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(Luft) Nachfolge Kampfhubschrauber Tiger - Druckversion

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RE: Nachfolge Kampfhubschrauber Tiger - Quintus Fabius - 04.04.2023

Helios:

Zitat:Anfälligkeit bedeutet für mich, dass Hubschrauber für bestimmte Bedrohungen besonders vulnerabel sind.......Die größten Bedrohungen für nach hiesiger Doktrin eingesetzter Kampfhubschrauber sind in meinen Augen tatsächlich sehr schnell agierende, teilautonome Flugabwehrwaffen sowie unaufgeklärte Flugabwehrmittel konventioneller Natur (bspw. Infanterietrupps), also deine Punkte 3 und 5. Die entscheidende Frage dabei ist, wie hoch ist das tatsächliche Einsatzrisiko für den Hubschrauber? Und wie unterscheidet es sich von anderen frontnah agierenden Systemen? Und da bleibe ich dabei, mit den richtigen durch eigene Aufklärung sichergestellten Vermeidungstaktiken und der Ausnutzung von Gelände und Flugdynamik ist das Einsatzrisiko jetzt und auf Jahre hinaus vertretbar.

Du kannst gerne dabei bleiben, aber die Anfälligkeit ergibt sich ja eben nicht nur aus den Mitteln selbst, sondern auch aus der Anfälligkeit des Systems für Treffer, der Frage seiner Aufklärbarkeit (Selbst bei einer kompletten Deckung durch das Gelände beispielsweise u.a. Triangulierung von Helis durch akustische Sensoren selbst auf große Distanzen analog zu Scharfschützen, Infrarotsignatur, Radarsignatur usw)

Die Anfälligkeit von Kampfhubschraubern ist auch bei optimaler Nutzung jedweder Deckung und einer hohen Flugdynamik deshalb immer zwingend höher als bei anderen frontnah agierenden Systemen welche am Boden agieren, oder kleiner und damit viel schwerer aufklärbar sind oder die einen deutlich größeren Abstand halten können.

Das Einsatzrisiko ist innerhalb der näheren Distanzen gegen einen modernen Gegner nicht vertretbar, vor allem aber ist es so hoch, dass der Einsatz der Kampfhubschrauber selbst bei der Erzielung eines Effekts auf dem Schlachtfeld querschnittlich über die gesamte Kriegszeit gesehen immer ineffizient sein wird, also eine Mittelverschwendung. Die Effekte welche Kampfhubschrauber etwaig erzielen werden also im Verhältnis zu teuer erkauft, sowohl was die Kosten dieser Einheiten angeht als auch was das Risiko angeht und damit die Abnutzung.

Und da du selbst schon das Fortschreiten des Krieges als einen Faktor genannt hast, durch welchen die von dir skizzierten Situationen dann häufiger vorkommen, die gleichen Umstände welche dies Bedingen nutzen auch und gerade eben die Kampfhubschrauber sehr schnell dergestalt ab, dass sie einfach aus quantiativen Gründen zunehmend bedeutungslos werden. Solche Systeme (Helis) müssen also dergestalt beschaffen sein, dass man sie möglichst lange im Krieg erhalten kann. Entsprechend ist die höhere risikobedingte Abnutzung der Kampfhubschrauber ein Nachteil, welcher sich im Laufe des Krieges immer stärker auswirkt.

Umgekehrt wären natürlich Kampfhubschrauber in großer (!) Zahl für die so wesentliche Eröffnungsschlacht absolut wesentlich, der ich ja die größte Bedeutung beimesse. Dementsprechend könnte man hier auch einen Widerspruch in meiner Argumentation postulieren und deshalb war ich auch lange Zeit durchaus ein starker Befürworter von Kampfhubschraubern und wie Wide Masta beispielsweise lange Zeit ein entschiedener Apologet des Tiger.

Aber die Zeiten haben sich geändert und noch davor: sie ändern sich erkennbar rasant weiter. Dezidierte konventionelle Kampfhubschrauber sind damit meiner Auffassung eine bloße Strukturextrapolierung deren Effekte selbst in der Eröffnungsschlacht immer geringer ausfallen werden, und deren Wert damit insgesamt betrachtet höchst fragwürdig ist.

Zitat:Was mir bei deiner Liste allerdings auch auffällt ist die Frage der Arithmetik des Krieges. Du nennst Kampfflugzeuge und Hubschrauber, vollautonome Drohnen und zielsuchende Munition, die jeweils explizit für den Kampf gegen Hubschrauber abgestellt oder gar entwickelt und entsprechend spezialisiert werden. Egal wie groß man das Gefährdungspotenzial solcher Systeme nun einschätzt, es wird sie nur dann geben und sie werden nur dann durch die Aufgaben gebunden werden, wenn es auch Kampfhubschrauber gibt.

Das hätte ich noch ausführlicher ausführen müssen. Es wird diese Systeme auch so geben, und zwar wegen der Bekämpfung jedweder Art von Luftzielen, wegen C-RAM, wegen der Bekämpfung zielsuchender Munition, wegen der Bekämpfung von Drohnen und auch wegen des Kampfes gegen Flugzeuge usw. Zudem war die Liste welche ich nannte nicht geordnet, ich habe sie einfach so herunter geschrieben um eine möglichst vollständige Sammlung der Bedrohungen zu benennen.

Jedes dieser genannten Systeme wird aber auch ohne die Präsenz von Kampfhubschraubern ganz genau so vorgehalten und einsatzbereit sein. Wenn ich Drohnen herunter schießen kann (du selbst sprachst von einem Tontaubenschießen), dann kann ich auch Kampfhubschrauber abschießen. Sie wären entweder ganz genau so nur Tontauben oder sie müssten derart hinter der Deckung und auf große Distanz agieren, dass man die dann dafür notwendige Befähigung eben auch mit anderen Systemen besser und günstiger stellen könnte.

Zitat:Der Kampf auf kurze Distanzen oder über längere Zeit auf Sichtlinie ist sicherlich zu vermeiden, weil das Gefährdungspotenzial da unnötig hoch ausfällt, insbesondere wenn die Flugdynamik und die Schutzsysteme nicht hinreichend hoch ausgeprägt sind. Aus dem Grund eigenen sich meines Erachtens auch Muster wie der H145M nicht als Kampfhubschrauberersatz.

Gerade in den von dir und Broensen hoch gehalteten und meiner Meinung nach von euch zu hoch gewichteten Situationen welche ihr beschrieben habt (unklare Aufklärung, begrenzte Informationen, Notwendigkeit von Aufklärung und Bekämpfung durch diesselbe Plattform, zu hohes Ausfallrisiko für Drohnen etc) werden aber solche Kämpfe auf kurze Distanz bzw. auf Sichtlinie querschnittlich deutlich häufiger vorkommen und sich trotz optimaler Nutzung der Deckung und hoher Flugdynamik gar nicht vermeiden lassen. Zudem wird bodengestützte Flugabwehr immer leistungsfähiger, vor allem aber immer schneller.

Die Stärke des Kampfhubschraubers in der von dir beschriebenen Kampfweise war vor allem das kurze Zeitfenster für die angegriffenen Einheiten. Es war für die Abwehr meist zu kurz, und daraus ergab sich die Überlebensfähigkeit der Kampfhubschrauber. Moderne Sensorik, Rechnergestützte Zielerfassung und das durch Rechner automatisierte Abfeuern der Waffen, etwaig KI gestützte Systeme usw bedeuten hier und heute bereits, dass die Zeitfenster von der Abwehr genutzt werden können.

Deiner Bewertung des H145M kann ich mich jedoch anschließen und er scheidet noch darüber hinaus auch aus dem von mir hier angeführten Argument des durch die Flugabwehr geschlossenen Zeitfenster her aus. Und diese Lücke wird nicht wieder aufgehen, dafür sorgt schon die notwendige Drohnenabwehr, Abwehr zielsuchender Munition und Raketenabwehr usw.

Zitat:Mit dem PAH-1 wurde ein Kostenverhältnis von etwa 1:1 gegenüber dem Kampfpanzer erzielt, und dies auch für den PAH-2 (also dem Tiger) angestrebt. Heutige Kampfhubschrauberprogramme (bspw. FARA, AW249) setzen Kostengrenzen, die hinsichtlich der Anschaffungskosten durchaus im Bereich von modernen Kampfpanzern liegen, die ihrerseits ja auch deutlich teurer wurden

Wie dir bekannt sein sollte, bin ich auch kein Freund konventioneller MBT. Aber selbst bei einem 1:1 Verhältnis, was überhaupt erstmal durch komplett neue Konzepte erreicht werden müsste, verbleibt die viel größere Vulnerabilität des Helis im Vergleich zum Kampfpanzer. Noch darüber hinaus ist die Frage, von was für Kosten wir hier überhaupt reden ? Die bloßen Beschaffungskosten ? Die Unterhaltskosten ? Die Kosten des Einsatzes im Krieg ? Im übrigen kritisiere ich ja diese Kostenfrage auch bei modernen MBT regelmässig. Selbst die günstigten Kampfhubschrauber sind gar nicht so günstig, wenn man sich ihre Kosten ganzheitlich ansieht (das gilt aber natürlich auch für Panzerbataillone):

https://www.africandefence.net/rooivalk-drc-deployment-costs-revealed/

Ich bezweifle daher massiv dass hier bei modernen Kampfhubschraubern bei einer vollständigen und ganzheitlichen Betrachtung aller Kosten ein Zahlenverhältnis von 1 : 1 im Verhältnis von Kampfpanzern realisiert werden könnte. Und selbst wenn: die Anfälligkeit ist höher, die Abnutzung ist höher, die Effekte sind geringer und werden im Laufe der Kriegshandlungen fortwährend noch geringer.

Zitat:Kampfhubschrauber im Wertbereich moderner Kampfflugzeuge sind meines Erachtens der völlig falsche Weg, da bin ich absolut bei dir. Dieser Weg muss aber nicht gegangen werden, es gibt durchaus realistische Alternativen.

Solchen würde ich mich dann aber auch gar nicht verschließen. Ganz im Gegenteil, auch wenn das jetzt vielleicht für dich überraschend klingen mag: vor die Wahl gestellt ein Panzerbataillone mit konventionellen MBT zu haben oder die gleiche Anzahl Kampfhubschrauber, würde ich mich für die Kampfhubschrauber entscheiden, und dies selbst dann, wenn sie ebenfalls ganz konventionell ausgelegt wären. Unabhängig davon sind wir uns ja in jedem Fall einig, dass die Kosten runter müssen und dass es Wege und Mittel dafür gäbe.

Zitat:Ein solcher Transporthubschrauber wäre nicht substanziell günstiger als ein gleichartiger Kampfhubschrauber, könnte aber weniger Zuladung mitnehmen, während gleichzeitig die eingesetzten Effektoren schwerer und teurer wären.

Kann sein, kann aber auch nicht sein. Das hängt von vielen Faktoren ab, was für ein Heli genau, was für Effektoren genau, mit welchem Kampfhubschrauber vergleicht man hier konkret was. Im übrigen würde es nicht einmal eine Rolle spielen dass man etwaig pro Einheit weniger Schuss dabei hat, denn auch Kampfhubschrauber haben nicht so viel Zuladung. Ein Tiger hatte beispielsweise noch bis Ende 2012 nur zwei Pylone für irgendwelche Panzerabwehrraketen und an den anderen zwei Pylonen konnte man nur Stinger montieren. Und jetzt sind es halb 4 Pylone, aber die Panzerabwehrraketen bleiben trotzdem auf die inneren davon beschränkt, beispielsweise die PARS oder die Spike ER. Dann hast du als höchstes der Gefühle 8 PARS.

Und nehmen wir ferner an, der Transportheli könnte stattdessen nur die Hälfte an zielsuchender Munition transportieren und dass sei mal dahin gestellt, dann wären das 4 Loitering Munitions. Ich wähle mal absichtlich so extreme Verhältnisse und Zahlen, in Wahrheit sähe das bei vielen Transporthelis ganz anders aus (wo bleibt hier eigentlich dein Argument für schwere Transporhelis und deren immense Kapazitäten ?!)

Wieviele feindliche Kampfpanzer kann ein Tiger realistischerweise mit seinen 8 PARS zerstören ? Wieviele könnten die 4 Loitering Munition realistischerweise zerstören ? Meiner Einschätzung nach wäre der praktische Unterschied in den Effekten vernachlässigbar und dies unter Annahme solcher extremer Missverhältnisse zuungunsten des Transporthelis. Was aber wenn dieser stattdessen 10 Loitering Munitions dabei hätte ? Das ginge nämlich je nach Modell und Umständen eventuell ganz genau so? Ich würde daher hier nicht pauschal einen Vorteil von Kampfhubschraubern in Bezug auf die Zuladung / die Anzahl der Effektoren behaupten.

Und selbst wenn der Transportheli nicht substanziell günstiger wäre, was überhaupt erstmal mit genauen Zahlen ermitteln werden müsste - er kann dann im Gegensatz zum Kampfhubschrauber eben auch sonstige / andere Transportaufgaben erledigen (analog wie die ARA in Vietnam auch viel Transportaufträge erledigte, bis hin zum Truppentransport). Diese Fähigkeit ist meiner Meinung nach sehr hoch zu gewichten.

Zitat: In der Summe hast du also ein System, dass ähnlich teuer ist, und bei dem du die Fähigkeit zum frontnahen Einsatz eintauschst gegen Transportkapazität, während sich die Kosten pro Ziel sich nicht reduzieren und unter Umständen sogar höher ausfallen. Gewichtest du die Variabilität in der Transportfähigkeit so hoch, dass sich das in deinen Augen lohnt?

