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Iran - Druckversion +- Forum-Sicherheitspolitik (https://www.forum-sicherheitspolitik.org) +-- Forum: Blickpunkt Welt (https://www.forum-sicherheitspolitik.org/forumdisplay.php?fid=90) +--- Forum: Sicherheitspolitik und Wirtschaft (https://www.forum-sicherheitspolitik.org/forumdisplay.php?fid=96) +--- Thema: Iran (/showthread.php?tid=340) Seiten:
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RE: Iran - Quintus Fabius - 25.11.2022 Was in Bezug auf die Ausschreitungen und Proteste im Iran in westlichen Medien immer untergeht ist, wieviele Polizisten und andere Sicherheitskräfte bereits bei den Unruhen getötet wurden. Darunter sogar hochrangige Offiziere. Was mir da noch fehlt wären genauere Zahlen, je nach Quelle schwankt das erheblich und/oder es werden immer nur die jeweils bei einem Geschehen bzw. an einem Ort getöteten Polizisten genannt. Wenn ich diese ganzen Einzelnennungen so ungefähr zusammen rechne, dürften bereits mindestens um die 50 bis 60 Polizisten ums Leben gekommen sein. Das würde sich auch mit der folgenden Information der Jerusalem Post decken: https://www.jpost.com/middle-east/iran-news/article-723271 Gerüchteweise (Twitter, Telegram et al) sollen jedoch sogar deutlich mehr Sicherheitskräfte durch die "Demonstranten" umgebracht worden sein. Eventuell könnte KheibarShekan ja dazu noch etwas ausführen. RE: Iran - KheibarShekan - 25.11.2022 50-60 getötete Sicherheitskräfte kommt gut hin. Hinzu kommt eine Häufung von Attentaten, bei denen auch dutzende Zivilisten ums Leben gekommen sind. Etliche Fälle, wo Terrorzellen mit Waffen und Sprengstoff kürzlich ausgehoben wurden. Da hätte jüngst noch viel mehr passieren können. Der den MEK nahe stehende John Bolton sagte kürzlich in einem Interview, dass dieser Aufstand sich von anderen Unterscheide, weil dieses Mal viel mehr Waffen vorhanden sind. Das sagt schon viel aus. Die iranischen Sicherheitskräfte haben die kurdischen Milizen unterschätzt und viel zu lange gewähren lassen. Auch die Aktivitäten westlicher Geheimdienste in Nachbarländern und dem Inland hat man unterschätzt. Dabei haben Kreise der IRGC und Basij schon vor 2 Jahren vor entsprechenden Plänen gewarnt. Wieder mal ein Fall von mangelnder strategischer Weitsicht. Zumindest in der Umsetzung. Die jungen Frauen, die sich in Teheran oder Isfahan, von sozialen Medien und und einem jugendlichen Leichtsinn beflügelt von ihren Kopftücher trennen, sind nicht das Problem der IRI. Soll man sie doch lassen. Ein Sicherheitsproblem sind sie nicht. Das tatsächliche Sicherheitsproblem hat man vernachlässigt und kann das nun nicht mehr nur mit polizeilicher und geheimdienstlicher Arbeit, sondern muss das mit militärischer Gewalt lösen. Je nachdem wie viele Kämpfer und Waffen eingesickert sind und weiter einsickern, wird es auf beiden Seiten noch sehr viel mehr Todesopfer geben. Bis heute habe ich den Eindruck, dass die Türken wesentlich professioneller und durchschlagskräftiger mit den kurdischen Milizen umgehen. Das gleiche Problem braut sich seit Jahren in Aserbaidschan zusammen. Auch dieses Regime hätte man längst zerstören müssen, bevor es zu einem gefährlichen Proxy herangezüchtet wurde. Saudis, Israelis, Amerikaner und inzwischen auch die Europäer sind sehr entschlossen den Iran zu destabilisieren. Weiterhin glaubt der Führungszirkel an die Kraft der Diplomatie, an irgendwelche Verhandlungen und dass ihre Feinde nur vom rechten Weg abgekommen sind. Dieses Spiel hat die letzten 200 Jahre für den Iran nicht funktioniert. RE: Iran - Quintus Fabius - 26.11.2022 Der Iran betrachtet meiner Ansicht nach aus seiner Vergangenheit heraus alles wie eine Fermatsche Primzahl. Das ist ebenso ein Problem wie die Unterschätzung des Feindes und ebenso mangelnde strategische Weitsicht. Im weiteren geht vieles was seitens des Iran bzw. vieler Iraner angenommen wird zu weitgehend in Richtung einer Beschuldigungskultur (was die große Schwäche der arabisch-islamischen Welt ist). Und in der Kombination beider Faktoren wird zu