Rolle von UAV in der Seekriegsführung
#1
(29.07.2024, 19:37)Ottone schrieb: Ich glaube, dass die Zukunft der fähigen Flugdrohnen auf See bei den Starrflüglern zu suchen ist.
Ich möchte das hier nochmal aufgreifen:

Was seht ihr für perspektivische Potentiale hinsichtlich des Einsatzes von UAV speziell in der Seekriegsführung?

Kleinstdrohnen dürften wohl vor allem als asymmetrische Bedrohung in der Abwehr ein Thema sein. Darüber gibt es dann bisher die kleinen Drehflügler wie Skeldar, VSR700, MQ-8 u.a., die in der Nahbereichsaufklärung eingesetzt werden, Relaisfunktionen für USVs übernehmen sollen etc. Soweit klar.

Größere Starrflügler, sei es nun Land- oder Schiffs-gestartet, sind in der Marinefliegerei noch nicht so weit verbreitet. Und wenn, dann sind sie eher als seegestütztes Landkriegsmittel anzusehen oder dienen lediglich der Küstenüberwachung.

Aber welche Möglichkeiten bieten sie mit Blick auf AS(u)W, also in der reinen Seekriegsführung über den Nahbereich hinaus? Wie konkret könnte bspw. HeronTP oder EuroMALE RPAS Aufgaben eines MPAs in der Ostsee übernehmen, die über rein optische Aufklärung hinaus gehen? Was können Drohnen dieser Dimension an ASW-Sensorik tragen? Schleppsonar dürfte eher schwierig werden. Wäre z.B. ein MAD denkbar und sinnvoll? Radar? ECR/EloKa/SignInt?
Kann eine MALE-Drohne effizient für den Einsatz von Sonarbojen genutzt werden?

Wie sieht es mit sinnvoller Bewaffnung aus? Klar, Luft-Boden-Raketen und Gleitbomben können sicher auch von MALE-UAVs gegen Boote eingesetzt werden. Aber könnten perspektivisch auch Torpedos Sinn ergeben? Oder Seeziel-FK, bspw. JSM?
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#2
Hab da mal auf einer russischen Seite die Idee eines Gleit-Torpedos gelesen, der über eine längere Strecke durch die Luft verlegt, dann ins Wasser geht und dort dann als Unterwasserdrohne das Ziel angreift.

Ich denke mal, der Kreativität sind hier rein gedanklich keine Grenzen gesetzt. Aber ob das alles so Sinn macht ?!

Meiner Meinung nach darf man die Seekriegsführung nicht von der Luftkriegsführung trennen, da beide derart eng miteinander verzahnt sind. Habe ich die Lufthoheit, kann der Feind mit seinen Kriegsschiffen meiner Einschätzung nach nur noch schwer agieren, ungeachtet irgendwelcher AAW Fähigkeiten auf seinen Schiffen.

Entsprechend werden Drohnen immens wichtig werden, um diese Lufthoheit über dem Wasser zu erringen, insbesondere auch als Sensorplattformen um "weiter hinten" befindlichen Kampfflugzeugen Daten zu übermitteln. Desweiteren kann durch Drohnen welche die Kampfflugzeuge begleiten (ala Loyal Wingman etc) die Kampfkraft dieser erhöht werden, also werden UAV eine sehr große Role für den Luftkrieg über dem Wasser spielen.

Ich würde daher die Rolle solcher Drohnen nicht auf die reine Seekriegsführung hin beschränkt sehen, dass werden Systeme sein müssen, die völlig unabhängig von der Frage der Ziele auf See vor allem dem Luftkrieg dienen, gleich wo dieser stattfindet. Und da man sie nunmal schon dafür hat, verbleibt also nur die Frage, was die gleichen eigentlich primär für den Luftkrieg angedachten Drohnen gegen reine Seeziele leisten können.

Rein persönlich sehe ich sie da ebenfalls eher in einer Rolle als Aufklärer und als Träger von Raketen die dadurch eine höhere Reichweite und erweiterte Möglichkeiten erhalten, weil sie von hoch oben aus eingesetzt werden.
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#3
(04.08.2024, 20:10)Broensen schrieb: Kann eine MALE-Drohne effizient für den Einsatz von Sonarbojen genutzt werden?

Das ist auf alle Fälle ein sehr heisses Thema, siehe z.B. Esut und Hartpunkt. Hier steht, dass Japan einen Beobachterstatus bei der Eurodrohne hat, mit dem Interesse an Seeraumüberwachung und U-Boot-Jagd.

