(Allgemein) Logistik - Nachschub und Transport
#6
Heute berichtet in der Zweitverwertung der Tsp (zuerst das Handelsblatt) darüber, daß bei uns mittlerweile die Grundfähigkeiten für Transporte von Material fehlen und nennt ein paar interessante Zahlen.

"Die Kameraden der Führung Streitkräfte (FüSK) deklarierten ihr vertrauliches Treffen bewusst unspektakulär: „Lessons learnt“-Workshop nannten die Offiziere ihre Sitzung mit den Gütertransportexperten der Deutschen Bahn AG. Der kleine Kreis diskutierte über die „Priorisierung“ militärischer Transporte auf dem Schienennetz und über die „Optimierung“ der Abläufe.

Mehr als 30 Jahre nach dem Kalten Krieg zahlt Deutschland nun die Rechnung für die „Friedensdividende“: Ganz gleich, welche Regierung, sie sparten an der zivilen Verteidigung, nicht nur bei Panzern und Munition. Deutschland baute seine Sirenen ab, entfernte Panzer- und Lastschilder auf den Autobahnen und mit ihnen wichtige Informationen über den Zustand und die Belastbarkeit der Straßen. In den neuen Ländern wurden die gelben Schilder gar nicht erst angebracht, weil dies der Einigungsvertrag (Zwei-plus-Vier-Vertrag) vorsah.

Schlimmer noch: Neue Fernstraßen baute der Bund gar nicht mehr mit Blick auf die militärischen Lastenklassen, auch konzipierte er Tunnel nicht mehr entsprechend breit und hoch. An Sprengschächte, mit denen sich eine Invasion stoppen lässt, dachte niemand mehr. Die alten Schächte an Straßen und Brücken wurden entweder verfüllt oder vergessen, berichtet ein ehemaliges Regierungsmitglied aus dem Verteidigungsressort.

Unzählige Gleisanschlüsse an Depots und Kasernen und mit ihnen wertvolle Laderampen und Verlademannschaften verschwanden. Die Infrastruktur hätte gewartet werden müssen. Im Glauben an den Frieden war all das zu teuer. Die Bundeswehr reduzierte ihre Zahl an Flachwagen für Bahntransporte von mehr als 1000 auf rund 100. „Nur stationiert zu sein reicht nicht – man muss auch wegkommen“, mahnt ein Bundeswehrexperte.
Mit jeder Reform und jeder Schrumpfkur der Truppe ging es auch mit den Depots bergab: um zwei Drittel, wie es bei der Bundeswehr heißt. Den „Tiefpunkt“ habe es 2011 gegeben, als nur noch drei Munitions- und acht Materiallager in Betrieb gewesen seien. Was zählte, waren Auslandsmissionen. „Die Gesamtverteidigung wurde in den 90er-Jahren aufgegeben“, kritisiert ein ehemaliger General.

Im Gewand des Föderalismus bremst die Bürokratie auf allen Ebenen. Etliche Depots von Bundeswehr und Nato liegen noch wie zu Zeiten des Kalten Kriegs an der Westgrenze zu Frankreich und den Beneluxstaaten, Munitions- wie auch Materiallager. Polen aber ist 1999 der Nato beigetreten, womit die Ostgrenze des Bündnisses sich dorthin verschoben hat.

Zum einen wirkt hier der Zwei-plus-Vier-Vertrag, mit dem die westlichen Alliierten Rücksicht auf Russland nahmen und zugesagt hatten, keine Nato-Mitarbeiter in Ostdeutschland zu stationieren. Dabei hätte die Bundeswehr gern das Materiallager in Zeithain zwischen Leipzig und Dresden zum Nato-Logistik-Hub ausgebaut. Das Auswärtige Amt lehnte ab. Die Bundeswehr baute den Standort Pfungstadt bei Darmstadt aus.

Ein neues Depot auf der grünen Wiese zu errichten ist in Deutschland nur schwer möglich, erst recht ein Munitionsdepot. Zu hoch sind die Auflagen, zu langwierig die Verfahren. Hinzu kommt: Nicht die Bundeswehr baut, sondern die Länder bauen im Auftrag des Bundes. Und die priorisieren ihre vielen Bauprojekte, von denen die der Bundeswehr einige unter vielen sind. Bei der Bundeswehr rechnen sie mit zehn bis 15 Jahren, bis ein neues Depot steht.
Die Bundeswehr benötigt aber in diesen Tagen Munition im Wert von 20 bis 30 Milliarden Euro und damit Lagerkapazitäten. Die alten Lager aus den 30er-Jahren sind verrottet, die verbliebenen sind voll. Das Verteidigungsministerium will nun alte, noch nicht entwidmete Depots wieder in Betrieb nehmen, bestehende Depots ausbauen und Kooperationen mit der Privatwirtschaft schließen. „Es ist ein sehr ambitionierter Plan“, gibt die parlamentarische Staatssekretärin Siemtje Möller (SPD) zu.

4000 Brücken hat der Bund als kritisch identifiziert, darunter auch Brücken an Seehäfenstandorten wie in Hamburg oder entlang des Nord- Ostsee-Kanals – wichtige Brücken, um Material nach Norden zu verlegen.

Wie es in Regierungskreisen hieß, habe es vor dem Ukrainekrieg weder für Verträge mit der Bahn noch für andere Vorsorgemaßnahmen der Bundeswehr Geld gegeben – weil der Bedarf laut Bundeshaushaltsordnung nicht begründet werden konnte. „Es ging immer wieder um die Kosten“, erinnert sich ein Beteiligter.

Das Bild, das es dort von Bund und Ländern gibt, erklärt ein hochrangiger Offizier so: „Die Anforderungen der Nato an die Drehscheibe Deutschland werden teuer und erfordern viele Abstimmungen – da kümmert sich niemand gern drum.“
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RE: Logistiktruppe - Nachschub / Transport - von Rudi - 06.02.2023, 15:56

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