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- fieserfettsack - 12.07.2006

Was sollen eigentlich diese ständigen Nazi-Vergleiche von Kaczynski & Co?

Ich kann mir keinen Reim daraus machen. Die poltern ohne Sinn und Verstand los... die haben wohl zu viele Reden des iranischen Präsidenten verfolgt.


- ThomasWach - 12.07.2006

Zitat:Bzw. wenn die Sache mit dem "Hitler-Stalin-Pakt" so nicht gesagt worden ist, frage ich mich dennoch, wieso überhaupt so ein zweideutiger Vgl. von wegen einer "Neuauflage" von irgendwas angestellt wird? Ist es gezielte Provokation? Oder einfach nur Frust über die Pipeline, bzw. den Vertrag? Reicht das existierende Vokabular nicht aus, um eine normale - evtl. auch treffende und wütende - Aussage zu gestalten? Muss immer der zweideutige Vgl. mit einer dunklen Episode der deutschen Geschichte aus der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts hergestellt werden, wenn man irgendwas in diesen polnischen Politikerkreisen (wohlgemerkt: Nicht in allen!) an Deutschland kritisieren will?
Wozu all diese sinnfreien rhetorischen Fragen? Wer sich mit Geschichte, ein bißchen Länderhintergründen und der Lage in Polen auskennt, sollte solche Fragen eigentlich nicht stellen. Vorallem, ob denn sowas sein muss? Geht es denn wirklich immer in allem, hochideale Standards ansetzen zu können, die dann letztlich mit der Realität nichts mehr zu tun haben? Diese Extraportion Moralin, wie in deinem letzten Post, in dem du wohl in völliger Realitätsvergessenheit Polen zum Buhmann Europas machen wolltest, muss wohl auch nicht wirklich sein, vergißt man doch da letztlich die Realitäten in ganz Europa.
Ich und Demon haben da sicher nicht vollkommen objektive Meinungen dazu, aber ich denke auch, dass vieles an Kritik sehr einseitig ist und mit absoluten verzerrten Standards und Doppelmoral vieles gewertet wird, gerade hier in Deutschland. Gerade bei dem vorletzten Post von Schneemann liegt so viel Moralin drin, das sich einzig und allein nur an Polen adressiert, in völliger überzogener Alleinaddressierung. Lieber sich mal mit den Hintergründen beschäftigen, als hier idealistische Reden schwingen, das fände ich gut.
Mit solcher Rumrhetorisererei ist man letztlich genauso polemisch wie die Herren in Polen, die man kritisieren will.

Radikale rechte Parteien haben in Frankreich mit le Pen große Erfolge gefeiert, waren in Italien unter Berlusconi mit an der Regierung beteiligt (Liga Nord und die ehemaligen Faschisten), sie sind in Dänemark in populistisch-konservativer Version mit an der Regierung und auch in den Niederlanden, zumindest bis Balkenende zurücktrat. Rechtspopulistische Parteien haben fast überall in Europa ihre Bedeutung, nicht zu vergessen Österreich. Da ist Polen absolut keine Ausnahme.
Und dann, das mögen auch manche vergessen: Polen ist und bleibt ein Transformationsland. Und dann eben nicht nur ein kleines, mit geringem Aufwand zu sanierendes Land wie Slowenien oder ein mittelkleines Land wie Tschechien, Länder mit knapp 2 Millionen bzw. 10. Millionen Einwohnern. Hier geht es um knapp 40 Millionen Einwohner und je größer ein Land, desto größer seine Komplexität, seine Probleme usw. Das hat auch seine Folgen für das politische System, das eben gerade in Sachen Parteien nicht immer stabil ist und wie andere Länder Ostmitteleuropas Fluktuationen unterliegt. Gesellschaftlicher Wandel, Umbrüche im Leben und in den Gewohnheiten usw. bedeuten Unsicherheit und bedeuten mehr Dynamik, aber auch Wechsel.
Da kommen eben auch mal wieder konservative und populistische Parteien an die Macht. Sowas passiert sogar auch in Dänemark oder Österreich. Mehr als geheuchelte und übersteigerte Momentanpanik ist das für mich nicht und da es eben um Polen geht, wird in Deutschland erst recht gerne zugeschlagen.
Das heißt nicht, dass das alles gut ist, was in Polen passiert. Man kann solche leute durchaus kritsieren und ich versuche mich von Zeit zu Zeit an der Gazeta Wyborcza. Auch da wird die neue Regierung sicher nicht gehuldigt. Aber diese Regierung ist nicht Polen als ganzes und hinter dieser Regierung stecken auch strukturelle Gründe, ebenso wie beipielsweise hinter einer rechtspopulistischen dänischen Volkspartei unter Pia Foregard (ich hoffe, ich hab die Namen der Partei und ihrer parteichefin jetzt richtig aus dem Gedächtnis erinnert).
Aber mit einem - für mich persönlich - einfach nur arrogant selbstgerechten moralischen Zeigefinger zu kommen, halte ich persönlich - jetzt nur als User und in meiner Herkunft als Halbpole, als meine absolut persönlichen Meinung - für dumm und anmaßend. Das ist nicht konstruktiv, das vertieft bestenfalls deutsch-polnische Gräben, denn hier wird nur mit hochgereckter Nase bewertet, nicht erklärt und hinterfragt und beschrieben, was dahinter steckt.

