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Iran - Druckversion +- Forum-Sicherheitspolitik (https://www.forum-sicherheitspolitik.org) +-- Forum: Blickpunkt Welt (https://www.forum-sicherheitspolitik.org/forumdisplay.php?fid=90) +--- Forum: Sicherheitspolitik und Wirtschaft (https://www.forum-sicherheitspolitik.org/forumdisplay.php?fid=96) +--- Thema: Iran (/showthread.php?tid=340) Seiten:
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RE: Iran - Broensen - 05.12.2022 (04.12.2022, 23:53)KheibarShekan schrieb: Eine spezielle "Sittenpolizei" hat es im Iran nie gegeben, daher kann man sie auch nicht auflösen oder abschaffen. Was hier wahrscheinlich gemeint war, sind Streifen der ganz normalen Polizei, die ähnlich zu Verkehrskontrollen, hin und wieder auch die Einhaltung islamischer Normen geprüft haben und belehrt haben. Dieses Mandat wurde von der Regierung Ahmadinejad bei der Polizei eingeführt und jetzt scheinbar wieder abgeschafft. Die Informationslage über einfache Quellen wie Wikipedia dazu ist leider etwas widersprüchlich. Soweit ich das überblicken kann, handelt es sich aber entweder um eine eigenständige Sicherheitsbehörde neben oder aber um eine unterstellte Behörde innerhalb der "Ordnungskräfte des Iran", in denen verschiedene Polizei- und andere Dienste, zusammengefasst sind. Sie besteht bzw. bestand als Religionspolizei gezielt für diesen Auftrag. Insofern ist "Fakenews" hier unangebracht. Es handelt sich schlicht um die übliche Ungenauigkeit in journalistischer Berichterstattung, dass man hier von "der Sittenpolizei" schreibt, statt näher auszuführen, worum es sich dabei handelt. In Deutschland spricht man aber auch von "der Kriminalpolizei", obwohl es sich dabei lediglich um einen Teil der regulären Polizei mit besonderem Aufgabenbereich handelt. Und schon allein der Begriff "die Polizei" wäre im föderalen Deutschland eigentlich zu ungenau. Dementsprechend kann hier mMn den Medien keinen echten Vorwurf machen und schon gar nicht von "Fakenews" sprechen, was immer eine Absicht unterstellt. RE: Iran - KheibarShekan - 06.12.2022 Die Abschaffung der Sittenbelehrungs-Streifen ist eine kurzfristig greifende Maßnahme, in dem das Justizministerium überraschend feststellte, dass die ja gar nicht unter ihrer Hoheit stehen würden und daher ausgesetzt werden. Das ist iranische Logik und faktisch sicherlich inkorrekt, aber eine Option hier kurzfristig zu reagieren. Dafür dürfte auch die Polizei sehr dankbar sein. Die ebenfalls diskutierte Abschaffung der Kopftuchpflicht im öffentlichen Raum bedarf aber einer Gesetzesänderung, die das Parlament beschließen und der Wächterrat bestätigen müssen. Die Aufgabe des Wächterrates ist die Überprüfung der Gesetzte auf islamische Konformität und das Durchschnittsalter im Wächterrat dürfte so jenseits der 70 liegen. Insofern könnte das eine interessante Diskussion werden. Allerdings ist seit den letzten Wahlen auch das Parlament mehrheitlich konservativ besetzt. Egal welche Richtung das nimmt, wird das die westliche, anti-iranische Propaganda meiner Vermutung nach negativ auslegen und dem "System" irgendwas dazu dichten. Letztlich ist man hier gedanklich ja auch nicht viel weiter, denn ein diskutiertes Kopftuchverbot ist auch nur die andere Seite der selben Medaille. Es wäre aber meiner persönlichen Auffassung nach nicht sinnvoll, an Maßnahmen festzuhalten, die an der Realität vorbeiführen. Die Kontrollen kosten Zeit, Personal, Geld und Nerven. So wurden seit der Einführung von entsprechenden Polizeistreifen landesweit Verwarnungen in wahrscheinlich siebenststelliger Zahl ausgesprochen. Ein Erfolg solcher Belehrungsmaßnahmen hat sich nicht eingestellt, denn ein großer Teil der Bevölkerung hält sich schlicht nicht daran. Wir alle wissen schon lange, dass das Kopftuch im Iran gern als Halstuch getragen wird und nur situativ zurecht gerückt wird. Gerade in Einkaufszentren oder Freizeit orientierten Flaniermeilen, Parks usw. hat sie nie jemand großartig darum geschert. Daran haben diese Streifen ja nichts geändert, insofern sollte