Söldner(un)wesen
Zitat:ERMITTLUNGEN GEGEN BLACKWATER
US-Söldner sollen Waffen in den Irak geschmuggelt haben
Erst vor wenigen Tagen entzog die irakische Regierung der Sölnder-Firma Blackwater die Lizenz, weil Angestellte Zivilisten getötet hatten. Jetzt naht der nächste Skandal: Blackwater wird des Waffenschmuggels verdächtigt.
...

Quelle:
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,...18,00.html

@ Turin

Es reicht wohl kaum einfach nur zu sagen, dass die Verwaltungsstrukturen komplex und ungeordnet, die rechtlichen Vorschriften widersprüchlich, die rechtlichen Kapazitäten ungenügend und befangen und die allgemeine Sicherheitslage zu verworren sei um dann damit den Status quo zu rechtfertigen.

Die Problemlage ist durchaus bekannt. Nur man wußte eben auch schon 2004, dass der Irak auseinanderfallen könnte und die Sicherheitslage problematisch ist und dennoch kocht dieser Diskurs immer wieder neu auf in den Medien und in den politisch verantwortlichen Zirkeln. Mit dem Problem der PMFs sieht es eben nicht anders aus.
Und so sollte es auch nicht verwundern, dass dieser spektakuläre Vorfall mit den 11 Toten als Auslöser, als Anlaß genommen wird von irakischer Seite ein schon lange bekanntes Problem neu zu thematisieren. Vielleicht will man da auch nach viel amerikanischem Druck auf die Regierung al-Maliki nun den Spieß mal umdrehen und die Amerikaner politisch attackien.
All diese Punkte sind nun weder neu, noch unbekannt. Dass hinter diesen Companys bestimmte Interessen stecken, die oft enge Bindungen an sensible und wichtige Punkte des amerikanischen Militärindustriellen Komplexes haben, muss ich hier gerade dir nicht sagen und dass eben oft dahinter ehemalige Militära mit guten Verbindungen stehen und hier wirtschaftlichen Profit machen wollen. Und dass diese Verbinungen auch politisch weit gehen, ist auch bekannt, man denke an die guten alten Halliburton-Geschichten.

Aber: Diese Beschreibung des Status quo ist an sich keine ausreichende Problematisierung. Es gibt immer irgendwelche Interessen, die sich quer stellen, immer wirtschaftlicher Profitgier, die sich mit politischen Zwecklösungen verbinden und Alternativen erschweren. Aber dafür gint es doch die Politik und den Staat und die Demokratie um solch elitäre Verwicklungen kritisch anzugehen und sie auch andersartigen Lösungen zuzuführen!
All diese Dinge sind aber weder Gott gegeben, noch natürlich die einzige Variante. In diesem Punkt sollte man mal solch sozialtechnologische und machtpolitische Friktionen nicht als unwiderlegbar und unzerstörbar ansehen, sondern als von Menschen gemachte Regelungen, die auch anders möglich sind.
Daher: Die Amerikaner stehen so oder so schlecht da im Irak. Andererseits ist es in der heutigen Situation kaum förderlich, wenn diese Sicherheitsfirmen nicht unter irakisches Recht fallen, obwohl sie private Akteure sind und daher zwingend einem rechtlichen Rahmen unterliegen müssen. Es ist doch geradezu lächerlich, wenn die Amerikaner einerseits den Irakern den Rechtsstaat bringen wollen und sie nicht zu Unrecht kritiseren, in welch jämmerlichen Zustand ihre Judikative ist, andererseits aber selbst noch 2004 der irakischen Übergangsregieurng eine Regelung aufdrücken, die diese Firmen praktisch im rechtsfreien Raum operieren lassen! Einerseits will man Recht und Gesetz haben, andererseits sorgt man selbst dafür, dass bewaffnete Söldner im rechtsfreien Rahmen operieren dürfen. Selbst der Tod irakischer Sicherheitsbeamte blieb ohne Folgen und Konsequenzen. Da muss man diesen Privatarmeen letztlich denselben Status konzedieren wie den übrigen Milizen irakischer und dschihadistisch-internationaler Provenienz. Und da diese Privatarmeen auch noch keiner Übersicht untergeordnet sind, weder irakisch noch amerikanisch, sind sie de-facto auch nichts anderes als weitere, gut ausgebildete Privatmilizen. Dass die Iraker dies mal thematisieren, sollte da wirklich kaum überraschen. Und da hilft auch kaum der Verweis, dass die irakischen Behörden sich teilweise auch selbst schützen lassen. Diese Inkonsistenzen sind für einen komplexen Konfliktherd wie den Irak Normalität - die Paradoxie wird zur logischen Grundlage. Nicht umsonst sind die Amerikaner ja gegen die ganzen Militzen und Privatarmeen, nutzen aber selbst eigene private Sicherheitsarmeen ohne weitere Kontrolle und rüsten nun sogar selbst sunnitische Milizen lokal auf - gleichsam um Milizen nun loszuwerden indem man andere Milizen aufrüstet.
Da reicht wohl kaum einfach der Hinweis, dass diese Sicherheistdienste notwendig sind, sich ja gar nicht so schlecht benehmen (was ich auch mal in Zweifel ziehen will) und wichtige Interessen dahinter stecken.
Zum einen: Die amerikanische Unfähigkeit diesem Aufstand Herr zu werden, der oft schlechte Umgang der Truppen ist nämlich an sich schon Problem genug. Dass da entsprechende Vergehen nicht entsprechend geahndet werden, ist auch schon problematisch genug und macht die Konfliktdeeskalation noch schwerer. Dass nun da aber auch noch solche Privatsöldner genauso umherziehen ohne weitergehende Kontrolle, macht die ganze Lage noch um einiges schwieriger! Und das letztere wird definitiv nicht durch das erstere entschuldigt, im Gegenteil, die Probleme akkumulieren sich und vertiefen sich.