Das zeigt eben nur, wie wenig Leute über Europa und seine Länder wissen und das wir eben letztlich doch in unserer Vielfältigkeit doch sehr stark variieren in Europa...
Wie sagte schon Luhmann:
Die Einheit liegt in der Differenz...


Zitat:Was sollen eigentlich diese ständigen Nazi-Vergleiche von Kaczynski & Co?

Ich kann mir keinen Reim daraus machen. Die poltern ohne Sinn und Verstand los... die haben wohl zu viele Reden des iranischen Präsidenten verfolgt.
Mhm. Schau dir die polnische Geschichte an, schau dir die momentane Teilung des Landes an in polen A udn Polen B und vielleicht wird dir dann einiges etwas klarer. Für dich (West??)-Deutschen, der wenig weiß über Polen und Land und Leute und Verhältnisse, mag das ohne Verstand sein, für andere mag dies in bestimmte Kontexte passen.
Es geht immerhin um ein Land, in dem jeder 5. Bürger (egal ob nun christlichen oder jüdischen Glaubens) während des 2. Weltkrieges ums Leben kam, solche Verlsute in Prozent hat kein anderes land verkraften müssen und nach dieser pein folgte zur Belohnung noch 45 Jahre sowjetische Herrschaft...
Mehr dazu will ich erstmal nicht sagen.


- Schneemann - 13.07.2006

Zitat:Mhm. Schau dir die polnische Geschichte an, schau dir die momentane Teilung des Landes an in polen A udn Polen B und vielleicht wird dir dann einiges etwas klarer. Für dich (West??)-Deutschen, der wenig weiß über Polen und Land und Leute und Verhältnisse, mag das ohne Verstand sein, für andere mag dies in bestimmte Kontexte passen.
Es geht immerhin um ein Land, in dem jeder 5. Bürger (egal ob nun christlichen oder jüdischen Glaubens) während des 2. Weltkrieges ums Leben kam, solche Verlsute in Prozent hat kein anderes land verkraften müssen und nach dieser pein folgte zur Belohnung noch 45 Jahre sowjetische Herrschaft...
Mehr dazu will ich erstmal nicht sagen.
Nunja,

ich bin zwar kein Experte für polnische Geschichte, aber kenne mich durchaus ein wenig aus (Warschauer Aufstand durch die AK 1944, Polenfeldzug 1939), auch was Beweggründe und die Nachkriegszeit angeht. Und ich kenne auch Details der deutschen Besatzungspolitik und der Opfer in Polen. Aber: Gerade diese schlimmen Erfahrungen sollten einen doch davon abhalten, zweideutige und deplatzierte Vgl. zu ziehen. Denn gerade dadurch, dass man z. B. "taz" und "Stürmer" vergleicht oder Erinnerungen an den "Hitler-Stalin-Pakt" in Bezug auf die Ostsee-Pipeline aufkocht, relativiert man die Schrecken des Zweiten Weltkrieges. Weil: Schnell sind manche verleitet zu sagen, dass die Pipeline zwar ärgerlich ist, aber zugleich der "Hitler-Stalin-Pakt" ja eigentlich nicht so schlimm und verhängnisvoll für Polen gewesen sein kann, wenn selbst polnische Politiker eine eher harmlose Pipeline mit ihm vergleichen. Manche könnten sagen: Auch ist der "Stürmer" wohl vielleicht ein relativ harmloses Blatt gewesen, dass zwar polemisch war, aber wohl eher unwichtig und lästig war, wenn man selbst in Polen, dass neben Weißrussland wohl am heftigsten unter der NS-Herrschaft zu leiden gehabt hat, die "taz" mit diesem Blatt vergleicht.