das konsequenterweise auch jeder so handhaben, wie er/sie das für richtig hält, soweit sich niemand akut belästig fühlt. RE: Iran - lime - 06.12.2022 (06.12.2022, 11:35)KheibarShekan schrieb: Letztlich ist man hier gedanklich ja auch nicht viel weiter, denn ein diskutiertes Kopftuchverbot ist auch nur die andere Seite der selben Medaille. Genau das ist es eben nicht. Gerade weil es sich nur auf Minderjährige in Kitas, Schulen und öffentlichen Gebäuden beziehen soll. RE: Iran - KheibarShekan - 12.12.2022 Zitat:Iran signs $300 million MoU for exports of cars to Russia Russland ist der 5. größte Automarkt der Welt. Sowohl die russische als auch die iranische Automobilindustrie basieren vielfach auf Renault / Peugeot Technik. Der Iran hatte sich in den letzten Jahren von entsprechenden Zulieferteilen unabhängig gemacht. Daher ergeben sich hier entsprechende Synergien. Die Iraner hoffen entsprechend, die Exporte von Autoteilen und PKW nach Russland deutlich zu steigern. Zitat:Russian petchem complexes using Iran-made catalysts: NPC head In der Petrochemie verwendete Katalysten werden seit Monaten in größerem Umfang auch nach Venezuela exportiert und steigern dort die Benzinproduktion. Durch Sanktionen war hier zuletzt auch in Russland ein neuer Lieferant erforderlich. Eine erste Probelieferung hat wohl qualitativ überzeugt und es soll entsprechend Folgeaufträge geben. Zitat:Iran to boost production by drilling 35 new wells on ‘world’s largest offshore gas field’ Die Entwicklung von South Pars wurde in den letzten Jahren durch gescheiterte Projekte mit Total und CNPC verzögert. Dabei wurden u.a. nicht nur die beteiligten Firmen sondern auch Banken von den USA direkt bedroht, was ursächlich für das Scheitern war. Entsprechend wurden Projekte geplant, angefangen und wieder gestoppt. Nächster Anlauf nun mit russischer Unterstützung. Russland verfügt über großes Know-How im Gas Sektor und bringt das notwendige Kapital mit. Interessanterweise verfügt allerdings weder Russland noch der Iran über hinreichend Erfahrungen im Bau von LNG Terminals. Insofern wird hier wahrscheinlich in absehbarer Zeit vermutlich vorrangig nur die Produktion von Pipeline-Gas gesteigert werden können. Aber auch hier hat der Iran, gemessen an den Vorkommen, enormes Nachholpotential, welches auch nur dann sinnvoll umgesetzt werden kann, wenn Pakistan und Indien dieses auch abnehmen. Bis dahin bleiben die Hauptabnehmer die Türkei, Irak und der Binnenmarkt. Durch Swapping wäre es auch möglich iranisches Gas nach Russland zu pumpen, welches seinerseits Gas nach Zentralasien und China weiterleiten könnte. Derzeit sieht es aber eher so aus, als würde der Iran kurzfristig russisches Gas importieren (https://www.middleeastmonitor.com/20220921-iran-to-purchase-gas-from-russia/ ) und im Süden des Landes die Produktion von Gas-Kondensaten entsprechend hochfahren. RE: Iran - Schneemann - 16.01.2023 Zitat:Protest und Hinrichtungen im Iranhttps://www.tagesspiegel.de/internationales/iran-macht-westen-verantwortlich-auf-der-suche-nach-sundenbocken-9185121.html Schneemann RE: Iran - KheibarShekan - 16.01.2023 Akbari war einer der hochrangingsten Spione. Für den britischen Auslandsgeheimdienst war er offenbar eine zentrale Figur. Seine Exekution ist legal und legitim, beinhaltete immerhin einen Prozess und eine Berichterstattung. Die große Mehrheit der Iraner werden dies unterstützen. In den meisten anderen Staaten wird das Thema einfach mit einem gezielten Mordanschlag gelöst. Insofern durchaus elegant und zivilisiert gelöst. RE: Iran - Quintus Fabius - 16.01.2023 In anderen Staaten wird so etwas auch noch ganz anders gelöst, durch Haftstrafen bis hin zu einem Austausch. Von daher mag das nach iranischem Recht legal sein, aber hier Legitimität über Begriffe wie Elegant und Zivilisiert im Kontext mit einer Hinrichtung begründen zu wollen ist ziemlich verfehlt. RE: Iran - KheibarShekan - 21.01.2023 (16.01.2023, 22:24)Quintus Fabius schrieb: In anderen Staaten wird so etwas auch noch ganz anders gelöst, durch Haftstrafen bis hin zu