Iran - Druckversion +- Forum-Sicherheitspolitik (https://www.forum-sicherheitspolitik.org) +-- Forum: Blickpunkt Welt (https://www.forum-sicherheitspolitik.org/forumdisplay.php?fid=90) +--- Forum: Sicherheitspolitik und Wirtschaft (https://www.forum-sicherheitspolitik.org/forumdisplay.php?fid=96) +--- Thema: Iran (/showthread.php?tid=340) Seiten:
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RE: Iran - Quintus Fabius - 09.10.2022 KheibarShekan: Wie würdest du die folgende Aussage von mir zum Iran bewerten: Zitat:was zu wenig Beachtung findet ist, dass es im Iran erneut eine erhebliche systemische Korruption und Ungerechtigkeit und auch Ungleichverteilung gibt. Die Pasdaran haben sich überall in der Wirtschaft ausgebreitet, und fundamentalistische Gruppierungen bereichern sich am Staat RE: Iran - KheibarShekan - 09.10.2022 Habe es ausgeführt. Dann kam es leider zu einem Fehler beim Absenden der Antwort und jetzt habe ich keinen Bock mehr Führt sowieso zu nichts. RE: Iran - Quintus Fabius - 09.10.2022 Nichts was wir hier schreiben führt überhaupt zu irgend was. Das ist meiner Ansicht nach einfach alles nur eitle Höhenflucht, und im günstigsten Fall eine Ersatzbetätigung für ernsthaftere Probleme die man lösen könnte, weil alle Probleme nur noch entweder ohne Mühe oder gar nicht mehr lösbar sind. RE: Iran - Schneemann - 10.10.2022 Mal ein OT: Zitat:Nichts was wir hier schreiben führt überhaupt zu irgend was. Das ist meiner Ansicht nach einfach alles nur eitle Höhenflucht...Diese Begeisterungsstürme. Das ist nun eine etwas sehr negative Auslegung deinerseits. Ich denke, wir lernen alle auch teils dazu und erweitern unseren Horizont, weil der Austausch dazu führt, dass jeder auch neue Erkenntnisse gewinnen kann. D. h. nun nicht, dass man allem zustimmt, mit Sicherheit nicht, aber manchmal liest man Informationen, die man selbst vllt. so nicht im Blick hatte. Und somit kann der Austausch auch zu etwas führen, nämlich dazu, dass man eigene Positionen ggf. erweitert oder überdenkt, was dann wiederum helfen kann, Dinge besser zu verstehen. Schneemann RE: Iran - KheibarShekan - 10.10.2022 Zitat:Iran begins collaborating with Russian firms to swap, barter oil products Über Swapping-Mechanismen kann Russland quasi am Persischen Golf Öl und Gas exportieren, ohne dass dafür großartig Pipelines gebaut werden müssen. Allerdings reichen die iranischen Kapazitäten zur Umwandlung in LNG und Export-Terminals nicht aus. Hier will Russland nun massiv investieren. Darüber hinaus sind dieser Tage weitere 3,1 Mio Barrel Öl und Kondensat nach Venezuela verschifft worden. Diese werden den schweren Öl-Sorten in Venezuela beigemischt und in den zwischenzeitlich wieder in Betrieb genommenen Raffinerien in Venezuela zu Treibstoff verarbeitet und/oder von dort nach China weiterexportiert. Im Tausch liefert Venezuela schweres Öl, Kerosin und vergibt Agrarfläche zur Lebensmittelproduktion für den iranischen Bedarf. So wurden wohl inzwischen schon 24Mio. Barrel in die eine sowie 21 Mio Barrel in die andere Richtung geswapped. Iran und Venezuela sitzen gemeinsam auf über 40%(!) der nachgewiesenen Ölvorkommen der OPEC Staaten. Der bilaterale Handel sowie der Export nach China läuft weitestgehend Dollar-frei. RE: Iran - I_Need_A_Medic - 10.10.2022 (09.10.2022, 09:24)lime schrieb: Seit ca. 10 Jahren gibt es einen Umschwung in der iranischen Bevölkerungspolitik. Man will wieder mehr Geburten und vor allem auf dem Land sind die Geburtenzahlen wieder stark gestiegen. Auch weil man so wesentlich leichter an staatliche Kredite usw. kommt. In den Städten hat der Politikwandel nicht gefruchtet und die Geburtenrate ist dort sogar weiter gesunken. Dass die Iranische Regierung das will ist mir sehr wohl bewusst. Ich habe aber auch die Ergebnisse gesehen, abgesehen von einer Erholung 2016 ist die Gesamtzahl wieder deutlich gefallen. 