Ja, und ich bezweifle zudem dass die Kosten pro Ziel insgesamt gesehen höher ausfallen. Das müsste man natürlich präzise ausrechnen und ich stimme dir ja zu, dass man dafür nicht die aktuellen Kosten bspw. des Tiger heran ziehen sollte, sondern geringere Kosten eines neuen noch zu beschaffenden Kampfhubschraubers. Aber umgekehrt könnte man auch bei Transporthubschraubern solche Kostensenkungen realisieren. Zudem halte ich die Überlebensfähigkeit aufgrund der anderen herangehensweise und des dadurch möglichen größeren Abstands für größer. Und ich erachte auch die Transportkapazität für die Frage der Verlegung von (ultra)leichten bodengestützten Panzerjägern für wesentlich (Stichwort Raumverteidigung, Netzstruktur, Kampf leichter Infanterie im Verbund mit Helikoptern welche Abstandswaffen zur Unterstützung dieser Infanterie einsetzen, Kombination dieser Helis mit Sondereinheiten, Fallschirmjägern etc wie von Broensen genannt etc).

Zitat:Man muss schon wissen, dass der Feind beispielsweise bei XY durchbricht um ihn abwehren zu können. Sofern sich keine eigenen Truppen in dem Gebiet aufhalten und man eine hinreichend effektive zielsuchende Munition für derartige Aufgaben besitzt, dann könnte man das durchaus mit einem entsprechenden bewaffneten Transporthubschrauber lösen, müsste aber durch eine fehlende unmittelbare Aufklärung höhere Kosten einkalkulieren, je nachdem wie gut die Daten der mittelbaren Aufklärung erfolgt sind. Denn man wird zwangsläufig eine geringere Erfolgsrate haben, einfach weil die Anforderungen an die Zielidentifikation entsprechend höher sind als bei einem Waffeneinsatz auf kürzere Distanzen. Hinzu kommt, dass der Erfolg derartiger Missionen nur abgeleitet werden kann (denn beispielsweise wird man mit zielsuchenden Effektoren keinen Unterschied zwischen Treffer und Zerstörung etwa durch Hardkillsysteme erkennen), sofern man nicht ein externes System zur Trefferaufklärung verwendet.

Das ist alles schon klar, lässt aber bei der Frage des Erfolgs außer Acht, dass auch die Kampfhubschrauber oft nicht sicher feststellen werden können, wie groß ihr Erfolg ausgefallen ist (das verbietet sich aufgrund der Kürze des Zeitfensters dass sie überhaupt für eine Bekämpfung haben werden) und dann muss man vor allem anderen in Bezug auf die Kosten berücksichtigen, dass man hier die höhere Abnutzung der Kampfhubschrauber ganz genau so mit bedenken kann. Wenn der Kampfhubschrauber 60 Millionen kostet und von 10 Helis dann 4 abgeschossen werden, sind damit auf der Stelle 240 Millionen weg. Dafür kann man eine erhebliche Menge an zusätzlicher zielsuchender Munition aufbringen und hätte immer noch geringere Kosten, selbst wenn man für die Transporthelis nun auch ein paar Abschüsse mit berücksichtigt. Die Transporthelis werden aber meiner Einschätzung nach immer geringere Verluste erleiden als die Kampfhubschrauber, dass liegt in der Natur des Konzepts.

Deshalb bin ich der Ansicht, dass deine Annahme, dass die fehlende unmittelbare Aufklärung durch den Heli selbst immer und zwingend höhere Kosten zur Folge hätte so nicht zutreffend ist. Dass ist keine ganzheitliche Betrachtung, auch aus anderen Gründen als nur der Berücksichtigung von Verlusten und sonstiger Abnutzung.

Zitat:Natürlich wird man einen Kampfhubschrauber heutzutage nicht mehr ohne mittelbare Aufklärung einsetzen, die ist aber so oder so immer für die Gefechtsführung notwendig und gilt auch für die meisten anderen Systeme. Aber er kann durchaus als schweres Aufklärungsmittel mit direkter Wirkmöglichkeit verwendet werden, etwas, was der skizzierte bewaffnete Transporthubschrauber so nicht leisten kann.

Und was er so nicht muss, und was ganz allgemein überflüssig ist, weil diese Fähigkeit zu speziell ist und die Situationen in denen sie tatsächlich wirklich ausschlaggebend ist sehr selten sein werden und sehr selten sind, und selbst wenn man diese Fähigkeit dann in dieser äußerst speziellen Situation nicht hat, so hat dies noch darüber hinaus keinen so großen Effekt im negativen für einen, ihr überschätzt meiner Meinung nach hier die reale Wirkung in diesem Fall.

Wir sind uns also einig, dass man in den meisten Fällen eine mittelbare Aufklärung benötigt, durchführen wird, vorhält, einsetzt, und entsprechend alle Systeme und auch die Kampfhubschrauber fast immer auf diese angewiesen sind. Die zusätzliche Befähigung des Kampfhubschraubers für die unmittelbare Aufklärung kann man aber durchaus ersetzen und/oder ignorieren, als Spezialfähigkeit ist sie meiner Meinung nach zu teuer erkauft und ist die Aufwendung der Mittel für eine größere Transportkapazität insgesamt gesehen wertvoller.

Zitat:Da ist der von mir genannte Widerspruch in den Forderungen nach einfacheren, günstigeren Systemen auf der einen und gleichzeitig jener nach der Nutzung von Hochtechnologie auf der anderen Seite.

Der Widerspruch ist nur einer, wenn man unter heutiger (!) Technologie ausschließlich die komplexeste Hochtechnologie versteht. Stattdessen wäre es meine Idee dazu, die Erkenntnise der heutigen Technologie für eine möglichst weitgehende technische Vereinfachung zu nutzen, statt die Systeme fortwährend in ihrer Komplexität, in ihren Funktionen (Stichwort Überfunktionalität) und ihren Möglichkeiten zu überfrachten. Ich sehe dass selbst auf der Ebene der einfachen gewöhnlichen Infanterie fortwährend, wie man die heutige Technologie eben falsch anwendet und dadurch den Soldaten barock überfrachtet, zu überhöhten Kosten und ohne echten realen praktischen Nutzen, oder sehr oft auch zu einer bloßen Behinderung werdend. Um wieviel mehr muss dieser Effekt dann bei hochtechnologischen Systemen greifen ?! Ich habe daher auch ganz bewusst von heutiger Technologie geschrieben und nicht von einer jeweils verfügbaren modernsten Hochtechnologie. Die moderne Technologie böte eigentlich auch die Chancen dafür, die Dinge einfacher, praktischer, robuster, schlichter, eleganter (!!) und günstiger zu machen. Gerade die Bundeswehr ist aber ein Musterbeispiel für das Gegenteil in vielen ihrer Beschaffungen.

Neue Systeme benötigen meiner Meinung nach vor allem anderen eine gewisse elegante Schlichtheit, dass ist für mich ein hoher Wert.

Zitat:Wenn einen Ziel einen derartigen Aufwand für die Zerstörung durch die Luftstreitkräfte benötigt, ist "einfache Raketenartillerie" ganz sicher keine Alternative.

Doch, in ganz vielen Fällen. Es stellt sich ohnehin die Frage, in wie weit man nicht viel zu viel, und damit ineffizient Dinge aus der Luft erledigt, die man heute ganz anders erledigen könnte. Gerade Raketenartillerie hoher Reichweite und teilweise sogar die heutige Rohrartillerie machen Kampfhubschrauber fragwürdig.

Wenn ich mit Artillerie auf 100 km Entfernung präzise ganze Panzerverbände ausradieren kann, und zwar mit einer viel höheren Ausdauer im Gefecht bei gleichzeitig viel geringerer eigener Entfernung, werden Kampfhubschrauber nur umso fragwürdiger. Dann sollte man sich vor allem auf eine hochmobile Artillerie und entsprechende Aufklärungsmittel für diese konzentrieren und hätte damit ein System welches auch noch für viele andere Aufgaben heran gezogen werden kann, aber für die Aufgaben (Einwirken auf Durchbrüche etc) für die ihr hier Kampfhubschrauber andenkt sogar besser geeignet ist.

Feuer - Bewegung und Zeit sind gegeneinander verrechenbare Währungen. Wenn ich aufgrund höherer Reichweite das Feuer auch so ins Ziel bringen kann, und dies wesentlich dichter, mit wesentlich mehr Wirkung und sehr viel ausdauernder, benötige ich keinen Kampfhubschrauber um damit mit viel höheren Risiko, viel höheren Kosten und einer in jedem Fall höheren Abnutzung weniger Effekte zu erzielen. Denn eine Präsenz vor Ort erzeugen Kampfhubschrauber genau so wenig wie die Artilleriegranaten, sie sind nur vorübergehend da, wirken und dann ziehen die Helis wieder ab.

Entsprechend gibt es immens viele Einsätze / Szenarien in welchen man die Fähigkeiten der Kampfhubschrauber (beispielsweise bei feindlichen Durchbrüchen) relativ leicht, und sehr viel kostengünstiger durch die Artillerie stellen könnte, und damit sogar größere Effekte bei geringeren Kosten hätte. Das ist ja einer der Gründe warum ich überhaupt in Frage stelle, dass der Tiger einen Nachfolger im Sinne eines bewaffneten Hubschraubers benötigt.

Ich kann über die Gefechtslage hinreichend genau durch andere Aufklärungsmittel informiert sein, zum Waffeneinsatz können die Informationen unter Umständen trotzdem nicht reichen.

Was heißt hier nicht reichen ?! In der Ukraine wird teilweise nach Augenmaß über einfachste kommerzielle Drohnen Artillerie ohne jedes moderne Feuerleitsystem eingeschossen und trifft. In welchem Szenario konkret (!) reicht die Information nicht für den Waffeneinsatz ? Zumal die Aufklärung ja immer mehr in die Effektoren selbst verbaut wird.

Beim Kampfhubschrauber hast du die Sensorik im Hubschrauber. Bei entsprechenden endphasengesteuerten intelligenten panzersuchenden Artilleriegeschossen, Raketen und zielsuchender Munition hast du sie im Effektor selbst. In beiden Fällen aber hast du die Zielaufklärung für den Waffeneinsatz im gleichen Subsystem, in einem System vereint. Ob eine STRIX Mörsergranate einen Panzer gezielt von oben angreift, oder ein Kampfhubschrauber diesen von oben angreift, in beiden Fällen ist die Aufklärung, Zielidentifizierung, und das Anpeilen des Zieles in dem System, welches den Angriff ausführt, in einem Fall im Heli, im anderen Fall im Effektor selbst. Die Entwicklung geht aber meiner Meinung nach klar in die Richtung, dass man die Aufklärung entsprechend immer mehr in die Effektoren verbauen wird, weil dies einfach militärisch vorteilhafter ist. Sollte dies tatsächlich die Richtung sein, in welche es geht, dann macht es keinen Sinn, eine möglichst leistungsfähige Aufklärung auch noch in die Trägerplattform dieser Effektoren zu verbauen. Dass ist dann ein Konzept der Vergangenheit.

Zitat:Und von diesen "Umständen" wird es meines Erachtens eben deutlich mehr geben, als man aktuell aus dem theoretischen Zustand heraus erwartet. Das ist auch so ein Punkt, an dem sich meine Meinung in den letzten zwanzig Jahren nicht geändert hat, durch reale Ereignisse aber immer wieder bestätigt wurde.

Und selbst wenn, so kann man diese Situationen in sehr vielen Fällen halt auch anders abarbeiten, als den Feind dann mit Kampfhubschraubern anzugehen. Und diese Alternativen dazu sind nun mal breiter verwendbar, und man benötigt sie in jedem Fall (Artillerie, Raketen, Zielsuchende Munition usw) Eine Armee ohne Kampfhubschrauber ist denkbar, eine Armee ohne Artillerie (in einem weiteren Sinne) nicht. Wenn nun die Artillerie sehr oft in diesen Situationen die Aufgabe der Kampfhubschrauber übernehmen kann, oder dies auch andere Einheiten können, aber umgekehrt die Kampfhubschrauber diese Aufgaben der genannten Einheiten nicht vollumfänglich übernehmen können, so liegt hier der Nachteil beim Kampfhubschrauber und dass stellt diesen dann insgesamt als System in Frage.

Zitat:Der Vorstellung einer idealisierten Schönwetterkriegführung konnte und kann ich nichts abgewinnen.

Da bin ich völlig derselben Ansicht. Ich betone ja auch immer wieder und wieder, dass wir von der Schönwetterkriegsführung weg kommen müssen und kritisiere gerade die Bundeswehr immer für ihre idealisierten Vorstellungen wie Krieg abläuft. Aber meiner Meinung nach geht auch die Luftmechanisierung wie sie sich die Bundeswehr vorstellt viel zu sehr in Richtung einer Schönwetterkriegführung.

Zitat:Für mich ist ein moderner Kampfhubschrauber durchaus duellfähig.

Gegen einen ernsthaften modernen Gegner ?! Das halte ich für sehr gewagt. Ich bin aber natürlich nur ein einfacher Stoppelhopser und mir fehlt daher hier in diesem Punkt eine tatsächliche tiefergehende Kenntnis. Von daher ist meine Ansicht vor allem eine aus dem Studium von Berichten und Texten zu dieser Thematik. Ich halte Kampfhubschrauber in ihrer jetzigen Auslegung nicht für Duellfähig in dem Sinne, dass sie sich modernen ernsthaften mechanisierten Einheiten im Duell stellen könnten ohne dabei inakzeptable Verluste zu erleiden. Zwar sind natürlich Fälle konstruierbar wo es gehen könnte, aber sollte man ein System nur deshalb vorhalten, weil es Einzelfallweise theoretisch Fälle geben könnte wo es besser ist ?!

