(Luft) Nachfolge Kampfhubschrauber Tiger
(27.03.2023, 11:36)Broensen schrieb: Außer beim Aspekt Schutz/Panzerung. Und der ist doch für die Grundauslegung eines Hubschraubers sehr ausschlaggebend. Daher hätte ich hier erwartet, dass z.B. ein unbemannter Waffenträger deutlich leichter zu konstruieren wäre als ein bemannter Hubschrauber. Letzterer könnte dann auf Abstand bleiben und wäre entsprechend auch weniger gefährdet und könnte mehr Nutzlast in Sensorik investieren als in Waffenlast.

Letzteres ergibt operativ wenig Sinn. Die Reichweite der Effektoren ist relativ günstig und leicht skalierbar, entscheidend sind die Aufklärungsmöglichkeiten. In einem solchen Konzept würden unbemannte Sensorträger relativ nah am Feind operieren und die Zieldaten für weiter entfernt von der Front liegende Kräfte generieren, die dann von dort aus wirken. Wäre es umgekehrt, bräuchte man gar keine entsprechenden unbemannten Fluggeräte und könnte einfach bessere Sensorik plus weitreichende Waffenlast in größeren Hubschraubern (oder Bodeneinheiten) integrieren.
Und ersteres hängt davon ab, welche Überlebenschance du diesen unbemannten Sensorträgern einräumen willst und wie diese ausgeprägt sind. Geht es etwas um Kurzstreckeneinheiten, die von einer Art "Mutterschiff" ins Zielgebiet transportiert und erst dort eingesetzt werden, sind deutlich kleinere und leichtere Entwürfe möglich, die gleichermaßen günstiger ausgelegt werden können. Soll hingegen eine Art loyaler Flügelmann realisiert werden, sprechen wir über prinzipiell sehr ähnliche Hubschrauber mit entsprechenden Kostenpunkten. Ob man diese dann weitgehend ungeschützt einsetzen möchte sei dahin gestellt.

Zitat:Apropos Zellengröße: Als wie wichtig ist für einen aktuellen Kampfhubschrauber noch das Tandemdesign zu bewerten? Klar: Signatur und frontale Trefferfläche sind immer ein Thema. Aber inwieweit egalisiert sich das Thema Signatur durch die größeren Aufklärungsreichweiten in Verbindung mit entsprechend modernen Materialien? Und ist die frontale Trefferfläche noch so relevant gegen heutige LFK und Airburst-Munition?

"Signatur und frontale Trefferfläche" sind nicht nur immer ein Thema, sondern auch nicht die einzigen Faktoren für diese Auslegung. Tatsächlich hatten ursprünglich aerodynamische und materielle Aspekte einen wesentlichen Einfluss auf diese Anordnung, zudem ist die Übersicht deutlich höher - was im extremen Tiefflug prinzipiell keine schlechte Eigenschaft darstellt. Die eigentliche Frage müsste eher lauten, aus welchem Grund man von der Tandemanordnung weggehen sollte. Generell macht man das bei Einsatzmustern zum Beispiel, wenn es um die Interaktion zweier Besatzungsmitglieder geht, ist eine solche in einem Kampfhubschrauber notwendig oder vorteilhaft? Welche anderen Gründe könnte es geben?

(27.03.2023, 13:14)Schaddedanz schrieb: Auf Priorität 1 ist CAS/Erdkampf. Entsprechend ein Modell mit höherer Panzerung, weniger Sensorik und taktisch hinter der gegnerischen Front agieren (vergleichbar Husar/HS 129).

Ein solches Konzept wurde für symmetrische Konflikte schon in den achtziger Jahren als wenig erfolgversprechend abgelehnt, es hat sich durch die asymmetrischen Einsätze noch viel zu lange im Gedächtnis gehalten, und genau mit diesem Konzept sind die Russen in der Ukraine gescheitert. Nein, ein solches Modell ist aus heutiger Perspektive nicht zielführend und kann nicht erfolgreich sein. Wie dargestellt, modernes CAS in einem symmetrischen Konflikt unterscheidet sich nicht von moderner Panzerjagd oder anderen Wirkungen gegen Bodenziele.

Zitat:Mil Mi 24

Auch so ein Konzept, dass sich sehr schnell selbst überlebt hat.

(27.03.2023, 13:24)Broensen schrieb: Die Frage muss aber doch heute sein, wozu brauche ich einen teuren, anfälligen Hubschrauber dort, wo eh Infanterie am Boden ist, die die Aufklärung übernimmt. Warum kann die dann nicht auch selbst wirken oder die Artillerie das übernehmen? Wenn ich Infanterie dort hinbekomme, dann sollte ich auch Artillerie in Reichweite haben und brauche keine Hubschrauber als bloße Waffenträger/Startplattformen.

Das ist die Problematik von Übertragungen aus der Vergangenheit. Das Konzept des Panzerabwehrhubschraubers entstand, weil man der (vermeintlich) eklatanten quantitativen Übermacht des Warschauer Paktes nicht mit bodengestützten Panzerabwehrkomponenten begegnen konnte. Aus dem Grund wurden bereits früh luftbewegliche Panzerabwehreinheiten aufgebaut, und parallel das Konzept des Panzerabwehrhubschraubers entwickelt. Folgerichtig war dieser den Korpseinheiten zugeordnet und diente als schnelle Eingreiftruppe zur Abwehr von Schwerpunktangriffen in Kooperation mit den dortigen Bodentruppen. Aus Heeresperspektive waren es hochmobile Waffenträger, entsprechend wurden sie eingesetzt. Schon mit der Einführung der Bo 105 war klar, dass eine solche Nutzung keine Zukunft haben wird. Den Rest habe ich hier bereits ausgeführt. Sind aus heutiger Sicht russische Panzermassen zu erwarten, die mit bodengebundenen Mitteln nicht bekämpft werden können? Lohnt sich noch ein reines Waffenwirksystem in einem Umfeld, in dem es kaum noch sinnvoll agieren kann?

Hinsichtlich der verbundenen Waffen geht es wie gesagt konzeptionell darum, welche Autonomie die Teilkomponenten haben sollen. Und da bin ich der Ansicht, dass man den fliegenden Kräften nicht weniger zugestehen sollte als den bodengestützten Einheiten. Ein Kampfpanzer, der ausschließlich mit externen Aufklärungsmitteln wirken kann würde niemand akzeptieren, ich sehe keinen Grund, einen entsprechenden Kampfhubschrauber zu akzeptieren. Dass es in den meisten Situationen zum verbundenen Gefecht kommt, ändert daran meines Erachtens nichts.
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