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- Erich - 02.07.2006

Zitat:Ingenieur postete
...Es ist schon klar, dass die Palis von Israel besetzt sind und dass das nicht ok ist. Allerdings ist das einzige, was die Palis getan haben, um dies zu ändern, Gewalt zu verüben.
Die IDF rückt ja nicht zum Spaß in den Ghaza-Streifen ein und israelische Soldaten machen auch nicht zum Spaß palästinensische Häuser platt, sondern weil irgendwelche Terroristen Terrorakte verübt haben, und dies meistens gegen Zivilisten. Eigentlich müsste auch der letzte Hamas-Aktivist mittlerweile kapiert haben, dass sie nur Ärger mit den Israelis bekommen, wenn sie wieder ein paar Busse oder Cafes in die Luft gesprengt haben.

Widerstand gegen ein Unrecht ist ja legitim, und man sicher unter manchen Gesichtspunkten die Besatzung als Unrecht bezeichnen, aber die Palästinenser tuen auch nichts sinnvolles um sie zu beenden. .....
Israel versucht aus einer Position der Stärke heraus zu agieren - und sich Zugeständnisse abbetteln zu lassen;
das, was den Pallis zusteht - ein eigenes Staatswesen unter Selbstverwaltung - wird allenfalls per Gnadenakt nach einer bedingungslosen Unterwerfung gewährt.

Das ist nicht einmal mehr das Prinzip "Auge um Auge", sondern wesentlich schlimmer.
Tausende von Palästinensern sitzen in israelischer Gefangenschaft, und trotzdem verlangt Israel absolutes Wohlwollen von der palästinensichen Seite,
ein gekidnapter israelischer Soldat, und Israel zerstört das einzige E-Werk im Gaza-Streifen, das für die Stromversorgung von Krankenhäusern und Wasserpumpen erforderlich ist,
Israel zerstört die wichtigsten Straßen,
Israel hat die Flottille der Fischer aus dem Gaza-Streifen genauso zerstört wie den mit europäischen Geldern (zur Förderung des Tourismus) errichteten Flughafen im Gaza-Streifen;
Israel nimmt die palästinensiche Zivilbevölkerung als Geisel für seine Interessen,
und es verhindert alles, was der Zivilbevölkerung zu mehr wirtschaftlicher Selbstständigkeit und Entwicklung verhelfen würde.

Das ist nicht mehr legitime Besatzungsverwaltung sondern Apartheit,
die Pallis werden gezielt von jeder wirtschaftlichen Entwicklung ausgeschlossen.

Glaubt wirklich jemand ernsthaft, dass auf dieser Grundlage der Willen zu einer Anerkennung des Staates Israel und zu einer (kooperativen) Existenz auf palästinensischer Seite wächst? Nein - das Gegenteil ist der Fall.

Unter diesen Vorzeichen ist Israel auf Dauer gezwungen, Gewaltherrschaft auszuüben, um die "Oberhand" zu behalten.

Das ist allerdings als Ministaat in einem Meer von feindlicher Umwelt - die mit diesen Aktionen immer wieder feindlich aufgeputscht wird - nicht auf Dauer durchzuhalten. Bereits jetzt hat Israels Wirtschaft enorme Probleme, mit den Belastungen dieser "Kriegswirtschaft" fertig zu werden.
Es ist nur eine Frage der Zeit, ob zuerst Israels Wirtschaft zusammen bricht, oder ob zuerst der Gegendruck aus der arabischen Bevölkerung so stark wird, dass die Sicherheit ganz Israels gefährdert wird. Der Weg zu einem Volksaufstand der Palästinenser ist nicht mehr weit, und ich frage mich, ob die israelische Regierung - oder der Staat Israel - es überstehen, wenn Tausende von Palästinensern zu einem gewaltlosen Demonstrationszug vor das israelische Parlament in Jerusalem ziehen, und dieser Demonstrationszug dann in Gewalt ausartet.

Zitat:Turin postete im Thread Armenien vs Aserbaidschan

Die international anerkannte Definition von Völkermord laut entsprechender UN-Konvention:

Zitat:Die Konvention definiert Völkermord in Artikel II als „eine der folgenden Handlungen, begangen in der Absicht, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe ganz oder teilweise zu zerstören“:

a) das Töten von Angehörigen der Gruppe
b) das Zufügen von ernsthaften körperlichen oder geistigen Schäden bei Angehörigen der Gruppe
c) die absichtliche Auferlegung von Lebensbedingungen, die auf die völlige oder teilweise physische Zerstörung der Gruppe abzielen
d) die Anordnung von Maßnahmen zur Geburtenverhinderung
e) die gewaltsame Verbringung von Kindern der Gruppe in eine andere Gruppe
Wir sollten einmal darüber nachdenken, wieviele dieser Punkte von den Israeli bereits gegenüber den Pallis erfüllt werden.


- Skywalker - 02.07.2006

Zitat:c) die absichtliche Auferlegung von Lebensbedingungen, die auf die völlige oder teilweise physische Zerstörung der Gruppe abzielen
Die Zerstörung von Elektrizitätswerken u.a Lebenswichtiger Infrastruktur zielt mehr oder weniger auf die Auferlegung von Lebensbedingungen die auf eine teilweise oder völlige Zerstörung einer Gruppe abzielen. Zu den anderen Kriterien fällt mir momentan kein Beispiel ein.


- Ingenieur - 02.07.2006

@Erich

Welche Interessen hat denn Israel in der Westbank und in Ghaza?

Keine wirtschaftlichen, ideologischen, imperialistischen, politische oder sonstige Ziele.
Da gibts ja auch keine Rohstoffe, Industrie oder sonst was.

Der einzige Grund weswegen Israel regelmäßig Soldaten in die Pali-Gebiete reinschickt, sind Sicherheitsinteressen.

Dieser Maxime ist die gesamt "Besatzungsverwaltung" wie du es nennst untergeordnet.
Wenn die Boote zum Waffenschmuggel benutzt werden, dann denken die Israelis nicht lange über die wirschaftliche Entwicklung des Ghaza-Streifens nach, sondern versenken die einfach.
Die Militäraktionen nach der Entführung des israelischen Soldaten sind weniger Strafaktionen, sondern mE nach zur Erhaltung der Moral. Wenn die Israelische Armee den Gefangenen hängen lassen würde, dann würden die Soldaten sich nicht mehr auf die Armeeführung vertrauen und kein Risiko mehr eingehen, da im Falle einer Entführung sie nicht Befreiung rechnen könnten.


- ThomasWach - 02.07.2006

Bedenkt man den Wunsch substanziell Siedlungen in der Westbank aufrechtzuerhalten und bedenkt man die Problematik des Wassers hat Israel durchaus auch andere Interessen als die immer nur angeführten Sicherheitsinteressen. Wenn ich Sicherheit will, muss ich nicht die besetzten Gebiete kolonialisieren. Oder will mir ernsthaft jetzt jemand mit den Vorstellungen von Wehrsiedlungen kommen in einer unziviliiserten Umgebung??? Ich hoffe mal nicht...

Die Korrelation von Sicherheit und von billigem Siedlungland für Siedlern kann ich einfach nicht wirklich nachvollziehen. Gegen die israelische Sicherheit spricht sich niemand aus, insofern sie denn auch zweckmäßige Maßnahmen nach sich zieht.