einem Austausch. Von daher mag das nach iranischem Recht legal sein, aber hier Legitimität über Begriffe wie Elegant und Zivilisiert im Kontext mit einer Hinrichtung begründen zu wollen ist ziemlich verfehlt. Doppelte Staatsbürgerschaften werden nicht anerkannt. Auch hat Akbari weder unwissentlich gehandelt, ist nicht erpresst worden, hat sich nicht in einer wirtschaftlichen Notlage befunden, hat auch nicht einmalig gehandelt, sondern systematisch über einen langen Zeitraum seine Kameraden und Landesgeheimnisse ausspioniert und an den Feind verraten. Insofern war er jemand, der sich weder für einen Austausch oder für eine Haftstrafe qualifiziert hätte. Die Gegenseite erschießt und vergiftet Iraner für weit weniger. Darunter Uni-Dozenten, Luftfahrtingenieure, ohne jegliche Anklage oder Gerichtsverhandlung. Insofern war die Behandlung Akbaris sehr wohl elegant und zivilisiert gelöst. --------- Ich selbst habe mich vor ein paar Tagen noch ganz anders geäußert und die Feindschaft der Europäischen Staaten deutlich unterschätzt. Betrachtet man Rolle und Funktion der Revolutionsgarde, so hat das Parlament der Europäischen Union der Islamischen Republik Iran mit der Einstufung der Pasdaran als Terrororganisation offiziell den Krieg erklärt. Der Iran wird diesen Schritt kontern und europäische Streitkräfte und Sicherheitskräfte entsprechend kategorisieren. Eine militärische Auseinandersetzung ist damit eher früher als später unausweichlich. Es stellt sich nur die Frage nach dem geeigneten Zeitpunkt. RE: Iran - Quintus Fabius - 21.01.2023 In diesem Kontext: https://www.iranintl.com/en/202301197929 Zitat:The issue of adding the Revolutionary Guard (IRGC) to the list of Europe’s terrorist entities became a rallying point for the Iranian diaspora, which launched online campaigns and held a large protest in Strasbourg on January 16 to lobby the European Parliament for passing the resolution. Zitat:It also calls on the Council and the member states to add the IRGC and its subordinate forces, including the paramilitary Basij militia and the Quds Force, to the EU terrorist list. Dass die Basij und Quds inkludiert sind hatte ich gar nicht auf dem Schirm. Zitat:Die Gegenseite erschießt und vergiftet Iraner für weit weniger....ohne jegliche Anklage oder Gerichtsverhandlung. Zum Glück hat der Iran ja niemals nie das gleiche getan ..... Dessen ungeachtet halte ich rein persönlich diese Entscheidung des EU Parlaments für einen erheblichen und sinnlosen Fehler. Ein Musterbeispiel dafür, wenn man sich in der Politik zu sehr von Ideologie verblenden lässt, dass gilt umgekehrt für viele Iraner ganz genau so. RE: Iran - Grolanner - 21.01.2023 In diesem Zuge einige Verständnisfragen: Bisher habe ich die IRGC/Pasdaran immer für eine freiwillige Miliz gehalten, die dann "abgenutztes Spielzeug" von den regulären Truppen weiter nutzen durfte und zudem eine eigene Agenda verfolgte. Zumindest war/ist das mein Eindruck von dem, was die Abteilung See da an "grobem Unfug" mit fremden Kriegsschiffen u.Ä. treibt, um es mal freundlich zu formulieren. Das scheint aber etwas komplexer zu sein, als es sich mir darstellt(e). Was also sind/sollen sie (die IRGC) denn nun tatsächlich sein? Reguläre? Falls ja, ist der "seemännische Unfug" dann tatsächlich von der Regierung so gewollt? Das Eskalationspotential bei diesen "Spielereien" ist echt maximal! Miliz unter dem Kommando des Militärs? Eigenständig mit eigener Agenda? Falls ja, warum wird das gefährliche Spiel dann sogar von der Regierung mit Material unterstützt, wo doch in meinen Augen viele Aktionen (zur See) deren Arbeiten konterkarieren. "Geheimdienst"-Truppen? Oder typisch "asiatisches" vorne Heucheln und die IRGC "achselzuckend" machen lassen um nichts zugestehen zu müssen? Unter anderem auch an den Antworten liesse sich dann schliessen, ob eine Einordnung unter "Terror" möglich (Eigenständig) oder gar unlogisch (Regulär) wäre. RE: Iran - Quintus Fabius - 21.01.2023 Meiner Einschätzung nach sind die ziemlich eigenständig, mit eigenständiger Agenda. Deine Frage warum die