Zitat:dieser Punkt war natürlich ironisch gemeint und sollte explizit auf unsere Diskussion zum Thema Luftmechanisierung anspielen, bei der es ja auch um diese Frage ging. An meinen Ansichten hinsichtlich der Relevanz schwerer Transporthubschrauber für Lufttransport hat sich nichts geändert,

Man könnte an der Stelle ja übrigens auch einhaken und die These aufstellen, dass schwere Transporthubschrauber Unmengen zielsuchender Munition in ein Gebiet verbringen könnten .......

Zitat:Man kann immer "einen Schritt weiter" gehen und sich auf "noch wesentlichere" Systeme fokussieren, unabhängig davon was das der jeweiligen Meinung nach sein wird. Und ich sehe das nicht als erstrebenswert an, weil dadurch in meinen Augen zu viele Sekundäreffekte ignoriert werden. Damit meine ich langfristige Effekte, damit meine ich Monokulturen auf die sich ein Feind leichter einstellen kann, damit meine ich die Verringerung der Einsatzflexibilität, usw.

Meine Zielsetzung wäre aber ganz im Gegenteil immer eine Erhöhung der Einsatzflexibilität, dass sich der Gegner weniger darauf einstellen kann und die Monokultur wird durch die Vielfältigkeit der Möglichkeiten ein und derselben Systeme und die vielen dadurch unterschiedlichen Konzepte und Ansätze verhindert.

Beispielsweise erhöhen mehr Transporthubschrauber im Verhältnis zu einer Mischung von Transporthubschraubern und Kampfhubschraubern meine Flexibilität im Einsatz, sie machen es für den Feind schwieriger sich darauf einzustellen (allein schon durch die höhere Quantität der Einheiten, auch weil diese vielfältiger verwendet werden können) und selbst technologische Fähigkeiten im Helibau werden damit erhalten.

Zitat:also muss man die Diversität und damit das Fähigkeitsspektrum reduzieren. Aber ich bin in dem Punkt deutlich weniger Radikal als du, und halte das für den besseren Weg.

Der weniger radikale Weg ist zweifelsohne oft der Bessere. Aber nicht immer. Immer wieder haben Umbrüche in der Kriegsführung zu verheerenden Niederlagen bei denjenigen geführt, die sie ignorierten. Diese Umbrüche vor dem Gegner in einsetzbare Konzepte umzusetzen, bevor der Feind diese dann kopiert und damit entwertet (wechselseitige Aufhebung in der Rüstung!) ist ein erheblicher militärischer Vorteil der sehr oft die geringere Quantität auf der eigenen Seite und/oder die geringeren Mittel ausgeglichen hat bzw. ausgleichen kann. Deshalb halte ich so viel von unkonventioneller Kriegsführung, von radikalen Konzepten und von völlig neuen Wege in der Kriegsführung. Wir haben meiner Ansicht nach nicht die Mittel um damit einen ernsthaften Feind konventionell niederzukämpfen und wir werden sie nicht haben. Daher müssen diese Mittel so effektiv und so effizient wie möglich eingesetzt werden. Die Ökonomie der Kräfte sollte daher absolut im Mittelpunkt stehen. Konventionelle dezidierte Kampfhubschrauber aber entsprechend heute nicht mehr diesem Primat der Ökonomie der Kräfte.

Zitat:Unser Dissens in der Frage liegt nur darin, dass ich da eine viel größere Relevanz für eine breite Aufstellung sehe, weil ich Punkte wie den Fähigkeitserhalt (in Anwendung und Forschung) sowie die Relevanz von langfristigen Entwicklungen stärker berücksichtige als du mit deinem "fundamentalen" Ansatz.

So ist es. Perfekt auf den Punkt gebracht. Ich versuche aber schon so weit wie möglich die von dir als notwendig erachtete Breite an Fähigkeiten zu berücksichtigen. Meine Idee dazu ist halt, dass man möglichst Vieles mit möglichst wenigen Systemen erledigt, diese also möglichst viele Aufgaben in einem System übernehmen können und zwar ohne dadurch die Systeme technisch zu komplex werden zu lassen und ohne sie zu überfrachten. Ganz im Gegenteil halte ich diese Quadratur des Kreises für möglich, indem man durch eine möglichst kreative und breite Anwendung ein und derselben einfachen Systeme möglichst viele Aufgaben erledigt.

Daher auch meine Idee Transporthubschrauber zu verwenden anstelle dezidierter konventionell ausgelegter Kampfhubschrauber, weil man damit ein System hätte, welches in ein und derselben Einheit noch viele weitere Aufträge ausführen kann, im Gegensatz zum spezialisierteren und damit weniger breit einsetzbaren Kampfhubschrauber. Die Fragestellung ist daher für mich immer: was kann man mit ein und demselben System alles leisten ? An verschiedenen Aufgaben, an verschiedenen Aufträgen ? Ohne dass das System dadurch überkomplex gestaltet wird.


RE: Nachfolge Kampfhubschrauber Tiger - Broensen - 04.04.2023

(04.04.2023, 16:01)Quintus Fabius schrieb: Zum zweiten sind diese Situationen größtenteils nicht entscheidend. Noch schlimmer: es ist gerade eben diese Fixierung auf Fronten und auf gehaltenes Terrain, diese Übergewichtung des besetzten Gebietes, des gehaltenen Territoriums, welche militärisch ein erheblicher Fehler ist. Durchbrüche können entscheidend sein, aber nicht dadurch, dass sich der Frontverlauf verändert oder Gebiet eingenommen wird.
In meinem Verständnis geht es beim Abfangen eines Durchbruchs auch gar nicht darum, Terrain zu halten, sondern darum, dem Gegner die Bewegung zu versagen bzw. die eigene zu ermöglichen.

Zitat:Man kann einen massiven Durchbruch nicht mit Kampfhubschraubern seinen Effekt nehmen.
Einen massiven Durchbruch sicher nicht, darum geht es auch nicht, dafür braucht es Artillerie, Flugzeuge, mechanisierte Kräfte. Aber z.B. das Potential, mit dem die Ukrainer die Russen südlich von Charkiw verjagten, hätten ein paar gut eingesetzte, moderne Kampfhubschrauber durchaus effektiv stören können.

Zitat:Im weiteren wären genau solche leichten Kräfte / irreguläre Kräfte / Sondereinheiten insbesondere für die Art von Verzögerung geeignet welche ich schon öfter mal diesbezüglich skizziert habe. Und im Kontext dieser Art von Verzögerung in einer Netzstruktur sind Hubschrauber ein weiteres Element mit erheblichem Wert. Zum einen schon für den Transport dieser (ultra)leichten Infanterie - schneller als es je mittlere Kräfte sein könnten, und dann darüber hinaus anstelle von Kampfhubschraubern in dem von mir angerissenen Konzept.
...
Nein, es wäre ein Transporthubschrauber der auch als Transporter für entsprechende Drohnen / zielsuchende Munition dient. Und dessen Transportfähigkeit auch für andere Zwecke höchst vorteilhaft ist.
Da reden wir dann über Konzepte der Luftmechanisierung und ihrer Unterstützungswaffen. Da gibt es natürlich viele Verwendungen für Hubschrauber, die Waffen tragen. Aber dass diese Konzepte funktionieren können, bedeutet nicht, dass die anderen Verwendungen irrelevant wären.

Zitat:Aber genau da geht die Reise hin, genau eine solche Munition wird auch von anderen Truppen zunehmend eingesetzt werden, und so könnte man sogar andenken, entsprechend die gleichen Systeme auch von bodengestützten Plattformen aus zu verwenden, wobei dann leichte Raketenartillerie, Panzerjäger und eben die Helis die gleichen grundlegenden Systeme verwenden können.
Könnte und sollte man. Kann man dann auch einfach per Heli verbringen klar. Aber: Siehe oben. Es ist eine weitere mögliche Aufgabe für Kampfhubschrauber, die von anderen Systemen übernommen werden kann.

Aber erst, wenn das alles funktioniert und man feststellt, dass für die Kampfhubschrauber keine Aufgaben mehr übrig geblieben sind, haben sie ihren Zweck verloren. Der Punkt mag kommen, ich sehe ihn aber noch nicht in der kommenden Generation.


RE: Nachfolge Kampfhubschrauber Tiger - Quintus Fabius - 05.04.2023

Broensen:

Zitat:In meinem Verständnis geht es beim Abfangen eines Durchbruchs auch gar nicht darum, Terrain zu halten, sondern darum, dem Gegner die Bewegung zu versagen bzw. die eigene zu ermöglichen.

Was man auch auf vielerlei andere Weise tun kann. Gerade wenn du den Gegner ernsthaft verzögern willst sind Kampfhubschrauber eben nur ein Zusatzsystem. Und damit kommen wir zur Ökonomie der Kräfte und schließlich zur militärischen Effizienz.

Zitat:Einen massiven Durchbruch sicher nicht, darum geht es auch nicht, dafür braucht es Artillerie, Flugzeuge, mechanisierte Kräfte. Aber z.B. das Potential, mit dem die Ukrainer die Russen südlich von Charkiw verjagten, hätten ein paar gut eingesetzte, moderne Kampfhubschrauber durchaus effektiv stören können.

Nehmen wir dieses Beispiel: man hätte dass Potential mit welchem die Ukrainer hier agieren auch auf andere Weise stören können. Und ebenso das Vordringen der Ukrainer in den von den Russen in bloßer Panik verlassenen Raum in welchen die Ukrainischen Kräfte mehr hinein gezogen wurden als dass sie in diesen vorgedrungen wären. Das reicht von Sondereinheiten und ultraleichter Infanterie über improvisierte Sprengfallen und über Minen hin zum Verschuss von Minen per Artillerie hin zu Artillerieffeuer und schließlich zur Verlegung von Kräften per Heli womit wir wieder bei den Transporthubschraubern wären ! (im übrigen war / ist das ja genau auch einer der Pläne der Bundeswehr, als Feuerwehr Fallschirmjäger et al mit Wiesel / Luwa etc per Heli zu verlegen)

Und was wenig bekannt ist: die Russen haben bei diesem Durchbruch der Ukrainer Truppen mit dem Heli herbei geholt weil nur das schnell genug war und haben diese per Heli dort abgesetzt und dies war wesentlich für die Etablierung einer neuen Front weiter östlich. Es wurden sogar leichte Panzer per Heli abgesetzt, wenn auch nur sehr wenige.

Der primäre Grund warum diese russischen Helioperationen nicht so viel Wirkung hatten wie sie hätten haben können lag zum einen in der geringen Feuerkraft der dort eingesetzten Verbände (sowohl von den Helis wie von den von ihnen abgesetzten Truppen) - also im Mangel an Quantität vor allem.

Und man sollte betonen, dass die Russen in der Ukraine ja Kampfhubschrauber einsetzen ! Und zwar gar nicht wenige. Auch bei Charkiw wurden russische Kampfhubschrauber eingesetzt. Nun kann man argumentieren, dass die russischen Helis nicht so gut sind, aber auch die ukrainischen Abwehrmaßnahmen sind entsprechend, also ebenso nicht auf dem Niveau mit dem westliche Kampfhubschrauber in Zukunft konfrontiert werden würden.

Die Verluste der russischen Kampfhubschrauber sprechen für sich. Sie werden daher nach den hohen Verlusten der Anfangszeit immer mehr nur als fliegende leichte Raketenartillerie eingesetzt, im Bogenschuss, auf möglichst weite Distanzen. Aerial Rocket Artillery. Dafür braucht man aber keine solche Plattform, dass geht auch von anderen Plattformen und auch von anderen Arten von Helis aus.

Die Russen haben immer wieder in der Ukraine versucht ihre Kampfhubschrauber als Feuerwehr einzusetzen. Übrigens durchaus auch mit Erfolg in vielen Fällen. Aber immer mit sehr hohen Verlusten und damit ist dies insgesamt gesehen eine ineffiziente Angelegenheit und man könnte mit den gleichen Mitteln - wenn man diese anders einsetzt - eben mehr erreichen.

https://eurasiantimes.com/russian-military-changes-tactic-to-prevent-its-ka-52-alligators/

Zitat:The Russian Aerospace Forces (VKS) has reportedly modified its combat tactic after losing multiple attack helicopters, including the advanced Kamov Ka-52 ‘Alligator,’ in the ongoing Ukraine war.

According to the latest data gathered by the military tracking blog Oryx based on visual confirmations, Russia has so far lost at least 31 of these helicopters in Ukraine.

Die Bundeswehr hätte nicht mal 31 einsetzbare Kampfhubschrauber. Und diese Verluste beziehen sich nur auf die Hokum, dazu kommen ja noch etliche andere Typen von Kampfhubschraubern.

Zitat: erst, wenn das alles funktioniert und man feststellt, dass für die Kampfhubschrauber keine Aufgaben mehr übrig geblieben sind, haben sie ihren Zweck verloren. Der Punkt mag kommen, ich sehe ihn aber noch nicht in der kommenden Generation.

Klingt genau wie die Texte welche die Vertreter der Kavallerie so um 1910 herum verfassten. Natürlich, ja, die Kavallerie hat nicht mehr die Bedeutung die sie mal hatte aber: erst wenn sie gar keine Aufgaben mehr hätte wäre sie überflüssig und erst dann und nur erst dann sollte man sie abschaffen.

Das ist zwar schon ein Argument, aber dem steht eben die Beschränktheit der Mittel gegenüber: dass heißt, es kommt ein Punkt ab welchem die Weiterführung eines Waffensystems militärisch ineffizient ist und die zunehmenden Einschränkungen für dasselbe den Aspekt der Ökonomie der Kräfte (siehe Clausewitz) ins Spiel bringen dahingehend, dass das System immense Mittel bindet, dafür aber immer weniger und weniger agiert und auch nicht mehr agieren kann und diese Mittel damit genau so vergeudet sind als wären die Systeme nicht vorhanden bzw. vernichtet.