Wenn die Amerikaner es ernst meinen würden mit einer Pazifizierung, dann müssten nicht nur die irakischen Milizen unter Kontrolle gebracht werden, sondern auch die privaten Sicherheitsfirmen einer eingehenderen amerikanisch-irakischen Kontrolle unterzogen werden. Und entsprechender Schußwaffengebrauch mit Todesfolge von Zivilisten gehört untersucht und bestraft. Das Nicht-erfolgen hat entsprechende katastrophale psychologische und politische Folgen auf die irakische Zivilbevölkerung, Demagogen wie Al-Sadr haben hier beste Munition gegen die "brutalen Besatzer". Sowas kann man sich einfach nicht erlauben politisch, wenn man die Sache im Irak ernst meinen würde. Ich will gar nicht mal verneinen, dass viele Firmen ihre Arbeit gut und gewissenhaft machen. Aber es sind die schwarzen, unüberwachten Schafe, die mit wie berichtet Hunderten von Vorfällen das Pulverfass Irak weiter anheizen und explosiv mit halten. Diese Problemdimension übersiehst du völlig und die Amerikaner ebenso und ich finde, man kann da entsprechende Kritik nicht einfach so mit dem Hinweis auf ein paar nette Friktionen einfach so wegwischen.
Mit solchen Widersprüchen sind die Amerikaner nicht zu selten politisch wie psychologisch und in der PR-Wirkung einfach nur baden gegangen.
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Zitat: Blackwaters Waffengeschäfte im Irak

Die amerikanische Justiz hat Ermittlungen gegen die private Sicherheitsfirma Blackwater aufgenommen. Dabei geht es um Hinweise, wonach Angestellte von Blackwater illegal Waffen in den Irak geschmuggelt und dort auf dem Schwarzen Markt verkauft haben sollen. Es wird vermutet, dass die Waffen so in die Hände einer Terrororganisation gelangt sind.
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Zitat:Ich will gar nicht mal verneinen, dass viele Firmen ihre Arbeit gut und gewissenhaft machen. Aber es sind die schwarzen, unüberwachten Schafe, die mit wie berichtet Hunderten von Vorfällen das Pulverfass Irak weiter anheizen und explosiv mit halten. Diese Problemdimension übersiehst du völlig und die Amerikaner ebenso und ich finde, man kann da entsprechende Kritik nicht einfach so mit dem Hinweis auf ein paar nette Friktionen einfach so wegwischen.