Durch die hohen Standzeiten im Einsatzgebiet, verbunden mit der Möglichkeit circa 2 Tonnen Nutzlast mitzunehmen werden MALE-Drohnen in der Seekriegsführung sehr wichtig, vor allem in Seegebieten wo der Gegner quasi keine Luftverteidigungsfähigkeiten hat, wie bei der Jagd russischer UBoote im Nordmeer und Atlantik. Dazu ermöglicht die längere Durchhaltefähigkeit von MALE-Drohnen und ihr geringerer Preis und Unterhalt im Verhältnis zu MPAs eine viel umfassendere Überwachung von Seegebieten als es bisher möglich ist.
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#4
Es gibt ja bereits Beispiele für entsprechende Drohnen mit maritimer Ausrichtung, MQ-4C, MQ-9B, und auch erste Konzepte für die Eurodrohne. Hinsichtlich der Sensoren gehört dabei neben den üblichen EO-Systemen ein leistungsfähiges Radar für die Oberflächenaufklärung zum aktuellen Standard. Mit der MQ-9B wurden darüber hinaus auch bereits die Mitnahme von Sonobojen erprobt, deren Verbringung und gegebenenfalls die anschließende Nutzung als Relais bietet sich an. Auch als Ergänzung der P-8A wurde bereits relativ früh mit einer begleitenden Drohne geplant, die ohne Kompromittierung der Poseidon im Bedarfsfall zusätzliche ASW-Sensorik bereit stellt.

Ein großes Hindernis für die Verbreitung von großen Starrflüglern war bisher immer deren Einbindung in den zivilen Luftraum und damit die Nutzung ohne entsprechende Einschränkungen. Dieses Hindernis fällt bei immer mehr Modellen, damit wird die Verbreitung deutlich steigen. Ein weiteres großes, in meinen Augen nicht zu unterschätzendes Problem sind die bei der Aufklärung entstehenden Datenmengen und deren Interpretation. Trotz signifikanter Verbesserungen im KI-Bereich ist ein Verzicht auf eine menschliche Auswertung in meinen Augen nicht absehbar, entsprechend relevant ist die Sicherheit und gesicherte Bandbreite von Datenverbindungen. Gerade unter Kriegsbedingungen ist das alles andere als trivial, schon im Frieden dürfen die Anforderungen nicht unterschätzt werden.

Die deutsche Marine will eigene Langstreckendrohnen zur Ergänzung der P-8 anschaffen, auch wenn ein angesetzter Test mit der MQ-9B abgesagt wurde und nun vieles auf eine Interimslösung auf Heron-Basis bei einer langfristigen Nutzung der Eurodrohne (letzteres ist in meinen Augen der sinnvollste Ansatz) hindeutet. Ein solches System kann unter Friedensbedingungen bis hin zur Vorstufe eines Krieges die Flotte bemannter Systeme durchaus sehr sinnvoll bei der Bewältigung von Routineüberwachungen und Rettungsmissionen ergänzen bzw. in Teilen ersetzen.