Um es möglichst einfach und plakativ auszudrücken: Die Kampfhubschrauber haben damit sozusagen die Gewinnschwelle passiert. Die Erlöse sind damit bei ihnen geringer als die Gesamtkosten. Damit machen diese Systeme so keinen Sinn mehr, auch wenn sie noch Erlöse generieren. Sie werden insgesamt gesehen zu einem militärischen Verlustgeschäft. Diese militärische Gewinnschwelle ist hier für mich der ausschlaggebende Faktor, wie auch bei vielen anderen Systemen.

Helios:

Bezüglich meiner 400 Transporthelis vs 200 Kampfhubschrauber Rechnung nochmal kurz: ich hätte natürlich dazu schreiben müssen, dass du zu den 200 Kampfhubschraubern natürlich ebenso auch zusätzlich Transporthelis hast.

Was also ist besser ?! 400 Transporthelis welche man in der skizzierten Weise auch im Kampf einsetzen kann oder 200 Kampfhubschrauber und 200 Transporthelis ?

Nehmen wir mal deine These, dass die beiden Typen gleich viel Kosten und die Kampfkraft der Transporthelis geringer wäre und nehmen wir ad extremum mal an, die Kampfkraft läge nur bei zwei Drittel gegen feindliche Panzerverbände.

Dann hast du in Bezug auf die Transporthelis in meinem Konzept insgesamt trotzdem eine größere Kampfkraft, und diese ist zugleich auf mehr Einheiten verteilt und zugleich (!) eine höhere Transportkapazität insgesamt. Du kannst also mehr Truppen mit diesen Helis ad hoc irgendwohin transportieren. Während eine Aufteilung und jeweilige Spezialisierung wie du sie vornimmst sowohl insgesamt weniger Kampfkraft als auch weniger Transportkapazität bedeutet.

Meiner Meinung nach betrachtest du daher die Plattform zu sehr für sich allein und nicht ganzheitlich im Gesamtzusammenhang (Stichwort hier auch Gefechtsautonomie usw) dass sind alles Werte die vor allem in den Vordergrund treten wenn man die Plattform für sich ansieht.

Und wenn man dann noch dazu bedenkt, dass du auch noch schwere Transporthubschrauber willst, so kannst du niemals die gleichen Zahlen erreichen weil die schweren Transporthubschrauber dafür zu teuer sind. Dann hast du sagen wir 200 Kampfhubschrauber, 100 Transporthubschrauber und 50 schwere Transporthubschrauber für den exakt gleichen Aufwand bei dem ich auf 500 Transporthubschrauber komme. Und selbst wenn man die höhere Transportkapazität der schweren Helis pro Einheit (!) berücksichtigt, ist die Transportkapazität insgesamt nicht so hoch, vor allem aber ist sie in meinem Fall flexibler und weniger Anfällig für Verluste / Abnutzung.

Das hatten wir ja schon im Strang Luftmechanisierung. Die schweren Helis reißen es eigentlich nur raus, wenn man sehr hoch agieren will, im Fall von IKM Einsätzen, Katastrophenhilfe und vor allem anderen natürlich wenn man gepanzerte Fahrzeuge IM Hubschrauber transportieren will, letztgenanntes halte ich ja bekanntermaßen für eine völlige Fehlentwicklung und einen Irrweg. Die anderen Vorteile rechtfertigen aber erneut hier aufgrund der militärischen Gewinnschwelle und der Beschränktheit der Mittel eben nicht die Beschaffung solcher Systeme.

Und die gleiche Logik gilt auch und insbesondere für dezidierte Kampfhubschrauber. Diese haben auf dem Schlachtfeld der Zukunft keine Funktion und keine Effekte mehr, die den für sie notwendigen Gesamtaufwand rechtfertigen.


RE: Nachfolge Kampfhubschrauber Tiger - Broensen - 05.04.2023

Ich kann dir zwar bei vielen Überlegungen für das zukünftige Schlachtfeld folgen, nur sehe ich diese Zukunft noch nicht so nah. Die ernstzunehmenden, modernen Gegner zeichnen sich für uns nicht ab. Und wenn es so wäre, dann wäre nicht die Entscheidung für oder gegen einen Kampfhubschrauber unser Problem.

Alle neuen technischen Entwicklungen, die du gegen den Kampfhubschrauber anführst sind noch viel zu unsicher. Wirklich autonom agierende Systeme sind noch weit entfernt und alles darunter ist zu störanfällig, als dass man sich darauf verlassen könnte. Im Gegenteil könnte sogar genau der Kampfhubschrauber ein System sein, mit dem man besonders gut auf neue Entwicklungen wird reagieren können.

Und die vielen Alternativen am Boden muss man auch erstmal haben. Und vor allem vor Ort haben. Dafür braucht es sehr große Mengen, die wir weder haben, noch bekommen werden.
Man darf auch nicht vergessen, dass die Industriesubventionierung auch ihre Vorteile hat. Niemand würde in Deutschland das komplette Geld eines Kampfhubschrauberprojektes nehmen und 1zu1 in die Raketenartillerie o.ä. stecken. Vom dafür erforderlichen Personal ganz zu schweigen.
Wenn wir auf dieses Waffensystem verzichten, werden wir eine Lücke in Kauf nehmen müssen, die wir realistisch betrachtet nicht zeitnah voll schließen werden können.

Daher bleibt mein Ansatz, die Aufgaben für den dedizierten Kampfhubschrauber durch Verlagerung auf andere, eh vorhandene Systeme so weit wie möglich zu reduzieren, so dass dieser bestmöglich auf die verbleibenden Aufgaben zugeschnitten werden und dadurch dann effizienter und robuster sein kann. Gut möglich, dass diese verbleibenden Aufgaben dann später auch noch von neuen oder gereiften Technologien übernommen werden, aber eine weitere Generation werden wir mMn wohl noch brauchen.


RE: Nachfolge Kampfhubschrauber Tiger - Quintus Fabius - 05.04.2023

Im Gegensatz zu Helios sehe ich die primäre Gefahr für Kampfhubschrauber in der Zukunft sogar eher in der Luft als von bodengestützten Systemen aus. Man kann mit Flugzeugen selbst modernste Kampfhubschrauber recht gut bekämpfen, Drohnen können auf Helijagd gehen und auch Hubschrauber können wiederum sich auf die Bekämpfung von Helis spezialsieren und es sind sogar Anti-Hubschrauberminen denkbar welche Kampfhubschrauber abschießen wenn diese Bodennah manövrieren (es gab sogar mal Prototypen solcher Anti-Heli-Minen). Deshalb sehe ich die Gefahr eher in der Luft als vom Boden aus, bzw. eine Verschiebung der Gefahr vom Boden hin zu Luft.

Aber ich will noch kurz vier weitere Aspekte hinzufügen, über die hier bisher wenig gesprochen wurde:

1. Abstandsaktive Maßnahmen für Hubschrauber. Es gibt bereits hier und heute funktionierende Hardkillsysteme für Hubschrauber, die auch MANPADS abwehren können. Wenn man über einen Tiger Nachfolger spricht, so müsste man auch über Softkill und Hardkill sprechen, aber das geschieht eigentlich fast nicht.

2. Stealth. Auch Helis könnten und müssten viel mehr in Richtung Stealth entwickelt werden, wobei ich hier gar nicht so sehr die Radarsignatur meine (erübrigt sich bei einem Heli sowieso weitgehend), sondern vor allem die IR Signatur.

3. Die Möglichkeit sich am Boden zu tarnen. Und zwar auch im Einsatz, ad hoc und sehr schnell. Die Helis müssen in der Lage sein jederzeit schnell zu landen und so schnell wie möglich nach der Landung am Boden getarnt zu werden, und auch hier ist die Wärmesignatur eine wesentliche Größe und wie der Heli auch ansonsten beschaffen ist. Und die Möglichkeit Tarnmaterial mitzuführen, insbesondere beispielsweise Tarnnetze zum überziehen, was erneut eher für Transport-/Mehrzweckhelis spricht als für dezidierte Kampfhubschrauber.

4. Die Befähigung selbst abseits jeder Infrastruktur die Maschinen zu warten etc. Indem Werkzeuge und Ersatzteile möglichst mobil überall hin verbracht werden können, was für einen Transporthubschrauber spricht und indem man sie selbst unter widrigsten Bedingungen verwenden kann. Das war und ist beispielsweise einer der Punkte die mir beim Rooivalk immer besonders gut gefallen haben, die Möglichkeiten die dieser für die Wartung / Reperatur etc unter einfachsten Bedingungen bietet. Dazu gehört auf die Befähigung möglichst lange ohne Wartung Kampffähig zu bleiben. Und die Wartung sollte durch möglichst wenige Personen möglich sein, so dass man alle dafür notwendigen Teile und das Personal selbst in einem einzigen mittleren Transporthubschrauber unterbringen kann. Gerade der Rooivalk hat viele technische Einzelheiten die in diese Richtung gehen.

Wobei abstandsaktive Maßnahmen und Stealth natürlich den Preis weiter in die Höhe treiben.


RE: Nachfolge Kampfhubschrauber Tiger - Schaddedanz - 06.04.2023

(05.04.2023, 22:26)Broensen schrieb: Ich kann dir zwar bei vielen Überlegungen für das zukünftige Schlachtfeld folgen, nur sehe ich diese Zukunft noch nicht so nah. Die ernstzunehmenden, modernen Gegner zeichnen sich für uns nicht ab. ...

Da liegt der Kardinalsfehler, man muss jeden Gegner immer ernst nehmen. In dem Moment in dem man es nicht mehr tut hat man verloren. Siehe Afghanistan, Gegner lange unterschätzt, ihn sogar ignoriert und dann musste man wie die Hasen davon rennen.

Man hat nur eine Chance zu gewinnen wen man die Möglichkeiten seines Landes (Industriell, technologisch, kulturell) kennt und diese auf den größte möglichen Feind hin abstimmt, völlig unabhängig davon ob man mit diesem gerade im Konflikt liegt oder sogar im Bündnis ist.
Bei der Vorbereitung ist Vorsicht die Mutter der Porzellankiste.

(05.04.2023, 23:49)Quintus Fabius schrieb: 1. Abstandsaktive Maßnahmen für Hubschrauber. Es gibt bereits hier und heute funktionierende Hardkillsysteme für Hubschrauber, die auch MANPADS abwehren können. Wenn man über einen Tiger Nachfolger spricht, so müsste man auch über Softkill und Hardkill sprechen, aber das geschieht eigentlich fast nicht.

2. Stealth. Auch Helis könnten und müssten viel mehr in Richtung Stealth entwickelt werden, wobei ich hier gar nicht so sehr die Radarsignatur meine (erübrigt sich bei einem Heli sowieso weitgehend), sondern vor allem die IR Signatur.

3. Die Möglichkeit sich am Boden zu tarnen. Und zwar auch im Einsatz, ad hoc und sehr schnell. Die Helis müssen in der Lage sein jederzeit schnell zu landen und so schnell wie möglich nach der Landung am Boden getarnt zu werden, und auch hier ist die Wärmesignatur eine wesentliche Größe und wie der Heli auch ansonsten beschaffen ist. Und die Möglichkeit Tarnmaterial mitzuführen, insbesondere beispielsweise Tarnnetze zum überziehen, was erneut eher für Transport-/Mehrzweckhelis spricht als für dezidierte Kampfhubschrauber.

Flares sind schon lange im Einsatz an Tiger oder CH53 (Standard), IR-Schutz-Farben sind seit Mitte der 80er Standard (Bronzegrün).
Bleibt die sekundäre optische Signatur also möglichst keine Flugfelder verwenden, je weniger die Landeplätze vorbereitet sind desto besser.
Das spielt dann auch in die thermische Tarnung mit rein -> Auf der Landstraße landen, Rotor falten und dann in den Wald neben der Straße schieben für die nötigen arbeiten.
2:30 -3:00 https://www.youtube.com/watch?v=lykFvqPk_Y4


RE: Nachfolge Kampfhubschrauber Tiger - Schaddedanz - 06.04.2023

(06.04.2023, 09:58)Schaddedanz schrieb: Das spielt dann auch in die thermische Tarnung mit rein -> Auf der Landstraße landen, Rotor falten und dann in den Wald neben der Straße schieben für die nötigen arbeiten.
2:30 -3:00 https://www.youtube.com/watch?v=lykFvqPk_Y4

In Wüsten müssen die Triebwerke schnellst möglich gestoppt werden. Da sowohl Hubschrauber als auch Landschaft dort in den Wahrnehmungsgrenzbereich der Wärmebildgeräte kommen (alles gleich weiß) verraten die wärme Verwirbelung als optisches Muster im Wärmebildgerät den Hubschrauber, steigen diese gerade hoch entspricht das der Wetter bedingten Thermik und der Wahrnehmungsgrenzbereicheffekt trifft neben dem unteren Rumpf auf für die oberen Turbinenteile zu.


RE: Nachfolge Kampfhubschrauber Tiger - Quintus Fabius - 06.04.2023

Wobei ich mit Abstandsaktiven Maßnahmen hier tatsächlich Hardkillsysteme meine und keine Flares. Rafael Systems hat beispielsweise schon seit Jahren solche Hardkillsysteme für Helis serienreif. Wie bei einem Panzer auch wird dabei die anfliegende Rakete (beispielsweise ein MANPAD) von einem Effektor gezielt getroffen und damit abgelenkt und/oder zerstört.


RE: Nachfolge Kampfhubschrauber Tiger - Broensen - 06.04.2023

(06.04.2023, 09:58)Schaddedanz schrieb: Da liegt der Kardinalsfehler, man muss jeden Gegner immer ernst nehmen.

Okay, das war schlecht ausgedrückt. Ich meinte damit konkret einen Gegner, der die zukünftig technischen Möglichkeiten zu nutzen weiß und im großen Stil gegen uns einsetzen wird. Und dazu werden Russland oder der Iran sicher nicht in der Lage sein. Selbst China wird noch einige Zeit brauchen, um auf das von Quintus beschriebene Niveau zu kommen, das ja noch nicht mal die US-Amerikaner absehbar erlangen werden.