1. Ich sage nicht, dass PMFs generell notwendig sind. Sie wären es nicht, wenn die Nationalstaaten Verantwortung für ihren "Mist" übernehme, den sie anrichten. Aber das tun sie nicht. In den USA nicht und in Europa erst recht nicht. Und da in dieser Hinsicht keine Änderungen absehbar sind, wird man sich mit der Existenz von PMFs abfinden und das beste daraus machen müssen.

2. Ich übersehe gar nichts. Ich stelle die Dinge nur in ein anderes Licht als mancher Reporter, der klischeebeladen die bösen Söldner als Grundlage allen Übels sieht. Das ist eben Quatsch. Die Verantwortlichen sitzen in Regierungen und dort haben die ersten grundlegenden Entscheidungen zu fallen. Die Firmen nutzen aus, was an Möglichkeiten gegeben wird. Das ist Grundlagen unseres hochumjubelten Wirtschaftssystems. Wenn das zuviel des Guten ist, dann muss der Staat sanktionieren. Das tut er aber nicht, denn teiweise will er es nicht, teilweise ist er inzwischen handlungsunfähig, eben durch Bürokratisierung und weil die linke Hand nicht weiß, was die rechte tut. Selbst Staaten, die "entschlossen" gegen Söldner vorgegangen sind, haben Lücken und Möglichkeiten hinterlassen, teils aufgrund unauflösbarer juristischer Problematiken im internationalen Kontext, teils schlicht bewusst.

3. Die Firmen agieren keineswegs allesamt in einer rechtlichen Grauzone. Einige sind direkt den Amerikanern unterstellt und müssen durch diese sanktioniert werden (in diesem Kontext sind jüngst Änderungen versucht worden), teils unterstehen sie sehr wohl direkt dem irakischen Staat und können durch diesen sanktioniert werden. Wenn dann lautstark gemeckert wird, dann setzt man sich eben dem Verdacht aus, das politisch zu instrumentalisieren. Ich möchte aber nicht behaupten, dass das zwangsläufig im Blackwater-Fall so war. Aber Blackwater ist eben nicht alles.

4. Mehr dazu, wenn ich mehr Zeit zum Schreiben habe... Wink
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Zitat:1. Ich sage nicht, dass PMFs generell notwendig sind. Sie wären es nicht, wenn die Nationalstaaten Verantwortung für ihren "Mist" übernehme, den sie anrichten. Aber das tun sie nicht. In den USA nicht und in Europa erst recht nicht. Und da in dieser Hinsicht keine Änderungen absehbar sind, wird man sich mit der Existenz von PMFs abfinden und das beste daraus machen müssen.