2016 waren es 1,584,000 Kinder, 2021 waren es dann nur noch 1,204,000 Kinder, also knapp 380,000 weniger. Wenn man sich jetzt die Bevölkerungspyramide anschaut sieht man dass der 80er Babyboom jetzt in den Mitt-Dreißigern ist. Wenn jetzt die Geburten nicht kommen werden die schwachen 90er Jahrgänge in 5 Jahren wahrscheinlich die Millionengrenze unterschreiten. Kannst du vielleicht eine Quelle dazu angeben? RE: Iran - Quintus Fabius - 11.10.2022 Noch mal spezielle zum Fall Jina Amini: Zweifelsohne ist sie durch Polizeigewalt gestorben. Schläge gegen den Kopf sind einfach immer gefährlich. Solche Fälle gibt es in jedem Land der Welt, auch in Deutschland. Oder noch krassere Fälle bei denen dann in dieser Bundesrepublik in einer Zelle gefesselte lebendig verbrennen. Der wesentliche Unterschied hier ist also nicht der Tod der jungen Frau durch Polizeigewalt, sondern dass dies eine Initialzündung für die aktuellen Proteste war. Also ein ganz kleiner Tropfen der ein ohnehin längst durch viele andere Faktoren und Umstände übervoll gefülltes Fass zum Überlaufen brachte. Der Iran hat etliche innere Probleme, teilweise selbst verschuldet, teilweise auch weil er vom Ausland, insbesondere vom Westen seit so langer Zeit angegangen und stranguliert wird. Meiner Meinung nach ist die wirklich wesentliche Frage im Iran aktuell die soziale Frage. Die Ablehnung der Schurigelei durch die Sittenpolizei ist nur ein Symbol für wesentlich problematischere Entwicklungen, die allgemein zu einer Staatsablehnung führen. Die soziale und wirtschaftliche Situation eines Gros der Bevölkerung hat sich in den letzten Jahren verschlechtert. Die Mittelschicht schrumpft, es gibt zu wenig soziale Mobilität aus der Unterschicht nach oben. DAS sind meiner Überzeugung nach in Wahrheit die wesentlichen Triebfedern der aktuellen Proteste. Weder die behauptete Einflussnahme aus "dem Ausland" noch die Kopftuchdebatte sind meiner Meinung nach in Wahrheit demgegenüber tatsächlich ausschlaggebend. Das sind nur vorgeschobene Dinge. Was aktuell meiner Meinung nach auch zu wenig Beachtung findet ist, dass es ja schon 2017 große Proteste gab, und ebenso Anfang 2018 und Ende 2019, die allesamt ebenfalls ganz genau so wie die Proteste jetzt niedergeschlagen wurden. Ironischerweise war bisher meiner Einschätzung nach der einzige iranische Politiker der zumindest versucht hat die soziale Frage anzugehen Ahmadinedschad, der im Westen ja besonders kritisch gesehen wurde. Dazu kommt dann noch die Korruption und dass sich die iranischen Eliten an den Staatseinnahmen berreichern. Die Einkommensungleichheit und wie diese systemisch entsteht führen zu einem immer größerren Frust in der Bevölkerung. Die Währung wurde stark abgewertet, die Inflation ist immens. Dann noch die Zusatzbelastungen durch die Pandemie die den Iran hart getroffen haben und schließlich zuletzt, aber keineswegs als letztes die US Sanktionen, welche den Iran wirtschaftlich immens schädigen. Aber selbst wenn diese sich mal vorübergehend nicht negativ ausgewirkt haben, noch bei jeder noch so kleinen und vorübergehenden Erholung profitierten nur die iranischen Eliten, während der Gros der Menschen weiter verarmte. Diese Menschen haben zunehmend nichts mehr zu verlieren. Entsprechend wird es im Iran selbst wenn die aktuellen Proteste komplett scheitern auch in naher Zukunft wieder zu massiven Protesten kommen, immer mehr und immer heftiger, solange die soziale Frage nicht angegangen wird. Würde die iranische Regierung diese Problematik ernsthaft