RE: Nachfolge Kampfhubschrauber Tiger - Schaddedanz - 06.04.2023

(06.04.2023, 11:07)Quintus Fabius schrieb: Wobei ich mit Abstandsaktiven Maßnahmen hier tatsächlich Hardkillsysteme meine und keine Flares. Rafael Systems hat beispielsweise schon seit Jahren solche Hardkillsysteme für Helis serienreif. Wie bei einem Panzer auch wird dabei die anfliegende Rakete (beispielsweise ein MANPAD) von einem Effektor gezielt getroffen und damit abgelenkt und/oder zerstört.

Das funktoniert aber nur gut wen der Heli auf mittleren Höhen und darüber operiert, den nur dann kommt die Raketen unterhalb der Rotoren auf ihn zu. Im bodennahen Einsatz kommen diese Raketen mindesten Horizontal auf Heckrotor höhe oder sogar von oben, dann sind die Hardkillsysteme bestenfalls Nutzlos, schlechtestenfalls reißen sie den eigen Heck- oder Hauptrotor ab.

(06.04.2023, 11:32)Broensen schrieb: ... der die zukünftig technischen Möglichkeiten zu nutzen weiß und im großen Stil gegen uns einsetzen wird. Und dazu werden Russland ... absehbar erlangen werden.

Deswegen Kardinalsfehler, Beispiel: Russland kann bereits heute den T14 Armata bauen, haben sie halt bisher nicht.
Russland hat den https://de.wikipedia.org/wiki/Uran-9 aktiv in Syrien getestet, ausschlaggebende Kritikpunkte "Zuverlässigkeit, Fernsteuerung" (erhöhte Ausfallquote, Fahrzeug muss geborgen und resetet werden.
Unüblich für Russland wäre das bergen im Gefecht, dann schaut man sich 0:10-0:19 https://www.youtube.com/watch?v=pIkJ2djE8e4 an und wen findet na da im Bild, den Bergepanzer auf T14 Basis.
Wie viele Panzersoldaten würde Russland noch brauchen wen man den Rechner des Uran-9 in, die Haupt Panzerkampfeinheit, T14 einbaut (technisch machbar, beide voll fernsteuerbar)?
Bonusfrage: Was also könnte die Bundeswehr an Ausrüstung haben wen meine Deutschen Ideen einfach nur marktverfügbares Gerät zukaufen würden. Russen sind weder Dumm noch Tagträumer aus Bullerbü, auch wen man pragmatisch (kosten) nicht jede Idee in die Tat umsetzt.


RE: Nachfolge Kampfhubschrauber Tiger - voyageur - 06.04.2023

Zitat:Meine persönliche Meinung es ist wichtig die Arbeitsteilung zwischen Helicos und Drohnen zu definieren.
Und historisch gesehen fragwürdig Aussagen über die Zukunft von Waffensystemen zu machen.
Während der bataille d'Azincourt (en anglais : Battle of Agincourt) 25 octobre 1415 wurden die franzôsichen Ritter mit Ihren schweren Rüstungen von den englischen Bogenschützen zusammengeschossen.
Und heutzutage (Vorsicht Blutdruck @Quintus Fabius) tragen Soldaten wieder "Schutzkleidungen".


Ein Beitrag von DeltaPolluxSeven mit Infos aus der Industrie

Zitat:Kleine Neuigkeiten über den Tiger, direkt von einem "betroffenen Industriellen".

Für den Tiger Mk3 bleibt der größte Teil der Stornierung die Akeron LP. Für Airbus ändert sich durch die nach unten korrigierte Mk3 nicht viel (und für die Spanier, die ihre Spike behalten, ändert sich auch nicht viel). Es wird zwangsläufig 2-3 Dinge geben, die nach unten korrigiert werden, wie bei jedem Programm, aber das Herzstück der Mk3 (die optronische Kugel EF510 und die damit verbundene neue Bildverarbeitung) ist immer noch geplant, zumindest im Moment.

Deutschland: Der Kauf der H145M ist keinesfalls als Ersatz für die aktuellen Tiger geplant. Es geht lediglich darum, eine Flotte von Mehrzweckhubschraubern zu haben, wie unsere H160M, aber mit einer glaubwürdigen Panzerabwehrfähigkeit als Ergänzung zu den Kampfhubschraubern (a priori Spike, sie haben nicht geplant, PARS LR3 an Bord zu nehmen). Das tun auch die Polen mit ihren AW149, die mit Hellfire ausgerüstet sind.

Dies ist im Vergleich zu Frankreich zu sehen, wo die H160M nur mit 12,7-mm-Maschinengewehren und 68-mm-Raketen ausgerüstet werden, wobei die lasergesteuerte Rakete nur als Option erhältlich ist.

In Deutschland ist der Tiger noch nicht ersetzt worden, es gibt noch nicht einmal eine feste Entscheidung. Soweit ich weiß, ist das eigentliche Problem der Bundeswehr das Format. Sie brauchen mehr Kampfhubschrauber (für das, was sie damit fliegen...., na gut, ich sage das...), und der Tiger wird ohnehin nicht mehr produziert. Deshalb haben sich die Gerüchte über den AH-64 oder den AW249 vervielfacht. Aber auch andere Optionen scheinen durchaus im Gespräch zu sein (zumal die ukrainischen RETEX Zweifel aufkommen lassen), insbesondere die Verwendung der Tiger als Aufklärungsgeräte für eine neue Flotte schwerer Kampfhubschrauber oder umgekehrt die Unterstützung der Tiger durch einen leichteren bewaffneten Aufklärungshubschrauber (potenziell eben den H145M).

Kurzum: Der deutsche Tiger ist noch nicht beerdigt!



RE: Nachfolge Kampfhubschrauber Tiger - Helios - 06.04.2023

@Quintus: Der Mammutbeitrag hat etwas gedauert, und das, obwohl ich mich schon kurz gefasst habe Wink:

(04.04.2023, 16:01)Quintus Fabius schrieb: Meiner Ansicht nach habt ihr hier einen gleich zweifachen Fehler in der Wahrnehmung / Gewichtung.

Zum einen sind diese Situationen in den meisten Fällen dergestalt, dass sie eben nicht durch Kampfhubschrauber als Feuerwehr wirklich angegangen werden können und/oder der Effekt von Kampfhubschraubern welche solche Durchbrüche angreifen zu gering ist.

Es spielt für solche Situationen keine so große Rolle ob dann dort Kampfhubschrauber agieren oder nicht. Agieren sie über feindlichem Gebiet oder Räumen mit angenommener sehr geringer feindlicher Truppendichte, sind sie darüber hinaus erheblich gefährdet, auch wenn Helios das noch so sehr relativieren mag.

Zum zweiten sind diese Situationen größtenteils nicht entscheidend. Noch schlimmer: es ist gerade eben diese Fixierung auf Fronten und auf gehaltenes Terrain, diese Übergewichtung des besetzten Gebietes, des gehaltenen Territoriums, welche militärisch ein erheblicher Fehler ist. Durchbrüche können entscheidend sein, aber nicht dadurch, dass sich der Frontverlauf verändert oder Gebiet eingenommen wird.

Mit Verlaub, aber weder habe ich von irgendwelchen Durchbrüchen gesprochen, noch irgendwelche Gefährdungspotenziale beim Einsatz von Kampfhubschraubern über feindlichem Gebiet relativiert. Das ist auch nicht mein Ansinnen, von daher sehe ich den Wahrnehmungsfehler nicht bei mir, wenn du davon ausgehst, dass das meine Argumente sind Wink

Die Diskussion darüber, wie es aus operativer Sicht zu entsprechenden Situationen kommt, ist für mich gar nicht so entscheidend, weil sich meine Herleitung, dass wir es mit derartigen Situationen zu tun bekommen, vor allem auf technische Argumente stützt.
Selbst in vielen Streitkräften und den Köpfen hochrangiger Militärs ist inzwischen die Vorstellung eines gläsernen Gefechtsfeldes fest verankert, von einem Sieg der Aufklärung genährt von der kontinuierlichen Fortentwicklung der Sensorik und ihrer Vernetzung. Ich halte das für eine inzwischen sehr gefährliche Blase, in der die tatsächlich vorhandenen Fortschritte (und die sind durchaus enorm in den letzten zwei Jahrzehnten) nur noch auf die Möglichkeiten hin reduziert, während die immer noch vorhandenen Unzulänglichkeiten ignoriert werden. Allenfalls nimmt man noch signaturreduzierende Maßnahmen als Verlängerung einer generellen Überlebenschance wahr. Der Kampf aus der Distanz ist durch eine falsche Wahrnehmung der tatsächlichen Aufklärungsfähigkeiten zu einer heiligen Kuh geworden, die mit Blick auf verschiedene Kriege und Konflikte der letzten Jahrzehnte bis hin in die Gegenwart und durch immer neue Rekorde stetig weiter wächst und so immer mehr Anhänger findet..

Das Problem besteht dabei aus zwei Komponenten. Zum einen die zwar immer besser werdenden Sensoren, deren Leistung gleichzeitig aber durch die anschließenden verarbeitenden und interpretativen Fähigkeiten begrenzt wird und die immer noch in Abhängigkeit der Umwelt stehen. Hier sorgen etwa hochaufgelöste Aufnahmen mit automatisierte “KI-unterstützte” Erkennungsmöglichkeiten für ein nur unter idealen Umständen erreichbares Leistungsniveau, das in der Realität in vielen Situation aber unrealistisch ist. Zum anderen erhält die elektronische Kriegsführung immer mehr Aufmerksamkeit, was auch einen entsprechenden Schub bei den Gegenmaßnahmen und Störmöglichkeiten bewirkt. Je länger und informationsreicher die notwendigen Datenverbindungen werden, je stärker der Interpretationsaufwand steigt, je anpassungsfähiger und effektiver die Gegenmaßnahmen werden, umso kritischer wird entsprechende Infrastruktur. Natürlich darf man nicht dem umgekehrten Trugschluss erliegen, dass durch entsprechende Gegenmaßnahmen jede aufklärende Maßnahme abgewehrt werden kann. Aber bei einer ganzheitlichen Betrachtung solcher Entwicklungen müssen beide Seiten berücksichtigt werden, wenn es um eine realistische Beurteilung der tatsächlichen Leistungsfähigkeit geht.

Man kann mir nun wirklich nicht vorwerfen, ich wäre technologiefeindlich (wir hatten da ja schon einige Diskussionen, und ich bezweifle, dass du so einen Eindruck von mir gewonnen hast), aber ich warne ganz eindringlich vor einer Überschätzung der Möglichkeiten. Die tatsächlichen Erfahrungen der letzten Dekaden müssen in der Beziehung richtig eingeordnet werden, und ebenso muss die tatsächliche technische Entwicklung und deren praktische Relevanz kritisch geprüft werden. Gerade weil ich auf diesem Gebiet langjährige eigene Erfahrungen habe bin ich der Ansicht, dass wir uns in einem Krieg trotz aller Fortschritte auf ein im Zeitverlauf immer weiter zunehmendes Informationsdefizit einrichten müssen, dass wir eine deutlich höhere Gefechtsautonomie der einzelnen Systeme brauchen und dass wir Abstandswaffen deutlich realistischer hinsichtlich ihrer Gesamteffektivität und damit auch -effizienz einschätzen sollten.

Wenn man dieses Informationsdefizit mit den tatsächlichen Quantitäten kombiniert, insbesondere wenn du hier eine nationale Verteidigungsfähigkeit als Ziel ausgibst, dann steht für mich unzweifelhaft fest, dass wir in einem echten Krieg immer wieder und zunehmend in Situationen geraten werden, in denen es eine “Feuerwehr” braucht. Und für eine solche gibt es durchaus verschiedene Ansätze, denn die Notwendigkeit eines Kampfhubschraubers ist kein Axiom, es muss aber eine ganzheitliche Ausrichtung dahinter stehen. Keine Alternative sind in meinen Augen auch deshalb schon bewaffnete Transporthubschrauber mit selbstaufklärenden Abstandswaffen, die im Endeffekt nur die gleichen Fähigkeiten aus der Distanz abbilden sollen und eine vermeintlich höhere Flexibilität versprechen.

Was das Thema der Vulnerabilität und Einsatzeffektivität von Kampfhubschraubern angeht, sind wir augenscheinlich völlig entgegengesetzter Meinung, und ich sehe keine Möglichkeit, wie wir hier auf einen gemeinsamen Nenner kommen sollen. Für meine Aussagen, dass die aktive und passive Überlebensfähigkeit auch in Duellsituationen bei aktuellen und absehbaren Bedrohungen der nahen Zukunft bei einer defensiven Vorgehensweise relativ hoch und das Einsatzrisiko entsprechend gering ist gibt es ja durchaus ganz konkrete Gründe, die ich zum Teil hier auch schon dargelegt habe.

Natürlich haben sich die Erkennungs-, Erfassungs- und Bekämpfungsmöglichkeiten entsprechender Flugabwehrsysteme auch mit Blick auf den Einsatz gegen Kampfhubschrauber deutlich verbessert, umgekehrt haben sich aber auch die Fähigkeiten moderner Kampfhubschrauber angepasst, etwa durch signaturverringernde Maßnahmen, höhere Leistungsreserven und passive sowie aktive Gegenmaßnahmen. Hinzu kommt, dass ein Kampfhubschrauber durchaus robuster ist als er erscheint, wie in der Vergangenheit beispielsweise etliche direkte Treffer an Modellen wie Apache oder Cobra gezeigt haben. Von daher bleibe ich bei meiner Ansicht, dass sich der Gefährdungsgrad und die Einsatzmöglichkeiten wie so häufig von den Umständen abhängen, diese aber immer noch und auch in Zukunft ein breites Einsatzspektrum erlauben.

