27.10.2023, 14:10
Passives Twinvis-Radar
Hensoldt
Stille Überwachung von stillen Objekten
Fähigkeiten
Nutzt vorhandene VHF- und UHF-Übertragungen von analogem und digitalem Radio sowie Fernsehen (gleichzeitige Nutzung von FM / DAB / DVB-T)
Keine Emissionen (keine aktiven Sender, unsichtbar für die Radarsuche, resistent gegen Störsender)
Lückenfüller/ empfindliche Stellenabdeckung
Hochpräzise langsame und niedrige Zielverfolgung im Nahbereich
Luftüberwachung in städtischen und schwierigen Umgebungen (keine elektromagnetische Verschmutzung)
Verfolgung von hochbeweglichen Objekten
Mehrwinkel-Zielerfassung zur verbesserten Erfassung von Zielen mit reduziertem Radarquerschnitt
Wetterunabhängige Überwachung
Ferngesteuerter und unabhängiger Betrieb
Twinvis kann mehrere Sensoren zu einem Sensorcluster zusammenschalten, um die Abdeckung und Genauigkeit zu erhöhen (bis zu 5 Sensoren)
Unterstützung verschiedener Ebenen der Datenfusion
Beschreibung
Twinvis ist ein passives Radar, das eine neue Dimension in die Welt der Überwachung und des Situationsbewusstseins bringt.
Es bietet entscheidende operative Vorteile: Es kann nicht geortet werden, da es keine Sendeenergie abgibt, und es benötigt keine Emissionen von Zielen, um diese zu orten.
Während herkömmliche Radarsysteme nach dem gleichen Prinzip Signale aussenden, die von einem Objekt reflektiert werden, so dass das Radar dieses Objekt auf der Grundlage des empfangenen Echos sichtbar machen kann, verfolgt Twinvis einen völlig anderen Ansatz:
Das System nutzt die vorhandene elektromagnetische Energie von Radio- und TV-Sendern und wertet deren Echos aus, wenn sie von einem Objekt reflektiert werden.
Im militärischen Bereich vereint Twinvis mehrere Vorteile. Neben der hohen Mobilität bleibt das System selbst unsichtbar und kann daher bei einer gezielten Aktion nicht gestört oder ausgeschaltet werden. Gleichzeitig kann es auch zur Entdeckung von Tarnkappenflugzeugen eingesetzt werden, die aufgrund ihrer geringen Beobachtungsfähigkeit für herkömmliche Radarsysteme bisher unentdeckt blieben.
Deutsche Luftwaffe testet passives Radar, das "Tarnkappen"-Flugzeuge aufspüren kann
OPEX 360 (französisch)
von Laurent Lagneau - 26. Oktober 2023
[Bild: https://www.opex360.com/wp-content/uploa...231026.jpg]
Im Jahr 2018 erklärte die Hensoldt-Gruppe, dass ihr passives Radar Twinvis zwei amerikanische F-35A Stealth-Jagdbomber anlässlich ihrer Teilnahme an der ILA-Luftfahrtmesse in Berlin habe aufspüren können. Lockheed-Martin relativierte die Bedeutung dieser "Leistung" jedoch mit dem Hinweis, dass die beiden Flugzeuge mit sogenannten Lüneberg-Linsen ausgestattet worden waren, um sie aus Sicherheitsgründen, da sie sich in den zivilen Luftverkehr einmischen sollten, eben doch entdeckbar zu machen.
Ein Passivradar, dessen Grundlagen bereits 1943 von der deutschen Telefunken-Gruppe gelegt worden waren, sendet keine elektromagnetischen Wellen aus, um ein Objekt zu orten und seine Position zu bestimmen. Stattdessen nutzt es alle Wellen, die von Radio-, Fernseh- und Mobilfunksendern, aber auch von aktiven Radargeräten, Telekommunikations- und Geolokalisierungssatelliten ausgesendet werden.
Solche Wellen werden reflektiert, sobald sie wieder auf ein Hindernis treffen, z. B. ein sich bewegendes Flugzeug, und dann vom Empfänger des Passivradars aufgefangen. Theoretisch ist es also möglich, ein potenzielles Ziel zu erkennen, seine Flugbahn zu verfolgen und seine Bewegungsgeschwindigkeit einzuschätzen. Und das alles ohne das Risiko, entdeckt und "gestört" zu werden, da ein solches System keine Signale aussendet.
"Durch die Verwendung niedriger Frequenzbänder bietet ein passives Radar eine zusätzliche Luftraumabdeckung, insbesondere in niedrigen Höhen, die im Vergleich zu aktiven Radargeräten, die hauptsächlich mittlere und hohe Höhen abdecken, sehr wertvoll ist", erklärten zwei Ingenieure von Thales in einer Sonderausgabe des Magazins Pour la science" (Für die Wissenschaft").
