(Luft) Ergänzende Helikopter für die Bundeswehr?
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(13.09.2023, 19:53)Broensen schrieb: Ich versuche dann mal, auf Helios einzugehen, der in gewohnter Art hier mal wieder vermeidet, eine eigene Meinung auszuformulieren und stattdessen lieber die korrekte Herangehensweise zur Diskussion einfordert. Wink

Ein Vorrecht als Gastgeber, auch wenn es nicht so sehr um eine "korrekte Herangehensweise" geht, sondern mehr um die Frage, über was genau diskutiert werden soll. Wer welchen Hubschraubertyp gut findet mag zwar ein schönes Thema sein, hat aber mit der real existierenden Bundeswehr (und um diese geht es ja augenscheinlich) wenig zu tun. Damit man für diese ergänzende Hubschrauber diskutieren kann, muss man meines Erachtens über die Aufgaben sprechen. Und da stimmst du mir ja tatsächlich sogar zu. Wink

Was deine drei Punkte angeht:
Zu 1.)
Die kostengünstigen, ausbildungstauglichen Geräte stehen beim Ausbildungszentrum in Form von eigenen H135 plus angemieteten Modellen bereits zur Verfügung, in dem Bereich gibt es keinen Bedarf. Und wenn, dann muss dieser eh losgelöst von den Betriebsstrukturen betrachtet werden. Wenn es um den Flugstundenerhalt und das Üben von Verfahren geht, dann ist es ganz grundsätzlich am sinnvollsten, mit dem zu trainieren, was man auch nutzt. Insbesondere natürlich bei besonderen Qualifikationen (wie etwa Deckslandungen). Sofern das nicht möglich ist, beispielsweise aufgrund von geringen Stückzahlen der Einsatzmuster, zu hohen Flugstundenkosten, usw., sollte die Ergänzung zum Simulator immer ein Typ sein, der dem Einsatzmuster hinsichtlich des Flugverhaltens und der Steuerung sehr ähnlich kommt. Für NH90 und Chinook sind kleine, leichte Übungshubschrauber dementsprechend der völlig falsche Ansatz.
Die anderen von dir genannten Aufgaben sind SAR, Spezialkräfte, Aufklärung, leichte Kampfzwecke und leichte, universelle Transportaufgaben (Verbindungsaufgaben). Die Pauschalkritik am H145M als fragwürdige Beschaffung kann ich da nicht nachvollziehen, im Gegenteil ist dieser als einer der universellsten und leistungsfähigsten leichten Hubschrauber am Markt eine ausgesprochen gute Wahl, wenn man ein möglichst großes Aufgabenspektrum abbilden möchte. Gerade die von dir genannten kleineren Muster unterliegen da deutlichen Einschränkungen und wären in meinen Augen keinesfalls eine grundsätzlich bessere Alternative. Einzig das Muster H125M könnte tatsächlich in den Aufgaben Aufklärung und leichte Kampfzwecke eine sinnvolle Ergänzung sein, sofern man speziell für diese Aufgaben und mit Blick besonders (aber nicht ausschließlich) auf IKM (High/Hot) ein eigenes Muster anschaffen will. Der H120 wird übrigens schon seit Jahren nicht mehr produziert. Wink

Zu 2.)
Im Endeffekt überschneidet sich dieser Bereich hinsichtlich seiner Aufgabenfelder mit dem, was in 1.) schon angesprochen wurde, nur auf einem höheren Leistungsniveau. Man kann sich dafür durchaus zwei Typen leisten, sollte dann aber auch ein Muster wählen, dass hinsichtlich der Leistungsfähigkeit eigene Schwerpunkte setzen kann, und nicht nur irgendwo dazwischen hängt.

Zu 3.)
Die Größe des NH90 als "Geburtsfehler" zu betrachten kann ich nicht nachvollziehen, in meinen Augen ist es eher die Überkomplexität und damit einhergehend die zu hohen Stundenkosten selbst für einfache Aufgaben, an denen das Muster leidet. Insbesondere die Aussage, er wäre für maritime Anwendungen ein schlechter Kompromiss entbehrt jeglicher Grundlage. Im Gegenteil liegt diese Größen-, Gewichts- und Leistungskategorie für maritime Anwendungen in meinen Augen in einem Idealbereich, in dem sich nicht ohne Grund auch die Konkurrenz bewegt. Den STH im gleichen Zug "extrem hohe Anschaffungs- und Betriebskosten" zu unterstellen ist für mich ebenfalls nicht nachvollziehbar, da beides so im Vergleich zum NH90 und zu möglichen alternativen auch nicht zutreffend ist, sofern man nicht deutlich geringere Lasten annimmt.
Am wenigsten Nachvollziehbar finde ich aber die Bewertung von H225 und AW101 als mögliche Kandidaten für die Lücke im Bereich der "Nutzlast von 6-7 Tonnen". Beide Muster ermöglichen nicht derartige Nutzlasten, der eigentliche Vorteil gegenüber kleineren Hubschraubern liegt hingegen primär in der Reichweite bzw. Ausdauer sowie der Laderaumgröße für den Personentransport. Hier läge auch der einzige grundsätzliche Vorteil gegenüber dem NH90, weswegen sich meines Erachtens und in Anbetracht der Beschaffung des Chinooks eine solche Beschaffung nicht lohnt. Die geringen Vorteile würden durch die Mehrkosten des Parallelbetriebs aufgezehrt. Tatsächlich ist in der Praxis auch auffällig, dass gerade der AW101 sich nicht für allgemeine Transportaufgaben etablieren konnte, nicht einmal in den Ursprungsländern.

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Und weil nach meiner Einschätzung gefragt wurde, in meinen Augen besteht durchaus ein Bedarf wie in 1.) und 2.) skizziert. Ich würde hier für Verbindungsaufgaben, für Spezialeinsätze (auch mit der Fähigkeit zur Luftbetankung) und für Aufklärungszwecke sowie dem Training neben den Einsatzmustern den H160M beschaffen sowie die Stückzahl des H145M erhöhen, um diesen als leichten (günstigen und leicht verlegbaren) Mehrzweckhubschrauber zu verwenden. Eine konkrete Ergänzung oder einen Ersatz von NH90 im Transportbetrieb für das Heer würde sich für mich erst dann ergeben, wenn die eingeleiteten Maßnahmen zur Verfügbarkeitserhöhung und Kostensenkung keine Früchte tragen. Hier müsste die Abwägung dann allerdings erfolgen zwischen einer Ergänzungsbeschaffung (gegebenenfalls auch im Kontext einer Kampfhubschrauberbeschaffung) und der Nachfolgeentwicklung, vielleicht mit Überbrückungsoptionen.

Zusätzlich würde ich in Anbetracht der Nutzungsdauerverlängerung der F123 die Beschaffung einer kleinen Zahl an AW159 in Betracht ziehen. Diese könnten nicht nur als Bordhubschrauber für die U-Jagd, sondern auch als Verbindungs- und Trainingshubschrauber genutzt und auch nach der Ausmusterung der Fregatten noch weiter, etwa bei einer Stationierung an der Ostsee, von Land oder in Kooperation mit den Korvetten, verwendet werden. Das wäre keine Ideallösung, aber aufgrund der vorhandenen Infrastruktur auch kein unrealistisch überbordender Kostenfaktor.

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Bei einer kompletten Neuaufstellung könnte man natürlich auch komplett andere Wege gehen, hier gäbe es verschiedene Ansätze.
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RE: Ergänzende Helikopter für die Bundeswehr? - von Helios - 14.09.2023, 11:24

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