(Luft) Nachfolge Kampfhubschrauber Tiger
(26.03.2023, 23:37)Broensen schrieb: Hier sehe ich persönlich eigentlich den wichtigsten Ansetzpunkt, um zu einer Neubewertung zu kommen: Diesen Zwischenschritt aufgreifen und die Aufgaben für sich betrachten. Konkret eben den Aufklärer und die Möglichkeiten, diesen aus einem vorhandenen Muster abzuleiten, anstatt jetzt wieder einen Generalisten mit Aufgaben zu überfrachten.

Wenn wir von der Fortschreibung der damaligen Aufgaben ausgehen und keine neuen hinzu nehmen (also auch nicht jene, die später dann tatsächlich hinzu gekommen sind), dann bedeutet eine solche Neubewertung schlicht nur die Trennung von Aufklärung und Wirkung bei ansonsten gleichen Grundauslegungen und Flugleistungsbereichen. Denn zum einen ist die Art der Wirkung in diesem Rahmen wie dargestellt erstmal egal, zum anderen ist die Bedrohungslage jeweils identisch. Dadurch lassen sich im Bereich der Beschaffung sicherlich kosten sparen, gleichzeitig reduziert man die Redundanzen und verringert die Einsatzflexibilität.

Die US-Erfahrungen mit dieser Problematik sollte durchaus berücksichtigt werden. Der Kiowa war das Aufklärungselement, konnte aber schon in den neunziger Jahren aufgrund seiner Auslegung nur noch bedingt eingesetzt werden. Das frühzeitig eingeleitete Ersatzprogramm (Comanche) wurde gestrichen, was dann in den 2000er Jahren zu einem echten Problem wurde. Denn entweder erlitten die eingesetzten Maschinen unnötig hohe Verlustzahlen, oder man verzichtete auf eine Verwendung und operierte mit mangelhafter Aufklärung. Letzteres führte dann beim Angriff auf Kerbela im Irakkrieg zu ernüchternden Ergebnissen. In der Folge wurde zwei mal versucht, einen Kiowa-Ersatz basierend auf zivilen Mustern zu beschaffen, und zwei Mal das Programm aufgrund der zu erwartenden Ergebnisse abgebrochen. Von daher kann man durchaus beide Aufgaben trennen, muss dann aber für beide Aufgaben entsprechend leistungsfähige Hubschrauber vorsehen. Der übliche Vorschlag, die Aufklärungskomponente auf Basis eines unbemannten Typs aufzubauen wird wie erwähnt in den kommenden Jahren schlicht an den Fähigkeiten derartiger Muster scheitern. Denn ob bemannt oder unbemannt, die Durchführung des Einsatzes wäre prinzipiell identisch, so dass die gleichen Anforderungen an das Muster gelegt werden. Prognosen sind ja immer schwierig, aber ich befürchte, wir sind deutlich mehr als nur ein paar Jahre von einer einsatzfähigen Lösung entfernt.

Ich persönlich würde im übrigen Aufklärung und Wirkung nicht trennen, sondern ein komplementäres System durch unterschiedliche Sensorikpakete aufbauen (bspw. Versionen mit Optronik- und Radarmast).

Zitat:Aber genau diese Kriterien sind es ja, von denen die Grundauslegung des Hubschraubers bestimmt wird. Dementsprechend halte ich es für angebracht, zu überprüfen, welche Einsatzziele unter welchen Umständen im Rahmen der BW-spezifischen Szenarien tatsächlich relevant sein können. Denn wenn es Aufgaben gibt, die in der Realität weder Schutz noch Ausdauer in erhöhtem Maße erfordern, dann können diese eben von leichteren, deutlich günstigeren Generalisten wie einem LUH übernommen werden, wodurch das Aufgabenspektrum des eigentlichen Kampfhubschraubers reduziert und dieser spezialisierter ausgelegt werden kann.

Wenn die Anforderungen an die verschiedenen Aufgaben sich nicht unterscheiden, wie sollte eine Spezialisierung dann sinnvollerweise aussehen? Die Problematik der Betrachtung liegt darin, dass das entscheidende Differenzierungskriterium beim bisher geplanten Aufgabenspektrum eben nicht die tatsächliche Aufgabe ist, sondern das jeweilige Einsatzszenario. Die Entscheidung liegt also darin, ob man in einem symmetrischen Szenario frontnah agieren will oder nicht, welche Autonomie die Hubschrauberkomponente haben soll, ob man hinreichend asymmetrische Einsätze zu bewältigen hat und daher eine Entlastungskomponente lohnt, usw..

Zitat:Und genau das ist ja gerade meine Fragestellung: Wie leistungsfähig kann so ein H145M-Derivat werden und würde das den Anforderungen an solch einen Scout genügen?
Oder ist es erforderlich, eine leistungsstärkere Basis zu verwenden?

Mit der umfangreichen Modifikation des H145M zu einem Scout hätte man zumindest überhaupt mal die Möglichkeit, als Hubschrauberkomponente autonom zu wirken. Es wäre in symmetrischen Einsatzszenarien aber trotzdem nur ein Ergänzungsmittel für die Distanz, weil für mehr schlicht die elementaren Fähigkeiten fehlen (Schutz, Mobilität, Signatur). Eine leistungsstärkere Basis würde daran prinzipiell auch nichts ändern, könnte aber zumindest die Leistungsfähigkeit generell erhöhen. Gleichzeitig würde das noch umfangreichere Arbeiten nach sich ziehen, weil bei zivilen Basismustern die Zellengröße ein bestimmendes Entscheidungsmerkmal ist.
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