Außerdem sind die absorbierenden Beschichtungen der Kampfflugzeuge der fünften Generation nicht sehr wirksam gegen niederfrequente Wellen, was ihre "Verwundbarkeit" gegenüber einem passiven Radar noch erhöht.
Die Direction générale de l'armement [DGA] ist an einer solchen Technologie interessiert. So wurde 2015 ein luftgestütztes Passivradar vom Office national d'études et de recherches aérospatiales [ONERA] in Zusammenarbeit mit dem Centre de recherche de l'armée de l'air [CReA] und dem SONDRA-Labor getestet. In jüngerer Zeit wurde in der Ausgabe 2021 des Referenzdokuments für die Ausrichtung der Innovation im Verteidigungsbereich [DROID] die Entwicklung eines "Demonstrators für ein passives Radar zur Luftüberwachung" erwähnt.
Während Thales bereits das MSPR [Muti-static Silent Primary Radar, Anm. d. Red.] entwickelt hat, ist Hensoldt mit seinem Twinvis offensichtlich einen Schritt voraus ... denn dieses System wird derzeit von der deutschen Luftwaffe [Luftwaffe] getestet.
Es soll getestet werden, ob die Technologie "eine frühe Warnmeldung über herannahende Bedrohungen liefern kann", erklärte der Generalstabschef der Luftwaffe, General Ingo Gerhartz, gegenüber dem US-Magazin Defense News.
Auf den ersten Blick ist der Twinvis auch für andere Armeen interessant. Im August teilte Hensoldt mit, dass drei weitere Länder, die er nicht nannte, ihm gerade Verträge über die Beschaffung einiger Exemplare gemeldet hätten.
"Unsere vollautomatische Warnmeldung und die Zusammenführung von Sensordaten eröffnen den Streitkräften beispiellose Möglichkeiten, verdeckte Langstreckenoperationen gegen eine Vielzahl von Zielen bis hin zu Tarnkappenbedrohungen durchzuführen", erklärte Hensoldt in einer Pressemitteilung vom 4. August.
Ein passives Radar hat jedoch nicht nur Vorteile, sondern auch Nachteile. Oder zumindest setzt es andere technologische Fortschritte voraus, wie z. B. eine höhere Rechenleistung. In dünn besiedelten Gebieten ist das passive Radar nutzlos. Außerdem muss es über die Eigenschaften und den genauen Standort der verwendeten Sender verfügen, was durch die Integration von "Messsystemen zur Erfassung dieser Informationen" erreicht werden kann, wie die Thales-Ingenieure gegenüber "Pour la science" erklärten.
Foto: Hensoldt
Hensoldt
Stille Überwachung von stillen Objekten
Fähigkeiten
Nutzt vorhandene VHF- und UHF-Übertragungen von analogem und digitalem Radio sowie Fernsehen (gleichzeitige Nutzung von FM / DAB / DVB-T)
Keine Emissionen (keine aktiven Sender, unsichtbar für die Radarsuche, resistent gegen Störsender)
Lückenfüller/ empfindliche Stellenabdeckung
Hochpräzise langsame und niedrige Zielverfolgung im Nahbereich
Luftüberwachung in städtischen und schwierigen Umgebungen (keine elektromagnetische Verschmutzung)
Verfolgung von hochbeweglichen Objekten
Mehrwinkel-Zielerfassung zur verbesserten Erfassung von Zielen mit reduziertem Radarquerschnitt
Wetterunabhängige Überwachung
Ferngesteuerter und unabhängiger Betrieb
Twinvis kann mehrere Sensoren zu einem Sensorcluster zusammenschalten, um die Abdeckung und Genauigkeit zu erhöhen (bis zu 5 Sensoren)
Unterstützung verschiedener Ebenen der Datenfusion
Beschreibung
Twinvis ist ein passives Radar, das eine neue Dimension in die Welt der Überwachung und des Situationsbewusstseins bringt.
Es bietet entscheidende operative Vorteile: Es kann nicht geortet werden, da es keine Sendeenergie abgibt, und es benötigt keine Emissionen von Zielen, um diese zu orten.
Während herkömmliche Radarsysteme nach dem gleichen Prinzip Signale aussenden, die von einem Objekt reflektiert werden, so dass das Radar dieses Objekt auf der Grundlage des empfangenen Echos sichtbar machen kann, verfolgt Twinvis einen völlig anderen Ansatz:
Das System nutzt die vorhandene elektromagnetische Energie von Radio- und TV-Sendern und wertet deren Echos aus, wenn sie von einem Objekt reflektiert werden.
Im militärischen Bereich vereint Twinvis mehrere Vorteile. Neben der hohen Mobilität bleibt das System selbst unsichtbar und kann daher bei einer gezielten Aktion nicht gestört oder ausgeschaltet werden. Gleichzeitig kann es auch zur Entdeckung von Tarnkappenflugzeugen eingesetzt werden, die aufgrund ihrer geringen Beobachtungsfähigkeit für herkömmliche Radarsysteme bisher unentdeckt blieben.