Daher bringst du auch die sicher auch legitimierte Sicht der israelis, nur die ist halt die Sicht der Israelis. Natürlich muss man gegen Terroristen vorgehen, natürlich wird man sich nicht um eine Regierung scheren, die mit Terrristen zusammenarbeitet. Natürlich hat die israelische Armee einen starken Ethos, das niemals ein Soldat zurückgelassen hat. Und wenn dann so ein junger Milchbubi von 19 Jahren in Israel entführt wird von den blutrünstigen Palästinensern, dann hat das nicht nur Implikationen auf die Moral und den Ethos der Truppe, sondern ist auch eine innenpolitische Balastungsprobe, gerade für eine vermeintliche Taube wie den linken Verteidgungsminister Perez.
Als Verweis dazu siehe:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,424323,00.html">http://www.spiegel.de/politik/ausland/0 ... 23,00.html</a><!-- m -->
Das ist alles richtig, nur ist das halt eben nur die halbe Wahrheit. Das Bild wird erst dann voll, umfassend, wenn man das bedenkt, was Erich geschrieben hat. Das ist genauso richtig.
Wieso wird seitens Israel wegen einem entführten Soldaten und einem toten Sielder solch eine Härte an den tag gelegt? Wieso vernichtet man Infrastruktur, bestraft die Palästinenser kollektiv? Wieso werden Regierungsmitglieder verhaftet? Immerhin ging es hier doch um einen Soldaten und einen Sielder/Kolonisten, also jeweils keine unschuldigen Zivilisten. WAS war denn mit den toten paläst. Kindern, die bei israelischen Artellerieangriffen ums Leben kamen? Oder wer interessiert sich für die minderjährigen paläst. Gefangenen, die die Israelis haben?
Das ist die zweite Seite des Konflikts. Wie gesagt (und langsam sollte man es mal wirklich verstehen:motzSmile, das ist ein Zirkel. Auge um Auge, wie Erich sagte. Dass die Palästineser die schwächeren sind, ihre Aktionen begrenzter, dafür aber wesentlich brutaler und mehr auf Unschuldige gezielt sind, sie aber diese Strategie auch in Ermangelung substanzieller Stärke verwenden, ist das eine. Dass die Israelis stärker sind, härter und umfassender zuschlagen, Kollektivstrafen verhängen und ein ganzes Volk in Geißelhaft nehmen, das andere. Sie versuchen zwar zivile Opfer an sich zu vermeiden (das scheidet sie moralisch von den Terroristen) ist sicher richtig aber auch fast zwangsläufig für einen einigermaßen zivilisierten demokratischen Staat. Dass sie aber jene auch gerne billigend in Kauf nehmen, ist das andere.
Trotz allem, trotz aller Strategieunterschiede und Potenzialunterschiede, die man bewerten kann, wie man will, bleibt es ein Zirkel. Und der muss durchbrochen werden. Aufgrund seiner Stärke und Position wäre aber für mich wohl eher Israel in der Lage, dies zu schaffen. Da es der Okkupant ist, ist es für mich auch in der Bringeschuld.


- Ingenieur - 03.07.2006

@Thomas Wach :daumen:

Hätte es nicht besser ausdrücken können. Ich habe meine beide Beiträge so formuliert, weil vorher das Vorgehen Israels mit Völkermord in Verbindung gebracht wurde und das für mich ein zu weit ging.


Zum Thema Interessen:
Die Siedlerbewegung unterminiert das Sicherheitsinteresse Israels: Um die Siedlungen zu schützen braucht man verhältnismäßig viel Aufwand. Wenn die Siedlungen und die Kazaam-Raketen-Angriffe nicht wären, würde die Israelische Armee nicht so oft einrücken müssen.

Das mit dem Wasser dürfte doch für eigentlich für Israel kein Problem sein. Wenn man sich die Leistungsfähgikeit des Wassersystems von Siemens in Signapur anschaut, dann müsste auch mit genügend Meeresentsalzungsanlagen und H20-Recycling auch da die Wasserversorgung gesichert werden können.

Zum Thema Bringschuld:
Nachdem Arafat die Camp-David Gespräche mit Präs. Clinton und MP Barakh abgebrochen hat, und daraufhin die zweite Intifada Barakh praktisch aus dem Amt gebombt hat, setzen Sharon und jetzt Olmert zwar auf Rückzug, allerdings ohne Verhandlungen.
Sobald MP Olmert die Westbank geräumt hat, müsste es eigentlich ruhiger werden.


- tnccat - 03.07.2006

Zitat:Thomas Wach postete
Auf Rückschlag folgt eben Rückschlag, das ist ein Zirkel, wo du einfach nicht mehr zurechen kannst, wer angefangen hat. Ist wie bei einem sich ewig hinziehenden Geschwisterstreit. Immer pisackt man sich gegenseitig und jede Seite beharrt auf ihrer Lesart. l
Ulrich Sahm schreibt:
Zitat:Die Palästinenser werden ohne Israels Zutun ihren Staat gründen können, oder auch nicht. Sollten sie, wie jetzt im Gazastreifen, weiter auf Krieg setzen, dürfen sie mit echter militärischer Antwort rechnen, wie der Zerstörung von Kraftwerken. Im Libanon haben Rückzug und Angriffe auf Kraftwerke bei Beirut dazu geführt, dass entlang der Grenze Ruhe herrscht. Libanon entwaffnete Milizen und bändigt die Hisbollah. Palästinensische Regierungen jedoch waren unfähig oder unwillig, die Milizen auszuschalten. Die Hamas-Regierung schloss sich gar der Erpressung der Entführer an. Im März feierte sie gar einen Terroranschlag in Tel Aviv als "legitime Selbstverteidigung".

Das Chaos in Gaza ist für die Palästinenser ein bitterer Vorgeschmack dessen, was sie erwartet, wenn sie nicht endlich eine Zivilgesellschaft errichten und die Regierung ihr Gewaltmonopol erkämpft.
http://www.n-tv.de/684499.html


- ThomasWach - 07.07.2006

Zunächst schätze ich die Korrespondentenberichte von Herrn Sahm sicherlich, nur muss man diesen herausgegriffenen Abschnitt auch einordnen können.

Zunächst, der Herr Sahm ist Journalist, lebt in Tel Aviv primär und bekommt dort auch primär in seinem Alltagsleben die israelische Sichtweise des Konfliktes präsentiert. Sowas bleibt letztlich auch in der neutralen berichterstattung nicht ohne Folgen. Zudem ist er eben Journalist und schildert den momentanen Verlauf des Zirkels, er greift in dieser Momentaufnahme auf die derzeitigen Aktionen zurück, in dieser Passage wohl auch etwas aus der Sicht Israels. Analytisch gehört zu dem Konstatieren eines Zirkels da mehr Distanz zum Konflikt und auch eine tempöräre Distanzierung und Abstraktion. Im alltäglichen Erleben wird man sicher nicht den Zirkel erkönnen können, schon gar nicht aus der verzerrten Sicht des Akteurs.

Das mal zur Analyse an sich.
Man könnte genauso genauso gut sagen, dass Israel für seine beständigen Militäreinsätze nun auch mal den Preis zahlen muss. Dass die Kollektivstrafen nur den Widerstandsgeist härten, den Hass verstärken. Und dass der Tod paläst. Kinder infolge ungezielten Bombardements eben letztlich auch Vergeltungsaktionen erfordert, wie die Gefangennahme des Soldaten. Israel praktiziert schon lange die Gefangennahme paläst. Kämpfer, daher, könnte man argumentieren, ist die Aktion der Palästinenser durchaus legitim, zumindest viel legitimer als Unschuldige irgendwo in Israel in die Luft zu jagen oder ungezielt entweder nach Israel zu schießen mit dem Kassamraketen oder mit Haubitzen in dne Gazastreifen zu schießen.
Die Argumentation von Herrn Sahm gibt ergo in dem ersten Teil die israelische Sicht wieder.

Ihm ist natürlich beizupflichten, dass sich die paläst. Gesellschaft modernisieren müsse. Das gilt aber für alle arabischen Gesellschaften, die sich in ihren Transformationsprozessen wegen äußere und inneren Gründe große Probleme gegenübersehen.
Nur würde ich mich davor hüten, von einer paläst. Gesellschaft momentan überhaupt zu reden. Es handelt sich viel eher um diverse Clans und Gruppen.
Allerdings ist es fast unmöglich eine Zivilgesellschaft moderner Prägung aufzubauen, wenn man unter Okkupation lebt. Entschuldigung, aber diese Annahme ist hochgradig unhaltbar und die Annahme des Gewaltmonopols eine glatte Heuchelei bzw. Unmöglichkeit unter den derzeitigen Bedingungen.