wenig erkannt, wo man selbst versagt und dass ist nicht primär bei der Bekämpfung ausländischer Einflüsse und nicht primär bei der Bekämpfung von außen kommender Gewalt, auch wenn es diese natürlich zweifelsohne gibt. Die Verwechslung von Ursachen und Wirkungen destabilisiert den Iran besser als es jeder ausländische Geheimdienst könnte, bzw. umgekehrt ist eine solche Destabilisierung von außen nur möglich, weil der Iran in eine solche Haltung verfallen ist. Die Idee die Getreuen um die eigene Flagge zu sammeln und durch die Bedrohung von Außen die Kohäsion zu stärken spielt sicher auch eine Rolle, aber das trägt nicht beliebig lange für sich allein. So weit es mein sehr beschränkter Einblick in die iranischen Verhältnisse zulässt, war Ahmadineschād meiner rein privaten Einschätzung nach jemand, der trotz all seiner Rethorik und seinen sonstigen Einstellungen die tatsächlcihen Probleme des Iran eher erkannte. Wäre er 2021 zur Wahl zugelassen und eventuell gewählt worden, so stünde der Iran meiner Ansicht nach jetzt besser dar bzw. wären die Proteste eventuell verhinderbar gewesen. Rein persönlich schätze ich Ahmadineschād recht hoch ein, wie wird er im Iran selbst gesehen bzw. von dir ? Den Einfluss von Chamenei halte ich hingegen in bestimmten Aspekten für negativ, einzelne Aspekte wie beispielsweise das Verhältnis zu Azerbeidschan hattest du ja auch schon genannt. RE: Iran - KheibarShekan - 26.11.2022 Der Iran tut viel zu selten und viel zu halbherzig das, was ihm vorgeworfen wird. Khamenei und die Mehrheit in den entscheidenden Sicherheitsgremien zeigen in meinen Augen zu große Nehmerqualitäten. Die herrschenden Absolutisten in Manama, Riad, Baku oder Dubai sowie transitiv die auf fossilen Energieträgern basierende Weltwirtschaft sind tatsächlich viel verletzlicher als es den Anschein hat. Man könnte diese 24/7 beschäftigen. Aus religiösen und kulturellen Gründen, sieht sich die iranische Führung viel lieber in der Tradition einer Opferrolle, welche sie darin bestärkt und legitimiert gegen das Böse zu kämpfen, als dass sie selber gern bösartige Täter sind. Sie weinen lieber gemeinsam, als das sie sich gemeinsam über Schandtaten freuen. Die Feinde interpretieren das zu Recht als Schwäche und haben dadurch zu viel Handlungsspielraum, ohne dafür den angemessenen Preis zu bezahlen. Eine weitere Fehlkalkulation besteht darin, dass man denkt, die Araber würden sich an der Vertreibung der außerregionalen Mächte beteiligen, wenn man sich mit ihnen anfreundet. Insofern schaut man viel zu lange zu, kassiert Watschen links und rechts und tut effektiv nichts. Insofern wäre es für den Iran viel zuträglicher, wenn die Militärs und Hardliner mehr Handlungsspielraum erhalten und nicht ständig von oben ausgebremst werden. RE: Iran - KheibarShekan - 26.11.2022 Zitat:Police arrest two terrorists in Tehran, foil plan to carry out suicide attackshttps://www.presstv.ir/Detail/2022/11/23/693257/Police-arrest-two-suicide-bombers-in-west-Tehran Zitat:Iran’s Jan-Sep car output exceeds that of France, UK, Italy: ACEA RE: Iran - Schneemann - 26.11.2022 @Quintus Zitat:So weit es mein sehr beschränkter Einblick in die iranischen Verhältnisse zulässt, war Ahmadineschād meiner rein privaten Einschätzung nach jemand, der trotz all seiner Rethorik und seinen sonstigen Einstellungen die tatsächlcihen Probleme des Iran eher erkannte.Ob er die Probleme tatsächlich eher erkannt hatte, kann ich nicht beurteilen, aber was mich überrascht hat - seine antisemitischen Injurien mal außen vorgelassen -, ist, dass er anscheinend als einer der wenigen iranischen Politiker sich im Ukrainekrieg auf die Seite der Ukraine gestellt bzw. den russischen Überfall verurteilt hatte, was in den iranischen Medien quasi gar keine Rolle spielte. Vielleicht hat er es auch nur gemacht, weil er derzeit kein gewichtiges offizielles Amt innehat - also nicht sonderlich viel verlieren kann - oder weil er der oberen Führung gegen das Knie treten wollte, in jedem Fall war ich durchaus irritiert (ohne ihn nun in Schutz nehmen zu wollen). Schneemann