Welche zusätzlichen Sensoren oder Effektoren möglich sind hängt primär von der Zuladung der Drohnen ab. Grundsätzlich spricht nichts dagegen, beispielsweise ein MAD zu integrieren, oder Torpedos mitzuführen.
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#5
Danke für eure Beiträge.
(04.08.2024, 22:44)Quintus Fabius schrieb: die Idee eines Gleit-Torpedos ..., der über eine längere Strecke durch die Luft verlegt, dann ins Wasser geht und dort dann als Unterwasserdrohne das Ziel angreift.
Interessant aufgrund der großen Abwurfhöhe einer MALE-Drohne und der sich daraus ergebenden Reichweite im Vergleich zu VL-ASROC oder von Hubschraubern gestarteten Torpedos.
Zitat:Meiner Meinung nach darf man die Seekriegsführung nicht von der Luftkriegsführung trennen, da beide derart eng miteinander verzahnt sind. Habe ich die Lufthoheit, kann der Feind mit seinen Kriegsschiffen meiner Einschätzung nach nur noch schwer agieren, ungeachtet irgendwelcher AAW Fähigkeiten auf seinen Schiffen.
Dahingehend unterscheidet sich die See- kaum von der Landkriegsführung.
Zitat:Entsprechend werden Drohnen immens wichtig werden, um diese Lufthoheit über dem Wasser zu erringen, insbesondere auch als Sensorplattformen um "weiter hinten" befindlichen Kampfflugzeugen Daten zu übermitteln. Desweiteren kann durch Drohnen welche die Kampfflugzeuge begleiten (ala Loyal Wingman etc) die Kampfkraft dieser erhöht werden, also werden UAV eine sehr große Role für den Luftkrieg über dem Wasser spielen.
Das sind mMn Aspekte für UCAV in der Art des von dir ja auch genannten Loyal Wingman und weniger von klassischen MALE-UAV. Die Wingmen würde ich aber weniger mit speziellen Seekriegsaufgaben sehen, sondern lediglich mit ihrer Rolle in der Luftkriegsführung, die sie natürlich auch über Wasser einnehmen werden. Darum geht es mir hier aber nicht, sondern explizit um die Seekriegs-spezifischen Verwendungen.
Zitat:Und da man sie nunmal schon dafür hat, verbleibt also nur die Frage, was die gleichen eigentlich primär für den Luftkrieg angedachten Drohnen gegen reine Seeziele leisten können.
Sicher kann man da auch -vergleichbar den MarineJaBos- SeezielFK wie den JFS integrieren und ECR/Eloka/SignInt/Radar in der Seekriegsführung mit nutzen, aber das alles sind für mich kein Marine-spezifischen Verwendungen.
Zitat:Rein persönlich sehe ich sie da ebenfalls eher in einer Rolle als Aufklärer und als Träger von Raketen die dadurch eine höhere Reichweite und erweiterte Möglichkeiten erhalten, weil sie von hoch oben aus eingesetzt werden.
Das sind ja klassische MPA-Aufgaben. Die interessante Fragestellung wird sein, wie effektiv MALE-Drohnen dabei im Vergleich mit bemannten MPAs abschneiden werden, was natürlich von Nutzlast und Ausdauer abhängt, aber auch insbesondere von den Kommunikationsmitteln und der dadurch möglichen Datenauswertung. In der Ostsee wird die Kommunikationssicherheit wohl die größte Herausforderung, alles andere lässt sich da durch Quantität lösen. (Die man natürlich auch erstmal gewährleisten muss)
(04.08.2024, 22:48)Kos schrieb: Das ist auf alle Fälle ein sehr heisses Thema, siehe z.B. Esut und Hartpunkt. Hier steht, dass Japan einen Beobachterstatus bei der Eurodrohne hat, mit dem Interesse an Seeraumüberwachung und U-Boot-Jagd.
Danke, da war bisher wohl einiges an mir vorbei gegangen.
Zitat:Durch die hohen Standzeiten im Einsatzgebiet, verbunden mit der Möglichkeit circa 2 Tonnen Nutzlast mitzunehmen werden MALE-Drohnen in der Seekriegsführung sehr wichtig, vor allem in Seegebieten wo der Gegner quasi keine Luftverteidigungsfähigkeiten hat, wie bei der Jagd russischer UBoote im Nordmeer und Atlantik. Dazu ermöglicht die längere Durchhaltefähigkeit von MALE-Drohnen und ihr geringerer Preis und Unterhalt im Verhältnis zu MPAs eine viel umfassendere Überwachung von Seegebieten als es bisher möglich ist.
Da schließt sich dann für mich die Frage an: Lässt sich perspektivisch auch im Einsatzraum GIUK/Nordmeer eine großräumige Abdeckung allein mit landgestützten MALE-UAV bewerkstelligen? Oder würde das auf dem Leistungsniveau der EuroMALE noch eine schwimmende Plattform im Einsatzraum, also einen entsprechenden Drohnenträger erfordern?
(05.08.2024, 08:04)Helios schrieb: Drohnen mit maritimer Ausrichtung ... und auch erste Konzepte für die Eurodrohne. Hinsichtlich der Sensoren gehört dabei neben den üblichen EO-Systemen ein leistungsfähiges Radar für die Oberflächenaufklärung zum aktuellen Standard.
...
Ein weiteres großes, in meinen Augen nicht zu unterschätzendes Problem sind die bei der Aufklärung entstehenden Datenmengen und deren Interpretation. Trotz signifikanter Verbesserungen im KI-Bereich ist ein Verzicht auf eine menschliche Auswertung in meinen Augen nicht absehbar, entsprechend relevant ist die Sicherheit und gesicherte Bandbreite von Datenverbindungen. Gerade unter Kriegsbedingungen ist das alles andere als trivial, schon im Frieden dürfen die Anforderungen nicht unterschätzt werden.
Da befürchte ich auch große Einschränkungen hinsichtlich des Einsatzes von UAV als Sensorplattformen ohne begleitende bemannte MPAs. Das wird wohl noch eine gewisse Zeit erforderlich bleiben.
Zitat:Die deutsche Marine will eigene Langstreckendrohnen zur Ergänzung der P-8 anschaffen, ...Interimslösung auf Heron-Basis bei einer langfristigen Nutzung der Eurodrohne
Andere Systeme in Erwägung zu ziehen, würde ich auch nicht für sinnvoll erachten, da wir sonst nie eine relevante Quantität erlangen werden. Die Heron sind halt da und müssen jetzt erstmal als Platzhalter dienen, aber eigentlich sollten wir uns auf die EuroMALE RPAS konzentrieren und von der eine hohe Stückzahl in möglichst vielen Verwendungen anstreben. Bei uns dauern die Beschaffungen einfach zu lange und erfolgen in zu geringen Mengen, um da die Ressourcen zu verteilen.
Zitat:Auch als Ergänzung der P-8A wurde bereits relativ früh mit einer begleitenden Drohne geplant, die ohne Kompromittierung der Poseidon im Bedarfsfall zusätzliche ASW-Sensorik bereit stellt. ...
Welche zusätzlichen Sensoren oder Effektoren möglich sind hängt primär von der Zuladung der Drohnen ab. Grundsätzlich spricht nichts dagegen, beispielsweise ein MAD zu integrieren, oder Torpedos mitzuführen.
Ich bin da nicht so gut informiert, gibt es noch andere Möglichkeiten, aus der Luft getauchte U-Boote aufzuklären als über MAD, Sonarbojen und Periskoportung?

