(Luft) Nachfolge Kampfhubschrauber Tiger
Da werden wir nicht zusammen kommen, wobei ich nicht so verstanden werden möchte, dass ich dir sozusagen "unterstellen" würde, dass du Kampfhubschrauber nur deshalb weiter führen willst, weil sie halt schon da sind. Der Aspekt der Strukturextrapolierung bezog sich daher nicht auf dich, sondern auf die Bundeswehr bzw. Streitkräfte im allgemeinen, die viel zu oft den Absprung von Waffensystemen nicht schaffen, auch wenn diese überkommen sind. Dafür bietet die Kriegsgeschichte genug Beispiele.

Da ich leider nicht mal meinen Eintrag komplett abschließen konnte hier noch anstelle der .......

Zitat:.....gibt es meiner Wahrnehmung nach durchaus eindeutige Tendenzen, die sich seit Jahren abzeichnen und immer klarer greifbar werden. Und eine davon ist, dass die Bedrohung aus der Luft, sowohl direkt wie auch indirekt immer mehr zunehmen wird. Und das deshalb auch die Luftraumverteidigung stärker werden wird. Das zum einen die Schlachtfliegerei und die taktische Luftnahunterstützung immens ausgeweitet werden wird und auch andere Systeme wie zielsuchende Munition und Artillerie dies noch weiter verdichten werden, zum anderen dass deshalb C-RAM Systeme immer mehr an Bedeutung gewinnen werden.

Aus dieser Dialektik heraus wird meiner Ansicht nach schon in naher Zukunft eine wesentlich leistungsfähigere Luftraumverteidigung vorhanden sein, ungeachtet der Frage ob noch Kampfhubschrauber vorhanden sind oder nicht. Und diese Leistungssteigerung in der Luftraumverteidigung - welcher meiner Überzeugung nach kommen wird - macht Kampfhubschrauber fragwürdig von ihrem Preis-Leistungsverhältnis, insbesondere aber von ihrem Einsatzrisiko her.

Und um das nochmal zu betonen: mir geht es nicht um den Status Quo. Hier und heute sind Kampfhubschrauber auch meiner Ansicht nach vollumfänglich einsetzbar, und ironischerweise wäre meiner Meinung nach das Konzept des Tiger exakt das was wir hier und heute benötigen würden bzw. was inzwischen besser geeignet wäre als das Konzept des AH-64. Mir geht es aber eben nicht um die Frage, was hier und heute ist, sondern da der Strang ja explizit sich um einen Nachfolger für den Tiger drehen soll geht es mir nur um die Frage, was in zwei oder mehr Dekaden sein wird und dem folgend um die Frage, ob man den Tiger überhaupt ersetzen soll und falls ja (was ich ganz allgemein bezweifle) mit was ?!

Die Diskussion ob man noch eine weitere Generation Kampfhubschrauber beschafft um damit die aktuellen Modelle abzulösen wird aktuell ja in etlichen Ländern geführt. Beispielsweise will Japan seine Kampfhubschrauber vollständig abschaffen, weil das japanische Militär sie für überkommen erklärt hat und deshalb ein Nachfolger für die Japaner keinen Sinn macht. Die japanischen Streitkräfte gehen davon aus, dass man die Aufgaben von Kampfhubschraubern durch andere Einheiten bereits hier und heute vollumfänglich ersetzen kann.

Und auch in Indien gibt es eine sehr kontroverse Diskussion ob man überhaupt noch weiter Kampfhubschrauber vorhalten soll und auch in anderen Ländern.

Ich habe überhaupt nichts dagegen, mit dir hier im Forum über alternative Möglichkeiten der Kriegführung zu diskutieren, nur sehe ich deren Relevanz hier im Strang nicht.

Wie soll man ein System ohne Kontext diskutieren ? Wie soll man Kampfhubschrauber in zwei Dekaden aufwärts bewerten, wenn man nicht auch alternative Möglichkeiten der Kriegsführung diskutiert und die ganze Diskussion etwas ganzheitlicher führt? Wie soll man feststellen können, ob überhaupt oder was für ein System exakt als Nachfolger sinnvoll wäre, wenn man diese Frage nicht in einem Kontext zu beantworten versucht ?

Zitat:weil das Hauptproblem weiterhin die (Kosten für) Sensorik und die Reaktionsgeschwindigkeit bleibt. Von daher ergibt sich für mich entweder keine derart massive Erhöhung der Bedrohungslage, oder die Notwendigkeit der Verwendung von Hochtechnologie im Bereich Vernetzung und Autonomie.

Man hat aber bereits hier und heute jede Menge sehr aufwendige Sensorik. Es gibt auch hier und heute bodengestütztes Gefechtsfeldradar, Infrarotsensoren usw. und sind die entsprechenden Türme und Waffenstationen mit entsprechenden Fähigkeiten versehen (Hunter Killer et al). Der Sprung von dort zu einer ausreichenden (!) Sensorik und Unterstützung in der Zielerfassung ist daher meiner Meinung nach gar nicht so hoch. Wenn ich zudem sehr viel mehr solcher Waffen habe, so kann die Quantität durchaus einiges in Bezug auf die Reaktionsgeschwindigkeit ersetzen. Wenn ich sozusagen "in jede Richtung" ein vielfaches an Waffen bereits vorab ausgerichtet habe (Rundumsicherung) im Vergleich zu den viel zu wenigen Flugabwehrwaffen die man aktuell für einen mechanisierten Verband vorsieht, dann sinkt auch entsprechend die Reaktionsgeschwindigkeit "in jede Richtung" erheblich.