Kurz: Irgendwelche Vergleiche dieser Art sind unpassend, geschichtlich falsch, unverantwortlich und schaden Polen selbst. Warum? Weil man schnell verleitet sein könnte, die Verbrechen an Polen im Zweiten Weltkrieg zu verharmlosen à la "Klar, war schon schlimm, aber so schlimm war's wohl nicht, wenn man selbst in Polen jeden noch so harmlosen Käse im Ausland mit Ereignissen während des Zweiten Weltkrieges vergleicht!" Und das dürfte dann wohl in Polen auf argen - und verständlichen - Widerspruch stoßen und man wäre zutiefst empört.

Zitat:Radikale rechte Parteien haben in Frankreich mit le Pen große Erfolge gefeiert, waren in Italien unter Berlusconi mit an der Regierung beteiligt (Liga Nord und die ehemaligen Faschisten), sie sind in Dänemark in populistisch-konservativer Version mit an der Regierung und auch in den Niederlanden, zumindest bis Balkenende zurücktrat. Rechtspopulistische Parteien haben fast überall in Europa ihre Bedeutung, nicht zu vergessen Österreich. Da ist Polen absolut keine Ausnahme.
Das ist mir bekannt. Aber ich mag Vergleiche in der "Schiene", dass andere europäische Länder ja auch rechte Parteien haben, nicht sonderlich. Sie sind unpassend und gehen in die "Wenn alle in den Fluß hüpfen, dürfen wir ja auch reinhüpfen!"-Richtung. Kurz: Wenn alle das so falsch machen, machen wir das bitte auch falsch. Und zumindest stellen in den genannten europäischen Ländern die Rechtspopulisten nicht gleich (beide) Regierungschefs, wenn, dann sind es Regierungsbeteiligungen.

Und: Ich finde, dass man z. B. auch hier in Deutschland froh sein sollte, dass wir hier - trotz lahmender Wirtschaft, vielen Arbeitslosen und einer verstärkten Parteienpolarisierung - keine extremen Rechten im Bundestag sitzen haben. Das ist doch auch was wert. Und das haben diverse französische Medien auch hervorgehoben (u. a. hat sich Alfred Grosser in diese Richtung auch geäußert). Insofern finde ich solche Vgl. in Polen auch etwas deplatziert und kritisiere sie.

Schneemann.


- Demon Wojny - 14.07.2006

Ich habe eien Link zu dem "satirischen" Artikel.
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.taz.de/pt/2006/06/26/a0248.1/text">http://www.taz.de/pt/2006/06/26/a0248.1/text</a><!-- m -->

Ich erlaube mir ein paar "satirische" Elemente herauszunehmen und hier zu posten.

Zitat:Man wusste zwar, dass Kaczynski sich brüstete, jahrzehntelang keinem deutschen Politiker auch nur den nackten Fingernagel gereicht zu haben. Oft genug hatte der ranghöchste Pole ausposaunt, er kenne von Deutschland nicht mehr als den Spucknapf in der Herrentoilette des Frankfurter Flughafens
Totaler Quatsch, naja und maßlos übertrieben, abar naja soll ja ausch so sein schätze ich mal.

Zitat:Es war bekannt, dass der 1949 geborene Kaczynski jene schwere Generation vertritt, die bereits vor ihrer Geburt von Deutschland gebissen worden war.
Also wenn ein Pole so eine Umschreibung über den Überfall Deutschlands auf Polen hört, bei dem 6 Millionen Menschen starben, da platz mir genauso der Kragen.


Zitat:die deutsche Vertilgung der polnischen Hauptstadt im Zweiten Weltkrieg
-kein Kommentar-


Zitat:Viele Polen haben ein in Jahrhunderten angeschwollenes Misstrauen gegen alles, was nicht Polen ist
Gerade das ist etwas gegenüber einem Land, jenes nicht-polnischen Könige regierten und in dem unzählige Kulturen die über Jahrhunderte in Fireden lebten, ein Zustand den man in Euorpa nirgens sonst fand, einfach nur eine Beleidigung.


Zitat:Russland hatte Polen schließlich den Daumen des Kommunismus in den After gedrückt-
Zitat:Lech, der bei seinem Studium von Recht und Gesetz irgendwas übersehen haben musste, wurde zwar 1981 verhaftet und saß ein Jahr bei verdünntem Wasser und mit Reißnägeln gebackenem Brot.
Erwekt den Eindruck das Lech wegen Autodiebstahls oder ähnlichem saß und nicht als politischer Häftling.