Tauch- und Schleppsonar würden ja eher Drehflügler-UAVs erfordern, deren Reichweite sehr einschränkend wirkt. Wie seht ihr diesbezüglich Kipprotor-Konstruktionen, könnte man da perspektivisch eine leistungsstärkere Alternative zum ASW-Hubschrauber finden? Außer dem Bell Eagle Eye ist mir in der Richtung nichts bekannt.
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#6
(05.08.2024, 17:12)Broensen schrieb: Da schließt sich dann für mich die Frage an: Lässt sich perspektivisch auch im Einsatzraum GIUK/Nordmeer eine großräumige Abdeckung allein mit landgestützten MALE-UAV bewerkstelligen? Oder würde das auf dem Leistungsniveau der EuroMALE noch eine schwimmende Plattform im Einsatzraum, also einen entsprechenden Drohnenträger erfordern?

Eine MQ-9B Sea Guardian soll laut dem von mir verlinkten Esut-Artikel einen Missionsradius von 2200km haben und kann 8h vor Ort UBoote jagen. Eine Poseidon P8 laut Wikipedia bei gleichen Einsatzradius nur 4h. Eine MQ-9B SkyGuardian laut Esut bei einer Nutzlast von insgesamt circa 2,5 Tonnen eine Reichweite von über 11.000km. Die Eurodrohne ist deutlich schwerer, 11+ Tonnen, und hat eine vergleichbare Nutzlast, sollte also eigentlich ähnlich lang oder noch länger fliegen können. Die Flugzeit der Eurodrohne wird mit 40h angegeben was der SkyGuardian entspricht.

Da das Nordmeer von NATO-Mitgliedern umgeben ist bzw. es auch Inseln dort gibt sollte das dicke reichen. Ein Drohnenträger für die Eurodrohne müsste leider recht gross sein bei einer Flügelspannweite von 26m was noch etwas mehr wie bei einer E2 Hawkeye ist.
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#7
Was MAD anbelangt so ist die Frage, wie tief UAV über Wasser fliegen können und sollten, z.B. um nicht mit Sportfliegern zu kollidieren.
(05.08.2024, 17:12)Broensen schrieb: Ich bin da nicht so gut informiert, gibt es noch andere Möglichkeiten, aus der Luft getauchte U-Boote aufzuklären als über MAD, Sonarbojen und Periskoportung?
Der Debye-Effekt wird erforscht um U-Boot mittels der magnetischen Signaturen ihres Kielwassers zu orten, siehe Fa. Cortana aus den USA und Behauptungen aus Russland. Boote oberhalb von 100m Tauchtiefe können unter Umständen aus der Luft/dem All anhand ihrer Kelvinwelle gefunden werden. Auch hat man sich bemüht U-Boot über den "bernoulli hump" zu entdecken, also die Wasserbeule die sie direkt über sich an der Oberfläche erzeugen. Als Nachfolger von MAD kann man SQUIDs betrachten: Super-conducting quantum interference devices, mit deren Hilfe Japan die Ortungsreichweite von MAD auf den Faktor vier gebracht haben soll. Im Falle von nuklear angetriebenen Booten ist das ausgestossene Kühlwasser ein Ansatz für die Jagd, etwa mittels FLIR. Ein wiederum anderer Ansatz ist die Suche nach Abgasen von schnorchelnden Dieselbooten.
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#8
(05.08.2024, 17:12)Broensen schrieb: Interessant aufgrund der großen Abwurfhöhe einer MALE-Drohne und der sich daraus ergebenden Reichweite im Vergleich zu VL-ASROC oder von Hubschraubern gestarteten Torpedos.