Israel wird kaum eine derart starke Zentralgewalt in Palästina dulden, die die Milizen ausschalten könnte, denn eine derartige Macht wäre zwangsläufig eine Gefahr für Israel, würde sie sich doch bei weiteren Verzögerungen und bei weiterem Siedlungsbau auch dem Widerstand zuwenden.
Israel hofft auf eine Fiktion, eien Utopie, dass die Gruppen ihren Widerstand aufgeben, eine eher schwache Regierung der Paläst. den Weisungen der Israelis gehorcht und sie letztlich die Bedingungen diktieren können.
Nur so wird das nicht funktionieren. Dass die Paläst. mit ihren Zielen und Vorstellungen über ähnlich große Fiktionen/Lügen stolpern, ist dabei fast zwangsläufig.
Palästinas Weg in die Moderne wird schwierig und hart, aber mit einem israelischen Besatzer wird dies sicherlich nicht funktionieren. Denn solange Israel ein Großteil der vor 1967 arabischen gebiete kontrolliert und bestenfalls symbolische kleine Rückzüge durchführt, wird der Widerstandsgedanke jeder moderienden Entwicklung im Wege stehen. Und eine sicher auch schmerzhafte Politische Konsolidierung, die Herausbildung moderater Parteien und so weiter wird so fast unmöglich gemacht, wiewohl die Einigung von Hamas und Fatah in die Richtung zeigt, dass Entwicklung durchaus möglich ist. Nur mit dem Fingerschnippen kann man da nicht...
Und nochmal: Eine demokratische Zivilgesellschaft Palästinas, möge sie auch sogar eines Tages säkular sein, wird noch lange kein Freund Israels sein automatisch. Man wird sich an die jahrzentelange Besatzung und Beherrschung erinnern...


- tnccat - 07.07.2006

Zitat:Thomas Wach postete
Zunächst schätze ich die Korrespondentenberichte von Herrn Sahm sicherlich, nur muss man diesen herausgegriffenen Abschnitt auch einordnen können.

Zunächst, der Herr Sahm ist Journalist, lebt in Tel Aviv primär und bekommt dort auch primär in seinem Alltagsleben die israelische Sichtweise des Konfliktes präsentiert. Sowas bleibt letztlich auch in der neutralen berichterstattung nicht ohne Folgen.
Ulrich Sahm lebt btw. in Jerusalem


Zitat:[Nur würde ich mich davor hüten, von einer paläst. Gesellschaft momentan überhaupt zu reden. Es handelt sich viel eher um diverse Clans und Gruppen.
Allerdings ist es fast unmöglich eine Zivilgesellschaft moderner Prägung aufzubauen, wenn man unter Okkupation lebt. Entschuldigung, aber diese Annahme ist hochgradig unhaltbar und die Annahme des Gewaltmonopols eine glatte Heuchelei bzw. Unmöglichkeit unter den derzeitigen Bedingungen.
Eine Gesellschaft aus "Clans und Gruppen" ist in der arabischen Welt nun wirklich nicht ungewöhnlich.


- Ingenieur - 07.07.2006

Zitat:Thomas Wach postete
Entschuldigung, aber diese Annahme ist hochgradig unhaltbar und die Annahme des Gewaltmonopols eine glatte Heuchelei bzw. Unmöglichkeit unter den derzeitigen Bedingungen.

Israel wird kaum eine derart starke Zentralgewalt in Palästina dulden, die die Milizen ausschalten könnte, denn eine derartige Macht wäre zwangsläufig eine Gefahr für Israel, würde sie sich doch bei weiteren Verzögerungen und bei weiterem Siedlungsbau auch dem Widerstand zuwenden.
Ich glaube, du hast die letzten Entwicklungen unter den Ministerpräsidenten Sharon und Olmert nicht einbezogen.
Die neue "Kadima"-Bewegung hat mittlerweile verstanden, dass die Palästinenser-Gebiete nicht in vernünftigen Aufwand zu kontrollieren. Unter Olmert und der Arbeiterpartei, die die hohen Kosten für die "Besetzung" scheuen, wird sich Israel in jeder Hinsicht aus dem Westjordanland zurück ziehen.

Das Israel eine starke Zentralregierung bekämpft, lässt sich nicht erkennen. Sie haben doch selber keine Lust mehr, im Ghaza oder sonstwo, Terroristen zu jagen. Sie wären froh, wenn die das die palästinensische Polizei machen würde. Aber mit dem Hamas-Regime sehe ich das schwarz. Und ich glaube in den nächsten 50 Jahren wird kein palästinensischer Staat so stark werden, dass er Israel militärisch gefährlich werden kann.

Ich fürchte, das aktuelle Kabinett muss mit Gewalt entfernt werden, da für sie die einzige Lösung des Konfliktes in der Vernichtung Israels besteht.


- ThomasWach - 07.07.2006

Zitat:Ulrich Sahm lebt btw. in Jerusalem
Tatsächlich, du hast es nach zig Anläufen mal wieder geschafft, eines meiner Argumente stichhaltig zu entkräften. Wenn du es noch schaffst, mich davon zu überzeugen, dass er in Ostjerusalem lebt und dort primär seine Zeit verbringt, dann ändere ich vielleicht auch mal meine Meinung zu seiner aktuellen Berichterstattung, zu diesen Momentaufnahmen des Nah Ost Konflikts...
Ansonsten: Aus der Beschränkung des Moments heraus, ist eien adequate Stellungnahme oft kaum möglich...

Zitat:Eine Gesellschaft aus "Clans und Gruppen" ist in der arabischen Welt nun wirklich nicht ungewöhnlich.
Und? Schau dir Israel an, dessen Sozialstruktur ist sicher auch kaum repräsentativ für eine moderne westliche Demokratie....
Zunächst ist dein kommentaqr fast völlig belanglos, bringt er zur Sache nämlich keinen weiteren Erkenntnisgewinn. Denn die Restruktionen und Sachzwänge, der die transformation der paläst. Gebiete unterliegen, werden dadurch absolut nicht tangiert. Und die kann man auch und gerade in einem sich selbst reproduzierenden Konfliktfokussierung auf Israel und die Befreiung der paläst. Gebiete.
Daher, unwesentlich...

@ Ingenieur

Zitat:Ich glaube, du hast die letzten Entwicklungen unter den Ministerpräsidenten Sharon und Olmert nicht einbezogen.
Die neue "Kadima"-Bewegung hat mittlerweile verstanden, dass die Palästinenser-Gebiete nicht in vernünftigen Aufwand zu kontrollieren. Unter Olmert und der Arbeiterpartei, die die hohen Kosten für die "Besetzung" scheuen, wird sich Israel in jeder Hinsicht aus dem Westjordanland zurück ziehen.

Das Israel eine starke Zentralregierung bekämpft, lässt sich nicht erkennen. Sie haben doch selber keine Lust mehr, im Ghaza oder sonstwo, Terroristen zu jagen. Sie wären froh, wenn die das die palästinensische Polizei machen würde. Aber mit dem Hamas-Regime sehe ich das schwarz. Und ich glaube in den nächsten 50 Jahren wird kein palästinensischer Staat so stark werden, dass er Israel militärisch gefährlich werden kann.

