachliches Niveau bringen. Das hätte sicherlich einen Effekt. Zwei von ehemals drei dieser im Ausland gekauften Heron der Bw wurden meines Wissens nach abgeschossen. Die reinen Entwicklungskosten der amerikanischen Predator Drohne betrugen >2.000.000.000 Euro. Zugegeben hinkt der Vergleich in der Sache, aber das ist sicher keine grundsätzliche Frage des Geldes.

Quintus Fabius schrieb:Die Bevölkerung ist völlig irrelevant. Es zählen meiner Meinung nach nur die Eliten. Ich kann aber deiner Aussage dahin gehend zustimmen, dass zumindest ein Teil der Eliten einen echten Willen an unserer Seite zu stehen haben muss, wenn man erfolgreich sein will.

Da bist Du meiner Meinung nach auf dem Holzweg. Etablierte Eliten fallen auch schnell in sich zusammen. Wie schnell sie das tatsächlich tun, entscheidet sich in erster Linie über die Gunst der Bevölkerung. Über eine gewisse Zeit erfolgreich eine Gewaltherrschaft unbeliebter Eliten zu halten ist möglich, aber nie wirklich sattelfest. Das ist eine Einladung für Partisanen. Es verhält sich also damit in meinen Augen genau umgekehrt zu dem, so wie ich Dich verstanden habe. Gerade im Partisanenkrieg ist in meinen Augen die Bevölkerung entscheidend, nicht irgendwelche Eliten die willig erscheinen. Das kann so nicht funktionieren. Wenn die willigen Eliten das Volk gegen sich haben, bilden sich Partisanen und dann funktionieren sie auch. Haben die Partisanen aber das Volk gegen sich, dann sind sie vergleichweise ungefährlich.


Re: Aufstands- und Partisanenbekämpfung - phantom - 30.01.2014

Shahab3 schrieb:Dafür braucht es Geld? Dieses Argument kommt von Dir? :roll:
Was bitte ist dein Problem? Ich sag ja dass ich es als sinnvoll erachte (muss vielleicht auch mal den Zusammenhang lesen). Man muss die benötigten Mittel bereitstellen und halt nicht jede im Arsenal befindliche Waffe durch ein grosskalibrigere Variante ersetzen muss. Es kostet alles und es gibt nur einen Topf aus dem man sich bedienen kann.

Zitat:Ein VHS Kurs z.B. Dari A1 im Umfang von ca. 20UE kostet ca. 100 Euro inkl. Lehrbuch.
Damit hast du doch keine Sprache gelernt, da kannst du dich vielleicht als Clown profilieren. Ausbildung ist nie günstig, in erster Linie ist es natürlich der Arbeitsausfall der die Produktivität schmälert und die Kosten erhöht.

Zitat:Der Anschaffungspreis einer Heron Drohne liegt bei 10.000.000 Euro. Daraus folgere ich, dass man für den reinen Anschaffungspreis nur eines einzigen dieser UAV, mindestens 100.000 Soldaten in den Sprachkurs Dari A1 schicken kann, oder 50.000 auf Level A2/B1 oder immernoch hunderte Soldaten auf annähernd muttersprachliches Niveau bringen.
Du glaubst ja selbst nicht, dass du dich mit 200 Euro auf annähernd muttersprachliches Niveau bringen. Du bist doch in der Zeit völlig unproduktiv, das kostet den Staat ... du könntest durch diese x-Mannstunden Ausfall, x-Soldaten einsparen. Das ist doch nicht nur dieses Sprachbüchlein und die VHS-Kassette, eiei. In der Zeit wo du übst, kannst du nicht produktiv sein = diesen Stundenlohn musst du 1:1 rechnen. Auch der Quintus vergisst immer seinen Lohn, seine Pension, Unterkunft, Ausrüstung ... alles was der Staat für einen Soldaten zahlen muss. Sicher über 200'000 Euro im Jahr.

Zitat:Die reinen Entwicklungskosten der amerikanischen Predator Drohne betrugen >2.000.000.000 Euro. Zugegeben hinkt der Vergleich in der Sache, aber das ist sicher keine grundsätzliche Frage des Geldes.
Nein der Vergleich hinkt nicht, man muss diese Dinge immer durchrechnen, völlig legitim! Wegen Prototypendrohnen die nie oder nur in Kleinserien gehen, lohnt sich die Geschichte einfach nicht. Da wäre die Bodenaufklärung, halt mit mehr Infanterieverlusten sicher deutlich günstiger und effektiver. Kann man aber aus einer grösseren Serie Maschinen kaufen, entfallen ein Grossteil der horrenden Entwicklungskosten und man hat unter dem Strich mit den UAVs ein besseres Gesamtresultat (weniger Verluste / mehr Motivation / vielleicht sogar die geringeren Kosten durch die geringeren Verluste) für die eigene Truppe.