Nennt sich dann als Bewaffnung der P-8 High Altitude Anti-Submarine Warfare Weapon Capability (HAAWC) und ist in gewisser Hinsicht "notwendig", um den Vorteil der großen Flughöhe der P-8 nicht für derlei Kinkerlitzchen wie der Bekämpfung des Ziels aufgeben zu müssen.

Zitat:Tauch- und Schleppsonar würden ja eher Drehflügler-UAVs erfordern, deren Reichweite sehr einschränkend wirkt. Wie seht ihr diesbezüglich Kipprotor-Konstruktionen, könnte man da perspektivisch eine leistungsstärkere Alternative zum ASW-Hubschrauber finden? Außer dem Bell Eagle Eye ist mir in der Richtung nichts bekannt.

Das Problem bei Kipprotorflugzeugen oder generell Wandelflugzeugen ist der üblicherweise geringere Wirkungsgrad, der für eine höhere Reisegeschwindigkeit in Kauf genommen wird und die Leistungen beispielsweise im Schwebeflug signifikant einschränkt. Es stellt sich hier also die Frage, ob der Vorteil höherer Reichweiten für schiffsgeschützte Systeme die Nachteile Wert sind, die derartige Fluggeräte mit sich bringen. Es bräuchte in meinen Augen also hochspezialisierte Konstruktionen, um hier wirkliche Vorteile zu generieren.
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#9
(05.08.2024, 20:12)Kos schrieb: Ein Drohnenträger für die Eurodrohne müsste leider recht gross sein bei einer Flügelspannweite von 26m was noch etwas mehr wie bei einer E2 Hawkeye ist.
Sicher, aber in der nächst-kleineren Kategorie, also Safran Patroller o.ä., ist die Nutzlast unzureichend, um einen relevanten Beitrag zum ASW zu leisten. Da sind wir dann bei reinen Aufklärungsdrohnen. Und die rechtfertigen kein Flachdeckschiff als Träger.
Natürlich kann man auch zum Schluss kommen, dass man gar keinen Träger braucht, was für die Ostsee sicherlich der Fall ist. Wenn das im Nordmeer auch klappen sollte, kann man das Thema natürlich abhaken. Dann wäre diese Erkenntnis für mich aber auch im Rückschluss auf MUsE anzuwenden, für das UAV dann auch keine größere Rolle mehr spielen dürften. Und ebenso kann man dann perspektivisch auch die zentrale Rolle des Hubschraubers im ASW nochmal überdenken, wenn sowohl Sonarbojen, als auch Torpedos von den landgestützten MALE-Drohnen verbracht werden können, bleibt deren Wert vor allem auf den Tauchsonareinsatz begrenzt, für den man dann ggf. auch eine entsprechend leistungsstarke Drehflügler-Drohne andenken könnte.

(05.08.2024, 20:20)Ottone schrieb: Was MAD anbelangt so ist die Frage, wie tief UAV über Wasser fliegen können und sollten, z.B. um nicht mit Sportfliegern zu kollidieren.
Sind in den dafür relevanten Zonen denn häufig Sportflieger anzutreffen? Über dem Nordmeer doch wohl eher selten und in Nord- und Ostsee wäre das im Ernstfall halt zu unterbinden. Und wenn die Zulassung für den zivilen Luftverkehr da ist, müsste sich das doch im Friedensbetrieb auch koordinieren lassen.

Wie sieht der MAD-Einsatz denn aus, was für Flughöhen sind dafür erforderlich? MALE sollen ja eigentlich nicht unbedingt oberflächennah eingesetzt werden.
Zitat:Der Debye-Effekt wird erforscht um U-Boot mittels der magnetischen Signaturen ihres Kielwassers zu orten, siehe Fa. Cortana aus den USA und Behauptungen aus Russland. Boote oberhalb von 100m Tauchtiefe können unter Umständen aus der Luft/dem All anhand ihrer Kelvinwelle gefunden werden. Auch hat man sich bemüht U-Boot über den "bernoulli hump" zu entdecken, also die Wasserbeule die sie direkt über sich an der Oberfläche erzeugen. Als Nachfolger von MAD kann man SQUIDs betrachten: Super-conducting quantum interference devices, mit deren Hilfe Japan die Ortungsreichweite von MAD auf den Faktor vier gebracht haben soll. Im Falle von nuklear angetriebenen Booten ist das ausgestossene Kühlwasser ein Ansatz für die Jagd, etwa mittels FLIR. Ein wiederum anderer Ansatz ist die Suche nach Abgasen von schnorchelnden Dieselbooten.
Okay, also nichts, was man jetzt zeitnah für den Einsatz von einer MALE-Drohne vorsehen könnte, außer ggf. zusätzliche Auswertungsmethoden der Ergebnisse herkömmlicher Sensoren.