Ich denke, damit habe ich meine Ansicht zu den wesentlichen Punkten deiner Beiträge hinreichend dargelegt, falls nicht reicht ein kurzer Hinweis. Folgend noch ein paar konkrete Anmerkungen zu darüber hinaus gehenden Fragestellungen bzw. Aussagen:

Zitat:Das hätte ich noch ausführlicher ausführen müssen. Es wird diese Systeme auch so geben, und zwar wegen der Bekämpfung jedweder Art von Luftzielen, wegen C-RAM, wegen der Bekämpfung zielsuchender Munition, wegen der Bekämpfung von Drohnen und auch wegen des Kampfes gegen Flugzeuge usw. Zudem war die Liste welche ich nannte nicht geordnet, ich habe sie einfach so herunter geschrieben um eine möglichst vollständige Sammlung der Bedrohungen zu benennen.

Jedes dieser genannten Systeme wird aber auch ohne die Präsenz von Kampfhubschraubern ganz genau so vorgehalten und einsatzbereit sein. Wenn ich Drohnen herunter schießen kann (du selbst sprachst von einem Tontaubenschießen), dann kann ich auch Kampfhubschrauber abschießen. Sie wären entweder ganz genau so nur Tontauben oder sie müssten derart hinter der Deckung und auf große Distanz agieren, dass man die dann dafür notwendige Befähigung eben auch mit anderen Systemen besser und günstiger stellen könnte.

Zunächst einmal habe ich den Begriff “Tontaubenschießen” explizit für HALE/MALE-Systeme verwendet, nicht für Drohnen im Allgemeinen. Schon aufgrund des Flugleistungsbereiches kommen da zur Abwehr ganz andere Methoden und Wirkmittel als bei der Bekämpfung von Kampfhubschraubern (oder anderen in niedrigen Höhen operierenden Fluggeräten) zum Einsatz, zudem sind die Verteidigungsmöglichkeiten deutlich eingeschränkter. Ich möchte nicht darüber spekulieren warum du beides miteinander verknüpfst, mir reicht die Feststellung, dass dies keinen Sinn ergibt und die Schlussfolgerung unzulässig ist.

Darüber hinaus erleben wir aktuell angeheizt durch die Kriege der letzten Jahre einen Aufschwung bei unbemannten Systemen, der sich durch eine hohe Typenvielfalt und mit unterschiedlichen Ausrichtungen auszeichnet. Dazu kommen noch die altbekannten Bedrohungen beispielsweise durch Kampfflugzeuge. Entsprechend breit gefächert sind die aktuellen und vor allem die zu entwickelnden Gegenmaßnahmen, und keine davon ist gleichermaßen effektiv und effizient gegen alle Arten von Zielen. Das Flugprofil von Kampfhubschraubern sowie deren Auslegung hebt sich durchaus signifikant von Klein- und Kleinstdrohnen, abwartender Munition oder Kampfflugzeugen ab, so dass ein Verzicht durchaus auch Auswirkung auf die Fähigkeitsentwicklung von Gegenmaßnahmen hat. Und gerade explizit abgestellte Systeme zur Bekämpfung bestimmter Bedrohungen sind an deren Existenz gekoppelt. Ich möchte diesen Aspekt allerdings auch nicht überbewerten, da er in der Gesamtbetrachtung und für sich genommen meiner Ansicht nach nur relativ wenig realen Einfluss hat. Der muss aber trotzdem für eine Gesamtbewertung berücksichtigt werden.
An der Stelle ziehe ich einen anderen Teil deines Beitrages vor, weil es thematisch dazu passt:
Zitat:Meine Zielsetzung wäre aber ganz im Gegenteil immer eine Erhöhung der Einsatzflexibilität, dass sich der Gegner weniger darauf einstellen kann und die Monokultur wird durch die Vielfältigkeit der Möglichkeiten ein und derselben Systeme und die vielen dadurch unterschiedlichen Konzepte und Ansätze verhindert.

Beispielsweise erhöhen mehr Transporthubschrauber im Verhältnis zu einer Mischung von Transporthubschraubern und Kampfhubschraubern meine Flexibilität im Einsatz, sie machen es für den Feind schwieriger sich darauf einzustellen (allein schon durch die höhere Quantität der Einheiten, auch weil diese vielfältiger verwendet werden können) und selbst technologische Fähigkeiten im Helibau werden damit erhalten.

Selbst wenn ein Transporthubschrauber die gleiche Wirkung wie ein Kampfhubschrauber erzielen könnte, so würde er diese doch auf anderem Wege erreichen. Unterschiedliche Wege zum gleichen Ziel erhöhen die Flexibilität und machen es dem Gegner komplizierter, sich darauf einzustellen. Natürlich spielt auch die Quantität eine Rolle, aber diese kann relativ einfach skaliert werden, völlig neue Fähigkeiten erfordern komplexere Strukturen. Aus dem Grund ist die Kombination aus Kampfhubschrauber und Transporthubschrauber, sofern beide in einer grundsätzlich hinreichenden Mindestzahl vorgehalten werden, flexibler und für den Gegner in der Bekämpfung komplexer als eine gleich hohe Zahl von nur einem Muster.

Zitat:Kann sein, kann aber auch nicht sein. Das hängt von vielen Faktoren ab, was für ein Heli genau, was für Effektoren genau, mit welchem Kampfhubschrauber vergleicht man hier konkret was. Im übrigen würde es nicht einmal eine Rolle spielen dass man etwaig pro Einheit weniger Schuss dabei hat, denn auch Kampfhubschrauber haben nicht so viel Zuladung.
(...)
Ich würde daher hier nicht pauschal einen Vorteil von Kampfhubschraubern in Bezug auf die Zuladung / die Anzahl der Effektoren behaupten.

Hier geht es doch um eine Grundsatzfrage, und nicht um einen Vergleich konkreter Typen. Aus dem Grund habe ich explizit von “gleichartigen” Mustern gesprochen, um eine Vielzahl an Faktoren auszuschließen und eine Gegenüberstellung nur auf die wesentlichen Unterscheidungsmerkmale zu reduzieren.

Für die gleiche Wirkung am Ziel brauche ich aus einer größeren Distanz und mit den genannten Aufklärungsmethoden Lenkflugkörper mit besseren sensorischen Fähigkeiten und höheren Reichweiten, was sich beides entsprechend auf Größe, Gewicht und Kosten niederschlägt. Da gibt es allgemein betrachtet keinen Relativierungsspielraum. Umgekehrt werden bei einem Kampfhubschrauber ein höheres Eigenschutzniveau und die bessere Sensorik benötigt, dem wiederum die notwendige Zellenstruktur für eine höhere Flexibilität als Transporthubschrauber gegenüber steht. In der Summe läuft es auf die von mir getätigte Aussage hinaus.

Was deinen letzten von mir zitierten Satz angeht, ist diese Behauptung so von mir gar nicht gefallen und sie ergibt natürlich keinen Sinn. Meine Betrachtung bezieht sich wie zuvor erwähnt auf “gleichartige” Muster für eine sinnvolle Vergleichbarkeit, so als würde man beide Typen jetzt hier und jetzt unter gleichen Voraussetzungen neu entwickeln, inklusive der dazugehörigen Munition.

Zitat:Der Widerspruch ist nur einer, wenn man unter heutiger (!) Technologie ausschließlich die komplexeste Hochtechnologie versteht. Stattdessen wäre es meine Idee dazu, die Erkenntnise der heutigen Technologie für eine möglichst weitgehende technische Vereinfachung zu nutzen, statt die Systeme fortwährend in ihrer Komplexität, in ihren Funktionen (Stichwort Überfunktionalität) und ihren Möglichkeiten zu überfrachten.

Nein, der Widerspruch ergibt sich aus dem, was du hier konkret an Vorstellungen hinsichtlich der Systeme geäußert hast und dem, was eine solche technische Vereinfachung real darstellt. Denn deine hier skizzierten Vorstellungen hinsichtlich der eingesetzten Wirkmittel, der möglichen Drohnen, der eingesetzten Bekämpfungsmöglichkeiten von Kampfhubschraubern, usw. sind alles Hochtechnologie, die sich an der Stoßfront des aktuell technisch machbaren bewegt oder sogar noch weit dahinter liegt.
Wenn es dir um die Verwendung moderner Technologie zur technischen Vereinfachung geht, dann rücken zwangsläufig heute existierende Systeme in den Vordergrund, und nicht die heutigen materialisierungen von Visionen zukünftiger Schlachtfelder. Gerade dann wäre das Bestreben sinnvoll, ein technisch einfaches und trotzdem leistungsfähiges Hubschrauberpärchen traditioneller Auslegung für Kampf und Transport zu erschaffen, und erst davon ausgehend langsam neue Möglichkeiten auf einem technisch effizient handhabbaren Niveau in die Wirklichkeit zu überführen. Genau diese von dir angeführten Punkte, der Verzicht auf Hochtechnologie zur Leistungserhöhung, die Reduktion der Überkomplexität und die technische Vereinfachung hin zu effizienten Einsatzmitteln, die genau deshalb in höherer Quantität zu einer wesentlich höheren Effektivität führen ist der Grund für mein Plädoyer für einen Kampfhubschrauber.

Zitat:Wenn ich mit Artillerie auf 100 km Entfernung präzise ganze Panzerverbände ausradieren kann, und zwar mit einer viel höheren Ausdauer im Gefecht bei gleichzeitig viel geringerer eigener Entfernung, werden Kampfhubschrauber nur umso fragwürdiger. Dann sollte man sich vor allem auf eine hochmobile Artillerie und entsprechende Aufklärungsmittel für diese konzentrieren

Wenn man auf 100 km präzise ganze Panzerverbände ausradieren kann, dann kann man auf diese Distanz auch hochmobile Artillerie ausschalten. Es gilt ja nicht der aktuelle Stand einer aktuellen Nation als Maßstab für die technischen Fähigkeiten. Und wenn die Konzentration auf solchen Systemen liegt, kann auch die Konzentration des Gegners auf die Bekämpfung derartiger Systeme gelegt werden. Das Prinzip ist doch nichts Neues, Wandel und Anpassung. Die Frage ist also nur, wie schnell kann ersteres und letzteres erfolgen? Und ist der Weg der Konzentration eben der richtige.

Zitat:Was heißt hier nicht reichen ?! In der Ukraine wird teilweise nach Augenmaß über einfachste kommerzielle Drohnen Artillerie ohne jedes moderne Feuerleitsystem eingeschossen und trifft. In welchem Szenario konkret (!) reicht die Information nicht für den Waffeneinsatz ? Zumal die Aufklärung ja immer mehr in die Effektoren selbst verbaut wird.

Was in der Ukraine vor allem trifft ist zunächst einmal Propaganda. Es fehlt schlicht und einfach an öffentlich zugänglichen, umfänglichen statistischen Erhebungen um hier irgendwelche relevanten Aussagen ableiten zu können. Das gleiche gilt auch für die Einsatz- und Erfolgsraten sämtlicher anderer relevanter Systeme, weswegen ich aktuell sehr vorsichtig wäre, aus dem Krieg irgendwelche absoluten Schlüsse zu ziehen.
Die Aufklärungsfähigkeiten von Effektoren sind in der Regel darauf begrenzt, in einem beschränkten, vorgegebenen Fenster die Ziele einwandfrei zu identifizieren. Konkret reichen die vorhandenen Informationen für den Waffeneinsatz immer dann nicht aus, wenn die Lücke zwischen diesen selbstständigen Aufklärungsfähigkeiten sowie den mittelbaren Aufklärungsergebnissen aufgeht, das Fenster also nicht mit den realen Zielen in Einklang gebracht werden kann. Und das ist meiner Einschätzung in sehr vielen Situationen der Fall, sofern wir dem Gegner ähnliche Fähigkeiten wie die eigenen unterstellen. Ob hier nun die immer weitere Vergrößerung des Fensters unter gleichzeitigem Beibehalt der punktuellen Identifikationsfähigkeit (die ist notwendig um entsprechende Gegenmaßnahmen zu kontern) sinnvoll ist, auch darum geht es in der Diskussion. Ich halte absehbar ein dazwischen geschaltetes Fenster per abgesetzter Sensorik für den sinnvolleren Weg.

Zitat:Was also ist besser ?! 400 Transporthelis welche man in der skizzierten Weise auch im Kampf einsetzen kann oder 200 Kampfhubschrauber und 200 Transporthelis ?

Ich befürchte, dass ich dir darauf keine konkrete Antwort geben kann, ohne dass wir über die Gesamtbedingungen sprechen, was hier im Strang eindeutig zu weit führen würde (vielleicht sollten wir das Thema Luftmechanisierung noch einmal anfassen Wink ).
Denn das eigentliche Problem dabei ist die Festlegung, welche der beiden Fähigkeiten (Transport und Kampf, der Einfachheit halber lasse ich andere Fähigkeiten jetzt mal außen vor) in welchem Umfang dauerhaft gebraucht werden.

Zitat:Und wenn man dann noch dazu bedenkt, dass du auch noch schwere Transporthubschrauber willst

Ich möchte zuallererst mal eine funktionierende Bundeswehr. Meine ganze Diskussion hinsichtlich der schweren Transporthubschrauber basiert nicht auf meinen persönlichen Ansichten dazu, sondern beschränkte sich auf die Einordnung in die bestehenden Strukturen und Anforderungen der Bundeswehr.