Zitat:mehr noch Jaroslaw, der mit der eigenen Mutter zusammenlebt - aber wenigstens ohne Trauschein
Ja, sehr satirisch.


Also es gibt eine Grenze zwischen Satire und Hohn und Spott. Dieser Artikel hat diese Grenze nciht nur einmal überschritten.
Aber es geht auch nciht nur um diesen Artikel, es geht um die gesammte öffentliche Meinung in Deutschland über Polen.
Dazu gehören die Polenwitze, eingeleitet durch Harrald Schmidt Mitte der 90 und von fast jedem Komiker oftmals kopiert bzw. einfach nacherzählt. Dazu gehört die Komikerunde bei Ingolf Lücks "Nachgetreten" die es nachdem Polen-Ecuador Spiel nicht schaffte etwas anderes über Polen zu sagen als die alten zum 100 mal aufgelegte Polenwitze, also sowas gibt es im polnischen öffentlich rechtlcihen Fernsehen nicht, das auf übelse Weise über den Nachbarn hergezogen wird unter dem Deckmantel "Ist doch nur Spaß". Zu Gast bei Freunden sag ich nur.... Es ist aber auch nicht lustig wenn die Bild-Zeitung die 100 besten Polenwitze zum 101 mal auspackt un dem breiten Deutschen Publikum präsentiert.

In Deutschland wird praktisch non-stop über Polen hergezogen, aus allen Teilen der Öffentlischen Medien, das ZDF neuerdings auch wie oben schon erwähnt.

Jezt wundern sich die Detuschen, dass in Polen die Staatsführung sagt: "Leute so geht das aber nicht". Anstatt sich selbst mal zu kritisieren und zu fragen womit diese Reaktion ausgelöst wurde, wird einfach noch einer oben draufgesetz und mit "Meinungsfreiheit" argumentiert. In diesem Falle wird der deutschen Öffentlichkeit aber eine Meinung gemacht, vom störrischen, dummen, klauenden und neuerdings noch undankabren Polen.

Wennd die Polen aber ihre Meinung sagen zum Pipeline-Projekt, oder zum Zentrum der Vertriebeen oder zur preußischen Treuhand, dann fühlt man sich plötzlich brüskiert. So so, also Meinungsfreihet nur für den der reicher und wichtiger ist?


- Tiger - 14.07.2006

@Thomas Wach

Zitat:Rechtspopulistische Parteien haben fast überall in Europa ihre Bedeutung, nicht zu vergessen Österreich. Da ist Polen absolut keine Ausnahme.
Und dann, das mögen auch manche vergessen: Polen ist und bleibt ein Transformationsland. Und dann eben nicht nur ein kleines, mit geringem Aufwand zu sanierendes Land wie Slowenien oder ein mittelkleines Land wie Tschechien, Länder mit knapp 2 Millionen bzw. 10. Millionen Einwohnern. Hier geht es um knapp 40 Millionen Einwohner und je größer ein Land, desto größer seine Komplexität, seine Probleme usw. Das hat auch seine Folgen für das politische System, das eben gerade in Sachen Parteien nicht immer stabil ist und wie andere Länder Ostmitteleuropas Fluktuationen unterliegt. Gesellschaftlicher Wandel, Umbrüche im Leben und in den Gewohnheiten usw. bedeuten Unsicherheit und bedeuten mehr Dynamik, aber auch Wechsel.
Da kommen eben auch mal wieder konservative und populistische Parteien an die Macht.
So hätte man vor 1933 auch den Aufstieg der NSDAP in Deutschland beschönigen können... :misstrauisch:

Zitat:Mhm. Schau dir die polnische Geschichte an,
Ich sehe bei der polnischen Geschichte im 20.Jahrhundert auch die Besetzung von Wilna, und nicht nur die Opfer, welche Polen im 2.Weltkrieg erleiden musste.
Es ist immer einfach, sich mit der Opferrolle zu identifizieren.