(05.08.2024, 22:11)Helios schrieb: Es bräuchte in meinen Augen also hochspezialisierte Konstruktionen, um hier wirkliche Vorteile zu generieren.
Klar, es geht ja auch um eine ganz spezielle Aufgabe mit besonderem Flugprofil.
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#10
(05.08.2024, 23:07)Broensen schrieb: Sind in den dafür relevanten Zonen denn häufig Sportflieger anzutreffen? Über dem Nordmeer doch wohl eher selten und in Nord- und Ostsee wäre das im Ernstfall halt zu unterbinden. Und wenn die Zulassung für den zivilen Luftverkehr da ist, müsste sich das doch im Friedensbetrieb auch koordinieren lassen.
Kleine Sportflieger sind (fast) ohne Funk unterwegs, und die machen auch mal gerne nicht regelgerechten Quatsch. Im Friedensbetrieb hat eine solche Kollision schlechte PR zur Folge, und in jedem Fall ist ein teures und wertvolles UAV im Bach. Sehr wahrscheinlich sind die kommerziell verfügbaren UAV erst ab einer nicht ganz so kleinen Mindesthöhe für den Betrieb freigegeben. Ob diese Höhe sich noch mit einem SQUID Sensor vertragen würde ist schwer zu beantworten.

(05.08.2024, 23:07)Broensen schrieb: Okay, also nichts, was man jetzt zeitnah für den Einsatz von einer MALE-Drohne vorsehen könnte, außer ggf. zusätzliche Auswertungsmethoden der Ergebnisse herkömmlicher Sensoren.
Kelvinwelle und Bernoullibeule liessen sich auch mit einem UAV auswerten. Die Frage ist wie erfolgversprechend diese Suchmethoden unter den üblichen Wetterbedingungen sind. Großes Geheimnis! Cool Schnorchel mit SAR finden sollte auf jeden Fall machbar sein.
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#11
(05.08.2024, 23:07)Broensen schrieb: Natürlich kann man auch zum Schluss kommen, dass man gar keinen Träger braucht, was für die Ostsee sicherlich der Fall ist. Wenn das im Nordmeer auch klappen sollte, kann man das Thema natürlich abhaken. Dann wäre diese Erkenntnis für mich aber auch im Rückschluss auf MUsE anzuwenden, für das UAV dann auch keine größere Rolle mehr spielen dürften. Und ebenso kann man dann perspektivisch auch die zentrale Rolle des Hubschraubers im ASW nochmal überdenken, wenn sowohl Sonarbojen, als auch Torpedos von den landgestützten MALE-Drohnen verbracht werden können, bleibt deren Wert vor allem auf den Tauchsonareinsatz begrenzt, für den man dann ggf. auch eine entsprechend leistungsstarke Drehflügler-Drohne andenken könnte.

Ich verstehe gerade gar nicht, auf was du hinaus willst. Sonobojen und Torpedos kannst du, zusätzlich zu weiterer Sensorik, "schon immer" von Land aus über große Distanzen einsetzen. Weder hat das in der Vergangenheit den Hubschrauber für den bordgestützten Einsatz obsolet gemacht, noch wird das in Zukunft passieren, zumal ein Tauchsonar nun auch keine allzu irrelevante Fähigkeit ist. Nur weil die Systeme jetzt nach und nach unbemannt werden ändert sich am grundsätzlichen nichts.

"Drohnenträger" ist doch auch nur ein neumodischer Scheinbegriff, es sind einfach klassische Flugzeug- oder Hubschrauberträger, die allenfalls in der Größe skalieren weil die Systeme unbemannt kleiner ausfallen können, und die technisch vereinfacht werden, was auf Kosten der Einzelsystemleistung geht. Sie zu brauchen, wenn es bisher auch ohne funktionierte, ist dabei an sich schon schwierig. Allenfalls könnten sie schon immer sinnvoll, aber unbezahlbar gewesen sein.

Zitat:Klar, es geht ja auch um eine ganz spezielle Aufgabe mit besonderem Flugprofil.

Die Frage ist aber, ob die Nachteile es wert sind. Und da habe ich angesichts der Anforderungen so meine Zweifel.

(05.08.2024, 23:44)Ottone schrieb: Kleine Sportflieger sind (fast) ohne Funk unterwegs, und die machen auch mal gerne nicht regelgerechten Quatsch.