RE: Nachfolge Kampfhubschrauber Tiger - Broensen - 06.04.2023

(06.04.2023, 14:36)voyageur schrieb: Unterstützung der Tiger durch einen leichteren bewaffneten Aufklärungshubschrauber (potenziell eben den H145M).
Das hat Helios ja auch schon mal als Option angesprochen. Mich würde da interessieren, wie Ihr Euch den Verbund zwischen einem Tiger-Upgrade/Nachfolger und einem H145M-basierten leichten Aufklärer vorstellen würdet. Das H-Force-Paket wäre ja eher ein Waffenträger / LUH / PAH (light) o.ä., aber kein dezidierter Aufklärer. Welche Aufgaben würden so einem leichten Aufklärer im Verbund zufallen, was müsste er für Eigenschaften und Fähigkeiten mitbringen, die der H-Force noch nicht hat?

(06.04.2023, 20:45)Helios schrieb: Mit Verlaub, aber weder habe ich von irgendwelchen Durchbrüchen gesprochen
Damit war dann wohl eher ich gemeint. Denn da würde ich unter den aktuellen Bedingungen am ehesten eine "Standard-Situation" sehen, in der ein Kampfhubschrauber die einzig real verfügbare Option sein könnte. Und darum ging es in dem Fall.

Zitat:Je länger und informationsreicher die notwendigen Datenverbindungen werden, je stärker der Interpretationsaufwand steigt, je anpassungsfähiger und effektiver die Gegenmaßnahmen werden, umso kritischer wird entsprechende Infrastruktur. [...]ich warne ganz eindringlich vor einer Überschätzung der Möglichkeiten. Die tatsächlichen Erfahrungen der letzten Dekaden müssen in der Beziehung richtig eingeordnet werden, und ebenso muss die tatsächliche technische Entwicklung und deren praktische Relevanz kritisch geprüft werden. [...] Natürlich spielt auch die Quantität eine Rolle, aber diese kann relativ einfach skaliert werden, völlig neue Fähigkeiten erfordern komplexere Strukturen.
Das ist für mich ein ganz wichtiges Argument, insbesondere dafür, einen Kampfhubschrauber von der europäischen Industrie entwickeln und bauen zu lassen. Es ist nicht absehbar, wie sich der Wettlauf von Aufklärungs-, Kommunikations- und Wirkmitteln einerseits sowie den Gegenmaßnahmen andererseits über die nächsten Jahrzehnte hinweg wirklich entwickeln wird. Der unabhängig ausdauernd-durchsetzungsfähige Kampfhubschrauber ist eine Plattform, die innerhalb dieser Entwicklungen nicht nur eine aktive Rolle spielen kann, er ist auch eine Rückfalloption, wenn neue Technologien scheitern oder von der Gegenseite ausgeschaltet werden. Wir können den besten Drohnen-Verbund überhaupt haben, sobald deren Kommunikation ausgeschaltet wird, ist der wertlos. Dann kann der Kampfhubschrauber mit seiner vergleichsweise störresistenten Verbindung von Aufklärung und Wirkung plötzlich wieder gefragt sein. Haben wir die Technologie dann aber aufgegeben, werden wir sie nicht kurz- bis mittelfristig wieder zurückbekommen. Daher gilt Fähigkeitserhalt mMn auch für die heimische Rüstungsindustrie und der Kampfhubschrauber fällt darunter.


RE: Nachfolge Kampfhubschrauber Tiger - Quintus Fabius - 07.04.2023

Helios:

Zitat:weder habe ich von irgendwelchen Durchbrüchen gesprochen, noch irgendwelche Gefährdungspotenziale beim Einsatz von Kampfhubschraubern über feindlichem Gebiet relativiert.

Der erste Teil richtete sich ja explizit an euch beide, und man kann meiner Meinung nach das eine hier vom anderen nicht trennen, weil bei jedem Durchbruch die Frage der Luftraumverteidigung des durchbrechenden Verbandes die entscheidende überhaupt ist - überspitzt könnte man sagen, dass ohne Luftüberlegenheit / eine überlegene Luftraumverteidigung sogar gar keine substanzieller Durchbruch möglich sein wird.

Und bezüglich der zweiten Aussage: auch wenn du nun sagst, dass du die Gefährungspotentiale nicht relativierst, meiner Wahrnehmung nach tust du das aber. Du relativierst die Gefährung der Kampfhubschrauber welche dadurch entsteht, dass diese "Näher" an den Feind heran gehen und die dadurch entsteht, dass die Aufklärung auch im Krieg der Zukunft unzureichend sein wird, und der Nebel des Krieges weiter bestehen wird, denn in diesem Punkt sind wir uns ja beide absolut einig. Selbst in einem mit Sensoren vollgemüllten gläsernen Schlachtfeld wird es weiterhin einen Nebel des Krieges geben, dieser wird allenfalls seine Form ändern (ein Übermaß an Informationen in Echtzeit erzeugt auch den gleichen Effekt durch Informationsüberladung, durch Übernutzung der verfügbaren Bandbreiten für den Informationstransporr, durch feindliche Störmaßnahmen usw usw)

Wenn alles aus Glas ist, so ist dass was man durch dieses Glas sieht dennoch oft ungeeignet um den Krieg so zu führen, wie sich das zu viele heute vorstellen. Das ändert aber rein gar nichts daran, dass Hubschrauber eine größere Gefährdung als anderes Kriegsgerät haben, wenn sie zu nahe am Feind operieren und dies ungeachtet ihrer Geländenutzung, etwaiger Reduzierung der Signatur und etwaiger Panzerung. Eine 50mm Maschinenkanone holt jeden Heli auf der Stelle herunter, und für Cobra und AH-64 reichen auch schon 30mm.

Zitat:Selbst in vielen Streitkräften und den Köpfen hochrangiger Militärs ist inzwischen die Vorstellung eines gläsernen Gefechtsfeldes fest verankert, von einem Sieg der Aufklärung genährt von der kontinuierlichen Fortentwicklung der Sensorik und ihrer Vernetzung. Ich halte das für eine inzwischen sehr gefährliche Blase, in der die tatsächlich vorhandenen Fortschritte (und die sind durchaus enorm in den letzten zwei Jahrzehnten) nur noch auf die Möglichkeiten hin reduziert, während die immer noch vorhandenen Unzulänglichkeiten ignoriert werden.

Da sind wir aber völlig einer Meinung. Diese Aussage tätige ich ganz genau so seit Jahren schon. Und selbst wenn man alle Informationen hätte, selbst dann wird dadurch nicht so viel gewonnen wie meist angenommen wird. Den dadurch entsteht meist nur ein schier unbeherrschbares Kaleidoskop, welches dann mit immer größeren, immer langsameren und handlungsunfähigeren Stäben analysiert und zerlegt wird, um den Krieg rein mathematisch-wissenschaftlich zu führen. Krieg aber ist Kunst, eine Kunstform. Selbst wenn es ein gläsernes Schlachtfeld gäbe, wäre daher die Art und Weise mit welcher man hier Krieg führen will immer noch nachteilig bzw. unterlegen. Entsprechend sinkt seit Jahren schon mit der zunehmenden Informationsflut die Geschwindigkeit in allen Prozessen, obwohl durch Rechner als auch die technischen Möglichkeiten der Systeme die Geschwindigkeit in allem völlig konträr dazu eigentlich rasant zunehmen müsste.

Aufklärung und Bekämpfung möglichst weitgehend autark in einer Plattform zu haben, ist daher durchaus ein Argument für Kampfhubschrauber aus genau diesem Aspekt heraus: der Erhöhung der Geschwindigkeit. Simpkins schrieb nicht umsonst von einem Race to the Swift. Aber ich verschließe mich dieser Logik ja gar nicht: sondern mein Argument ist ein ganz anderes:

Aufklärung und Wirkung können heute zunehmend in den Effektor selbst verbaut werden.

Damit müssen sie nicht mehr in der Plattform vorhanden sein und man kann diese anders auslegen. Wir benötigen keine dezidierten konventionellen Kampfhubschrauber mehr, weil man eben die Aufklärung immer weitergehend in den Effektor verbauen kann und damit diese in der Plattform selbst nicht mehr so vorhanden sein muss wie früher. Das gilt für viele Bereiche und Systeme. Beispielsweise bevorzuge ich aus der gleichen Logik heraus Raketenartillerie gegenüber normaler Rohrartillerie und PALR gegenüber einer großkalibrigen BK etc.

Zitat:bin ich der Ansicht, dass wir uns in einem Krieg trotz aller Fortschritte auf ein im Zeitverlauf immer weiter zunehmendes Informationsdefizit einrichten müssen,

Ich will diesen Punkt sogar noch mal steigern, denn meiner Überzeugung nach werden wir schon bei Kriegsbeginn erhebliche Informationsdefizite haben. Diese werden also in meinem Kriegsbild nicht erst mit dem voranschreiten des Krieges entstehen. Und wird sind da absolut einer Meinung und zweifelsohne bin ich technologiefeindlich wie dir gegebenenfalls bekannt sein dürfte. Deshalb ist es hier eigentlich mal eine amüsante Konstellation, dass ich hier eher der Technologie das Wort führe, während du vor ihrer Überschätzung warnst, normalerweise ist das letztgenannte ja eher meine Rolle.

Und ja, eine hohe Gefechtsautonomie ist die zwingende Schlußfolgerung daraus. Diese sehe ich als Notwendigkeit in allen Bereichen, bis hin zur einfachen Infanterie die mir ganz genau so viel zu wenig autonom ist. Aber wie schon oben beschrieben bin ich ja keineswegs gegen eine solche Gefechtsautonomie, sondern ich sehe diese in den Effektoren selbst vorhanden und damit verfügbar. Wenn die Effektoren diese Gefechtsautonomie in sich selbst anbieten können (Zielsuchende Munition / Loitering Munition), dann benötige ich in der Plattform keine so hohe Aufklärungsleistung und muss diese nicht so nahe an den Feind heran:

Zitat:Der Kampf aus der Distanz ist durch eine falsche Wahrnehmung der tatsächlichen Aufklärungsfähigkeiten zu einer heiligen Kuh geworden, die mit Blick auf verschiedene Kriege und Konflikte der letzten Jahrzehnte bis hin in die Gegenwart und durch immer neue Rekorde stetig weiter wächst und so immer mehr Anhänger findet.

Sieh dir beispielsweise mal die Theorien bezüglich RMA in den 90ern an, in welchen dann der Kampf aus der Distanz die primäre Kampfweise aller Einheiten wäre, oder die Planungen der USA zum FCS. Im Prinzip hat man hier bereits sehr vieles was heute zunehmend Realität wird vorweg genommen. Die Tendenz geht daher durchaus in diese Richtung, wie ja auch die praktische Kriegsrealität immer mehr und mehr belegt. Dessen ungeachtet teile ich aber trotzdem deine Kritik an dieser Stelle. Aber das Problem sind hier meiner Ansicht nach nicht primär die technischen Aufklärungsmöglichkeiten, und deren Beschränkungen, sondern wie man überhaupt mit dem Übermaß an Informationen umgeht welches bereits heute vorherrscht. Der menschliche Geist ist bereits jetzt mit der Informationsflut welche die Aufklärungsfähigkeiten bieten so heillos überfordert, dass die konventionellen Strukturen und Vorgehensweisen welche man hier weiter parallel dazu betreiben will nicht mehr funktionieren.

Das ist nicht nur eine Frage der bloßen Datenverarbeitung und Dateninterpretation, und entsprechend auch nicht mit Rechnern, KI usw lösbar - wie das viele erhoffen und sich vorstellen, sondern dass ist inzwischen auch eine Frage der militärischen Kultur, der ideelen Werte in einer Armee, der Doktrin, der Strukturen und der Organisation. Der Kampf aus der Distanz funktioniert, aber er bedarf zunehmend einer komplett anderen Art und Weise und er hakt vor allem auch dort, wo die überkommenen Formen der Streitkräfte nicht mehr den Anforderungen der Kriegsführung entsprechen. Die Aufklärung stellt damit meiner Ansicht nach die bisherigen Konzepte der Kriegsführung in Frage. Nicht weil sie das Schlachtfeld gläsern macht, und man damit alles wüsste, sondern weil man stattdessen von einem Zentrum aus gelähmt in das Kaleidoskop der Informationen starrt und weiter versucht zentralisiert und in konventionellen Hierarchien zu agieren.

Bezüglich Kampfhubschraubern wirft das meiner Meinung nach die Frage auf, wie frei solche Verbände agieren können und sollen, und wie es mit der tatsächlichen realen Gefechtsautonomie in einer vernetzten Kriegsführung aussieht, in welcher die Vernetzung der Einheiten für ein Übersteuern der geführten unteren Ebenen und zu viel Mikromanagement führt.

Zitat:Wenn man dieses Informationsdefizit mit den tatsächlichen Quantitäten kombiniert, insbesondere wenn du hier eine nationale Verteidigungsfähigkeit als Ziel ausgibst, dann steht für mich unzweifelhaft fest, dass wir in einem echten Krieg immer wieder und zunehmend in Situationen geraten werden, in denen es eine “Feuerwehr” braucht.

Selbstverständlich, dass steht außer Frage. Du könntest auch noch viel einfacher von einer hochmobilen, sehr schnellen und sehr kampfstarken Reserve sprechen, dass wäre meiner Meinung nach noch präziser.

Zitat:Und für eine solche gibt es durchaus verschiedene Ansätze, denn die Notwendigkeit eines Kampfhubschraubers ist kein Axiom, es muss aber eine ganzheitliche Ausrichtung dahinter stehen.

Ebenso, sind wir hier absolut einer Meinung. Gerade aber weil der Kampfhubschrauber hierfür eben kein Axiom ist, sollte man ihn viel kritischer hinterfragen.

Keine Alternative sind in meinen Augen auch deshalb schon bewaffnete Transporthubschrauber mit selbstaufklärenden Abstandswaffen, die im Endeffekt nur die gleichen Fähigkeiten aus der Distanz abbilden sollen und eine vermeintlich höhere Flexibilität versprechen.