@Quintus
Zitat:Die Bevölkerung ist völlig irrelevant. Es zählen meiner Meinung nach nur die Eliten. Ich kann aber deiner Aussage dahin gehend zustimmen, dass zumindest ein Teil der Eliten einen echten Willen an unserer Seite zu stehen haben muss, wenn man erfolgreich sein will.
Meiner Meinung nach, ist das Volk durch die Medien, Smartphones unabhängiger denn je von einer elitären Ideologie. Das zeigen die ganzen Protestbewegungen in Nordafrika, die Bürger sind viel aufgeklärter als früher. Afghanistan ist sicher untypisch, weil dort die überwiegende Mehrzahl auf dem Land lebt und weitestgehend abgeschnitten von unabhängiger Presse ist. Deshalb haben die "local Heroes" vermutlich auch einen derart hohen Einfluss.

Zitat:Dies sehe ich gerade im assymetrischen Krieg anders. Die Führung ist im assymetrischen Krieg wesentlich. Die Ausführung hängt dort ebenfalls stärker von der Führung ab als in anderen Bereichen.
Ich vergleich das immer mit einem Fussballteam. Die erfolgreichsten Teams sind die, bei denen die Stars auch nach hinten für die Defensive arbeiten. Wenn du 11 hast die sich auch darum kümmern, dass du keine Tore erhältst, dann hast du die grösste Chance zu gewinnen. Und ausgehend von dem Ziel welches sich das Team zwingend setzen muss, gibt es dann die einzelnen Aufgaben die ausnahmslos jeder Spieler zu erledigen hat. Und so ist es auch beim Militär, du kannst jeden Tag ohne Ende "führen", wenn du die Logik hinter deinem Tun nicht vermitteln kannst, bist du dauernd am Schreien/"Führen".

Zitat:Das was auf dem Platz geschieht, ist im assymetrischen Krieg mehr als in anderen Dingen ein Produkt der Führung und wird daher entscheidend von ihr beeinflusst.
Die Mechanismen sind einfach, da brauchst du kein Guru sein. Die Fühungskräfte sind in meinen Augen völlig überbewertet, würden sie vermehrt ihr Ziel einer Aktion erklären, würde es gescheiter kommen. Ich bin eher der Meinung dass viel zu viel geführt und zu wenig Absicht/Ziel erklärt wirkt. Wenn man die Ziele einer Aktion erklärt, ergibt sich für den Soldaten in der Regel auch das sinnvolle Verhalten. Führung ist häufig ein reiner Akt der Selbstbefriedigung ... die Hälfte der Hierarchien könnte man problemlos abschaffen, das Resultat wäre ganz bestimmt besser.

Erklärt man einem Arbeiter, dass wir einen Auftrag gewinnen können wenn er eine seine Arbeit gut ausführt, dann ist er viel motivierter, als wenn du ihm einfach ein Korsett von Vorgaben machst. Weniger ist in dem Fall mehr.


Re: Aufstands- und Partisanenbekämpfung - Quintus Fabius - 31.01.2014

phantom:

Du schreibst an mir vorbei, weil wir beide ein unterschiedliches Verständnis von dem haben, was Führen ist. Wir hätten dieses also erstmal definieren müssen.

Führen und Dezentralisation, striktes Führen und Auftragstaktik usw sind keine Widersprüche. Es ist eine Frage, wie man Führung versteht, welche Aufgaben man als die wesentlichen der Führung versteht und hier muss ich dir voll und ganz recht geben: Befehlstaktik, Schreien, insbesondere Mikromanagement sind hier oft ein großes Problem.

Darüber hinaus aber gibt es ja auch noch verschiedene Führungsebenen mit jeweils unterschiedlichen Methoden und Möglichkeiten.

Aber auf allen Ebenen ist die Vermittlung der Logik hinter dem Tun gerade eben ein wesentlicher Teil der Führung! Gerade das macht gute Führung aus, ist Führung, die Logik zu vermitteln. Wo die Logik nicht vermittelt wird, sondern nur befohlen wird, da wird gerade eben schlechter geführt.

Ebenso ist es Führung, das Ziel der Aktion zu erklären und klar heraus zu stellen, deutlich und einfach heraus zu arbeiten, damit die Untergebenen diesem Ziel überhaupt selbstständig zuarbeiten können.