Ist so ne klassische realistische Machtpolitikposition, die ich nicht mehr ganz als für heute angemessen ansehe, weil du einfach den Staat als zu zentral ansiehst.
Inwiefern ist es denn amerikanischer und europäischer "Mist", wenn irgendwo in Afrika der Staat zerfällt und die Warlords und die jeweilige "Regierung" sich Unterstützung eben auch in Form von ausländischen Sicherheitsfirmen holen? Dahinter stecken komplexe soziale und historische Prozesse, gescheiterte Identitätsbildungsprozesse, nie funktionierende politische Institutionen etc. . Im Irak mag das alles mal etwas anders sein, aber ich finde, dass das pure Versagen des Nationalstaates die Grundlage des Problems ist, sondern nur ein seiner vielen Symptome.
Einerseits gibt es in vielen Gebieten der Welt Staatsgebilde, die den Staat in seiner europäischen, modernen Form nie kannten und wo er sich nie auch wirklich etablieren konnte. Es ist nirgends festgeschrieben, dass der Staat diese und jene festen Funktionen haben muss. Als Historiker muss dir ja nicht sagen, dass die historische Wirklichkeit fast immer eine andere war und der moderne, vorsorgende und schützende Nationalstaat nunmal eine Erfindung der europäischen Neuzeit ist, letztlich sogar erst des 19. und 20. Jahrhunderts. Ich sag nur: Staatlichkeit als moderne Ideologie.
Der Staat und das politische System ist sowohl in den nationalen Gesellschaften wie global dabei, Einfluss zu verlieren. Ob du das nun auf die funktionelle Differenzierung unserer Gesellschaften, den Primat der Wirtschaft, die wachsenden Interdependenzen zwischen den Staaten oder einfach nur darauf zurückführst, dass alles komplexer geworden ist und daher die staatlichen Steuerungsfunktionen schwächer werden, ist egal. Aber letztlich ist das die grundierende Ursache und nicht nur bloße Unmotivation der politischen Eliten. Denn Demokratisierung und Mediakratie und zunehmende postmoderne Friedfertigkeit haben auch im Westen selbst in den politischen Systemen ihre nicht zu unterschätzenden Nachwirkungen. Der CNN-Effekt ist genauso eine beinharte reale politische Limitierung wie die Bürokratisierung (die nun wirklich heute nicht mehr das zentrale Problem ist) oder die diversen Wirtschaftsinteressen.
Die Privatisierung von Konflikten sieht man überall auf der Welt. Dass das auch die relativ noch gut funktionierenden Staaten trifft und da auch private Akteure Geld verdienen, ist für mich ne klare evolutionäre Entwicklung, die man nicht umgehen kann.
Daher sehe ich es inzwischen auch so, dass die PMFs eine logische und kaum mehr verhinderbare Einrichtungen sind. Allerdings kann man da nicht einfach den Nationalstaat dafür pauschal verantwortlich machen, da liegen andere, tiefere Gründe dem zugrunde. Denn Nationalstaaten verlieren einfach an Regulierungs- und Steuerungspotential.
Aber: Sie haben es eben noch nicht ganz verloren und daher könnte man durchaus mehr und öfter auch bei den Sicherheitsfirmen ansetzen, als man es bisher schon getan hat. Du weißt ja besser als ich, dass Firmen wie Exective Outcomes oder Sandline ja nicht mehr existieren.

Zitat:2. Ich übersehe gar nichts. Ich stelle die Dinge nur in ein anderes Licht als mancher Reporter, der klischeebeladen die bösen Söldner als Grundlage allen Übels sieht. Das ist eben Quatsch. Die Verantwortlichen sitzen in Regierungen und dort haben die ersten grundlegenden Entscheidungen zu fallen. Die Firmen nutzen aus, was an Möglichkeiten gegeben wird. Das ist Grundlagen unseres hochumjubelten Wirtschaftssystems. Wenn das zuviel des Guten ist, dann muss der Staat sanktionieren. Das tut er aber nicht, denn teiweise will er es nicht, teilweise ist er inzwischen handlungsunfähig, eben durch Bürokratisierung und weil die linke Hand nicht weiß, was die rechte tut. Selbst Staaten, die "entschlossen" gegen Söldner vorgegangen sind, haben Lücken und Möglichkeiten hinterlassen, teils aufgrund unauflösbarer juristischer Problematiken im internationalen Kontext, teils schlicht bewusst.

Ich hab auch nicht geschrieben, dass sie der Grund allen Übels sind, sondern ich habe versucht aufzuzeigen, dass die Söldner ein Mosaikteil sind im blutigen Mosaikgefüge Irak. Und bedenkt man eben gewisse psychologische und medien- und stimmungsrelevante Effekte, so stellen diese Söldnereinheiten eben auch ein großes Problem dar. Al-Sadr kann sich eben kaum bessere PR-Munition wünschen als wild umherfeuernde und Zivilisten-tötende Söldner der Amerikaner, die dann letztlich ungestraft in die USA geschickt werden, weil der Irak dank einer Übereinkunft von 2004 keine Jurisdiktion über die Söldner hat. Diese Gesetzlosigkeit ist ein weiteres dysfunktionale Puzzleteil im aufgelösten staatlichen Gefüge. Ich werd mich hüten diese Pauschalurteile über Sölder hier zu produzieren, allerdings war dein Statement auch etwas zu viel an Verharmlosung. Wie gesagt, Fehlverhalten von Soldaten rechtfertigt dann nicht Fehlverhalten von privaten Kämpfern. Denn so wird es im Irak nie mal Ansätze staatlicher Ordnung geben können, wenn sogar private westliche Firmen hier auch so mitmischen wie sie wollen, ohne fest regulierten Lizenzierungen.
Und wie gesagt, am Staat liegt es auch nicht so einfach, zumal der Irak noch ne ganz andere Geschichte ist und die zunehmende Bürokratisierung hat nun ja auhc nichts damit zu tun, ob bestimmte Sicherheitsfirmen ohne Lizenzen sich im Irak herumtreiben. Da muss man schauen, inwiefern staatliche Institutionen überhaupt problemlösungsfähig sind und welchen Problemen sie gegenüberstehen. Auch hier würde ich die Dinge anders fassen.