Ich fürchte, das aktuelle Kabinett muss mit Gewalt entfernt werden, da für sie die einzige Lösung des Konfliktes in der Vernichtung Israels besteht.
Nett, aber in meiner Sicht der Dinge nicht treffend dargestellt, weil nicht tiefgründig genug. Und dein vorgeschlagener Umgang mit der gewählten Hamasregierung halte ich des weiteren für den völlig falschen, weil anmaßend interventionistischen Weg, der schief gehen muss und wird.
Ich denke, du machst du falsche Illusionen über den Erkenntnisstand und Gemütsstand innerhalbs Israels und wohl auch über die Lage in den paläst. Gebieten.
Die sich allmählich durchsetzende Erkenntnis, dass man nicht ewig alle paläst. Gebiete halten wird können (auch leider aufgrund brutalerer und eben nicht unterdrückbarer Gewalt seitens der Palästinenser) bedeutet noch lange nicht eine stringente und irgendwie bilaterale Lösung aufarbeiten zu wollen, die tatsächlich die Garantie bieten würde, für langfristigen Frieden sorgen zu können.
Israel will sich im disengagement üben, nicht einen funktionswürdigen und funktionsfähigen paläst. Staat mitaufbauen. Da liegen Welten dazwischen, die du ganz salopp überspringst.
Israel will nicht mehr die ganzen Gebiete kontrollieren, den Aufwand dafür übernehmen. Richtig. Aber Israel will keinen regulären paläst. Staat, keine geordneten Verhältnissen, wohl nicht mal Demokratie. Denn eins sollte man nicht vergessen: Demokratie bedeutet nicht, dass plötzlich westliche und westlich denkende Leute an der Regieurng sind, dass dem Westen und Israel freundlich gesinnte Politik betrieben wird.
Die Mehrheit der Paläst. ist antiisraelisch und will, dass die Okkupation aufhört. Die israelischen Pläne - auch und grade von Olmertzs Kadima - gehen davon aus, dass mind. 100.000 Siedler in der Westbank verbleiben sollen und diese in den Grenzgebieten konzentriert werden sollen, um diese Gebiete letztlich zu annektieren. Der Rest interessiert nicht, dürfte wohl als wildes Outback hinter hohen Mauern das Ziel periodischer Angriffe und Polizeiaktionen sein. So stellen sich viele in Israel die Zukunft vor. Nur in diesem Szenario sind sie auch - wie schon in der Geschichte immer wieder - auf die politische Fragmentation der Paläst. angewiesen, denn man hofft doch gerade, dass hinter den Maunern des Sicherheitszauns die Paläst. mit sich selbst beschäftigt sind. Ein funktionsfähiger, starker paläst. Staat würde eben nicht nur naiverweise bedeuten, dass Milizen entwaffnet würden. Er würde vorallem eine Bündelung des bisher vielstimmigen und dissonanten Interessen- und Meinungschores in Palästina bedeuten, ein Zusammenschweißen der Pluralität der Fraktionen. Das würde aber bedeuten, dass dieser Staat selbstbewußt dem israelischen Herrschaftsanspruch entgegentreten würde, die Annektion paläst. Gebiete in dem Umfang wie geplant ablehnen würde und bei israelischen Vertragsbrüchen - wie so oft in der Geschichte der letzten 15 Jahre vorkommend - entsprechend selbstbewußt auftreten würde, auch international. Es würde auch bedeuten, dass all die Milizen in den Sicherheitskräften zusammengefaßt werden, dass aber auch möglicher Widerstand gegen Israel stärker würde (in Eskalationsfällen wie heute) und so möglicherweise eher reguläre Kämpfe ausbrechen würden. Denn ein starker paläst. Staat würde eben nie und nimmer einfach nur sein Gewaltmonopel herstellen können, indem er die ganzen Milizen entwaffnet. Er müßte - um anerkannt zu bleiben - auch deutlich für die Befreiung eintreten und dafür effektiv arbeiten, egal ob nun mit Waffengewalt oder Diplomatie. Sonst würde er schnell jegliche Legitimation verlieren. Diese andere Seite bei einem funktionierenden Staat übersiehst du geflissentlich und verzerrst damit deien Analyse. Nur die Israelis wissen schon, warum sie bei der zweiten Intifada die Sicherheitskräfte Arafats zerschlugen. Arafats Staat war koruppt, funktionierte nicht und tat wenig für die Freiheit Palästinas in den Augen der Bevölkerung. Deshalb kam es dann letztlich auch zu der Frutration, die die zweite Intifada antrieb. Aber die Israelis schlugen auch gegen die Sicherheitsbehörden zu, wohl wissend, dass hier Potenzail lag für dne Widerstand gegen Israel. Und auch jetzt liegt Israel nichts an einem funktionierenden Staat in Palästina. Mögen sie fordern, dass die Milizen endlich entwaffnet werden, man ist in Tel Aviv sicherlich nicht so dumm nicht zu wissen, dass eine einheitliche paläst. Strategie und Linie es Israel sehr schwer machen würde, ihre Politik und ihre Ziele so durchzuziehen, wie sie es wollen. Voralem fürchten sie nicht zu Unrecht, dass solch ein Staat vehement antiisraelisch wäre und bedenkt man die Nichteinhaltung unzähliger Rückzugsversprechen während des Oslo Friedensprozesses, kann man diese Haltung auch verstehen.

Daher bringt auch letztlich die Entfernung der Hamas gar nichts, im Gegenteil, es wird sie stärken, zu Märtyrern machen und nur mehr Gewalt produzieren. Denn hier wird der Westen wieder mal mit dem alten Vorwurf der Doppelmoral konfrontiert...
Man hätte die Hamas einfach mal arbeiten lassen und zugesehen, wie sie sich im alltäglichen politischen Leben zerreibt. Aber Israel und der Westen mußten natürlich plötzlich mal wieder mit einer von Grundsätzen definierten Politik anfangen...


- thahuthi - 07.07.2006

Was passiert eigentlich, wenn die Palästinensische Regierung ganz offiziell Länder wie Iran, Syrien usw um Hilfe ersucht?
Die länder, die grundsätzlich nicht so gut mit Israel auskommen, dürften doch ziemlich schnell auf der Matte stehen.
Die Palästinenser bräuchten doch nur zu sagen:
"Leute, bitte stellt euch bei uns rein und helft uns."
Würde mich ja mal interessieren.


- tnccat - 08.07.2006

Zitat:Thomas Wach postete
Zitat:Ulrich Sahm lebt btw. in Jerusalem
Tatsächlich, du hast es nach zig Anläufen mal wieder geschafft, eines meiner Argumente stichhaltig zu entkräften. Wenn du es noch schaffst, mich davon zu überzeugen, dass er in Ostjerusalem lebt und dort primär seine Zeit verbringt, dann ändere ich vielleicht auch mal meine Meinung zu seiner aktuellen Berichterstattung, zu diesen Momentaufnahmen des Nah Ost Konflikts...
Ansonsten: Aus der Beschränkung des Moments heraus, ist eien adequate Stellungnahme oft kaum möglich...
Von der Altstadt gesehen wohnt er AFAIK etwa auf der halben Strecke
Richtung Bethlehem, was im Süden von Jerusalem liegt.
Ein Journalist, der primär seine Zeit an einem Ort verbringt,
hat irgendwie seinen Beruf verfehlt...
(In Ostjerusalem gibt es btw.auch viele sehr jüdische Stadtteile.)


Zitat:thahuthi postete
Was passiert eigentlich, wenn die Palästinensische Regierung ganz offiziell Länder wie Iran, Syrien usw um Hilfe ersucht?
Die länder, die grundsätzlich nicht so gut mit Israel auskommen, dürften doch ziemlich schnell auf der Matte stehen.
Die Palästinenser bräuchten doch nur zu sagen:
"Leute, bitte stellt euch bei uns rein und helft uns."
Würde mich ja mal interessieren.
Nix; die PLO ist bei vielen arab. Staaten nicht besonderes beliebt
und die Hamas erst recht nicht. Syrien ist da etwas die Ausnahme,
aber militärisch tendenziell bedeutungslos.
Der Iran unterstützt zwar insbesondere die Hisb'allah;
allgemein haben die Libanesen aber keine Interesse an
einem Konflikt mit Israel.


