02.06.2022, 09:34
@Broensen
@Quintus
Ansonsten denke ich auch, dass man in diesem Krieg eine Gratwanderung vollführen muss, wo die Intensität der Lieferungen relativ gut abgewogen sein sollte. (Dieses blindwütige Zuschütten der Ukraine mit Waffen wird uns so oder so später noch Sorgen bereiten; abgesehen davon ist die Frage, ob die Ukrainer alles derart rasch nutzen und auch "nach vorne" bringen könnten - so enorm ist ihr Ausbildungs- und Mannschaftspolster nämlich auch nicht.) Zwar glaube ich nicht, dass Russland per se einen Atomkrieg beginnen würde, selbst wenn es schlecht läuft, allerdings habe ich manchmal Zweifel, ob dieses schrille Getöse in russischen Medien, wo offen davon gesprochen wird Atomwaffen zu nutzen bzw. zumindest damit zu drohen (oft in Kombination mit Lautstärke und spätpubertären Beleidigungen wie auf einem Schulhof), nun alles nur eine abgekartete Show ist oder ob die nationalistischen Protagonisten und Hitzköpfe, die sich so äußern, daran wirklich glauben oder so weit gehen würden (selbst wenn Russland nicht direkt angegriffen würde)?
Letztlich - um beim Zynismus zu bleiben - schießt sich Russland vielleicht sogar mit jedem Meter, den es sich weiter vorkämpft, ein Eigentor. Wie du es schon geschrieben hattest in irgendeinem Beitrag auf den vorangegangenen Seiten: Im schlimmsten Fall siegen die Ukrainer und der Westen wird auf Jahre hinaus die verwüsteten Gebiete subventionieren und wieder aufbauen müssen.
Aber: Je mehr Land die Russen verwüsten und den Ukrainern abnehmen, desto mehr verwüstetes und mit Munitionsresten verseuchtes Land haben sie nach einem Kriegsende selbst wieder aufzubauen bzw. zu versorgen. D. h. diese Bürde ginge dann auf sie über statt auf die Europäer. Alleine die Gebiete, die sie aktuell schon erobert haben, spotten so ziemlich der Beschreibung - zerschossen, entvölkert, vergiftete Böden, Ruinenfelder, Munitionsreste etc. Insofern: Wenn ich nun den Zynismus toppen wollte, sollte ich sagen: Lasst die Russen sich bis zum Herbstschlamm noch ein wenig vorwühlen, lasst sie massive Verluste erleiden, liefert den Ukrainern aber bitte nur so viel, dass diese die Russen weitgehend bremsen können, aber selbst nicht auf dumme Gedanken kommen; also so, dass die Russen vielleicht noch 30 oder 50 Kilometer vorankommen unter schwersten Opfern - und lasst ihnen dann ein versumpftes und menschenleeres Niemandsland, das sie auf Jahre hinaus aufbauen und versorgen müssen.
Gleichwohl hat sich Zynismus im Krieg (bzw. besonders danach) nie sonderlich ausgezahlt, es ist nur dem einen mehr auf die Füße gefallen als dem anderen. Die Frage wäre also, ob wir uns auf diese Rechnung einlassen sollen oder nicht? Aber die Frage wäre zugleich, welche Alternativen wir hätten? Ein Nichtstun und ein Sieg der Russen ist nicht akzeptabel. Ein Herbeiführen einer sinnlosen Eskalation ist aber ebenso wenig zielführend wie sinnvoll für uns. Also bleibt wohl nur die Flucht in die zynische Kosten-Nutzen-Rechnung - auch wenn ich da irgendwie eine gewisse Frustration gepaart mit einem beschämendem Gefühl verspüre...
Schneemann
Zitat:Seit wann haben wir IRIS-T SL in der Bundeswehr oder wie meinst du das?Das war vielleicht etwas doppeldeutig und unzureichend formuliert gewesen von mir. Die Formulierung "haben" ist hier relativ - meines Wissens gibt es zwei (!) Erprobungsträger und irgendwo noch ein Demonstrationsobjekt. Mehr allerdings nicht. Insofern: Nein, also im eigentlichen Sinne "haben" wir es nicht wirklich.
Zitat:Wenn das stimmt, so ist es sicherlich ein bemerkenswerter Zug, aber auch ein relativ riskanter Vorgang, denn er entblößt selbst den polnischen Artilleriefuhrpark nicht unerheblich. Zumal das - also insgesamt 72 Systeme - beinahe alles ist, was man von diesem neuesten und modernsten SPA-Modell im Lager hat (insg. 80?). Es wäre ggf. besser gewesen, wenngleich auch nicht so medienwirksam, wenn man stattdessen 150 von den alten 2S1-SPAs (da hat man über 350 im Bestand) oder mehrere Dutzend WR-40-Werfer gesendet hätte. Ich hoffe nur, dass es nicht in ein, zwei Wochen aus Warschau heißt, dass es ja eine Ringtauschvereinbarung mit den Deutschen gegen PzH 2000 gibt...Zitat:Da hatte ich wirklich nicht mit gerechnet:Poland will sell 3 squadrons of AHS 155 Krab self-propelled howitzers to Ukraine, including 54 AHS-155 #KRAB systems, in addition to the recently shipped 18. These are newly manufactured vehicles, and Korea will help speed up delivery by sending ready-made K9 chassis from stock.