Zitat:3. Die Firmen agieren keineswegs allesamt in einer rechtlichen Grauzone. Einige sind direkt den Amerikanern unterstellt und müssen durch diese sanktioniert werden (in diesem Kontext sind jüngst Änderungen versucht worden), teils unterstehen sie sehr wohl direkt dem irakischen Staat und können durch diesen sanktioniert werden. Wenn dann lautstark gemeckert wird, dann setzt man sich eben dem Verdacht aus, das politisch zu instrumentalisieren. Ich möchte aber nicht behaupten, dass das zwangsläufig im Blackwater-Fall so war. Aber Blackwater ist eben nicht alles.

Kann sein, dass du bessere Infos hat. Mein Kenntnisstand ist der, dass viele der Firmen keine Lizenz haben, einfach engagiert werden und ihre Kämpfer in den Irak kommen lassen. Zudem gilt dank einer Übereinkunft aus dem Jahr 2004, dass der Irak keine Jurisdiktion hat über die privaten Kämpfer. Sicher, sie unterstehen bestimmten Auftraggebern, irakischen wie amerikanischen oder privaten Unternehmen. Aber wie diese Firmen nun agieren und wieviele überhaupt was machen, das dürfte doch bisher eher unkontrolliert sein.

Es wäre aber schon ein richtiger und erster Schritt, wenn die US-Administration wie von Frau Rice angekündigt, neue Richtlinien für den Schusswaffengebrauch herausgeben will. Wäre doch schon mal was und etwas auch in der Art, was ich für positiv halten würde.
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Hier zwei Artikel zum weiteren Gang der Dinge:

Zitat:Kongressbericht entlarvt schießwütige Blackwater-Truppe
Rücksichtslos und schießwütig - ein Kongressbericht zeichnet ein brutales Bild der US-Sicherheitsfirma Blackwater, deren Mitarbeiter vor rund zwei Wochen elf Iraker erschossen. Das US-Außenministerium kontrollierte die Söldner so gut wie gar nicht. Im Ernstfall zahlte man lieber Schweigegeld.
...

Quelle:
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,...05,00.html

und


Zitat:Söldner auf dem heißen Stuhl
Von Marc Pitzke, New York

Er spricht von "Regelverstößen" - und meint das Töten von Zivilisten. Er spricht von "tragischen Ereignissen" - wenn seine Söldner für Diplomaten den Weg freischießen. Vor dem US-Kongress musste sich Erik Prince verantworten, doch der Blackwater-Chef blieb viele Antworten schuldig.
...

Quelle:
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,...29,00.html

Interessant finde ich folgendes:
Zitat:Immer wieder konfrontierten ihn die Demokraten mit Fällen, bei denen Blackwater-Männer Iraker erschossen hatten. Prince nannte das "Regelverstöße" - als handele es sich um Sachbeschädigung. Entsprechend seien die Hinterbliebenen entschädigt worden, mal mit 5000 Dollar, mal mit 20.000 Dollar. Wieso diese Summen? "Dies ist im Irak so üblich."

und
Zitat:Auf die US-Ausnahmeklausel angesprochen, wonach seine Männer Immunität vor irakischem Recht genießen, sagte Prince stolz, er begrüße diese Regelung aus vollem Herzen: "Ich glaube nicht, dass ein Ausländer im Moment im Irak einen fairen Prozess bekommen würde."