- Ingenieur - 08.07.2006

Zitat:Thomas Wach postete
Die sich allmählich durchsetzende Erkenntnis, dass man nicht ewig alle paläst. Gebiete halten wird können (auch leider aufgrund brutalerer und eben nicht unterdrückbarer Gewalt seitens der Palästinenser) bedeutet noch lange nicht eine stringente und irgendwie bilaterale Lösung aufarbeiten zu wollen, die tatsächlich die Garantie bieten würde, für langfristigen Frieden sorgen zu können.
Israel will sich im disengagement üben, nicht einen funktionswürdigen und funktionsfähigen paläst. Staat mitaufbauen. Da liegen Welten dazwischen, die du ganz salopp überspringst.
Moment mal, ich habe nicht gesagt, dass die Israelis den Palästinenser einen Fertig-Staat inkl. staatl. Gewaltmonopol, Gesundheitssystem usw. vor die Nase stellen, sondern, dass sie einfach die Palästinenser in die Selbstständigkeit entlassen werden. Dies wird eine rigide Trennung zwischen israelischen und palästinensischen Gebiet nach sich ziehen (siehe Grenzzaun), da die Israelis selber nicht wissen, wie man ein die Milizen unter Kontrolle bringt.
Von einer bilateralen Lösung habe ich nicht gesprochen; das hast du reininterpretiert.

Zitat:Ich denke, du machst dir falsche Illusionen über den Erkenntnisstand und Gemütsstand innerhalbs Israels und wohl auch über die Lage in den paläst. Gebieten.
Also ich habe in Erinnerung, dass eine Mehrheit der Israelis und sogar eine Mehrheit der Likud-Mitglieder (über Likud bin ich mir aber nicht sicher) für den Abzug aller Siedlungen aus dem Ghaza-Streifen waren. Die Israelis haben also in der Mehrzahl eben genau das kapiert, dass sie sich komplett zurück ziehen werden müssen.
Der Abzug ist auch das Definitionsthema von Kadima, sonst hätte der "Buchhalter" Olmert auch nicht die Wahlen gewonnen und wäre zwischen AP und Likud aufgerieben worden. Die Popularitätswerte von Ariel Sharon in Israel seit dem Ghaza-Rückzug dürften ja wohl für sich sprechen.

Wenn du Belege dafür hast, dass die Israelis anders denken, dann wäre es nett sie zu posten.

Zitat:Ein funktionsfähiger, starker paläst. Staat würde eben nicht nur naiverweise bedeuten, dass Milizen entwaffnet würden. Er würde vorallem eine Bündelung des bisher vielstimmigen und dissonanten Interessen- und Meinungschores in Palästina bedeuten, ein Zusammenschweißen der Pluralität der Fraktionen. Das würde aber bedeuten, dass dieser Staat selbstbewußt dem israelischen Herrschaftsanspruch entgegentreten würde, die Annektion paläst. Gebiete in dem Umfang wie geplant ablehnen würde und bei israelischen Vertragsbrüchen - wie so oft in der Geschichte der letzten 15 Jahre vorkommend - entsprechend selbstbewußt auftreten würde, auch international. Es würde auch bedeuten, dass all die Milizen in den Sicherheitskräften zusammengefaßt werden, dass aber auch möglicher Widerstand gegen Israel stärker würde (in Eskalationsfällen wie heute) und so möglicherweise eher reguläre Kämpfe ausbrechen würden. Denn ein starker paläst. Staat würde eben nie und nimmer einfach nur sein Gewaltmonopel herstellen können, indem er die ganzen Milizen entwaffnet. Er müßte - um anerkannt zu bleiben - auch deutlich für die Befreiung eintreten und dafür effektiv arbeiten, egal ob nun mit Waffengewalt oder Diplomatie. Sonst würde er schnell jegliche Legitimation verlieren. Diese andere Seite bei einem funktionierenden Staat übersiehst du geflissentlich und verzerrst damit deien Analyse.
Wenn wir über eine "starke" Zentralregierung sprechen, dann sollten wir erst mal betrachten, wieso sie stark ist und wie sie es wird. Eine "Starke" Zentralregierung zeichnet sich dadurch aus, dass ihre Partei die dominierende Bewegung ist und folglich entweder durch Androhung und Durchführung von Waffengewalt oder durch "Softpower" ihren Willen durchsetzten kann. Das wird für die Israelis dann erheblich einfacher, da sie dann nur einen Ansprechpartner haben. Wenn sie bisher eine Waffenruhe mit der einen Miliz hatten, dann wurde diese durch Terroranschläger der anderen Miliz unterminiert.
Du überschätzt auch glaube ich den Zusammenhalt zwischen den verschiedenen Gruppen siehe Fatah - Hamas. Wenn es eine starke Zentralregierung geben wird, dann entweder durch militärische Überlegenheit oder durch eine charismatische Führung, die alle zusammenschweißt. In beiden Fällen jedoch MUSS diese Regierung ein Gewaltmonopol herstellen, da sie sonst nahezu Handlungsunfähig ist und bald nur noch Makulatur ist.
Wenn sich die Regierung vernünftig verhält, dann werden die Israelis sie auch unterstützen indem beispielsweise Gefangene ohne Gegenleistung entlassen (wie früher auch geschehen!).

Zitat:Nur die Israelis wissen schon, warum sie bei der zweiten Intifada die Sicherheitskräfte Arafats zerschlugen. Arafats Staat war koruppt, funktionierte nicht und tat wenig für die Freiheit Palästinas in den Augen der Bevölkerung. Deshalb kam es dann letztlich auch zu der Frutration, die die zweite Intifada antrieb. Aber die Israelis schlugen auch gegen die Sicherheitsbehörden zu, wohl wissend, dass hier Potenzail lag für dne Widerstand gegen Israel. Und auch jetzt liegt Israel nichts an einem funktionierenden Staat in Palästina. Mögen sie fordern, dass die Milizen endlich entwaffnet werden, man ist in Tel Aviv sicherlich nicht so dumm nicht zu wissen, dass eine einheitliche paläst. Strategie und Linie es Israel sehr schwer machen würde, ihre Politik und ihre Ziele so durchzuziehen, wie sie es wollen. Voralem fürchten sie nicht zu Unrecht, dass solch ein Staat vehement antiisraelisch wäre und bedenkt man die Nichteinhaltung unzähliger Rückzugsversprechen während des Oslo Friedensprozesses, kann man diese Haltung auch verstehen.
Du sprichst Israel meiner Einschätzung nach zu sehr imperialistische Attribute zu ("Interesse", "Ziele"). Israel agiert nicht als amerikanischer, asiatischer oder europäischer Staat, der versucht sich wichtige Rohstoffe, Transportwege oder ähnliches zu sichern. Israel agiert als Staat, der versucht den aktuellen (früher existenzbedrohenden) Konflikt möglichst unbeschadet und sicher zu lösen. Dabei werden sie primär an sich denken und nur wenig Rücksicht auf palästinensiche Befindlichkeiten nehmen, wieso auch? Sie haben nicht die objektive Sicht aus dem sicheren Mitteleuropa. Es gibt kein Wohlwollen zwischen den beiden Völkern und Israel wird bloß das tun, was unbedingt nötig ist.
Innerhalb der Israelis gibt es da natürlich mehrere Lösungsansätze: Harte Linie wie unter Nethanjahu, Kooperation wie unter Ehud Barak oder einseitiger Rückzug wie unter Ariel Sharon. Die ersten beiden Lösungsansätze sind gescheitert (siehe Intifada oder Camp David) und werden von nicht mehr allzu vielen Leuten unterstützt (siehe Wahlen).
Jetzt werden die Israelis sich zurück ziehen und schauen was die Palästinenser mit dieser neuen "Freiheit" anstellen. Dass sie dabei noch Land mitnehmen, ist zwar objektiv gesehen nicht fair. Allerdings haben die Palästinenser Krieg gegen Israel geführt und haben mit dem einseitigem Rückzug Israels faktisch verloren. Nach jedem Krieg wurde dem Verlierer etwas genommen und dies wird jetzt nicht anders sein. Dass die Israelis gelegentlich Anti-Terroreinsätze bei den Palästinensergebieten durchführen werden ist nicht ausgeschlossen, wenn die Palästinenser mit dem Terror aufhören und sich endlich einigen.