Zitat:Ich bin eher der Meinung dass viel zu viel geführt und zu wenig Absicht/Ziel erklärt wirkt. Wenn man die Ziele einer Aktion erklärt, ergibt sich für den Soldaten in der Regel auch das sinnvolle Verhalten.

Es verhält sich genau anders herum: gute Führung ist es, Absichten und Ziele zu erklären. Diese zu wenig zu erklären, ist gerade eben schlechte Führung.

Zitat:Führung ist häufig ein reiner Akt der Selbstbefriedigung ... die Hälfte der Hierarchien könnte man problemlos abschaffen, das Resultat wäre ganz bestimmt besser.

Zustimmung, weshalb es gerade im Partisanenkrieg darauf ankäme, die Stäbe zu verkleinern und mehr aggressive, entschlossene Einzelführer zu haben, die von ihrem Auftrag (sic) überzeugt sind. Und diese Überzeugung muß auf allen Ebenen durch Führung hergestellt werden, denn das ist Führung für mich, die Leute dazu zu bringen, vom Auftrag selbst überzeugt zu sein.

Zitat:Afghanistan ist sicher untypisch, weil dort die überwiegende Mehrzahl auf dem Land lebt und weitestgehend abgeschnitten von unabhängiger Presse ist. Deshalb haben die "local Heroes" vermutlich auch einen derart hohen Einfluss.

Auch im Irak oder in Lybien haben die Stammesführer mehr zu sagen als du denkst, während umgekehrt die Afghanen viel besser informiert sind als du glaubst. Eine unabhängige Presse oder freie Informationen können eine Wirkung haben, müssen dies aber nicht. Die Frage der Presse führt zu einer ohnehin interessanten Frage in Bezug auf den Partisanenkrieg:

Sollte dort eine freie Presse die reine ungefilterte Wahrheit berichten (Vietnam)?

Oder sollte man die Presse so weit wie möglich manipulieren und einschnüren?

Und hier vertrete ich eine Meinung gegen den derzeitigen Trend: meiner Ansicht nach sollten wir als COIN Betreibende immer und absolut die Wahrheit verkünden und diese auch durch eine frei im Einsatzgebiet agierende Presse explorieren lassen. Ich will später auch noch erklären warum.

Wie seht ihr diesen Aspekt?


Re: Aufstands- und Partisanenbekämpfung - phantom - 31.01.2014

Quintus Fabius schrieb:Aber auf allen Ebenen ist die Vermittlung der Logik hinter dem Tun gerade eben ein wesentlicher Teil der Führung! Gerade das macht gute Führung aus, ist Führung, die Logik zu vermitteln. Wo die Logik nicht vermittelt wird, sondern nur befohlen wird, da wird gerade eben schlechter geführt.
Seh ich gleich. Was ich aber früher immer erlebt hab, ist leider pausenloses Mikromanagement.

Zitat:Auch im Irak oder in Lybien haben die Stammesführer mehr zu sagen als du denkst, während umgekehrt die Afghanen viel besser informiert sind als du glaubst.
Wenn du keine Presse aus vielen Quellen hast, kannst du nicht gut informiert sein. Und bezüglich Stammesführer ist es eben grad ein Problem, dass die so viel zu sagen haben. Du musst dich bei deiner Doktrin immer bei einem Local Hero einschleimen, damit du überhaupt Aussicht auf Erfolg hast. Es ist besser wenn sich die Bevölkerung selber eine Meinung bildet und nicht ein bestechlicher Vertreter-Clown der je nach Begünstigung die Seite wechselt.

Zitat:Sollte dort eine freie Presse die reine ungefilterte Wahrheit berichten (Vietnam)?
Sicher ein schwieriges Thema, denn man kann über einen Krieg auch sehr einseitig berichten. Auf der anderen Seite müssen Skandale wie Abu-Ghuraib aufgedeckt werden. Ich denke Pressefreiheit ist notwendig.

Zitat:Und hier vertrete ich eine Meinung gegen den derzeitigen Trend: meiner Ansicht nach sollten wir als COIN Betreibende immer und absolut die Wahrheit verkünden und diese auch durch eine frei im Einsatzgebiet agierende Presse explorieren lassen. Ich will später auch noch erklären warum.
Denk ich auch, hier ist es gleich wie mit der Führung. Wenn man die Logik auch hinter dem Leid was man selbst verursacht, täglich mit einer Pressestelle erklärt, dann ist es der bessere Weg. Man muss auch Verständnis für ein Mass an Kollateralschaden erarbeiten. Einfach nichts zu sagen, respektive permanent das chirurgische Präzisionsmärchen runterbeten, ist sicher nicht der richtige Weg.