- hoywoy71 - 14.07.2006

Zitat:Wennd die Polen aber ihre Meinung sagen zum Pipeline-Projekt, oder zum Zentrum der Vertriebeen oder zur preußischen Treuhand, dann fühlt man sich plötzlich brüskiert. So so, also Meinungsfreihet nur für den der reicher und wichtiger ist?
Wenn die Polen ihre Meinung dazu sagen, ist da auch legitim und in Ordnung.
Wenn sie aber uns diese Dinge verbieten wollen, dann nicht. Das es dann zu Verstimmungen kommt, sollte nicht wirklich verwundern. Obwohl das bei uns keinen wirklich interessiert.
Das der Artikel der TAZ nicht wirklich doll ist, ist klar. Aber so etwas wie Pressefreiheit sollten die Polen inzwischen auch gelernt haben. Über uns Deutsche wird ständig im Ausland rumgelästert, siehe bei den Britten, aber deswegen fordert noch lange keiner irgendwelche Entschuldigungen. Hat eh keinen Sinn.
So etwas wie Coolness, sollte jeder Politiker beherrschen, ansonsten hat er auf diesem Posten nichts zu suchen.


- Demon Wojny - 14.07.2006

In Polen gibt es Pressefreiheit die mindestens genauso weit reciht wie die in Deutschland. Also ich laß seit Monaten bzw. noch nie etwas Positives über die Regierung in der polnsichen Presse. Dort wird die PIS/S/LPR dermaßen fertig gemacht und oft noch auf polemische Weise, das könnte man hier wenn überhaupt nur mit der Bild vergleichen.
Jetzt heisst es aber in Polen gäbe es keine Pressefreiheit durch so einen Blödsinn.
Genau das ist was ich meine, wenn solche Artikel herauskommen die gefüllt sind mit purer S*******

In Deutschland wird über Isreal oder israelische/jüdische Politker aber nicht ein solcher Artikel verfasst, nicht wahr, geschweige denn selten kritisches geschrieben obwohl mehr als genug und berechtigte Gründe dafür zu finden wären, so viel zur Pressefreiheit.
Also erstmal sich selbst angucken, bevor z.B. Thierse flammende Reden im Bundestag hält und die achso dolle deutsche Pressefreiheit verteidigt.


@ Tiger
Zitat:So hätte man vor 1933 auch den Aufstieg der NSDAP in Deutschland beschönigen können.
Nicht gerade passender bzw. trefflicher Bezug den Du da hergestellt hast, oder?
Die NSDAP mit der LPR oder irgendeiner rechten Partei in Europa indirekt zu vergleichen ist ziemlich daneben.


- ThomasWach - 14.07.2006

Zitat:So hätte man vor 1933 auch den Aufstieg der NSDAP in Deutschland beschönigen können...
Tja, sicher könnte man das. Nur dann müßte man null Ahnung von Geschichte, null Ahnung vom heutigen Polen haben und ein ideologischer Hohlkopf sein, dem seine politische Meinung allzu sehr die Weltwahrnehmung verstellt.

Ich hoffe, dass das deutlich war und solch ein relativierender Vergleich bestenfalls ein schnippischer Seitenverweis sein könnte, aber kein ernsthaftes Argument.

Ich halte es für relativ bodenlos, das damalige Deutschland mit dem heutigen Polen zu vergleichen. Allein schon der Umstand, dass die heutigen Polen wohl kaum derartige obrikeitshörige Untertanen sind wie die Deutschen damals. Erst als einziges Land wirklich dauerhaft und permanent gegen den Kommunismus gekämpft um nun nationalsozialistisch zu werden.. nee, ich erspar mir weitere Kommentare :wall:

Zitat:Ich sehe bei der polnischen Geschichte im 20.Jahrhundert auch die Besetzung von Wilna, und nicht nur die Opfer, welche Polen im 2.Weltkrieg erleiden musste.
Es ist immer einfach, sich mit der Opferrolle zu identifizieren.
Aber es ist noch einfacher, andere darin zu denunzieren.
Aber auch hier in Sachen Geschichtswissen: Setzen 6.
Was war denn Wilna nach dem Ersten Weltkrieg? Polnisch? Russisch? Litauisch? Du reduzierst hier historische Komplexität derart mit einem pauschalen, oberflächlichen Behandeln der Materie: Wilna hatte mehrheitlich eine polnische udn jüdische Bevölkerung in der Stadt, das Umfeld war litauisch geprägt. Bis ins Ende des 19. Jahrhunderts gab es keine unabhängige lituaische Unabhängigkeitsbewegung. Noch der Aufstand von 1863 wurde sowohl in den polnischen kerngebieten, als auch in heute zu Litauen gehörenden Gebieten geführt. Also, die Statusfrage Wilnas war, ähnlich wie die Grenzen in Belarus und der Ukraine sehr umstritten und auch dahingehnd problematisch, dass das alte Polen ein Vielvölkerstaat war, ein inklusives Nationskonzept zugrunde lag (nationis Polonibus, gentes Ruthenes ), das sich aber spätestens seit 1880/1900 geändert hatte usw.
Es ist sicher leicht den polnischen patriotismus damit zu denunzieren und er mag sicher auch sehr arrogant und stolz gewesen sein, aber man sollte die komplizierten historischen Hintergründe nicht derart verschleiner. Das verzerrt allzu sehr.

