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- Ingenieur - 10.08.2006

Zitat:Schneemann postete
Laut dem Innovationsreport der EU 2005 sieht das anders aus. Eine Umfrage unter 10.000 Menschen in zehn europäischen Staaten (darunter Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Polen, Spanien und Italien) ergab, dass die Mehrheit aller Befragten (61 Prozent) die Todesstrafe ablehnt; in Deutschland waren es übrigens 60 Prozent, die dagegen waren. Hingegen stimmten in Polen 58 Prozent dafür (bei besonders schweren Straftaten sogar 77 Prozent).

Da ich nicht gerade ein Fachmann für die polnische Geschichte oder Gesellschaft bin, kann ich keine richtig schlüßige Begründung für die polnische Haltung zur Todesstrafe abgeben. Mir fällt nichts ein. Nach den Ereignissen im Zweiten Weltkrieg und der Besetzung durch Nazi-Deutschland und der kommunistischen Diktatur bis Ende der 80er Jahre, sollten eigentlich 105 Prozent der Polen gegen die Todesstrafe sein. Ich sage es ganz ehrlich: Diese Haltung verwirrt mich...

Schneemann.
Ich würde es auf die im europäischen Vergleich hohe Kriminalität in manchen polnischen Städten zurückführen.
Ich war ein paar mal in Polen. In Oberschlesien kann man immer schon seinen Mercedes-Benz auf der Straße parken. In Breslau aber wird vor einigen Stadtvierteln extrem gewarnt.

Es wäre interessant das nach Regionen aufgeschlüsselt zu sehen. In ländlichen Gegenden, wie der größte Teil Ostpolens, gibt vermutlich sehr viel mehr Rückhalt für die Todesstrafe. Liegt aber in der Natur des Umfeldes würde ich mal sagen. In ländlichen Gegenden ist man eben meistens konservativer.


- Turin - 10.08.2006

Zitat:Laut dem Innovationsreport der EU 2005 sieht das anders aus. Eine Umfrage unter 10.000 Menschen in zehn europäischen Staaten (darunter Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Polen, Spanien und Italien) ergab, dass die Mehrheit aller Befragten (61 Prozent) die Todesstrafe ablehnt; in Deutschland waren es übrigens 60 Prozent, die dagegen waren. Hingegen stimmten in Polen 58 Prozent dafür (bei besonders schweren Straftaten sogar 77 Prozent).
Wie immer ist der Spruch "Trau keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast" durchaus angebracht. Die Antwort hängt immer davon ab, wie die Frage gestellt wird. Wenn ich zb. durch eine Stadt (oder besser noch: durch Dörfer auf dem Land) gehe und frage "Würden Sie eine Todesstrafe für Kinderschänder/-mörder befürworten", dann deucht mir, sähen die Antworten ein wenig anders aus. Ich will dem Report der EU nicht die Glaubwürdigkeit absprechen, aber Statistiken haben ihre (oft beabsichtigten) Tücken. Die separate Nennung bei den Polen für "bei besonderer Schwere des Verbrechens" verdeutlicht das nur allzu gut.


- Schneemann - 11.08.2006

Turin schrieb:
Zitat:Wie immer ist der Spruch "Trau keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast" durchaus angebracht. Die Antwort hängt immer davon ab, wie die Frage gestellt wird. Wenn ich zb. durch eine Stadt (oder besser noch: durch Dörfer auf dem Land) gehe und frage "Würden Sie eine Todesstrafe für Kinderschänder/-mörder befürworten", dann deucht mir, sähen die Antworten ein wenig anders aus. Ich will dem Report der EU nicht die Glaubwürdigkeit absprechen, aber Statistiken haben ihre (oft beabsichtigten) Tücken. Die separate Nennung bei den Polen für "bei besonderer Schwere des Verbrechens" verdeutlicht das nur allzu gut.
Das ist sicher richtig, aber ich schrieb ja auch:
Zitat:Hingegen stimmten in Polen 58 Prozent dafür (bei besonders schweren Straftaten sogar 77 Prozent).
Ich sehe da keinen Widerspruch. Es ist immer noch eine Mehrheit dafür. Und ja, ich will lieber auch nicht auf irgendwelchen bayerischen Aussiedlerhöfen Meinungen zum Thema Todesstrafe einholen. Die reaktionären Meinungen, die einem dort sicher entgegenschlagen werden, kann ich mir gut vorstellen. Nur: Was möchtest du jetzt genau sagen? Dass man in Deutschland nur humanistische Städter gefragt und in Polen irgendwelche Fernfahrer oder Bauern interviewt hat? Das denke ich nicht. Die Umfrage war sicherlich differenzierter.