angehen, würde die Bevölkerung meiner Einschätzung nach auch die religiös begründete Beschneidung ihrer Freiheiten wie den Kopftuchzwang ohne Probleme hinnehmen. So aber fährt die iranische Regierung bzw. die Eliten dort das ganze Land meiner Meinung nach gegen die Wand. Wer übrigens die aktuell gemeldeten Zahlen an Toten für ach so fürchterlich erklärt: bei den Protesten 2017 auf 2018 sind im Iran deutlich mehr Menschen ums Leben gekommen, und niemanden im Westen hat es gestört. Dessen ungeachtet ist der Umgang der iranischen Regierung mit diesen Protesten einfach nur inkompetent, aber damit meine ich nicht die Gewaltanwendung, sondern dass man immer noch nicht die eigentliche Kernfrage angeht, nämlich die soziale Frage. Hier wird die Schuld für eigenes Versagen äußerst bequem immer nur auf die Sanktionen und den Westen abgeschoben. Aber selbst mit diesen Sanktionen und allen Hindernissen die der Iran da hat, hätten die wechselnden Regierungen sehr viel mehr für die Bevölkerung tun können. Sie verwenden das Ausland also nur als Ausrede, um ihre eigenen Pfründe und ihre Korruption damit zu verbergen. Solange sich das nicht substanziell ändert, wird die Islamische Republik meiner Meinung nach auf Dauer scheitern. Was auch für den Westen keineswegs gut ist, eine gepflegte vernünftige und rationale Feindschaft die man mit einem stabilen Iran führen könnte, wäre sehr viel nutzbringender. RE: Iran - KheibarShekan - 11.10.2022 Zitat:By Mehran Shamsuddin Wenn man sich die engen Beziehungen Deutschlands zu kurdischen Gruppen anschaut, klingt das nach einer plausiblen Theorie. Wie ich die iranischen Staatsmedien interpretiere, könnte man das Veröffentlichen solcher Erkenntnisse als Drohung begreifen. Ebenfalls interessant: Zitat:Die Familie von Mahsa Amini lebt in Angst: Nachdem der Tod der 22-Jährigen massive Proteste im Iran ausgelöst hat, erhalten Aminis Angehörige Morddrohungen. Von den Behörden wurden sie gewarnt, sich nicht an den Demonstrationen zu beteiligen. RE: Iran - Quintus Fabius - 11.10.2022 Etliche hochrangige Kurden waren seit 2019 regelmässig auf der SiKO. Das ist halt der Teil einer gepflegten Feindschaft die der Iran zu seinem Nutzen genau so annehmen sollte wie umgekehrt. Ich liebe den Iran als Feind ! Ich liebe ihn auch sonst, aber was solls. RE: Iran - Schneemann - 13.10.2022 Die EU wird Sanktionen verhängen wegen der aktuellen Niederschlagung der Proteste: Zitat:EU einigt sich auf Sanktionen gegen Iran [...]https://www.sueddeutsche.de/politik/iran-proteste-eu-sanktionen-1.5673971 Also wenn dies so stimmen sollte, dass bereits rund 200 Menschen getötet wurden - darunter auch 30 Polizisten -, dann ist das keine kleinere Angelegenheit mehr, sondern hier haben wir es schon fast mit latent bürgerkriegsähnlichen Zuständen zu tun. Das sind mehr Tote als es 2011 in Bahrain gegeben hatte, wo es bekanntlich auch eine Intervention gab... Schneemann RE: Iran - Quintus Fabius - 13.10.2022 Dann schau mal nach wieviele Tote es 2017 auf 2018 im Iran gegegeben hat. Und wo waren damals die heuchlerischen Krokodilstränen der EU ?! RE: Iran - Schneemann - 13.10.2022 @Quintus Zitat:Dann schau mal nach wieviele Tote es 2017 auf 2018 im Iran gegegeben hat.Etwa 25 bis 30? Grob haben wir also derzeit rund sechs- bis siebenmal so viele Opfer wie bei den Protesten 2017/18. Zitat:Und wo waren damals die heuchlerischen Krokodilstränen der EU ?!Die EU hat protestiert, ebenso speziell auch Frankreich und Großbritannien. Und aus den USA haben sich auch Trump und Tillerson, die allerdings auch bekannt waren für ihre wenig diplomatische Ader und ihre Abneigung gegen die Mullahs, entsprechend geäußert. Schneemann RE: Iran - Quintus Fabius - 13.10.2022 Schneemann: Hab in der Erinnerung die Jahre verwechselt (hätte vorher nachsehen sollen), ich meinte die Proteste im November 2019: https://www.fes.de/referat-naher-mittlerer-osten-und-nordafrika/iranwahlen-blog/artikelseite-iranwahlen/irans-soziale-frage-im-schatten-von-politik-und-wahlkampf Zitat:Die Ursachen der Proteste 2017/18 und 2019 hingegen waren hauptsächlich sozio-ökonomischer Natur. Der Auslöser des Aufstands vom November 2019 zum Beispiel war eine Verdreifachung der Benzinpreise, buchstäblich über Nacht. Auch waren diese Proteste in Form und Parolen radikaler: nicht ein Lager, sondern das gesamte System wurde in Frage gestellt – Reformisten wie Hardliner, der Klerus wie die Revolutionsgarden. Das Regime reagierte mit beispiellos eiserner Hand: Innerhalb einer mehr als einwöchigen Internetsperre wurden vermutlich 1.500 Menschen hingerichtet, zum Teil auf offener Straße. https://en.wikipedia.org/wiki/2019%E2%80%932020_Iranian_protests Zitat:As many as 1,500 Iranian protesters were killed.[9][29][30] 1500 sind wesentlich mehr als 25 bis 30. Und wesentlich mehr als hier und heute. Und natürlich hast du recht, man hat ganz ganz ganz entschieden protestiert: Zitat:Josep Borrell, European Union's new High Representative for Foreign Affairs has condemned the use of force by the Iranian regime against peaceful demonstrators.[175] Und sicher hat man angesichts der 1500 Toten auch Sanktionen erlassen, so war es doch, oder ? RE: Iran - Schneemann - 14.10.2022 @Quintus Zitat:Schneemann:Verstehe. Und ja, diesen Protest hatte ich, wie ich einräumen muss, selbst gar nicht mehr auf dem Schirm. Zweifelsohne ist dies auch eine andere Größenordnung gewesen. Zitat:Und sicher hat man angesichts der 1500 Toten auch Sanktionen erlassen, so war es doch, oder ?Nein, hat man meines Wissens nicht (habe eben gesucht). Ich würde sagen, dass nennt man die klassische "Saudi-Arabien-Falle". Man hatte 2015 das Atomabkommen unterzeichnet, aus diesem ist Trump bekanntlich 2018 ausgestiegen - entgegen dem Ansinnen der Europäer - und hat neue Sanktionen gegen den Iran erlassen. Es waren u. a. auch diese Sanktionen, die die Spritpreise so nach oben gedrückt haben, woraus dann (auch) die Proteste resultierten. D. h. die US-Sanktionen wurden aber nicht wegen der brutalen Maßnahmen des Regimes erlassen oder der Tötung von Demonstranten, sondern schon im Vorfeld und wegen anderer Hintergründe. Die Europäer wiederum, auch die Deutschen, die nach dem Atomabkommen schon die großen Geschäfte mit den Iranern witterten, versuchten danach, als die neuen US-Sanktionen alles wieder durcheinander warfen, irgendwie ein Hintertürchen zu finden, so z. B. über die Schaffung von INSTEX im Januar 2019, um dennoch Geschäfte abwickeln zu können. D. h. als die Proteste tobten, haben die Europäer keine Sanktionen erlassen, weil sie selbst ihre Geschäftsvorhaben mit den Iranern retten wollten trotz der eklatanten Rechtsverstöße im Land. Das klassische "Saudi-Arabien-Dilemma" in gewisser Weise... Schneemann RE: Iran - Quintus Fabius - 14.10.2022 Exakt das meinte ich, genau darauf wollte ich mit diesem Vergleich bzw. dieser Geschichte hinaus. Der heuchlerische Krokodilstränenverein EU hat 2019 trotz sehr viel mehr Gewalt und sehr viel mehr Toten als jetzt einfach nur versucht die US Sanktionen zu umgehen um Geschäfte zu machen und sich zu berreichern. Und warum geht man jetzt auf den Iran los? Doch nur wegen seiner Unterstützung Russlands in der Ukrainefrage, die ja weit über bloße Drohnenlieferungen hinaus geht. Aber nein, wie kann ich das nur behaupten, natürlich geht es wie 2019 nur um die Menschenrechte und eine allein durch diese bestimmte Außenpolitik. |