Und dadurch können dann seine Leute alkoholisiert oder unter Drogeneinfluss irgendwelche Zivilisten oder gar irakische Leibwächter irakischer Politiker ohne Folgen ermorden. Ein bißchen mehr Regelungsbedarf besteht da schon, wie ich finde...
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Eines der Probleme die ich mit diesen Privatarmeen habe ist mein grundsätzliches Verständnis von "Staatsgewalt" - die nur vom Staat ausgehen darf, wobei ich die gegenseitige Kontrolle der klassischen Staatsgewalten (verstärkt durch eine vierte Gewalt, die unabhängigen Medien) als Grundlage sehe.

Der Staat schafft sich mit solchen Privatarmeen eine Konkurrenz zu den eigenen Streitkräften, deren Berechtigung ich nicht ganz einsehen kann. Es darf nicht sein, dass Prviatarmeen anstelle von eigenen Streitkräften oder Polizeieinheiten tätig werden (die Sicherheitsdienste zum Objektschutz und Personenschützer für gefährdete Privatpersonen nehme ich mal aus). Was kann eine Privatarmee, was die regulären Streitkräfte nicht auch können sollen? Wieso sollen Privatarmeen - die Gewinne erwirtschaften - und damit deren Inhaber finanziert werden, wenn es genauso möglich sein müsste, die offiziellen Streitkräfte für entsprechende Aufgaben einzusetzen.

Die Schaffung von Privatarmeen, die anstelle der öffentlich kontrollierten Staatsgewalt tätig werden, führt leicht dazu, dass diesen Privatarmeen Dinge überlassen werden, die "das Licht der Öffentlichkeit" scheuen - verdeckte Operationen am Rande oder jenseits der Legalität.
Im Endeffekt entstehen mit solchen Privatarmeen Streitkräfte am Rande der Legalität, die als "Staat im Staat" funktionieren und einer unmittelbaren öffentlichen (demokratischen) Kontrolle entzogen sind.

Gerade in demokratischen Staaten sollten solche Privatarmeen nicht nötig und nicht möglich sein.
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Das ist doch bloßes Wunschdenken. Keine der westlichen Streitkräfte ist in der Lage auf Privatunternehmen zu verzichten wenn es in den Einsatz geht.
Das kommt halt davon wenn man seit eineinhalb Jahrzehnten nichts anderes tut als die Truppen zu verkleinern und den Verteidigungshaushalt zu kürzen.
Wenn die eigenen Truppe die Fähigkeiten nicht mehr hat müssen sie halt wo anders hergenommen werden.
Bevor man sich darüber empört sollte man sich (gilt allgemein nicht speziell für dich) erst man Fragen ob man stattdessen die eigenen Kapazitäten wieder aufbauen will.
Ansonsten, Söldner gab es schon immer und wird es auch immer geben.
Damit sollte man sich abfinden.
Und ihren Status inklusive Überwachung und Sanktionierung ihrer Aktivitäten endlich mal vernünftig regeln.
Aber schon das ist ziemlich utopisch.
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Nightwatch schrieb:Das ist doch bloßes Wunschdenken. Keine der westlichen Streitkräfte ist in der Lage auf Privatunternehmen zu verzichten wenn es in den Einsatz geht.
Das kommt halt davon wenn man seit eineinhalb Jahrzehnten nichts anderes tut als die Truppen zu verkleinern und den Verteidigungshaushalt zu kürzen.
Wenn die eigenen Truppe die Fähigkeiten nicht mehr hat müssen sie halt wo anders hergenommen werden.
Bevor man sich darüber empört sollte man sich (gilt allgemein nicht speziell für dich) erst man Fragen ob man stattdessen die eigenen Kapazitäten wieder aufbauen will.
Ich stimme Dir diesmal sogar mehr als zu - ich behaupte, der Einsatz von Privatarmeen muss teurer sein als der Einsatz regulärer Streitlräfte, weil
= die Ausrüstung so und so bezahlt werden muss
= die Söldner mehr Lohn erhalten als reguläre Soldaten und
= bei den Privatarmeen auch die Inhaber mit abkassieren
Zitat:Ansonsten, Söldner gab es schon immer und wird es auch immer geben.
Damit sollte man sich abfinden.
Und ihren Status inklusive Überwachung und Sanktionierung ihrer Aktivitäten endlich mal vernünftig regeln.
Aber schon das ist ziemlich utopisch.
Es gibt durchaus vernünftige Ansetze, Söldner in die eigenen Streitkräfte zu integrieren - siehe Fremdenlegion oder Ghurkas .... aber dort handelt es sich um fremde Staatsbürger, die in den eigenen, regulären Streitkräften integriert werden und der politischen Kontrolle unterliegen;
was ich für problematisch halte ist das "System Blackwater", wo auch eigene Staatsbürger in die Halblegalität abgedrängt werden um verdeckte Einsätze zu leisten, die hart am Rande der Legalität liegen ...
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Ohne jetzt den ganzen Thread gelesen zu haben - gibt es denn irgendwelche hinweise auf wirkliche verdeckte Einsätze im Auftrag der USA?
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Was verstehst du denn unter wirklich verdeckten Aufträgen?
Diese Firmen arbeiten für die US-Armee und machen dabei auch teilweise die Drecksarbeit mit...