Außerdem schrieb ich ja auch:
Zitat:Kommt mir bekannt vor. Ein Bekannter von mir studiert Politik und war vor einiger Zeit im Rahmen eines EU-Studentenaustausches mit Studenten aus Frankreich, Luxemburg, Tschechien, Spanien und Polen für zwei Wochen auf Sardinien. Dabei kam am Rande auch die Diskussion über die Todesstrafe auf. Zu seiner Überraschung haben von elf polnischen Studenten zehn dafür plädiert...
Und Studenten zählen bei mir nicht zur Kategorie "reaktionärer Bauer". Insofern scheint man durch alle Schichten hindurch in Polen eine etwas andere Einstellung zu diesem Thema zu haben.

Schneemann.


- Wolf - 11.08.2006

Zitat:Schneemann posteteKommt mir bekannt vor. Ein Bekannter von mir studiert Politik und war vor einiger Zeit im Rahmen eines EU-Studentenaustausches mit Studenten aus Frankreich, Luxemburg, Tschechien, Spanien und Polen für zwei Wochen auf Sardinien.
Sardinien - macht sicher Sinn.
Rolleyes


- Schneemann - 22.08.2006

Walesa verlässt Bewegung "Solidarität".

Aus der BBC:
Zitat:WALESA LEAVES SOLIDARITY mOVEMENT

Walesa founded Solidarity during the strikes in Gdansk in 1980
Lech Walesa has left the Solidarity trade union movement he founded and led during its struggle against communism in the 1980s.
Mr Walesa said he would not attend the ceremonies to mark the 26th anniversary of Solidarity later this month.
Damit wird die Symbolfigur des polnischen Widerstandes gegen die Sowjetunion in den 80ern, der den Zusammenbruch des Ostblocks durchaus mit beeinflußte, wenn nicht gar einleitete, in innenpolitischen Grabenkämpfen abgeschossen. Zumindest im Umkehrschluß.

Schneemann.


- ThomasWach - 23.08.2006

Schöne Phrasen, aber wenig wahrer Inhalt Schneemann...

Mehr fällt mir dazu jetzt erstmal nicht ein.
Die Gewerkschaft Solidarnosc von heute hat nur noch entfernt etwas mit der gesellschaftlichen Oppositionsbewegung gegen das kommunistische Regime gemein und das auch nicht erst seit ein paar Jahren...
Walesa, wie die Solidarnosc sind jeweils beide für sich schon lange mehr oder minder bedeutungslos. Die Solidarnosc hauchte spätetens als bedeutende Gruppierung 2000/2001 ihr Leben aus, als ihr politischer Arm, die AWS, zerfiel (u.a. auch in die PO und auch die PiS) und dann die Restpartei nicht mehr den Einzug ins Parlament sschaffte bei den Sejmwahlen 2001.
Und die Gewerkschaft selbst hat mit der OPZZ als linksgerichteter ehemaliger kommunist. Einheitsgewerkschaft das gleiche Schicksal: Bis auf die unrentablen, großen Staatsbetriebe haben sie keine Bedeutung und gerade jene werden weniger...

Man sieht doch immer wieder wie uninformiert wir doch allesamt über unsere europäischen Nachbarn sind....Rolleyes


- Demon Wojny - 23.08.2006

Zitat:Man sieht doch immer wieder wie uninformiert wir doch allesamt über unsere europäischen Nachbarn sind.
Da kann ich nur zustimmen!
Aber das ist nicht gerade verwunderlich, da ein Großteil der Polen auch nicht die blasseste Ahnung haben wie sehr sie beschissen worden sind seit 1990 bzw. nicht wissen wollen und das diejenigen die im Sejm in der Oposition sitzen in Wirklichkeit größtenteils das Land verkauft und verraten haben, von Korruption ganz zu schweigen.