Ein Funkgerät ist zwar nicht für alle Luftfahrtzeuge zwingend vorgeschrieben, aber üblicherweise schon recht verbreitet. Allein es trägt kaum zur Sicherheit im Luftraum bei, wie sollte es da auch? Transmitter/Transponder sind dort wesentlich wichtiger, nur sind auch die selbst in Teilen des kontrollierten Luftraums nicht vorgeschrieben. Dort gilt für VFR weiterhin See and Avoid. Genau das war und ist eine der Herausforderungen für den Drohneneinsatz, und deshalb sind Sense and Avoid Systeme so enorm wichtig. Die wiederum funktionieren im unkontrollierten Luftraum genauso gut, insofern würde ich mir um die Sportfliegerei nicht so viele Gedanken machen.
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#12
Saab Skeldar ist für die Korvetten in der Reichweite eingeschränkt damit die Korvette per Radar den Luftraum überwachen kann. Klar geht es um ADS-B Transponder (IIRC oft nur Empfänger bei Ultraleichtflugzeugen), die nutzen schliesslich Funk, und deren Optionalität unterhalb von (ich glaube, bin in der Fliegerei nicht sonderlich bewandert) 5000 ft. Sportflieger aller Arten sind in aller Regel zwischen 150m und 1500m zu finden.

Im Zweifelsfall schaltet ein militärisches Fluggerät seinen aktiven Transponder aus, und dann nutzt dem Ultraleichtflieger sein ADS-B Empfänger gar nicht.
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#13
Skeldar ist auch nicht für den zivilen Luftraum zugelassen und weißt keine entsprechenden sensorischen Fähigkeiten (SAA) für den VFR-Flug auf, logischerweise muss der Luftraum entsprechend extern kontrolliert werden sofern er ansonsten frei zugänglich ist. Funk und Transmitter-/Transpondersignale mögen beide elektromagnetische Wellen nutzen, haben aber sonst wenig miteinander zu tun. Sinnvoll ist eh immer beides, grundsätzlich notwendig nichts davon, und für den Einsatz von Drohnen braucht es deswegen die genannten Fähigkeiten.

PS: ADS-B sind erstmal nur Sender, ein Empfänger kommt erst im Rahmen von Kollisionswarngeräten hinzu und ist bei Ultraleichtfliegern eher unüblich
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#14
(06.08.2024, 11:00)Helios schrieb: PS: ADS-B sind erstmal nur Sender, ein Empfänger kommt erst im Rahmen von Kollisionswarngeräten hinzu und ist bei Ultraleichtfliegern eher unüblich
Meine Googlesuche vorhin hat mir das umgekehrt dargstellt, aber vielleicht habe ich "ADS-B out" missverstanden. Wie auch immer, SAA ist so etwas wie der heilige Graal und bislang rar.
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#15
(06.08.2024, 07:09)Helios schrieb: Ich verstehe gerade gar nicht, auf was du hinaus willst.
Ich überprüfe mal wieder meinen Standpunkt durch hinterfragen meines vermeintlichen Wissensstands. Cool

Die Debatte im MUsE-Strang hat mich dazu verleitet, mir mal ein besseres Bild davon zu machen, wie UAV insbesondere im ASW sinnvoll eingesetzt werden können und ob es dafür eine Schiffsplattform braucht, was ja auch eine für MUsE diskutierte Fähigkeit ist. Dafür muss man nun erstmal wissen, welche sinnvoll nutzbaren Fähigkeiten von UAV bereitgestellt werden können und welche Drohnendimensionen das mit sich bringt.
Daraus ergibt sich dann zum Einen die erforderliche Infrastruktur -und damit die Größe und Auslegung einer entsprechenden Schiffsplattform- sowie zum Anderen auch die Überlegung, welche Alternativen es zu so einer Schiffsplattform gibt.
Die Dimensionen für einen sinnvollen Einsatz über den Nahbereich und rein optische Aufklärung hinaus, scheinen sich nun in Richtung von Nutzlasten im Tonnen-Bereich zu bewegen. Die Leistungswerte solcher UAV legen dann einen landgestützten Einsatz für die ASW-relevanten Haupteinsatzgebiete der Deutschen Marine nahe.