Hier aber weiter über meinen Liebling Blackwater:

Zitat:"Ja, das macht Spaß!"
Von Marc Pitzke, New York

Vor drei Jahren kamen beim Absturz eines Blackwater-Flugzeugs in Afghanistan sechs Menschen um. Doch jetzt erst kommen die grausigen Details ans Licht - und offenbaren den Zynismus eines Krieges, der oft zum Videospiel wird.
...

Quelle:
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,...74,00.html

Und wer sich mal die hochgeistigen Crewgespräche durchlesen will...

Zitat:Funkprotokoll vom Todesflug in den Canyon
Wahnsinn Krieg: Ein jetzt aufgetauchtes Funkprotokoll belegt, wie Piloten des Sicherheitskonzerns Blackwater in Afghanistan aus Jux und Selbstüberschätzung in einen Canyon flogen - und mit ihrer Maschine zerschellten.

Quelle:
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,...79,00.html
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Kann bei dem Gespräch nicht viel von über normale Selbstüberschätzung bla blub usw. hinausgehendes sehen. Sollen die Piloten sich die ganze Zeit anschweigen? Wie es schien sollten sie eh in einen Canyon fliegen und haben den falschen gewählt. Verfahren hat sich wohl jeder schon mal und die meisten Autofahre überschätzen ihr Können ebenfalls, da regt sich auch keiner auf. Also was soll das? Ist alles Teil einer Kampagne sage ich. Oder glaubt einer die normalen Militärpiloten der US Streitkräfte haben einen anderen Snag drauf?
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Thomas Wach schrieb:Was verstehst du denn unter wirklich verdeckten Aufträgen?
Verdeckte Aufträge sind für mich das was man nicht von irgendeiner regulären Truppe sondern von einer speziellen Einheit eben verdeckt und geheim durchführt ohne es innerhalb der Streitkräfte zugänglich zu machen.
Eine schwarze Operation halt die dafür prädestiniert ist schmutzig zu werden.

Cluster schrieb:Ist alles Teil einer Kampagne sage ich. Oder glaubt einer die normalen Militärpiloten der US Streitkräfte haben einen anderen Snag drauf?
Sicher nicht. Natürlich ist es eine Kampagne. Was erwartest du denn von den Medien? Ein Prügelknabe kommt immer gut.
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Cluster schrieb:Kann bei dem Gespräch nicht viel von über normale Selbstüberschätzung bla blub usw. hinausgehendes sehen. Sollen die Piloten sich die ganze Zeit anschweigen? Wie es schien sollten sie eh in einen Canyon fliegen und haben den falschen gewählt. Verfahren hat sich wohl jeder schon mal und die meisten Autofahre überschätzen ihr Können ebenfalls, da regt sich auch keiner auf. Also was soll das? Ist alles Teil einer Kampagne sage ich. Oder glaubt einer die normalen Militärpiloten der US Streitkräfte haben einen anderen Snag drauf?