Regierung dann dieses Spiel mitmacht würde ich rein persönlich so beantworten, dass in Wahrheit umgekehrt die Regierung schon viel zu weitgehend von diesen Kräften kontrolliert und vor sich her getrieben wird. Meiner Meinung nach unterschätzt du hier die Macht und die Bedeutung welche diese Einheiten inzwischen erlangt haben, dass reicht ja weit über die rein politische Seite hinaus bis tief in die Wirtschaft und auch in den tiefen Staat hinein. RE: Iran - Quintus Fabius - 30.01.2023 Im Iran knallt es gerade (mal wieder) - nein, keine Aufständischen / Demonstranten / vom Ausland gelenkte Irrgeleitete oder wie auch immer man die Unzufriedenheit weiter Teile der Bevölkerung bezeichnen will, sondern dezidierte Angriffe auf kritische Infrastruktur und auch auf Gebäude und Infrastruktur der Revolutionsgarden, angeblich mit Drohnen: https://twitter.com/officejjsmart/status/1619484804600442882 https://www.kyivpost.com/post/11620 https://twitter.com/IsraelRadar_com/status/1619664052917256240?ref_src=twsrc%5Etfw Angeblich das HQ der Revolutionsgarden: https://twitter.com/nexta_tv/status/1619803883211206658/photo/1 https://twitter.com/nexta_tv/status/1619803883211206658/video/3 Angriffe in Isfahan: https://twitter.com/afshinrattansi/status/1619457070801235968 Tatsächlich israelische Angriffe, falls ja, warum? Oder Fake-News, mit welchem Zweck? Oder eine schwarze Flagge Operation? Falls ja mit welchen Zielen? Oder sonst noch irgend ein anderes Geschehen, welches ? RE: Iran - Nightwatch - 30.01.2023 Ein guter Indikator ist immer, ob die israelischen Medien direkt berichten können oder sich aufgrund der Militärzensur auf ausländische Quellen berufen müssen. Hier bemüht man primär das WSJ und Arabische Medien und hält das Thema recht klein. Wobei es dort aktuell eh keinen Mangel an Nachrichten gibt. RE: Iran - Schneemann - 17.02.2023 Chinesisch-iranisches Treffen - wobei das Thema Frauenrechte natürlich nur ein vorgeschobenes und recht offensichtlich platziertes sein dürfte, in Wirklichkeit geht es um wirtschaftliche Interessen und um einen Ausbau der Kooperation, ggf. auch über die sog. Maritime Silk Road, womit Teheran versucht aus der aktuellen wirtschaftlichen Misere und den inneren Problemen herauszukommen. Gut möglich auch, dass das Treffen auch im Kontext der Wiederannäherung Teherans an Baku stattfindet (wo man ja im letzten Sommer schon eifrig verhandelt hat - und der iranisch-aserbaidschanische Handel hat in den letzten Jahren starken Zuwachs erfahren, wobei vieles aus Aserbaidschan aus China kam und von dort nach Iran ging), denn Baku ist in die Seidenstraße eng eingebunden. Zitat:PRÄSIDENT RAISI IN PEKINGhttps://www.handelsblatt.com/politik/international/praesident-raisi-in-peking-iran-und-china-fordern-gemeinsam-frauenrechte-ein-in-afghanistan/28986954.html Schneemann RE: Iran - Schneemann - 07.03.2023 Seltsame Geschichte... Zitat:Mädchenschulen im Iranhttps://www.tagesschau.de/ausland/asien/iran-vergiftungen-101.html Ich denke, es ist eher unrealistisch, dass Teile der Protestbewegung, die sich ja eher für Frauenrechte stark machen, da dahinterstehen könnten. Religiöse Fanatiker könnte vielleicht verantwortlich sein - aber dann wohl eher nichtstaatliche Gruppierungen und Splittergruppen -, aber auch hier wäre die Frage, ob sie denn dem eigenen Staat so schaden wollen, der ja schon ein theokratisches System ist? Zumal sie sich aller ggf. bestehenden Sympathien beim Volk selbst berauben würden. Und auch dass das Regime selbst dahintersteckt, um so eine noch härtere Gangart gegen die Opposition umzusetzen, erscheint mir etwas weit hergeholt. Man kann der Führungsriege sicher viel Schindluder zutrauen, aber dass sie die eigenen Kinder vergiftet, nur um als Folge davon eine Oppositionsbewegung noch stärker gängeln zu können (was die Sicherheitskräfte ja eh schon können), ist dann doch wenig wahrscheinlich. Vielleicht ist es aber auch nur ein simpler Unfall mit irgendeinem Chlorgas und eine Art Massenhysterie (in religiös verbrämten Gesellschaften durchaus nicht selten). Schneemann |