Mehr heute nicht zum Thema Polen von mir.


- hoywoy71 - 14.07.2006

Zitat:Jetzt heisst es aber in Polen gäbe es keine Pressefreiheit durch so einen Blödsinn.
Hallo Demon,

ich habe nie behauptet, das es in Polen keine Pressefreieheit gibt. Es war der Versuch zu erklären das euer Ministerpräsident damit ein Problem hat. Ok, war vielleicht nicht so gelungen von mir.
Was ich klar machen möchte ist, das wir Deutschen über Jahrzehnte beschimpft wurden, ich leider auch mehrmals im Ausland aber nie in Polen, das wir aber zumindest zum Teil gelernt haben nicht alles gleich auf die Goldwaage zu legen was geredet wird.
Nochmal, wenn ich Politiker bin, muß ich damit rechnen von den Medien, egal von wem, durch den Kakao gezogen zu werden. Das es auch nicht wirklich "normal" ist in dem Alter noch bei seiner Mutti zu leben gibt da nur eine weitere Angriffsfläche für diverse Medien.


- Tiger - 15.07.2006

@Thomas Wach

Zitat:Ich hoffe, dass das deutlich war und solch ein relativierender Vergleich bestenfalls ein schnippischer Seitenverweis sein könnte, aber kein ernsthaftes Argument.
Ist dir das lange Zitat vor meiner Äusserung aufgefallen? Es ging mir lediglich darum, deine Argumentation zu kritisieren.

Zitat:Was war denn Wilna nach dem Ersten Weltkrieg? Polnisch? Russisch? Litauisch?
Es war litauisches Staatsgebiet, Vilnius/Wilna selbst Hauptstadt des Staates Litauen.
Im Herbst 1920 wurde dann Vilnius/Wilna und Umgebung von polnischen Truppen besetzt und von Polen annektiert.
<!-- m --><a class="postlink" href="http://neris.mii.lt/towns/vilnius/vilnius.html">http://neris.mii.lt/towns/vilnius/vilnius.html</a><!-- m -->
<!-- m --><a class="postlink" href="http://www.world66.com/europe/lithuania/vilnius/history">http://www.world66.com/europe/lithuania/vilnius/history</a><!-- m -->
Polen selbst hatte übrigens die Zugehörigkeit von Vilnius/Wilna zu Litauen noch am 07.Oktober 1920 anerkannt, aber zwei Tage später wurden Vilnius/Wilna und benachbarte Gebiete von polnischen Truppen unter General Zeligowski besetzt und ein Coup in der Stadt inszeniert. Bis zum 24.März 1922 gehörte sie zu einem Staat namens Zentral-Litauen, bei dem es sich lediglich um einen polnischen Klientelstaat handelte, danach wurde das Staatsgebiet von Zentral-Litauen und mit ihm Vilnius/Wilna von Polen annektiert.
<!-- m --><a class="postlink" href="http://en.wikipedia.org/wiki/Vilnius">http://en.wikipedia.org/wiki/Vilnius</a><!-- m -->
<!-- m --><a class="postlink" href="http://en.wikipedia.org/wiki/Central_Lithuania">http://en.wikipedia.org/wiki/Central_Lithuania</a><!-- m -->

Zitat:Du reduzierst hier historische Komplexität derart mit einem pauschalen, oberflächlichen Behandeln der Materie: Wilna hatte mehrheitlich eine polnische udn jüdische Bevölkerung in der Stadt, das Umfeld war litauisch geprägt.
Vilnius/Wilna war eine litauische Stadtgründung, es wird erstmals 1323 als Hauptstadt der Litauer erwähnt und wohl vom litauischen Grossfürsten Gediminas gegründet, auch wenn Ausgrabungen auf eine Besiedlung des Ortes schon ab dem 11.Jahrhundert verweisen.
Einen Anspruch Polens auf Vilnius/Wilna aufgrund der Sprachverteilung herzuleiten ist etwas gewagt, auf die Art könnte man auch einen deutschen Anspruch auf Mallorca oder chinesische Ansprüche auf Singapur herleiten.