Natürlich wird Walesas Ausstieg jetzt im Westen als weiterer Beweiss für die Schrecklichkeit der PIS gesehen, dabei wird aber vergesse, dass Walesa so ziemlich keinen Stellenwert in der polnischen Öffentlichkeit einimmt und sich mit seien Aussagen und Handeln während und vor allem nach seiner Präsidentschaft dermaßen kompromitierte, dass er heute fast nur noch als Witzfigur gilt und als Verräter der Idee der Solidarität.


- BigLinus - 26.08.2006

Der nachstehende Artikel könnte auch im Bereich Streitkräfte reinpassen. Da dieser Thread sich aber auch mit dem derzeit etwas frostigen deutsch-polnischen Verhältnis beschäftigt (zumindest auf Regierungsebene), denke ich daß er hier sehr gut reinpaßt.

Zitat:Polen protestiert gegen deutsche Verletzung seiner Hoheitsgewässer

WARSCHAU, 24. August (RIA Novosti). Polens Außenministerium habe an das Auswärtige Amt Deutschlands eine Protestnote gerichtet, in der es heißt, dass die Marine der Bundesrepublik Deutschland die Hoheitsgewässer Polens verletzt habe, wurde der RIA Novosti im Pressedienst des polnischen Außenministeriums mitgeteilt.

Die polnische gesamtnationale Zeitung "Dziennik" meldet, dass im August die deutsche Marine in den polnischen Hoheitsgewässern nahe der Stadt Swinoujscie eine Übung durchführte, ohne die polnische Seite benachrichtigt zu haben.

(...)
Quelle: <!-- m --><a class="postlink" href="http://de.rian.ru/world/20060824/53093236.html">http://de.rian.ru/world/20060824/53093236.html</a><!-- m -->


- bastian - 03.09.2006

Sorry, aber langsam finde ich den polnischen Premier ziemlich merkwürdig, so ein Kommentar ist einfach nur dumm und zeugt von Unkenntnis.
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,434917,00.html">http://www.spiegel.de/politik/ausland/0 ... 17,00.html</a><!-- m -->
Zitat:VERTRIEBENEN-KONFLIKT

Kaczynskis Kritik an Köhler-Rede spaltet Polen

Von Mia Raben

Mit Kopfschütteln reagieren viele Polen auf die Kritik ihres Premiers Kaczynski am deutschen Bundespräsidenten. Kaczynski hatte Horst Köhler vorgeworfen, die Geschichte umschreiben zu wollen - wovor der Bundespräsident allerdings ausdrücklich gewarnt hatte.



- Turin - 03.09.2006

Muss eine ganz andere Version der Rede in der Hand gehabt haben...oder er kommentiert halt wild drauflos, wie es sich für einen ordentlichen Populisten gehört.


- ThomasWach - 04.09.2006

Er bezog sich sicher primär darauf, dass jemand wie Köhler bei den Vertriebenenverbänden zu Besuch war. Ich laß auch mal etwas als Kritik in der Art, dass sich Kaczynski darüber monierte, dass der deutsche Staat solch eien organisation derart hegen und unterstützen würde und dass sich Polen kaum ähnliches leisten könnte bei seinen kresy Gebieten.

Für mich steht aber auch die Frage, wieso solch ein Verband mit derartigen politischen und öffentlichkeiten Möglichkeiten noch notwendig ist? Die meisten Mitglieder sind doch sowieso keine echten Betroffenen mehr.
In meinen Augen und in den einiger Polen wird hier auch Betroffenheit künstlich hochgehalten und gepflegt.

Andererseits, Kayzynski ist nunmal alles andere als political correct und pflegt sehr undiplomatisch und polemisch den Bürgern seine Meinung näher zu bringen...und wie Demon schon meinte, angesichts der Korruptheit der polnischen Verhältnisse (selbst der Übergang zur Demokratie ist ja praktisch erkauft wurden wenn man böse ist) kommt solch ein Mann eben an


- IarnGreiper - 04.09.2006

Ich frage mich langsam, warum die deutsche Presse eigentlich permanent den Geisteszustand von Ahmadinedschad hinterfragt, während nur wenige Kilometer östlich von Berlin Politiker sitzen, die auf den neutralen Beobachter auch nicht vielmehr geistige Stabilität zu haben scheinen. Ich denke, wenn Polen im 2. Weltkrieg nicht von Deutschlkand überfallen worden wäre, würde die deutsche Politik und Presse langsam mal die Samthandschuhe ausziehen. Haider der zumindest in sich logischer war als die beiden Chaosbrüder wurde ja auch recht derbe geschintten oder gedizzt wie man heute so schön sagt.