RE: Iran - KheibarShekan - 27.11.2022 Vollmitgliedschaft in der SCO im Parlament verabschiedet. Bisher hat der Iran nur Beobachterstatus. Zitat:Iranian Parliament approves Iran’s accession to the Shanghai Cooperation Organization RE: Iran - KheibarShekan - 30.11.2022 Die iranische Industrie scheint sich sukzessive vom Covid Schock zu erholen und vermeldet die Produktion von 122.000 PKW in nur 4 Wochen Zitat:Iran’s monthly vehicle output hits 5-year recordhttps://www.presstv.ir/Detail/2022/11/26/693439/Iran%E2%80%99s-monthly-vehicle-output-record-MIMT-figures RE: Iran - Schneemann - 04.12.2022 Zitat:Proteste in Iran: Regime verkündet Auflösung der Sittenpolizeihttps://www.nzz.ch/international/proteste-in-iran-die-neusten-entwicklungen-ld.1707898 Schneemann RE: Iran - Quintus Fabius - 04.12.2022 KheibarShekan: Zitat:Der Iran tut viel zu selten und viel zu halbherzig das, was ihm vorgeworfen wird. Khamenei und die Mehrheit in den entscheidenden Sicherheitsgremien zeigen in meinen Augen zu große Nehmerqualitäten. ........Insofern schaut man viel zu lange zu, kassiert Watschen links und rechts und tut effektiv nichts. Insofern wäre es für den Iran viel zuträglicher, wenn die Militärs und Hardliner mehr Handlungsspielraum erhalten und nicht ständig von oben ausgebremst werden. Du beschreibst hier exakt das was ich mit Fermatscher Primzahl meinte. Eine Haltung die durchaus in sich selbst logisch und rational ist, aber davon ausgeht, dass "die Formel" immer Primzahlen erzeugt, was sie nicht tut. Eine solche "Paranoia" ist genau so die Ursache mangelnder strategischer Weitsicht wie es die Inkompetenz bei anderen ist. RE: Iran - lime - 04.12.2022 Falls die Sittenpolizei wirklich aufgelöst wird und auch noch das Verschleierungsgebot zur Disposition gestellt wird dann müssen die Mullahs weniger fest im Sattel sitzen wie ich bisher vermutet hätte. Kommt das wirklich so und plötzlich gehen 60-70% der Frauen ohne Kopfbedeckung aus dem Haus dann wäre das Ende des aktuellen Systems nah. RE: Iran - Quintus Fabius - 04.12.2022 Ich glaube sogar es könnte das aktuelle System stabilisieren die Überprüfung des Kopftuchzwanges durch die Polizei abzuschaffen. Das kommt darauf an wie genau man es anstellt und wie man es für sich ausnützt. RE: Iran - KheibarShekan - 04.12.2022 Lustig was in deutschen Medien für Fakenews verbreitet werden. Der Iran war schon vorher dafür bekannt, dass die Kopftücher bzw. der Hijab dort kulturell bedingt wesentlich lockerer sitzen, als in den meisten anderen islamischen Ländern. Eine spezielle "Sittenpolizei" hat es im Iran nie gegeben, daher kann man sie auch nicht auflösen oder abschaffen. Was hier wahrscheinlich gemeint war, sind Streifen der ganz normalen Polizei, die ähnlich zu Verkehrskontrollen, hin und wieder auch die Einhaltung islamischer Normen geprüft haben und belehrt haben. Dieses Mandat wurde von der Regierung Ahmadinejad bei der Polizei eingeführt und jetzt scheinbar wieder abgeschafft. RE: Iran - Quintus Fabius - 05.12.2022 Und ist dies (die Abschaffung der Kontrolle der islamischen Normen durch die gašt-e eršād) deiner Ansicht nach nun sinnvoll oder nicht ? Wirkt dies nun deiner Ansicht nach Systemstabilisierend oder System-destabilisierend ? RE: Iran - lime - 05.12.2022 (04.12.2022, 23:53)KheibarShekan schrieb: Lustig was in deutschen Medien für Fakenews verbreitet werden. Der Iran war schon vorher dafür bekannt, dass die Kopftücher bzw. der Hijab dort kulturell bedingt wesentlich lockerer sitzen, als in den meisten anderen islamischen Ländern. Eine spezielle "Sittenpolizei" hat es im Iran nie gegeben, daher kann man sie auch nicht auflösen oder abschaffen. Was hier wahrscheinlich gemeint war, sind Streifen der ganz normalen Polizei, die ähnlich zu Verkehrskontrollen, hin und wieder auch die Einhaltung islamischer Normen geprüft haben und belehrt haben. Dieses Mandat wurde von der Regierung Ahmadinejad bei der Polizei eingeführt und jetzt scheinbar wieder abgeschafft. Ist dies dann ein Fakeartikel? https://de.wikipedia.org/wiki/Gascht-e_Erschad |