Deutsche Luftwaffe testet passives Radar, das "Tarnkappen"-Flugzeuge aufspüren kann
OPEX 360 (französisch)
von Laurent Lagneau - 26. Oktober 2023
[Bild: https://www.opex360.com/wp-content/uploa...231026.jpg]
Im Jahr 2018 erklärte die Hensoldt-Gruppe, dass ihr passives Radar Twinvis zwei amerikanische F-35A Stealth-Jagdbomber anlässlich ihrer Teilnahme an der ILA-Luftfahrtmesse in Berlin habe aufspüren können. Lockheed-Martin relativierte die Bedeutung dieser "Leistung" jedoch mit dem Hinweis, dass die beiden Flugzeuge mit sogenannten Lüneberg-Linsen ausgestattet worden waren, um sie aus Sicherheitsgründen, da sie sich in den zivilen Luftverkehr einmischen sollten, eben doch entdeckbar zu machen.
Ein Passivradar, dessen Grundlagen bereits 1943 von der deutschen Telefunken-Gruppe gelegt worden waren, sendet keine elektromagnetischen Wellen aus, um ein Objekt zu orten und seine Position zu bestimmen. Stattdessen nutzt es alle Wellen, die von Radio-, Fernseh- und Mobilfunksendern, aber auch von aktiven Radargeräten, Telekommunikations- und Geolokalisierungssatelliten ausgesendet werden.
Solche Wellen werden reflektiert, sobald sie wieder auf ein Hindernis treffen, z. B. ein sich bewegendes Flugzeug, und dann vom Empfänger des Passivradars aufgefangen. Theoretisch ist es also möglich, ein potenzielles Ziel zu erkennen, seine Flugbahn zu verfolgen und seine Bewegungsgeschwindigkeit einzuschätzen. Und das alles ohne das Risiko, entdeckt und "gestört" zu werden, da ein solches System keine Signale aussendet.
"Durch die Verwendung niedriger Frequenzbänder bietet ein passives Radar eine zusätzliche Luftraumabdeckung, insbesondere in niedrigen Höhen, die im Vergleich zu aktiven Radargeräten, die hauptsächlich mittlere und hohe Höhen abdecken, sehr wertvoll ist", erklärten zwei Ingenieure von Thales in einer Sonderausgabe des Magazins Pour la science" (Für die Wissenschaft").
Außerdem sind die absorbierenden Beschichtungen der Kampfflugzeuge der fünften Generation nicht sehr wirksam gegen niederfrequente Wellen, was ihre "Verwundbarkeit" gegenüber einem passiven Radar noch erhöht.
Die Direction générale de l'armement [DGA] ist an einer solchen Technologie interessiert. So wurde 2015 ein luftgestütztes Passivradar vom Office national d'études et de recherches aérospatiales [ONERA] in Zusammenarbeit mit dem Centre de recherche de l'armée de l'air [CReA] und dem SONDRA-Labor getestet. In jüngerer Zeit wurde in der Ausgabe 2021 des Referenzdokuments für die Ausrichtung der Innovation im Verteidigungsbereich [DROID] die Entwicklung eines "Demonstrators für ein passives Radar zur Luftüberwachung" erwähnt.
Während Thales bereits das MSPR [Muti-static Silent Primary Radar, Anm. d. Red.] entwickelt hat, ist Hensoldt mit seinem Twinvis offensichtlich einen Schritt voraus ... denn dieses System wird derzeit von der deutschen Luftwaffe [Luftwaffe] getestet.
Es soll getestet werden, ob die Technologie "eine frühe Warnmeldung über herannahende Bedrohungen liefern kann", erklärte der Generalstabschef der Luftwaffe, General Ingo Gerhartz, gegenüber dem US-Magazin Defense News.
Auf den ersten Blick ist der Twinvis auch für andere Armeen interessant. Im August teilte Hensoldt mit, dass drei weitere Länder, die er nicht nannte, ihm gerade Verträge über die Beschaffung einiger Exemplare gemeldet hätten.
"Unsere vollautomatische Warnmeldung und die Zusammenführung von Sensordaten eröffnen den Streitkräften beispiellose Möglichkeiten, verdeckte Langstreckenoperationen gegen eine Vielzahl von Zielen bis hin zu Tarnkappenbedrohungen durchzuführen", erklärte Hensoldt in einer Pressemitteilung vom 4. August.
Ein passives Radar hat jedoch nicht nur Vorteile, sondern auch Nachteile. Oder zumindest setzt es andere technologische Fortschritte voraus, wie z. B. eine höhere Rechenleistung. In dünn besiedelten Gebieten ist das passive Radar nutzlos. Außerdem muss es über die Eigenschaften und den genauen Standort der verwendeten Sender verfügen, was durch die Integration von "Messsystemen zur Erfassung dieser Informationen" erreicht werden kann, wie die Thales-Ingenieure gegenüber "Pour la science" erklärten.
Foto: Hensoldt