Daraus kann ich für die ursprünglichen Überlegungen zu MUsE ableiten, dass es sich bei den dort zu unterstützenden UAV nur um kleine Systeme handeln kann, wie sie eigentlich von jeder schwimmenden Einheit eingesetzt werden können. Der Einsatz größerer Starrflügler-UAV scheint mir lediglich in der Expeditionskriegsführung relevant.
Zitat:Sonobojen und Torpedos kannst du, zusätzlich zu weiterer Sensorik, "schon immer" von Land aus über große Distanzen einsetzen.
Es stellt sich dabei für mich die Frage des erforderlichen Aufwands und damit verbunden der Reaktionszeiten und der Raumabdeckung. Bemannte Einheiten -insbesondere Helikopter- können nur unter größerem Aufwand so permanent im Einsatzraum vorgehalten werden wie das für UAV der Fall ist. Es ist also schon sehr relevant, ob ich Torpedos auch durch landgestützte MALE-UAV im Nordmeer einsetzen kann, oder ob ich dafür Hubschrauber einsetzen muss. Ja, MPAs gibt's natürlich auch noch, aber da kommt man bei der Quantität schnell an Leistungsgrenzen, wenn man allein damit große Räume überwachen will und von gefährdeten Lufträumen sollte man mit denen auch Abstand halten.
Zitat:Weder hat das in der Vergangenheit den Hubschrauber für den bordgestützten Einsatz obsolet gemacht, noch wird das in Zukunft passieren, zumal ein Tauchsonar nun auch keine allzu irrelevante Fähigkeit ist. Nur weil die Systeme jetzt nach und nach unbemannt werden ändert sich am grundsätzlichen nichts.
Natürlich, ich lote ja auch gerade aus, inwieweit es Möglichkeiten gibt, die Hubschrauber-Aufgaben im ASW auch durch unbemannte Systeme zu erbringen, eben weil das wichtige Aufgaben sind. Nur werden Bordhubschrauber, die einen großen Fußabdruck verursachen (Schiff, Crew, Treibstoff, Wartung etc.), mit ihrer begrenzten Einsatzdauer und dem hohen Betriebsaufwand an Bord der Schiffe eben schnell zum limitierenden Faktor in einem ASW-Verbund. Obsolet werden sie sicher so schnell nicht werden, zumal sie eine extrem große Vielseitigkeit auch für andere Aufgaben mit sich bringen und gerade im Expeditionseinsatz eigentlich kaum zu ersetzen sein werden. Aber für einen "regulären" ASW-Einsatzraum, den man mehr oder weniger permanent abdecken will -also in unserem Fall Nordmeer und Ostsee- ist das mMn nicht das effizienteste Haupteinsatzmittel, sondern sollte dort eher als eine Art Reserve oder zur Schwerpunktbildung vorgehalten werden, während der reguläre Auftrag primär durch weitreichendere, ausdauerndere Systeme erfüllt werden kann.
Zitat:"Drohnenträger" ist doch auch nur ein neumodischer Scheinbegriff, es sind einfach klassische Flugzeug- oder Hubschrauberträger, die allenfalls in der Größe skalieren weil die Systeme unbemannt kleiner ausfallen können, und die technisch vereinfacht werden, was auf Kosten der Einzelsystemleistung geht. Sie zu brauchen, wenn es bisher auch ohne funktionierte, ist dabei an sich schon schwierig. Allenfalls könnten sie schon immer sinnvoll, aber unbezahlbar gewesen sein.
Widersprechen kann ich da nicht. "Brauchen" ist natürlich relativ und bezieht sich immer auf eine definierte Ambition, die wiederum durch materielle Ressourcen u.a. Parameter bestimmt wird.

Es drängt sich halt aufgrund von Konzepten wie dem portugiesischen MPSS die Diskussion auf, den schiffsgestützten Einsatz von UAVs auch dann vorzusehen, wenn man sonst keine Flugzeugträger-Ambitionen hat, bzw. solche einfach finanziell nicht realistisch wären. Das zeigt sich ja auch bei der MUsE-Debatte, in der man die vermeintlich erforderlichen UAV-Kapazitäten eines Tenders als Argument dafür einbringt, einen Hubschrauberträger für MilEvac zu bekommen.

Ich wollte daher mal ausloten, ob das für Deutschland eine sinnvolle Überlegung ist oder nicht. Ob man bspw. feststellen kann, dass ein kleiner UAV-Träger im ASW einen so großen Beitrag leisten könnte, dass sich Anschaffung und Betrieb dafür lohnen würden. Bisher komme ich da zu dem Schluss, dass UAV einer mittleren Größe solch eine Beschaffung mangels relevanter Einsatzmöglichkeiten (für Deutschland) nicht rechtfertigen, während die für uns sinnvoll nutzbaren Systeme zu groß sind für Schiffe in der Größe eines MPSS oder einer MUsE und ohnehin auch von Land aus eingesetzt werden können. Kleinere Drohnen hingegen benötigen keine Schiffskapazitäten, die über das hinausgehen, was man für Hubschrauber ohnehin vorhält, bzw. bei den Korvetten schon explizit eingeplant hat.
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