- ThomasWach - 08.07.2006

Zitat:Moment mal, ich habe nicht gesagt, dass die Israelis den Palästinenser einen Fertig-Staat inkl. staatl. Gewaltmonopol, Gesundheitssystem usw. vor die Nase stellen, sondern, dass sie einfach die Palästinenser in die Selbstständigkeit entlassen werden. Dies wird eine rigide Trennung zwischen israelischen und palästinensischen Gebiet nach sich ziehen (siehe Grenzzaun), da die Israelis selber nicht wissen, wie man ein die Milizen unter Kontrolle bringt.
Von einer bilateralen Lösung habe ich nicht gesprochen; das hast du reininterpretiert.
Schön, dann aber ist das auch kein Argument, dass Israel einen stärkeren Staat verhindern will. Und zwischen Selbstständigkeit im Rahmen größerer Autonomie udn echter Souveränität liegt auch ein großer Spannungsbogen, den du unbeachtet läßt. Die Israelis wollen sich sicherlich nicht mehr um diese Gebeite kümmern, wollen ihre kostspielige Besatzung redizieren, aber zurück zum Ausgangspunkt dieser Teildiskussion: Damit ist letztlich nicht gesagt, inwiefern diese Gebiete gestaltet sind, ob und in welcher Form sich dort ein staatl. Gebilde entwickln kann. Und genau dort setzte mein Punkt an, dass Israel auch mindestens mittelfristig wohl von einem gewissen Chaos dort auch profitiert und keine starke einheitliche paläst. politische Front haben will. Das war mein Punkt und dagegen hast du hier kein Argument gebracht.

Zitat:Also ich habe in Erinnerung, dass eine Mehrheit der Israelis und sogar eine Mehrheit der Likud-Mitglieder (über Likud bin ich mir aber nicht sicher) für den Abzug aller Siedlungen aus dem Ghaza-Streifen waren. Die Israelis haben also in der Mehrzahl eben genau das kapiert, dass sie sich komplett zurück ziehen werden müssen.
Der Abzug ist auch das Definitionsthema von Kadima, sonst hätte der "Buchhalter" Olmert auch nicht die Wahlen gewonnen und wäre zwischen AP und Likud aufgerieben worden. Die Popularitätswerte von Ariel Sharon in Israel seit dem Ghaza-Rückzug dürften ja wohl für sich sprechen.

Wenn du Belege dafür hast, dass die Israelis anders denken, dann wäre es nett sie zu posten
Sehr nett. Nur ging es bei meinen weiteren Ausführungen eben um die Westbank und die knapp 8.000 Siedler im Gazastreifen sind eine andere Dimension als die gut 250.000 Siedler in der Westbank!
Und die Pläne von Olmertz wurden vor ein paar Monaten veröffentlicht. Ich habs bei IHT.Online gelesen, dummerweise kann man auf deren Archive nicht zugreifen...
Aber weiterhin: Ein Komplettrückzug aus der Westbank wird bisher nicht erwogen, weitere Siedlungen entstehen sogar. Das sollte schon deutlich machen, dass die Rückzugserkenntnis noch nicht voll durch ist.
Und das wie ist auch noch ein Problem....

Zitat:Wenn wir über eine "starke" Zentralregierung sprechen, dann sollten wir erst mal betrachten, wieso sie stark ist und wie sie es wird. Eine "Starke" Zentralregierung zeichnet sich dadurch aus, dass ihre Partei die dominierende Bewegung ist und folglich entweder durch Androhung und Durchführung von Waffengewalt oder durch "Softpower" ihren Willen durchsetzten kann. Das wird für die Israelis dann erheblich einfacher, da sie dann nur einen Ansprechpartner haben. Wenn sie bisher eine Waffenruhe mit der einen Miliz hatten, dann wurde diese durch Terroranschläger der anderen Miliz unterminiert.
Du überschätzt auch glaube ich den Zusammenhalt zwischen den verschiedenen Gruppen siehe Fatah - Hamas. Wenn es eine starke Zentralregierung geben wird, dann entweder durch militärische Überlegenheit oder durch eine charismatische Führung, die alle zusammenschweißt. In beiden Fällen jedoch MUSS diese Regierung ein Gewaltmonopol herstellen, da sie sonst nahezu Handlungsunfähig ist und bald nur noch Makulatur ist.
Wenn sich die Regierung vernünftig verhält, dann werden die Israelis sie auch unterstützen indem beispielsweise Gefangene ohne Gegenleistung entlassen (wie früher auch geschehen!).
Und genau diese Vorstellung ist idealistischer Unsinn. Die paläst. Gesellschaft ist in sich schon fragmentiert, mit starken säkularen, aber inzwischen auch starken religiösen Lagern. Da wird es keine starke, einheitliche Bewegung mehr geben. Weder wird eine Gruppe stark genug sein, in Sachen Hard Power zu dominieren, also in Sachen Waffengewalt zu dominieren, noch wird dieses schöne alte Konzept Max Webers, dass der charismatischen Herrschaft ziehen: Denn die Gruppen sind zu unterschiedlich, die eher sakuläre Ausrichtung der Fatah stößt sich an der religiösen der Hamas. Das einfach so zu überbrücken, funktioniert nicht. Da überschätzt du das Einigungspotential der Palästinenser. Nein, ich denke, so wie es geschrieben habe: Es gibt nmur einen Einigungsgrund für die Paläst., ein common issue, das ist der Kampf gegen Israel. Legitimation wird jeder Staat nur dann haben, jede Autorität, wenn sie öffentlichkeits wirksam gegen die Besatzung vorgeht. Abseits aller Theorien über das Schüren der 2. Intifada durch Arafat, letztlich war sie ein Ergebnis, dass seien Autorität nicht mehr anerkannt wurde voll und dass seiner Autonomiebehörde, weil zu wenig gegen den neuen Siedlungsbau der Israelis und gegen schlechte Lebensbedingungen getan wurde. Legitimation in den Augen der bevölkerung, das ist zentral. Und die wird eine Regierung nur dann haben, wenn sie die Besatzung beendet. Und auch nur so lassen sich Hamas und Fatah an einen Tisch bringen. Als Front für die Befreiung Palästinas. Und auch dann werden die Milizen im besten Fall gebündelt. Das ist die einzige echte wahrscheinliche Variante für eine paläst. Regierung. Alles andere ist westliches oder israelisches Wunschdenken.
Höchstens und darauf rechnt und hofft Tel Aviv, man schafft es, die beiden Lager in einen Bruderkrieg zu treiben um so die Paläst. zu spalten und dann leichtes Spiel mit ihnen zu haben. Diese Varainte könnte auch in einer starken Regierung enden, aber in einer straken Regieurng einer endgültig kaputten und zerstörten Gesellschaft. Diese Variante wäre sehr angenhem für Israel und vieles spricht für dieses Ziel der Israelis.
Aber deine Vorstellungen sind da etwas zu sehr westliches Wunschdenken.