Zitat:Bis ins Ende des 19. Jahrhunderts gab es keine unabhängige lituaische Unabhängigkeitsbewegung.
Dies erklärt sich durch die Politik der völligen Russifizierung, die vom Zarenreich gegenüber Litauern und Polen verfolgt wurde. So war der Druck litauischer Texte in lateinischer Schrift verboten, und alle litauischen Grundschulen mussten schliessen.


- Schneemann - 16.07.2006

Demon Wojny schrieb:
Zitat:In Polen gibt es Pressefreiheit die mindestens genauso weit reciht wie die in Deutschland.
"Reporter ohne Grenzen" sagt in seinem "Media Freedom Index 2005" so ziemlich was anderes: Deutschland landet da auf Platz 18 (eine Verschlechterung um 7 Punkte im Vgl. zu 2004, wo es Platz 11 war) - immer noch mies genug - , Polen hingegen auf Platz 53 (immerhin ein Absturz um 21 Punkte, was recht hart ist; 2004 war es Platz 32). Allerdings muss man einräumen, dass die Bewertungen von "Reporter ohne Grenzen" auch nicht immer frei von Fehlern sind, bzw. es an dieser Skala auch Kritik gibt.

@Topic ("Polenwitze" & deutsche Vorurteile)

Was man allerdings auch sagen sollte, ist, dass in Deutschland, und da muss ich Demon Wojny auch ein wenig zustimmen, schon teils arg über Polen, bzw. die polnische Bevölkerung, gelästert wird (s. "Polenwitze"). Das ist sicher nicht fein und ich muss auch sagen, dass ich häufiger (auch in meinem Freundeskreis) Vorurteile höre, die in die Richtung "Sind ja alles Autodiebe oder Hools!" gehen (hierzu kann man z. B. sagen, dass unsere Presse hier teils arg und übertrieben vor den polnischen Hooligans gewarnt hat - quasi wurde fast schon Angst verbreitet - , aber die einzigen Krawallheinis, die auffielen, waren bei der WM i. d. R. Engländer und einige Deutsche; polnische Fans hingegen blieben weitgehend friedlich und ruhig [zumindest wäre mir kein Zwischenfall bekannt]). Da könnte man insofern, was das Verständnis des Nachbarn angeht, auch von deutscher Seite mal etwas objektiver und auch höflicher sein.

@Topic (Historischer Kontext)

Nunja, irgendwelche schlimmen Ereignisse der Vergangenheit aufzurechnen ist mühsam und nervig. Tatsache ist eben, dass Polen im Zweiten Weltkrieg von allen besetzten Ländern mit am schlimmsten unter der deutschen Besatzung zu leiden gehabt hat. Punkt.

Abgesehen davon kann (und sollte) man aber auch gerne sagen (dürfen), dass die polnische Außenpolitik nach Ende des Ersten Weltkrieges nicht gerade eine friedliche Außenpolitik verfolgte, insofern sich auch nicht gerade vorbildlich verhalten. Aber: Das war kein typisch polnisches Phänomen, sondern es war eine (fast) allgemein um sich greifende Entwicklung. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges kann man in weiten Teilen von Europa eine Tendenz von der Demokratie und den alten, und teils gestürzten, Monarchien hin zur aggressiven, nationalistischen und oft ideologisch geprägten Militärdiktatur erkennen. Bsp. wären Italien 1922 (Mussolinis "Marsch auf Rom"), Bulgarien 1923, Spanien 1923 (Primo de Rivera), Litauen 1926, Portugal 1926 (ab 1932 Salazar), Polen 1926 (Staatsstreich Pilsudskis), Jugoslawien 1929, Rumänien 1930, Deutschland 1933 (Hitler), Österreich 1933, Griechenland 1936 (General Metaxas), Spanien 1936 (Franco). Insofern kann man, wenn man das Argument hernimmt, "dass die anderen ja auch nicht so friedlich waren", es sicher nicht alleine an Polen festmachen und und dann dies als Argument nehmen.

Aber zu aggressiven Außenpolitik von Polen (und nochmals: Das war/ist kein spezifisch polnisches Verhalten gewesen, es war damals ein "allgemeiner Trend"): Zu nennen wären hier:

1918: Ostgalizien (speziell: Lemberg),
1919: Gewinn Westpreußens (Versailles),
1920: Russ.-polnischer Krieg, polnischer Angriff (Kiew),
1920: Besetzung Wilnas (General Zaligowksi),
1921: Oberschlesisches Industrierevier annektiert (gg. Votum),
1932/33: Grenzstreitigkeiten mit Deutschland,
1938: Ultimatum an Litauen (Anerkennung der Wilnagrenze),
1938: Besetzung des Olsagebietes nach dem Münchner Abkommen.