Ich gewinne aus den Gesprächen den Eindruck, daß die Piloten keinerlei Bergflugausbildung hatten, die Topographie nicht kannten und den Flug schlampig geplant haben. Das muß schief gehen, speziell in einem beladenen Transportflugzeug mit mäßiger Steigleistung und Manöverierfähigkeit. Der Blackwater-Chef hat schon recht, daß es ein Pilotenfehler war, aber bei jeder kompetente Luftwaffe hätten diese Piloten bei dieser Mission nicht im Cockpit gesessen.
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Was heißt denn schon Kampagne?? Jede Handlung und Handlungsweise hat bestimmte unschöne, nicht gewollte Nebenfolgen. Sowas muss man und soll man thematisieren. Und man muss sich halt überlegen, ob die Leistungen die Nebenfolgen denn genügend ausgleichen. Punkt, aus, Ende.

So einfach ist das. Und die unkontrollierte Entwicklung des Söldnerwesens hat Schattenseiten, die man eben auch legitimerweise thematisieren darf, soll und muss. Ist halt ne Aufklärungskampagne. Ich seh das nicht negativ und vom Prügelknaben würd ich nicht reden wollen, das impliziert mal wieder für mich ne normative Einstellung, bei der ich definitiv nicht mitgehen würde. Ich seh es durchaus negativ, wenn irgendwelche Söldner ohne Wissen und Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit ihre Aufgaben verrichten. Denn ohne Kontrolle, tja, das ist so ein Mechanismus, spielen sich Sachen ein, die unschön sind. Eben beispielsweise unausgebildete Piloten, die unvorbereitet sind, in ein Cockpit zu setzen (schön ausgeführt Nasenbär!). Und die Liste kann man endlos erweitern. Ich finde nichts dabei, dass sowas mal thematisiert wird, wozu denn sowas immer totschweigen. Wer glaubt denn allen ernstes, dass solche verschwiegenen Aktionen und Fehler irgendjemandem nützen oder gar im "Interesse" des Westens sind?
Schwachfug.
Man wird die Söldner kaum los, richtig. Dafür gibt es Gründe, allgemeine und spezifische. Aber das heißt eben nicht, dass alles, was da passiert ist, ok ist und nicht abzuändern wäre.
Dinge ändern sich eben nicht von heute auf morgen sondern brauchen Zeit... und so kann man auch nur mit schrittweiser Kontrolle und Regulierung etwas mehr "Struktur" ins Söldnergeschäft bringen. Denn jeder Markt braucht nunmal ne Regulierung....

Das ist beispielsweise ein Schritt in die richtige Richtung:

Zitat:Rice verschärft Regeln für private Sicherheitsdienste
Condoleezza Rice zieht Konsequenzen aus dem Blackwater-Skandal: Die US-Außenministerin ordnete zahlreiche neue Maßnahmen an, mit denen die Arbeit privater Sicherheitsleute künftig besser kontrolliert werden soll.
...

Quelle:
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,...72,00.html

Dazu passt auch:
Zitat:Iraker fordern den Abzug von Blackwater - Gates kritisiert Verhalten der Söldner

Nach den tödlichen Schüssen von Mitarbeitern der Sicherheitsfirma Blackwater auf irakische Zivilisten im vergangenen Monat wächst der Druck der Regierung in Babgdad auf das amerikanische Aussenministerium, den Blackwater-Auftrag zu beenden.
...

Aus: NZZ, Internationale Ausgabe print, Seite 5, Samstag/Sonntag 20./21.10.2007
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Thomas Wach schrieb:Was heißt denn schon Kampagne?? Jede Handlung und Handlungsweise hat bestimmte unschöne, nicht gewollte Nebenfolgen. Sowas muss man und soll man thematisieren. Und man muss sich halt überlegen, ob die Leistungen die Nebenfolgen denn genügend ausgleichen. Punkt, aus, Ende.

Und das von dir Thomas. Ich war immer der Ansicht du würdest Staaten eine gewisse selektive Wahrnehmung bei der Aufklärung von Handlungen in ihrem Wahrnehmungs- oder Verantwortungsbereich zubilligen, die ihnen, aus welchen Gründen auch immer, unangehem sind ?!? Tongue
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