Zitat:Du sprichst Israel meiner Einschätzung nach zu sehr imperialistische Attribute zu ("Interesse", "Ziele"). Israel agiert nicht als amerikanischer, asiatischer oder europäischer Staat, der versucht sich wichtige Rohstoffe, Transportwege oder ähnliches zu sichern. Israel agiert als Staat, der versucht den aktuellen (früher existenzbedrohenden) Konflikt möglichst unbeschadet und sicher zu lösen. Dabei werden sie primär an sich denken und nur wenig Rücksicht auf palästinensiche Befindlichkeiten nehmen, wieso auch? Sie haben nicht die objektive Sicht aus dem sicheren Mitteleuropa. Es gibt kein Wohlwollen zwischen den beiden Völkern und Israel wird bloß das tun, was unbedingt nötig ist.
Innerhalb der Israelis gibt es da natürlich mehrere Lösungsansätze: Harte Linie wie unter Nethanjahu, Kooperation wie unter Ehud Barak oder einseitiger Rückzug wie unter Ariel Sharon. Die ersten beiden Lösungsansätze sind gescheitert (siehe Intifada oder Camp David) und werden von nicht mehr allzu vielen Leuten unterstützt (siehe Wahlen).
Jetzt werden die Israelis sich zurück ziehen und schauen was die Palästinenser mit dieser neuen "Freiheit" anstellen. Dass sie dabei noch Land mitnehmen, ist zwar objektiv gesehen nicht fair. Allerdings haben die Palästinenser Krieg gegen Israel geführt und haben mit dem einseitigem Rückzug Israels faktisch verloren. Nach jedem Krieg wurde dem Verlierer etwas genommen und dies wird jetzt nicht anders sein. Dass die Israelis gelegentlich Anti-Terroreinsätze bei den Palästinensergebieten durchführen werden ist nicht ausgeschlossen, wenn die Palästinenser mit dem Terror aufhören und sich endlich einigen.
Wenn es wirklich nur ums Überleben ginge, dann müßte man nicht Wehrsiedlungen im Feindesland erichten und dann wäre man nicht konventionell mehrfach überlegen..
ich denke, dass diese Schiene mehr Selbstrechtfertigung der Israelis ist, eien Art Paranoia Syndrom kollektiver Art, beständig existenzbedroht zu sein: Ganz ehrlich, Israel ist mit seiner wohl vermuteten atomaren Zweitschlagsfähigkeit zwar nicht nur von Freunden umgeben, aber relativ unangreifbar. Hier wirkt viel mehr kollektiv historische Erinnerung nach. Um nicht falsch verstanden zu werden: DIe Shoa war so grausam, dass man keine Worte finden kann. Dass daher auch die Holocaustüberlebenden und ihre Nachkommen geprägt sind, etwas übervorsichtig sind etc, ist absolut nachvollziehbar. Nur macht es das ganze eben nicht einfacher. Und man kann dahinter sich auch sehr gut verstecken. Man verteidigt sich ja nur selbst, wenn man das Land des Gegners nun kolonialisiert.
Es geht dabei nicht wirklich um klassischen Imperialismus, das ist richtig, es ist viel eher eine Obsession nach absoluter Sicherheit, für die man alles geben würde und auch andere dementsprechend behandelt.
Aber offensiv ist diese Obsession sicherlich schon.


Zitat:Jetzt werden die Israelis sich zurück ziehen und schauen was die Palästinenser mit dieser neuen "Freiheit" anstellen. Dass sie dabei noch Land mitnehmen, ist zwar objektiv gesehen nicht fair. Allerdings haben die Palästinenser Krieg gegen Israel geführt und haben mit dem einseitigem Rückzug Israels faktisch verloren. Nach jedem Krieg wurde dem Verlierer etwas genommen und dies wird jetzt nicht anders sein. Dass die Israelis gelegentlich Anti-Terroreinsätze bei den Palästinensergebieten durchführen werden ist nicht ausgeschlossen, wenn die Palästinenser mit dem Terror aufhören und sich endlich einigen.
Nur dummerweise wird das alles nicht gut gehen. Der einseitige Rückzug aus den Gebieten bestärkt die Palästinenser - wie nach dem Gazaabzug - das letztlich ihre radikale Gewalt den Sieg davon getragen hat. Die Radikalen werden also wieder profitieren und auch einen schleppenden, nur teilweise erfolgenden Rückzug aus der Westbank für sich auszuschlachten wissen. Dieses "unfair", diese lapidare Formulierung bei dir also, wird böse und blutige Konsequenzen haben, die man schon bei Gaza sah.
Und nochmal: Es war ein Krieg der Israelis gegen die arabischen Staaten. Die Palästinenser waren die Bauern, in da geopfert wurden und erst nach und nach wurden die Palästinenser zu einer eigenständigen Konfliktpartei. Man kann also auch historisch nur sehr ungenauerweise davon sprechen, dass die Palästinenser Krieg gegen Israel geführt haben, man könnte das gleiche auch umgekehrt sagen. Bei deiner Argumentation, die sicher auch Israelis ähnlich bringen würden, fühlen sich die Palästinenser erst recht betrogen und die Radikalen werden wissen, dies wieder auszuschlachten.
Letztlich wird auf diesem Weg die Gewalt kaum gestoppt werden. Die israelische Vorstellung eines disengaments, ein paar Siedlungsblöcke zu annektieren und ansonsten sich auf hohe Mauern zu verlassen, wird scheitern. Das sage ich jetzt schon voraus.


- Ingenieur - 09.07.2006

Zitat:Thomas Wach postete
Schön, dann aber ist das auch kein Argument, dass Israel einen stärkeren Staat verhindern will. Und zwischen Selbstständigkeit im Rahmen größerer Autonomie udn echter Souveränität liegt auch ein großer Spannungsbogen, den du unbeachtet läßt. Die Israelis wollen sich sicherlich nicht mehr um diese Gebeite kümmern, wollen ihre kostspielige Besatzung redizieren, aber zurück zum Ausgangspunkt dieser Teildiskussion: Damit ist letztlich nicht gesagt, inwiefern diese Gebiete gestaltet sind, ob und in welcher Form sich dort ein staatl. Gebilde entwickln kann. Und genau dort setzte mein Punkt an, dass Israel auch mindestens mittelfristig wohl von einem gewissen Chaos dort auch profitiert und keine starke einheitliche paläst. politische Front haben will. Das war mein Punkt und dagegen hast du hier kein Argument gebracht.
Argument? Sorry, aber keiner von uns beiden hat ein echtes Argument zu dem Punkt gebracht.
Du hast gesagt, die Israelis hätten Interesse an einem chaotischen Zustand in der Westbank, um ihre "Ziele" durchzusetzen.
Ich habe entgegnet, dass dies nicht ihr Interesse, da eine starke Regierung den Terror gegen Israel unterbinden könnte und chaotische Zustände Terrorismus begünstigen.
Aber keine der beiden Aussagen lässt sich irgendwie belegen. Das sind bloß unsere Vermutungen.
Was ich sagen wollte ist, das die Tatsache, das Israel keine Fertigstaat den Palästinensern hinstellt, kein Grund für die Annahme ist, dass Israel keinen starken Palästinenser-Staat will.
Du meinst übrigens, dass es ein Fehler ist, dass die Israelis ohne Absprache abziehen. Die Verhandlungen sind aber immer gescheitert und haben kein Ergebnis gebracht. Ich persönlich war nach Camp David und der anschließenden Intifada echt enttäuscht und das v.a. von der palästinensischen Seite.

Der Erfolg der Hamas geht im übrigen nicht auf den Rückzug der Israelis aus Ghaza zurück, sondern dass die Korruptheit und Inkompetenz der Fatah-Funktionäre nicht mehr durch Arafats Charisma aufgewogen wurde. Es wurde schon vorher davor gewarnt, dass die Hamas "bürgernäher" als die Fatah ist.

Zitat:Sehr nett. Nur ging es bei meinen weiteren Ausführungen eben um die Westbank und die knapp 8.000 Siedler im Gazastreifen sind eine andere Dimension als die gut 250.000 Siedler in der Westbank!
Und die Pläne von Olmertz wurden vor ein paar Monaten veröffentlicht. Ich habs bei IHT.Online gelesen, dummerweise kann man auf deren Archive nicht zugreifen...
schade...