- Turin - 04.09.2006

Polen bastelt nicht am eigenen Atomprogramm. Polen fordert nicht die Zerstörung...ahem "Auflösung" Deutschlands und wenn wir Polen nicht im 2. WK überfallen hätten, dann würde sich die ganze Debatte so gar nicht ergeben. Nur so zum Anfang... Rolleyes

Ehrlich, solche Relativierungen sind doch wohl eine Spur überzogen, oder?!
Und Haider ist und bleibt ein Demagoge. Dass er ein klein wenig mehr Geist besitzt, macht ihn nicht besser.


- Demon Wojny - 04.09.2006

@ IarnGreiper

Meinst du unter Smathandschuhe auszeihen etwas sowas wie Du gerade hier verzappft hast. Ich glaube das war gerade niht dein Ernst oder?

Ihr müsst mal etwas mehr die Sichtweise von Kaczynski und vieln Polen betrachten, aber das ist eher unmöglich so wie ich die deutsche Öffentlichkeit kenne.

Alleine die Tatsache, dass Erika Steinbach, Tochter eines VERTREIBERS die Vorsitzende ist....

Aber das könnte ich jetzt wieder 1 Stunde zu schreiben, hat ja doch keinen Sinn.


- IarnGreiper - 04.09.2006

@Turin: Die Kaczynski Brüder sind auch Demagogen, dass sie ungebildeter als Haider sind macht sie garantiert auch nicht besser.
Auch ohne den 2. Weltkrieg hätten wir die Debatte, weil im Gegensatz zu den Deutschen haben die Schwulen Polen wirklich nichts getan. Trotzdem hetzen die Kaczynski Brüder auf übelste Weise gegen Schwule 8auch gegen andere Minderheiten aber nicht in dem Stil).
Ich gebe Dir bei dem Punkt recht, das Polen kein Atomprogramm gegen D gerichtet hat etc. Trotzdem ist Polen wohl das Deutschland wohl feindlichst gesonnene Land weltweit, zumindest fällt mir sonst keiner ein.

Ach ja ich glaube im ai Bericht vom Mai oder Juni stand was drin, dass in Poznan eine Schulendemo für Gleichberechtigung von ein paar Skinheads der allpolnischen Jugend aufgemischt wurde mit Slogans wie "Wir machen mit Euch was die Deutschen mit Juden gemacht haben Schule ins Gas" und ein paar feundlichen Flaschenwürfen. Die polizei ging dazwischen und verhaftete... die friendlichen Demonstranden der ursprünglichen Demo. Ich denke da sieht man recht deutlich, aus welcher Richtung der Wind weht.

@Demon Wojny: Wie ich schon zu Turin gesagt habe, es geht Kaczynski² nicht um Deutschland. Die polnische Schwulenpolitik zeigt, es geht nur drum, klassichen rechten Populismus zu machen, gegen Nachbarstaaten wie gegen innere Minderheiten.
Was ich unter Samthandschuhen verstehe: Kontakte auf ein Mindestmaß beschränken, nur das wozu wir aufgrund von internationalen Verträgen gezwungen sind. Keinerlei Vergünstigungen, kein geschenktes Militärmaterial mehr etc. Da Staatschefs keine Visa bekommen, kann man die Kaczynskis nicht zu personae non grata erklären, ansonsten müssen wir ihren Parteigängern keine Visa mehr erteilen.
Mit den Vertriebenen und ihren Verbänden kann ich absolut nichts anfangen, da kann ich sogar die Abneigung vieler Polen gegenüber dieser Personengruppe verstehen. Diese Abneigung als Rechtfertigung für eine sehr rechtspopulistische Politik zu nehmen ist in etwa so, als Schönhuber mit den Bomben auf Dresden zu rechtfertigen.