Abgesehen davon:

1922 bis 1926: Innere Kämpfe; gipfeln im Putsch Pilsudskis,
1930: Terror der Diktatur zur Sicherung der Sejm-Mehrheit,
1935: Neue autoritäre Verfassung ("gelenkte Demokratie"),
1935: Tod Pilsudskis, Schwächung des "Obristenregimes".
1935: Gen. Rydz-Smigli übernimmt Staatsführung.

Man sieht also, dass man ein innerlich erheblich zerrissenes Land vor sich hat, das weitgehend diktatorisch regiert wird und welches durchaus eine aggressive Außenpolitik betreibt.

Schneemann.


- ThomasWach - 10.08.2006

Zitat:Selbstbewusste Heimatlosigkeit Polens
Irritationen und Missverständnisse um die Todesstrafe-Debatte

Zwischen Polen und den übrigen EU- Ländern herrscht seit der Machtübernahme der Nationalkonservativen ein gespanntes Verhältnis. Europa neigt zur Überreaktion, Polen, das sich unter den Brüdern Kaczynski stark isoliert hat, zu grollender Empfindlichkeit. Jüngstes Beispiel für diesen mühevollen Dialog ist der Streit um die Todesstrafe.
...
Quelle:
<!-- m --><a class="postlink" href="http://nzz.com/2006/08/10/al/articleED8JK.html">http://nzz.com/2006/08/10/al/articleED8JK.html</a><!-- m -->


- Schneemann - 10.08.2006

Kommt mir bekannt vor. Ein Bekannter von mir studiert Politik und war vor einiger Zeit im Rahmen eines EU-Studentenaustausches mit Studenten aus Frankreich, Luxemburg, Tschechien, Spanien und Polen für zwei Wochen auf Sardinien. Dabei kam am Rande auch die Diskussion über die Todesstrafe auf. Zu seiner Überraschung haben von elf polnischen Studenten zehn dafür plädiert...

Schneemann.


- Turin - 10.08.2006

Wie im Artikel schon angeklungen ist dies keine polnische Besonderheit. Man muss nur mal Meinungsumfragen in Deutschland oder anderswo durchführen. Die ablehnende Haltung zur Todesstrafe ist, wie die NZZ m.E. korrekt sagt, vor allem eine Meinung der politischen und intellektuellen Eliten. Ich erinner nur an die Folter-Diskussion vor nicht allzu langer Zeit.


- Schneemann - 10.08.2006

Laut dem Innovationsreport der EU 2005 sieht das anders aus. Eine Umfrage unter 10.000 Menschen in zehn europäischen Staaten (darunter Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Polen, Spanien und Italien) ergab, dass die Mehrheit aller Befragten (61 Prozent) die Todesstrafe ablehnt; in Deutschland waren es übrigens 60 Prozent, die dagegen waren. Hingegen stimmten in Polen 58 Prozent dafür (bei besonders schweren Straftaten sogar 77 Prozent).

Auch bei anderen Dingen sieht man es in Polen sehr rigide. Sind in anderen katholischen Ländern, z. B. Spanien oder Frankreich, bis zu 75 Prozent der Befragten der Meinung, dass Abtreibung erlaubt sein sollte, sind es in Polen nur 32 Prozent.

Allerdings "zeichnen" sich die Deutschen auch nicht unbedingt durch Toleranz aus; sie sind am skeptischsten gegenüber Immigranten. Während europaweit 54 Prozent der Befragten keine weiteren Einwanderer haben wollen, sind es in Deutschland 69 Prozent.

Da ich nicht gerade ein Fachmann für die polnische Geschichte oder Gesellschaft bin, kann ich keine richtig schlüßige Begründung für die polnische Haltung zur Todesstrafe abgeben. Mir fällt nichts ein. Nach den Ereignissen im Zweiten Weltkrieg und der Besetzung durch Nazi-Deutschland und der kommunistischen Diktatur bis Ende der 80er Jahre, sollten eigentlich 105 Prozent der Polen gegen die Todesstrafe sein. Ich sage es ganz ehrlich: Diese Haltung verwirrt mich...

Schneemann.