Und Schlussendlich benötigt man die entsprechende Sensorik so oder so, da der Umbruch in der Schlachtfliegerei durch die Senkung der Kosten in selbiger eine deutlich stärkere Luftraumverteidigung in jedem Fall benötigt und auch entsprechend deutlich größere C-RAM Fähigkeiten usw. Das zeichnet sich doch bereits hier und heute gerade ab und ist eben weder eine bloße Zukunftsvision noch technisch noch nicht umsetzbar.

Zitat:Meine Ansichten zur Überlebensfähigkeit von Kampfhubschraubern konterst du mit einer Aufstellung feindlicher Kräfte

Nicht allein, dass ist ja nicht mal mein Hauptargument. Mein primäres Argument ist die Frage der militärischen Gewinnschwelle. Die Fähigkeiten von Kampfhubschraubern werden einfach zu teuer erkauft. Es ist das Verhältnis von Preis- Leistung und Risiko welches nicht (mehr) stimmt.

Mal ein plakatives Beispiel:

Nehmen wir mal einen rein theoretischen Kampfhubschrauber und dieser sei auf dem aktuellsten Stand und er solle nur 60 Millionen Euro kosten (was meiner Schätzung nach extrem günstig wäre). Und nehmen wir ferner an, der Heli könnte 10 Raketen des besten verfügbaren theoretischen Typs abschießen, die jede 1 Millionen kosten, dafür aber mit 70% das Ziel (feindlicher Kampfpanzer) treffen und zerstören. Also fernab der gerade mal 16% mit denen die teureren (!) PARS-3 ihre Ziele bei Übungen getroffen haben. Der Heli wird eingesetzt und zerstört nun 7 feindliche Panzer, und wird dann aber selbst abgeschossen. Also hat man 7 Panzer zerstört für den Preis von 10 Millionen Euro pro Panzer. Wenn die Panzer selbst aber "nur" 7 Millionen Euro wert sind, dann hat man damit sogar noch ein Minusgeschäft gemacht.

Oder wir nehmen eine zielsuchende Munition, die 3,5 Millionen pro Einheit kostet, und die ebenfalls mit 70% Erfolgsrate agiert. Dann könnte man mit den 20 Einheiten dieser Waffe nun insgesamt 14 feindliche Kampfpanzer zerstören. Entsprechend hat man nun 70 Millionen ausgegeben, dafür aber 98 Millionen Euro Schaden angerichtet, dass ganze wird also zum Plusgeschäft.

Oder man setze einfach leichte Infanterie mit Mörsern ab die mit Munition die das gleiche Konzept wie STRIX verwendet, aber aufgrund eines Konstruktionskonzepts wie bei der ACERM Munition eine viel höhere Reichweite hat die Kampfpanzer angreift und dann noch sehr viel weniger Kosten pro Schuss hat. Und mit entsprechenden Transporthelis wäre eine solche leichte Panzerjägertruppe welche statt mit PALR nun mit Mörsern agiert ebenso schnell und mobil wie ein Kampfhubschrauber auch.

Kurz und einfach: man sollte immer versuchen - Erstens jeden Angriff zu einem Plusgeschäft zu machen. Und zweitens jedes System so vielfältig wie möglich einsetzbar zu machen, also immer Systeme zu wählen, die auch in vielen anderen Szenarien einen möglichst großen Nutzen haben. Und schließlich sollten die Systeme so günstig sein, dass man in jedem Fall größere Quantitäten davon vorhalten kann.

Denn die Kriege werden ansonsten unbezahlbar, ungeachtet der Frage ob das Einzelsystem (hier der Kampfhubschrauber) für sich allein betrachtet eine hervorragende Leistung bietet oder nicht.

Dessen ungeachtet hast du es meiner Meinung nach durchaus perfekt zusammen gefasst:

Zitat:streng genommen plädiere ich nicht einmal für einen Kampfhubschrauber überhaupt. Es gibt Alternativen, die prinzipiell ähnliche Einsätze durchführen könnten, und es gibt Varianten, in denen man bestimmte Fähigkeiten durch eine generell andere Aufstellung kompensieren kann. Oder man lässt sie eben insgesamt fallen. Grundsätzlich ist das alles legitim.

Dem kann ich mich vollumfänglich anschließen. Aber meine Schlußfolgerung ist hier halt, dass man sie eben am besten insgesamt fallen lassen sollte. Mit dieser Ansicht stehe ich ja nicht ganz allein (siehe Japan). Und selbst du hast ja schon geschrieben, dass Angesichts der geringen Stückzahlen und der Kostenfrage die aktuelle Situation fragwürdig ist. Und für mich ist er halt so fragwürdig, dass ich ihn inzwischen eher als ein Hinderniss auf dem Weg zu mehr Kampfkraft insgesamt sehe, denn als eine Steigerung dieser Kampfkraft insgesamt und dass ist völlig unabhängig davon, ob er als Einzelsystem eine hohe Kampfkraft hat oder nicht.
Es spielt ja gar keine Rolle, ob Kampfhubschrauber für sich selbst betrachtet hier und heute kampfkräftig sind oder nicht, insgesamt betrachtet stellen sie für mich rein persönlich eine negative Fehlentwicklung dar, die völlig uabhängig von ihrem Wert als Einzelsystem für sich selbst negativ sind.

Ansonsten verbleibt mir beschließend nur für deine ausführlichen Erklärungen und Ausführungen zu danken. Wir werden da in den meisten Punkten nicht zusammen kommen, haben diese aber meiner Ansicht nach äußerst ausführlich und in vielen Aspekten und von vielen Blickwinkeln aus erörtert.

Broensen:

Meine Entschuldigung dahingehend, dass ich so wenig auf deine Beiträge eingegangen bin, leider fehlt mir aktuell so dermaßen die Zeit für alles.
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