Zitat:Und genau diese Vorstellung ist idealistischer Unsinn. Die paläst. Gesellschaft ist in sich schon fragmentiert, mit starken säkularen, aber inzwischen auch starken religiösen Lagern. Da wird es keine starke, einheitliche Bewegung mehr geben. Weder wird eine Gruppe stark genug sein, in Sachen Hard Power zu dominieren, also in Sachen Waffengewalt zu dominieren, noch wird dieses schöne alte Konzept Max Webers, dass der charismatischen Herrschaft ziehen: Denn die Gruppen sind zu unterschiedlich, die eher sakuläre Ausrichtung der Fatah stößt sich an der religiösen der Hamas. Das einfach so zu überbrücken, funktioniert nicht. Da überschätzt du das Einigungspotential der Palästinenser. Nein, ich denke, so wie es geschrieben habe: Es gibt nmur einen Einigungsgrund für die Paläst., ein common issue, das ist der Kampf gegen Israel. Legitimation wird jeder Staat nur dann haben, jede Autorität, wenn sie öffentlichkeits wirksam gegen die Besatzung vorgeht. Abseits aller Theorien über das Schüren der 2. Intifada durch Arafat, letztlich war sie ein Ergebnis, dass seien Autorität nicht mehr anerkannt wurde voll und dass seiner Autonomiebehörde, weil zu wenig gegen den neuen Siedlungsbau der Israelis und gegen schlechte Lebensbedingungen getan wurde. Legitimation in den Augen der bevölkerung, das ist zentral. Und die wird eine Regierung nur dann haben, wenn sie die Besatzung beendet. Und auch nur so lassen sich Hamas und Fatah an einen Tisch bringen. Als Front für die Befreiung Palästinas. Und auch dann werden die Milizen im besten Fall gebündelt. Das ist die einzige echte wahrscheinliche Variante für eine paläst. Regierung. Alles andere ist westliches oder israelisches Wunschdenken.
Höchstens und darauf rechnt und hofft Tel Aviv, man schafft es, die beiden Lager in einen Bruderkrieg zu treiben um so die Paläst. zu spalten und dann leichtes Spiel mit ihnen zu haben. Diese Varainte könnte auch in einer starken Regierung enden, aber in einer straken Regieurng einer endgültig kaputten und zerstörten Gesellschaft. Diese Variante wäre sehr angenhem für Israel und vieles spricht für dieses Ziel der Israelis.
Aber deine Vorstellungen sind da etwas zu sehr westliches Wunschdenken.
Es reicht ja, wenn diese "charismatische" Führung es schafft, dem Volk klar zu machen, dass ein eigener Staat die oberste Priorität hat. Dann wäre die oberste Legitimation das Erreichen dieses Ziels und nicht die Vernichtung Israels. Es wäre ein konstruktiver Widerstand wie unter Ghandi. Nicht unbedingt gewaltlos, aber so weit, dass sinnlose Gewalt, wie Terroranschläge, nicht mehr durchgeführt werden, um dem obersten Ziel nicht zu schaden.
Mit Abbas haben die Israelis ja vernünftig gesprochen, er hat auch das Ziel (genau wie Arafat) einen palästinensischen Staat zu gründen. Allerdings ist Abbas zu farblos und die Fatah zu korrupt. Wenn die säkularen Kräfte nicht so unfägig wären, dann hätte die Hamas nicht so einen Zulauf.


Zitat:Wenn es wirklich nur ums Überleben ginge, dann müßte man nicht Wehrsiedlungen im Feindesland erichten und dann wäre man nicht konventionell mehrfach überlegen..
ich denke, dass diese Schiene mehr Selbstrechtfertigung der Israelis ist, eien Art Paranoia Syndrom kollektiver Art, beständig existenzbedroht zu sein: Ganz ehrlich, Israel ist mit seiner wohl vermuteten atomaren Zweitschlagsfähigkeit zwar nicht nur von Freunden umgeben, aber relativ unangreifbar. Hier wirkt viel mehr kollektiv historische Erinnerung nach. Um nicht falsch verstanden zu werden: DIe Shoa war so grausam, dass man keine Worte finden kann. Dass daher auch die Holocaustüberlebenden und ihre Nachkommen geprägt sind, etwas übervorsichtig sind etc, ist absolut nachvollziehbar. Nur macht es das ganze eben nicht einfacher. Und man kann dahinter sich auch sehr gut verstecken. Man verteidigt sich ja nur selbst, wenn man das Land des Gegners nun kolonialisiert.
Es geht dabei nicht wirklich um klassischen Imperialismus, das ist richtig, es ist viel eher eine Obsession nach absoluter Sicherheit, für die man alles geben würde und auch andere dementsprechend behandelt.
Aber offensiv ist diese Obsession sicherlich schon.
Man muss nicht bis zur Shoa gehen. Die Sportfreunde Stiller hätten ihr WM-Lied auch umdichten können: "48, 67, 76, 200* und wir stimmen alle ein".
Israel wurde ja in schöner Regelmäßigkeit überfallen und nur die militärische Überlegenheit sichert die Existenz Israels (ok, die Amis würden im Zweifelsfall wahrscheinlich schon mithelfen). Die Paranoia ist für die meisten Israelis also noch sehr real.
Die Themen "Sicherheit" und "Siedlungen" sind aber meiner Meinung nach keine einheitliche Strategien, sondern teilweise gegenläufig und auf verschiedenen Konzepten gegründet. Der Abzug aus Ghaza spricht dafür. Die Siedlungen sind noch ein Relikt von früher und die sind ja bekannterweise schwer abzuschaffen.

Zitat:Und nochmal: Es war ein Krieg der Israelis gegen die arabischen Staaten. Die Palästinenser waren die Bauern, in da geopfert wurden und erst nach und nach wurden die Palästinenser zu einer eigenständigen Konfliktpartei. Man kann also auch historisch nur sehr ungenauerweise davon sprechen, dass die Palästinenser Krieg gegen Israel geführt haben, man könnte das gleiche auch umgekehrt sagen. Bei deiner Argumentation, die sicher auch Israelis ähnlich bringen würden, fühlen sich die Palästinenser erst recht betrogen und die Radikalen werden wissen, dies wieder auszuschlachten.
Die Palästinenser waren auf der Seite der arabischen Staaten und haben sich bei Verhandlungen teilweise unnachgiebig gezeigt. Deswegen ist für den Sieger (Israel) logisch, da historisch fast immer geschehen.
Dass die Westbank-Siedlungen weg müssen, darin stimmen wir beide überein. Ich setze im Gegensatz zu dir die (für mich berechtigte) Hoffnung, dass mit "Kadima" der Totalrückzug endlich vollzogen wird.

Du hast erwähnt, dass Israel neue Siedlungen baut, mir ist bisher nichts dergleichen zu Ohren gekommen. Quelle?

Zitat:Letztlich wird auf diesem Weg die Gewalt kaum gestoppt werden. Die israelische Vorstellung eines disengaments, ein paar Siedlungsblöcke zu annektieren und ansonsten sich auf hohe Mauern zu verlassen, wird scheitern. Das sage ich jetzt schon voraus.
Was heißt hier scheitern? Schlimmer als während der zweiten Intifada wirds auch nicht mehr, wenn alles abgeriegelt ist. Es wird auf jeden Fall (für Israel) besser also vorher sein. Ich glaube du stellst sehr hohe Erwartungen an die Nahost-Politik. Es bedarf aber meiner Meinung nach schon Staatsmänner vom Format von Rabin oder Sharon auf beiden Seiten um den Konflikt gerecht zu lösen.
Außerdem: da befände sich dieser Lösungsansatz in guter Gesellschaft. Bisher ist so ziemlich alles gescheitert.