Da kommen wir nicht zusammen, denn die Flexibilität ist aufgrund der größeren Gesamttransportkapazität und der sonstigen Möglichkeiten dieser Helis meiner Überzeugung nach nun mal sehr viel größer.

Und selbstaufklärende Abstandswaffen, spezifisch also zielsuchende Munition, bieten nun mal faktisch die gleichen Fähigkeiten, insbesondere die Gefechtsautonomie in der Kombination von Aufklärung und Wirkung in einem System und stellen damit den Kampfhubschrauber gerade eben deshalb in Frage. Verbleibt dann nur die Frage der effektiven Gesamtreichweite, und deshalb die Verbringung der zielsuchenden Munition per Transporthubschrauber. Damit würde ich diese nicht einmal unbedingt als bewaffnete Transporthuschrauber bezeichnen und die Frage einer etwaigen zusätzlichen Bewaffnung derselben kann und sollte unabhängig von der Frage des Einsatz zielsuchender Munition auf diese Weise stehen.

Ich schrieb ja auch schon explizit, dass die Transporthelis entsprechend auch Einheiten am Boden absetzen können. Entsprechend können vielfältige Wirkmittel dann auch vom Boden aus eingesetzt werden können, nicht nur vom Helis aus. Das reicht von leichten Panzerjägern mit PALR bis hin zu Minen, und auch die Steuerung der Loitering Munitions und anderer Effektoren muss eben nicht zwingend vom Helis aus erfolgen (wie es bei einem Kampfhubschrauber ja immer der Fall ist), sondern diese Systeme werden optional auch entsprechend vom Boden aus gesteuert.

Das war mal gerade Teil 1, ich hab leider einfach zu wenig Zeit.


RE: Nachfolge Kampfhubschrauber Tiger - Helios - 07.04.2023

(06.04.2023, 21:37)Broensen schrieb: Das hat Helios ja auch schon mal als Option angesprochen. Mich würde da interessieren, wie Ihr Euch den Verbund zwischen einem Tiger-Upgrade/Nachfolger und einem H145M-basierten leichten Aufklärer vorstellen würdet. Das H-Force-Paket wäre ja eher ein Waffenträger / LUH / PAH (light) o.ä., aber kein dezidierter Aufklärer. Welche Aufgaben würden so einem leichten Aufklärer im Verbund zufallen, was müsste er für Eigenschaften und Fähigkeiten mitbringen, die der H-Force noch nicht hat?

Von einem Verbund habe ich bisher nicht gesprochen, tatsächlich sehe ich eher eine Paarung H145M/NH90, und das insbesondere in asymmetrischen Konflikten. In meinen Augen wäre beispielsweise eine Führungs- und Überwachungsversion des NH90 gepaart mit zwei H145M in einem solchen Umfeld sehr durchsetzungsfähig und deutlich sinnvoller als echte Kampfhubschrauber einsetzbar. Die notwendigen Anpassungen würden sich da durchaus auch in Grenzen halten, während sie für einen echten Scout-Hubschrauber größer ausfallen müssten. Der ganze Sinn der Paarung liegt ja darin, durch Trennung von Sensor und Effektor per Verbund multiple Angriffsvektoren auf die Ziele zu ermöglichen und gleichzeitig einen besseren Überblick über das Gefechtsfeld zu erhalten. Das kann man aber auch rein mit Kampfhubschraubern machen, sofern diese entsprechende Sensorik mitbringen, und hätte dann den Vorteil einer viel höheren Flexibilität, ohne dass der gesamte Verbund durch die Einzelleistungen eines schwächeren Typs eingeschränkt werden würde.

In symmetrischen Konflikten wäre ein solcher "leichter Kampfhubschrauber" (je öfter ich den höre, desto schwieriger finde ich den Begriff) eher geeignet im Grenzbereich zwischen einem frontnahen Einsatz und den von Quintus angesprochenen Einsätzen auf größere Distanzen. Hier könnte er beispielsweise als hochmobile Waffenplattform dienen, die ihre Zieldaten von den Frontkräften bekommt und in einem engen Verbund mit Abstandsmitteln Nahunterstützung leistet. Dies wäre natürlich auch in Kombination mit einem Kampfhubschrauber möglich. Hinsichtlich der Aufklärungsfähigkeiten und damit auch der Fähigkeit zum autonomen Waffeneinsatz definiert sich ein solcher Hubschrauber über die eigene Sensorik, aufgrund der Anfälligkeit sprechen wir da dann aber schon eher von Mastsystemen (allenfalls noch von aktiven Dachsensoren).
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(07.04.2023, 09:30)Quintus Fabius schrieb: auch wenn du nun sagst, dass du die Gefährungspotentiale nicht relativierst, meiner Wahrnehmung nach tust du das aber. Du relativierst die Gefährung der Kampfhubschrauber welche dadurch entsteht, dass diese "Näher" an den Feind heran gehen und die dadurch entsteht, dass die Aufklärung auch im Krieg der Zukunft unzureichend sein wird, und der Nebel des Krieges weiter bestehen wird, denn in diesem Punkt sind wir uns ja beide absolut einig. Selbst in einem mit Sensoren vollgemüllten gläsernen Schlachtfeld wird es weiterhin einen Nebel des Krieges geben, dieser wird allenfalls seine Form ändern (ein Übermaß an Informationen in Echtzeit erzeugt auch den gleichen Effekt durch Informationsüberladung, durch Übernutzung der verfügbaren Bandbreiten für den Informationstransporr, durch feindliche Störmaßnahmen usw usw)

Du vermischt die Gefahr durch Einsätze näher am Feind mit der Gefahr durch Einsätze über feindlichem Gebiet, über dem sich die Bedrohungslage kontinuierlich verändert. Und das hängt durchaus mit einem wichtigen Punkt zusammen, den du selbst ansprichst, nämlich den jeweiligen Fähigkeiten zur Luftraumverteidigung. Wenn wir hier von symmetrischen Fähigkeiten ausgehen, dann kann sich in einem mehr oder weniger breiten Streifen eine fliegerische Todeszone entwickeln, in denen keinerlei Operationen im von beiden Seiten kontrollierten Luftraum mehr möglich sind. Das bedeutet aber auch, dass in diesem Gebiet keine Hubschrauberjagd durch die feindlichen Starrflügelkräfte möglich ist, was in meinen Augen prinzipiell eine der Hauptbedrohungen auf einem symmetrischen Gefechtsfeld darstellt. Es fehlen also die Aufklärungs- und Bekämpfungsmöglichkeiten aus der Höhe und damit auch der Distanz, so dass sich das tatsächliche Einsatzrisiko vor allem auf die bodengestützte Kurzstreckenflugabwehr und feindliche Kampfhubschrauber konzentriert, wobei letztere wiederum dem gleichen Bedrohungspotenzial ausgesetzt sind.
Hubschrauber selbst agieren in symmetrischen Szenarien unterhalb dieser kontrollierten Lufträume und sind dadurch in der Lage, durchaus in derartigen Todeszonen zu agieren. Natürlich ist dabei das Risiko umso höher, je näher man am Feind agiert oder wenn man aus welchen Gründen auch immer "über den Feind" gerät, eine Situation, die man durch ein gesteigertes eigenes Situationsbewusstsein verringern aber nie ganz vermeiden kann. Kein Waffensystem ist unverwundbar, und es wird natürlich auch bei den Kampfhubschrauber selbst bei der zu präferierenden defensiven und vorsichtigen Herangehensweise zu Verlusten kommen, noch mehr, wenn situationsabhängig offensivere Taktiken notwendig sind. Ich teile nur nicht deine Ansicht, dass das Gefährdungspotenzial von Kampfhubschrauber so hoch ist, dass es keine Duellfähigkeit mehr gibt oder eine generelle Überlegenheit der bodengestützten Hubschrauberabwehr besteht.
Man kann Cobra und Apache durchaus mit 30 mm abschießen, auch mit (deutlich) kleineren Kalibern. Sie sind aber auch in der Lage, größere Kaliber zu überleben. Extreme spielen letztlich keine Rolle, die Frage ist, welche Systeme kommen zum Einsatz und wie hoch sind das Trefferrisiko sowie die statistischen Trefferfolgen. Und da hat die Realität gezeigt, dass ein gut konstruierter Kampfhubschrauber durchaus recht robust sein kann, wichtiger noch aber sind seine Fähigkeiten, sich den Treffern überhaupt zu entziehen. Und die sind Flugdynamisch und durch Schutzsysteme (auch wenn Hardkill-Systeme, wie hier ausgeführt, wenig sinnvoll sind) durchaus auch in Zukunft noch gegeben.

Zitat:Aufklärung und Bekämpfung möglichst weitgehend autark in einer Plattform zu haben, ist daher durchaus ein Argument für Kampfhubschrauber aus genau diesem Aspekt heraus: der Erhöhung der Geschwindigkeit. Simpkins schrieb nicht umsonst von einem Race to the Swift. Aber ich verschließe mich dieser Logik ja gar nicht: sondern mein Argument ist ein ganz anderes:

Aufklärung und Wirkung können heute zunehmend in den Effektor selbst verbaut werden.

Mit entsprechenden Kosten und Einschränkungen. Und genau diese Kosten und Einschränkungen sind es, die ich hier deutlich höher einschätze. Denn zu der Kombination aus Aufklärung und Wirkung kommt ja auch noch die Distanz, die insbesondere an ersteres nochmals deutlich höhere Ansprüche stellt. Es braucht also erstmal die notwendige technologische Reife dieser Systeme, bis sie in meinen Augen eine wirklich vollumfänglich brauchbare Alternative darstellen. Bis dahin können sie in meinen Augen höchstens als Ergänzung dienen. Vielleicht liege ich damit falsch, gut möglich, dann wird mich die Zukunft korrigieren.

Zitat:Ich will diesen Punkt sogar noch mal steigern, denn meiner Überzeugung nach werden wir schon bei Kriegsbeginn erhebliche Informationsdefizite haben. Diese werden also in meinem Kriegsbild nicht erst mit dem voranschreiten des Krieges entstehen.

Das habe ich explizit so geschrieben, es wird nur im weiteren Verlauf eines Krieges weiter zunehmen.

Zitat:Deshalb ist es hier eigentlich mal eine amüsante Konstellation, dass ich hier eher der Technologie das Wort führe, während du vor ihrer Überschätzung warnst, normalerweise ist das letztgenannte ja eher meine Rolle.

Umso genauer sollten wir unsere eigenen Argumentationen kritisch prüfen. Wink

Zitat:Sieh dir beispielsweise mal die Theorien bezüglich RMA in den 90ern an, in welchen dann der Kampf aus der Distanz die primäre Kampfweise aller Einheiten wäre, oder die Planungen der USA zum FCS. Im Prinzip hat man hier bereits sehr vieles was heute zunehmend Realität wird vorweg genommen. Die Tendenz geht daher durchaus in diese Richtung, wie ja auch die praktische Kriegsrealität immer mehr und mehr belegt.

Letzteres wage ich zu bezweifeln. Sicherlich lassen sich einzelne Aspekte herausgreifen, aber insgesamt erleben wir de facto nur einen Bruchteil der Kriegsrealitäten, die uns in naher und mittlerer Zukunft in symmetrischen Konflikten bevorstehen könnten. Der Ukrainekrieg, der technisch und taktisch fast wie eine Vision eines Spiegeluniversums anmutet, ist dabei das beste Beispiel, selbst wenn es aufgrund der begrenzten Informationen inhaltlich sehr schwer überhaupt als Beispiel taugt.

Zitat:Bezüglich Kampfhubschraubern wirft das meiner Meinung nach die Frage auf, wie frei solche Verbände agieren können und sollen, und wie es mit der tatsächlichen realen Gefechtsautonomie in einer vernetzten Kriegsführung aussieht, in welcher die Vernetzung der Einheiten für ein Übersteuern der geführten unteren Ebenen und zu viel Mikromanagement führt.

Das ist eine berechtigte und wichtige Frage, die Gefechtsautonomie darf natürlich nicht bei irgendwelchen technischen Fähigkeiten enden, sondern muss sich auch in der Führung niederschlagen. Und das, wie du schon sagst, weit über die Kampfhubschrauber hinaus.

Zitat:Selbstverständlich, dass steht außer Frage. Du könntest auch noch viel einfacher von einer hochmobilen, sehr schnellen und sehr kampfstarken Reserve sprechen, dass wäre meiner Meinung nach noch präziser.

Meinetwegen auch so. Smile

Zitat:Und selbstaufklärende Abstandswaffen, spezifisch also zielsuchende Munition, bieten nun mal faktisch die gleichen Fähigkeiten, insbesondere die Gefechtsautonomie in der Kombination von Aufklärung und Wirkung in einem System und stellen damit den Kampfhubschrauber gerade eben deshalb in Frage.

Wie bereits mehrfach gesagt, das sehe ich sehr deutlich anders. Wenn man mit entsprechenden Effektoren die faktisch gleichen Fähigkeiten abbilden wollte, würden daraus hochkomplexe Systeme werden, deren Kosten in meinen Augen nicht mehr gerechtfertigt wären. Man beschränkt sich also darauf, einen vermeintlichen wesentlichen Teil der Fähigkeiten abzubilden, und genau da liegt für mich der Schwachpunkt. Derartige Waffen haben ihre Zukunft, definitiv, aber sie werden in ihrer Bedeutung aktuell deutlich überhöht. Das verwundert natürlich nicht, denn was sie versprechen ist natürlich sowohl in politischer wie industrieller Sicht verlockend. Auch deshalb bin ich skeptisch.

Zitat:Ich schrieb ja auch schon explizit, dass die Transporthelis entsprechend auch Einheiten am Boden absetzen können...............

Das war der zweite Teil der schon in den siebziger Jahren für eine Panzerabwehr quantitativ überlegener Kräfte aufgestellten Einheiten, in meinen Augen ist dieser Ansatz auch heute noch zielführend.