@Quintus
Zitat:Und gerade deshalb ist es ein Fehler zuviel zu schnell zu liefern. Die Ukraine sollte eben nicht vollständig gewinnen, weil dies immens nachteilig im Sinne deiner Zielsetzung wäre (die ich selbst vollauf teile). Russland kann und wird nur dann wirklich bluten, wenn es tiefer (!) in den ukrainischen Raum hinein gezogen wird, wenn es die völlig zerstörten Gebiete der Ostukraine selbst kümmern muss, [...]Das sehe ich im Grunde ähnlich. Es ist natürlich in gewisser Weise ein wenig zynisch, wenn man somit die Ukraine als Mittel zum Zweck ansieht, die Russen zu schwächen, da dies natürlich auf ukrainischem Boden stattfinden wird und wir indirekt mit ukrainischen Leben jonglieren. Aber so ist es nun mal in der Realpolitik - auch da die Folgen eines Nichtstuns noch inakzeptabler wären -, zumal es die russische Führung war, die anderen diesen Konflikt aufgezwungen hat. Wie ich also schon mal hier schrieb: Rücksichtnahme dürfte keine Option mehr sein.
Ansonsten denke ich auch, dass man in diesem Krieg eine Gratwanderung vollführen muss, wo die Intensität der Lieferungen relativ gut abgewogen sein sollte. (Dieses blindwütige Zuschütten der Ukraine mit Waffen wird uns so oder so später noch Sorgen bereiten; abgesehen davon ist die Frage, ob die Ukrainer alles derart rasch nutzen und auch "nach vorne" bringen könnten - so enorm ist ihr Ausbildungs- und Mannschaftspolster nämlich auch nicht.) Zwar glaube ich nicht, dass Russland per se einen Atomkrieg beginnen würde, selbst wenn es schlecht läuft, allerdings habe ich manchmal Zweifel, ob dieses schrille Getöse in russischen Medien, wo offen davon gesprochen wird Atomwaffen zu nutzen bzw. zumindest damit zu drohen (oft in Kombination mit Lautstärke und spätpubertären Beleidigungen wie auf einem Schulhof), nun alles nur eine abgekartete Show ist oder ob die nationalistischen Protagonisten und Hitzköpfe, die sich so äußern, daran wirklich glauben oder so weit gehen würden (selbst wenn Russland nicht direkt angegriffen würde)?
Letztlich - um beim Zynismus zu bleiben - schießt sich Russland vielleicht sogar mit jedem Meter, den es sich weiter vorkämpft, ein Eigentor. Wie du es schon geschrieben hattest in irgendeinem Beitrag auf den vorangegangenen Seiten: Im schlimmsten Fall siegen die Ukrainer und der Westen wird auf Jahre hinaus die verwüsteten Gebiete subventionieren und wieder aufbauen müssen.
Aber: Je mehr Land die Russen verwüsten und den Ukrainern abnehmen, desto mehr verwüstetes und mit Munitionsresten verseuchtes Land haben sie nach einem Kriegsende selbst wieder aufzubauen bzw. zu versorgen. D. h. diese Bürde ginge dann auf sie über statt auf die Europäer. Alleine die Gebiete, die sie aktuell schon erobert haben, spotten so ziemlich der Beschreibung - zerschossen, entvölkert, vergiftete Böden, Ruinenfelder, Munitionsreste etc. Insofern: Wenn ich nun den Zynismus toppen wollte, sollte ich sagen: Lasst die Russen sich bis zum Herbstschlamm noch ein wenig vorwühlen, lasst sie massive Verluste erleiden, liefert den Ukrainern aber bitte nur so viel, dass diese die Russen weitgehend bremsen können, aber selbst nicht auf dumme Gedanken kommen; also so, dass die Russen vielleicht noch 30 oder 50 Kilometer vorankommen unter schwersten Opfern - und lasst ihnen dann ein versumpftes und menschenleeres Niemandsland, das sie auf Jahre hinaus aufbauen und versorgen müssen.
Gleichwohl hat sich Zynismus im Krieg (bzw. besonders danach) nie sonderlich ausgezahlt, es ist nur dem einen mehr auf die Füße gefallen als dem anderen. Die Frage wäre also, ob wir uns auf diese Rechnung einlassen sollen oder nicht? Aber die Frage wäre zugleich, welche Alternativen wir hätten? Ein Nichtstun und ein Sieg der Russen ist nicht akzeptabel. Ein Herbeiführen einer sinnlosen Eskalation ist aber ebenso wenig zielführend wie sinnvoll für uns. Also bleibt wohl nur die Flucht in die zynische Kosten-Nutzen-Rechnung - auch wenn ich da irgendwie eine gewisse Frustration gepaart mit einem beschämendem Gefühl verspüre...
Schneemann